Stadtumbau & Stadtteilkämpfe
Die Stadt als ideellster Gesamtsozialist
Ein Interview mit Rick Faber über die richtige City

von Ali Emas

08-2013

trend
onlinezeitung

Ali Emas: Du arbeitest für eine Anstalt des öffentlichen Rechts im Bausektor. Wie bist du da positioniert?

Rick Faber: Eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist ein halbstaatlicher Betrieb, der unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt wird. Er macht Gewinne und handelt auf eigene Rechnung, wird aber vom Staat beauftragt und quasi beaufsichtigt. Sprich, es gibt einen Anstaltsherr, das ist die Stadt und Ihre Befehlsgeber. Ich lohnarbeite aber nicht direkt für die, sondern für einen Auftragnehmer. Ich dichte Fugen ab, saniere Tunnel, U-Bahnen. Gewerkschaftlich bin ich organisiert und beschäftige mich mit kritischer Stadttheorie.

Du hast Dich mit Henri Lefèbvre beschäftigt. Das erscheint nicht weit hergeholt gerade jetzt, während wieder in Städten, in der Türkei, in Brasilien, massiv demonstriert wird ‒ warum?

Lefèbvre ist der Vordenker für Leute wie David Harvey, die als marxistisch trainierte Akademiker Kapitalverhältnisse auf die Frage des Urbanen zusammenschnurren lassen. Trotzdem war Lefèbvre zumindest theoretisch wichtig für einen Ausgangspunkt der Lage in Frankreich vor 45 Jahren, als versucht wurde, die Kritik des Lebens im Alltag, also Arbeitswelt u n d Freizeitwelt, praktisch durchzusetzen. Bei Harvey wiederum gibt es aber Verkürzungen, die er von Lefèbvre übernimmt, wobei Lefèbvre klüger ist, als der Geografieprofessor in New York. Harvey spricht vom Neoliberalismus, der mit "new systems of governance" plus Geldmacht Staat und Konzerninteressen gekoppelt habe. Man kennt das, Goldman Sachs hat die Welt übernommen. Das trennt Lefèbvre noch in Neo- Liberalismus und Dirigismus, macht also aus dem Staat nicht ganz ohne wenn und aber den ideellen Kapitalisten. Und er fällt auch nicht auf die Logik von Geld und Finanzen herein, die alles steuern würde. Staat ist für Harvey der große Verteiler des Reichtums, den er gerecht ausgeben will. Er nimmt von Lefèbvres grundsätzlicher antikapitalistischer Haltung unbemerkt Abschied. Er sagt eben (ich zitiere mal) "raising the proportion of the surplus held by the state will only have a positive impact if the state itself is brought back under democratic control". Profit und Staat sollen also demokratisch geregelt werden. Womit er vielleicht einen sozialistischen Staat fantasiert oder, was wahrscheinlicher ist, einen demokratisierten Kapitalismus, was immer das auch ist.
 

Ist es bei Harvey nicht das Recht auf Stadt, das er einfordert wie das Recht am Anteil des gesellschaftlichen Reichtums?


Das komplette Interview als PdF-Datei lesen >>>>

Editorische Hinweise

Das Interview erhielten wir von A. Emas für diese Ausgabe.