trend spezial: Berichte aus Kosova

Koloniales Polittheater in Kosova

von Max Brym

08-2012

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Auf der Website der Zeitung „ Koha Ditore“ findet momentan eine interessante Leserbefragung statt. Gefragt wird: „Wer ist der Präsident Kosovas?“ Die offizielle Präsidentin Atifete Jahjaga erreicht dabei nur 18.2%. Ministerpräsident Hashim Thaci kommt auf 18,3%. Klar vorne liegt US Botschafter Christopher Dell, mit 49,3%.

In letzter Instanz regiert der „Zeus von Kosova“ US Botschafter Dell. Dies zeigt auch die gegenwärtige politische Schmiereinkomödie um das Amt des Präsidenten. Sowohl aus den Reihen der Regierungspartei PDK, wie aus der sogenannten Oppositionspartei LDK, gibt es Bestrebungen die Amtszeit von Präsidentin Atifete Jahjaga zu verkürzen. Letzteres ist aber mit Dell nicht zu machen. Der US Botschafter setzt sich für die volle Amtszeit, der in den USA ausgebildeten Polizistin, der jetzigen Präsidentin Jahjaga ein. Es wäre ja noch schöner wenn kosovarische Politiker selbständig bestimmen dürften wer Präsident wird. Herr Dell wollte einst den Multimillionär Pacolli zum Präsidenten küren. Doch sein SMS Verkehr von der Zuschauertribüne des Parlamentes aus , zugunsten von Pacolli, machten aus Pacolli nur einen sehr kurzweiligen Präsidenten. Botschafter Dell rüffelte damals die kosovarische Presse, weil sie seine Intervention zugunsten von Pacolli im Parlament dokumentierte. Anschließend bestellte er die LDK und die PDK zu einem Abendessen ein und forderte sie auf -gefälligst- die Polizistin Atifete Jahjaga zu wählen. Dies geschah dann auch vor mehr als einem Jahr. Jetzt meint Frau Jahjaga, sie wolle „die volle Amtszeit Präsidentin bleiben“. Zum Leidwesen der Parteien unterstützt Herr Dell und das Verfassungsgericht dieses Vorhaben. In der Presse wurde auch gemeldet, dass Dell einst und jetzt die Person Veton Surroi ( ehemaliger Herausgeber von Koha Ditore) als Präsident ins Spiel brachte. Der Vorgang belegt nur den zutiefst kolonialen Charakter Kosovas, ein US Botschafter bestimmt wo es langgeht. Aber da war doch etwas mit der Unabhängigkeit 2008 ?

Editorische Hinweise

Wir erhielten den Artikel vom Autor für diese Ausgabe.