Betrieb & Gewerkschaft
Gewerkschaften in der Krise

von Renate Münder

08-2013

trend
onlinezeitung

Vorbemerkung: In der Juni-Ausgabe veröffentlichten wir eine kommentierende Zusammenfassung des Aufsatzes von Renate Münder. Da nun der komplette Artikel im Netz bei Theorie & Praxis vorliegt, spiegelten wir ihn dort und reichen ihn nach. / red. trend

Bei der Eröffnung des Weltwirtschaftsforums in Davos 2011 verstieg sich Klaus Schwab, Gründer und Leiter des WEF, zu der Aussage, dass der „Kapitalismus in seiner heutigen Form“ nicht länger das Wirtschaftsmodell sei, „das die globalen Probleme lösen kann.”1 Die da oben, die immer das freie Spiel der Kräfte des Marktes beschworen hatten, die Herren der Banken und Konzerne, schrien nach der Hilfe des Staats. Sie forderten Milliarden, und sie bekamen sie. Mit Steuergeldern wurden sie gerettet.

„Wir zahlen nicht für Eure Krise“. Dafür gingen Hunderttausende auf die Straße. Es waren nicht genug. Und so bezahlen die Werktätigen die kapitalistische Krise mit Erwerbslosigkeit, sozialem Kahlschlag, Senkung der Reallöhne, befristeten, ungesicherten Arbeitsverhältnissen, Leiharbeit und Verelendung und mit einer Staatsverschuldung, an der wir noch Generationen lang zu tragen haben.

Schon vor der Krise konnten die Gewerkschaften dem Angriff des Kapitals nicht standhalten. Im Zeitraum von 2004 bis 2009 sind in keinem anderen EU-Staat die Arbeits- und Lebensbedingungen bei Erwerbstätigen und Arbeitslosen so verschlechtert worden wie in Deutschland, wie eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung belegt.2 Die Quote der working poor stieg von 4,9 auf 7,1Prozent. Weltweit stiegen die Durchschnittslöhne um ein Viertel – nur in Deutschland sanken die Reallöhne in den zurückliegenden zehn Jahren um 4,5 Prozent! Gleichzeitig stieg die durchschnittliche Arbeitszeit auf über 41 Stunden die Woche. Und 1,25 Milliarden Stunden sind unentgeltlich, ohne dass die Unternehmer einen einzigen Cent locker machen müssen dank einer Unzahl von Öffnungsklauseln in den Tarifverträgen. Der Leistungsdruck und die Flexibilisierung wurden von den Kapitalisten ebenfalls noch gesteigert. Und wer sich dabei die Gesundheit ruiniert hat, wird aussortiert. Millionen schicken sie in die Arbeitslosigkeit, die anderen müssen immer länger und intensiver arbeiten. Das Kapital verschaffte sich durch relativ niedrige Lohnstückkosten über niedrige Tarifabschlüsse und abgesenkte „Lohnnebenkosten“ – was weitere Schritte bei der Privatisierung der sozialen Sicherungssysteme bedeutet – entscheidende Wettbewerbsvorteile. Das ist das ganze Geheimnis der deutschen Exportoffensive.

In der Krise verschärften die Unternehmer die Gangart. Inzwischen ist das Ergebnis klar: Die deutsche Arbeiterklasse und vor allem die der anderen Völker Europas zahlen für die Krise; mithilfe von „Schuldenbremse“ und Fiskalpakt ist ein Ende nicht abzusehen. Der Standort muss gesichert werden, sagen die Herren der Konzerne. Und während die Arbeiterklasse in den meisten europäischen Staaten den Kampf aufgenommen hat, hält die deutsche Arbeiterklasse in ihrer Mehrheit noch am Bündnis mit dem Kapital fest.

