Friedrichshafen, Nürnberg, Waldkraiburg
und in vielen anderen Städten: Am 25.
Juni demonstrierten bundesweit tausende
Arbeiter und Angestellte des ZF-Konzerns
gegen die Pläne der Geschäftsleitung.
Der weltweit fünftgrößte
Automobilzulieferer mit 160.000
Beschäftigten möchte zehn Prozent aller
Arbeitsplätze abbauen, davon die Hälfte
in Deutschland. Dagegen wehrt sich die
Belegschaft.
In Deutschland
arbeiten rund 50.000 Menschen für ZF. Vom
Stellenabbau wird knapp jeder Sechste
betroffen sein. Trotz gestiegener
Rekordumsätze in den letzten Jahren gab der
ZF-Vorstand Ende Mai in einem internen
Schreiben bekannt, auf Grund von
„Umsatzeinbrüchen“ während der Corona-Krise
das Unternehmen „sanieren“ zu wollen. Bei
einer Milliarde Euro Gewinn im letzten Jahr
nutzt ZF die Corona-Krise als Vorwand, um
ihre kapitalistischen Profitinteressen zu
fördern. Unterdessen sind ein Großteil der
ZF-Beschäftigten über prekäre
Beschäftigungsverhältnisse wie Leiharbeit,
Werkverträge und momentan Kurzarbeit
angestellt. Ferner ist davon auszugehen,
dass Teile der Produktion – aufgrund
gleicher Produkte und Maschinen – von
Rostock und Aschau am Inn (bei Waldkraiburg)
nach Rumänien verlagert werden können, um
ihre Lohn- sowie Sozialdumpingpolitik
mittels EU-Subventionen voranzutreiben. Das
Kapital kennt keine Moral und Grenzen,
sondern nur Ausbeutung und
Gewinnmaximierung.
Wie, wann und wo werden Stellen abgebaut?
Das gab die Geschäftsleitung bislang nicht
bekannt, umso mehr verunsichert es die
Beschäftigten! Dies lassen sich die Arbeiter
und Angestellten bei ZF nicht gefallen!
Unter Federführung der Gewerkschaft IG
Metall organisierten sie bundesweit
Demonstrationen gegen die Pläne der
Geschäftsleitung. 1000 Teilnehmer in
Friedrichshafen, 400 in Brandenburg/Havel,
100 in Nürnberg oder auch in
Aschau/Waldkraiburg im Bayerischen
Chemiedreieck. Laut hupend zogen ZF-Arbeiter
in einem Autokorso in über 100 Autos vom
Aschauer ZF-Betrieb in Richtung Waldkraiburg
zum Festplatz. Trotz der Corona-Pandemie
sowie Kurzarbeit bei den meisten
Beschäftigten ist die Teilnehmerzahl als
relativ hoch anzusehen. Mit solch einer
großen Resonanz hatte die IG Metall nicht
gerechnet.
Es geht nun um
alles oder nichts. Solidarität!
Der Aschauer Standort gehörte bis 2015 zum
amerikanischen TRW-Konzern, der von ZF
aufgekauft worden ist. So setzte ZF am
Anfang darauf, Leiharbeiter einzustellen
sowie darauffolgende Arbeitsverträge zu
befristen. Nun laufen bei manchen
Beschäftigten diese Verträge in den
kommenden Monaten aus. Andere, die seit
Jahrzehnten im Aschauer Werk arbeiten,
kämpfen ebenfalls um ihre Existenz.
Gegenüber dem Lokalblatt „Waldkraiburger
Nachrichten“ (26.06.2020) äußerten sich
betroffene Arbeiter und Angestellte
folgendermaßen: „Mein Vertrag läuft nach
fünf Jahren im Oktober aus. Die ersten Jahre
war ich als Leiharbeiter beschäftigt, dann
bekam ich einen befristeten Vertrag. Anfangs
habe ich auch am Wochenende gearbeitet,
aktuell gibt es in meiner Abteilung nur eine
Mindestbesetzung. Die Stimmung im
Unternehmen ist schlecht, ich fühle mich
verarscht.“ Ein anderer sagte: „Es ist
traurig, dass nach so vielen Arbeitsjahren
die Arbeitsplätze weniger werden und man
befürchten muss, seine Stelle zu verlieren.
Seit genau 20 Jahren bin ich in dem
Unternehmen. Es ist ungewiss, keinem wird
gesagt, was Sache ist, und damit hängen wir
in der Luft. Wir haben an dem Standort schon
viel geschafft und hoffen, dass es besser
wird“. Es liegt nun an der Stärke der
Beschäftigten und der Gewerkschaft, die
Pläne von ZF zu zerschmettern. „Wir kämpfen
um jeden Arbeitsplatz“, so der
Betriebsratsvorsitzende bei der Demo am
Waldkraiburger Festplatz.
Immer weniger Aufträge, immer weniger
Arbeitsplätze sollen die Corona-Krise
prägen: „Gibt es genügend Arbeit? Wie geht
es im nächsten Jahr weiter?“, betont ein
Arbeiter, der seit 26 Jahren im Aschauer
Werk beschäftigt ist. Bis Ende Juli sei noch
Kurzarbeit angemeldet, aber vieles deutet
darauf hin, dass sich dies bis zum nächsten
Jahr fortsetzen wird – oder befristete
Arbeitsverträge nicht verlängert werden. Die
Arbeiter und Angestellten bei ZF haben jetzt
zwei Optionen: Alles oder nichts!
„Es wird nicht bei
einer Aktion bleiben“
Der Widerstand gegen die Pläne von ZF
organisiert sich: sei es in Aschau am Inn,
deutschland- oder weltweit. Die Aktionen
werden in den nächsten Wochen und Monaten
fortgesetzt. Wir erklären uns mit den
betroffenen Beschäftigten solidarisch!
Der Kampf gegen den Abbau der Arbeitsplätze
erfordert eine Perspektive jenseits des
Kapitals. Wer Stellen abbauen möchte, sollte
gegenüber Belegschaft und Gewerkschaft
zuerst die Geschäftsberichte und -bücher
offenlegen! Kein Aktionär oder Manager darf
sich an den Vorhaben des ZF-Konzerns
bereichern. Die Demokratisierung und
Vergesellschaftung des ZF-Konzerns ist das
Mittel zum
Zweck, um Arbeitsplätze zu retten! Ein
Konzern unter der demokratischen Kontrolle
der Beschäftigten – ohne Lohndumping und
Existenzängste – wäre in der jetzigen
Krisensituation mehr als berechtigt. Lasst
die Beschäftigten ran – sie können es
besser. Ein alternativer Produktionsplan
muss her. Die Last der Corona-Krise darf
nicht auf die Arbeiterklasse abgetragen
werden!
Quelle:
https://www.derfunke.de/rubriken/kapital-und-arbeit/2702-gegen-den-stellenabbau-bei-zf-solidaritaet-mit-den-beschaeftigten
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