Texte  zur antikapitalistischen Organisations- und Programmdebatte

08-2012

trend
onlinezeitung

 

Es gibt einen Überblick über alle bei TREND 2011/12 veröffentlichten Texte zur Debatte über Organisation und Programm, angeregt durch die "Sozialistische Initiative Berlin" (vormals Berlin-Schöneberg)

Schaffen wir ein „politisches Kartell“ der Gruppen, die den NaO-Prozess tragen.
Erklärung des Arbeitskreises Kapitalismus aufheben (AKKA) zum NaO-Prozess

Die so genannten fünf NaO-Eckpunkte waren ein Diskussionsangebot der SIB zur Sammlung der antikapitalistischen Kräfte, die aus eigener politischer Erfahrung die Überwindung des BRD-Zirkelwesens anstreben. Folglich müssen sich in diesem Prozess des Aufeinanderzugehens diese fünf Punkte nicht nur konkretisieren, sondern auch in ein anderes Verhältnis zueinander gestellt bzw. durch fehlende Punkte ergänzt werden. Nach einem guten Jahr NaO-Debatte und der beginnenden additiven Zusammenarbeit von SIB, Interkomm, Soko, RSB, ISL, GAM, MI, Scharf-Links und AKKA gehören diese fünf Eckpunkte nun auf den Prüfstand einer Zwischenbilanz. Eine solche Bilanzierung halten wir für notwendig, um die bisherige Zusammenarbeit politisch und organisatorisch auf ein höheres Niveau zu heben.

Die Bezeichnung „politisches Kartell“ ist uns zur Kennzeichnung dieser höheren Stufe im NaO-Selbstorganisationsprozess eingefallen, um damit einerseits die zunächst noch fortbestehende Selbständigkeit der einzelnen NaO-Organisationen zu kennzeichnen, andererseits um die organisatorischen und politischen Verbindlichkeiten sowie den gemeinsamen politischen Zweck hervorzuheben.

Als besonders wichtig erscheint es uns, dass sich ein solches politisches Kartell keineswegs in sich verschließt, sondern klare inhaltliche und praktische Schnittstellen zu anderen revolutionären und antikapitalistischen Gruppen und Organisationen offen hält, um sie für das Ziel „Schluss mit dem Zirkelwesen – für eine neue antikapitalistische Organisation“ zu gewinnen.

Der nachfolgende Entwurf für eine Plattform versteht sich als ein Vorschlag in diese Richtung bestehend aus inhaltlichen und methodischen Angeboten für die o.a. Gruppen.

1)
Begonnen werden müsste in der Plattform mit der „Klassenorientierung“ (3.NaO-Eckpunkt). Hier wäre zu entwickeln, warum das Proletariat das historische Subjekt ist, welches durch die kapitalistischen Verhältnisse gezwungen wird, als Klasse den Kapitalismus aufzuheben.

Unverzichtbar ist dabei der Hinweis auf die modernen Klassenstrukturen in den Metropolen und die Internationalisierung der Klasse unter den Bedingungen des kapitalistischen Weltmarkts, aus denen möglicherweise auch Bündnisfragen abzuleiten wären.

An die Darstellung des Grundwiderspruchs zwischen Lohnarbeit und Kapital hätte eine Nennung der Widerspruchskonstellationen anzuschließen, wie sie sich um den Grundwiderspruch gruppieren, von ihm bestimmt werden und auf ihn einwirken.

In einer Art Protokollnotiz als Anlage müsste im Hinblick auf die konkreten Widerspruchskonstellationen eine Stellungnahme für die gegenwärtige Phase der Überwindung des Zirkelwesens formuliert werden, wie mit anderen politisch-ideologischen Strömungen im Klassenkampf, im Geschlechterkampf, im ökologischen, Antira und Antifa-Kampf zusammengearbeitet wird (Stichwort: Bündnisarbeit, Aktionseinheit, Einheitsfront).

2)
Sodann müsste das Ziel des revolutionären Prozesses genannt werden, die Aufhebung und Umwälzung des Kapitalismus in eine kommunistische Gesellschaft. Dieser Prozess stellt einen Übergang dar, wo wir es zunächst mit „Mißständen“ zu tun haben werden, „wie sie eben aus der kapitalistischen Gesellschaft nach langen Geburtswehen“ hervorgehen werden. (Marx, Kritik des Gothaer Programms) Wir schlagen deshalb vor, die Staatsfrage und die entsprechenden historischen Erfahrungen in den untergegangenen nominalsozialistischen Staaten in diesem Kontext zu erörtern.

3)
An dritter Stelle müsste die BRD-spezifische Notwendigkeit der Überwindung des Zirkelwesens stehen.

Hauptaufgabe wäre dabei die Entfaltung einer gemeinsamen Praxis und die Erstellung eines Aktionsprogramms. Die Umsetzung dieser Aufgabe sollte sich in konkreten Beschlüssen ausdrücken, die in der Form einer Anlage der Plattform beigegeben werden. In diesem Zusammenhang müsste das „politische Kartell“ eine deutliche Antwort auf die Frage geben, „Wer organisiert wen für was?“. Eine mögliche Fragestellung könnte sein:  „Einheit der Klassenlinken“ und/oder „Einheit der revolutionären Subjekte“?

4)
Unter dem Stichwort „Verbindlichkeit“ (5.NaO-Eckpunkt) ist ausgehend von der bisherigen additiv punktuellen Zusammenarbeit der oben genannten Gruppen eine gemeinsame Handlungs- und Organisationsstruktur für das „politisches Kartell“ zu entwickeln, die der Überwindung des Zirkelwesens dient. In diesem Zusammenhang wäre zu berücksichtigen, dass der Klassenkampf an drei Fronten (ökonomisch, politisch, ideologisch) verläuft und dass von daher die Praxisfelder der Organisation im Verhältnis dazu bestimmt werden sollten.

Der Klassenkampf und der Kampf gegen rassistische und männlich-chauvinistische Herrrschaftsformen machen es notwendig, auch für umfassende kulturrevolutionäre Umwälzungen einzutreten. Deshalb muss sich  die Organisations- und Kritikkultur des künftigen „politische Kartells“ daran messen lassen.

5)
Um den NaO-Prozess unter der Zielsetzung „Überwindung des Zirkelwesens und Schaffung einer neuen antikapitalistischen Organisation“ zu festigen, ihn fortzuentwickeln und zu erweitern, ihn also politisch und organisatorisch heute auf ein höheres Niveau zu bringen, halten wir es für ratsam, dass das „politische Kartell“ eine Agenda der nächsten theoretischen und praktischen Aufgaben aufstellt und beschließt.

Ein wichtiges Anliegen von uns wäre dabei, dass sich in diesen Prozess auch sympathisierende Gruppen und Organisationen einbringen können.

Berlin im August 2012

Arbeitskreis Kapitalismus aufheben (AKKA)
c/o Stadtteil- & Infoladen LUNTE, Weisestr. 53, 12049 Berlin
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