Den Widerstand zu organisieren gegen die Gier des Kapitals nach mehr Profit – bzw. gegen den Zwang zur Profitmaximierung im Kapitalismus – ist also dringender denn je. Die Aufgabe klassenkämpferischer Kolleginnen und Kollegen ist nicht die Suche nach „Wegen aus der Krise“ – das ist im Kapitalismus nicht möglich – sondern die Suche nach Wegen, wie die Abwälzung der Krisenlasten auf die Schultern der Arbeiterklasse verhindert, zumindest begrenzt werden kann. Der Widerstand muss von der Arbeiterklasse selbst getragen werden, und ohne eine klassenkämpferische Orientierung der Gewerkschaften wird das Kapital mit seinen beiden Methoden des „Liberalismus“ und/oder der Repression, wie Lenin sie gekennzeichnet hat, weiter erfolgreich sein. „In Wirklichkeit bildet die Bourgeoisie in allen Ländern unvermeidlich zwei Systeme des Regierens heraus, zwei Methoden des Kampfes für ihre Interessen und für die Verteidigung ihrer Herrschaft, wobei diese zwei Methoden bald einander ablösen, bald sich miteinander in verschiedenartigen Kombinationen verflechten. Die erste Methode ist die Methode der Gewalt …“ Sie bedeutet die Verweigerung aller Zugeständnisse an die Arbeiterbewegung und strikte Ablehnung aller Reformen. „Die zweite Methode ist die Methode des ‘Liberalismus’, der Schritte in der Richtung auf die Entfaltung politischer Rechte, in der Richtung auf Reformen, Zugeständnisse usw.“ 3 Die Orientierung auf die Sicherung des Standorts und die dementsprechende Zurückhaltung der Gewerkschaften ermöglicht es der Bourgeoisie, mit nur sehr geringen Zugeständnissen einen Kurs zu fahren, der ohne die Entfaltung politischer Rechte, ohne Reformen auskommt, der im Gegenteil soziale und politische Rechte in ungeheurem Ausmaß beseitigt. Die Methode der Repression bleibt dabei der Mehrheit verborgen.

Dabei war das Kapital auch in Deutschland durch die Krise angeschlagen, Investitionen fehlten – die Krise dauerte an; doch dank des Stillhaltens der Arbeiterklasse konnte es als vorläufiger Gewinner aus ihr hervorgehen. Der deutsche Imperialismus will mit aller Macht seine ökonomische und politische Vorherrschaft in der EU halten und ausbauen. Umso aggressiver muss sein Vorgehen gegen die Arbeiterklasse sein.Um Kristallisationspunkte für den Widerstand zu finden, ist zu untersuchen, was die Arbeiterklasse hindert, den Kampf aufzunehmen, wie der Zustand der Gewerkschaften ist, wobei diese Untersuchung sich auf ver.di und IG Metall konzentriert.

Beide agieren unterschiedlich, bedingt durch eine unterschiedliche Mitgliederstruktur. Während die IG Metall die Industriebelegschaften organisiert, die den Mehrwert schaffen und die zum großen Teil für den Export produzieren, sind die Mitglieder von ver.di zu großen Teilen im Öffentlichen Dienst beschäftigt. Ihre Bedeutung ist mit der Rolle des Staates in der Reproduktion gestiegen. Zum industriellen Sektor gehören bei ver.di nur die Arbeiter der Druck- und Papierindustrie; aber auch die Angestellten und Arbeiter bei den Banken, im Handel und Verkehr sind zur Realisation des Mehrwerts erforderlich.

Die Tarifpolitik ist immer noch das Feld, wo die Gewerkschaften für ihre Mitglieder am wichtigsten sind, wo sie ihre Bataillone sammeln und ins Feld führen können – sie steht deshalb am Beginn der folgenden Untersuchung. Es geht dabei insbesondere darum, warum die deutschen Gewerkschaften dem Lohndumping des Kapitals nicht entschlossen entgegentreten und dadurch zum Lohnbrecher in Europa geworden sind.

Auswirkung der Krise auf die tariflichen Kämpfe
… der IG Metall

Zu Beginn der Krise 2008 leugnete die Führung der IG Metall zunächst, dass Deutschland überhaupt von einer Krise erfasst sei, konstatierte einen “großen Nachholbedarf in Sachen Gerechtigkeit und Binnenwachstum”4 und legte die Tarifforderung auf 8 Prozent bei einer Laufzeit von 12 Monaten fest. Sie schwenkte dann jedoch schnell zu einer Rolle als Krisenmanager um und setzte auf Korporatismus und Co-Management. Nach einigen Warnstreiks kam es schon nach vier Verhandlungsrunden Mitte November 2008 zum Abschluss, der deutlich hinter den ursprünglichen Erwartungen zurückblieb. Laut IG Metall wurden die Löhne um 4,2 Prozent erhöht, wobei wir dabei auf eine Problematik stoßen, dass sowohl die bürgerliche Presse als auch die Gewerkschaft die lange Laufzeit von 18 Monaten in ihren Meldungen nicht berücksichtigten. Die Zusammensetzung des Abschlusses aus verschiedenen Bestandteilen wie Einmalzahlungen, unterschiedlichen Prozenterhöhungen pro Jahr, Nullmonaten usw. machen die Umrechnung auf eine tabellenwirksame Erhöhung pro Kalenderjahr schwierig. Diese betrug 2,8 Prozent, so dass nur 35 Prozent der ursprünglichen Forderung durchgesetzt wurden.

Dieser Tarifvertrag lief nach 18 Monaten Ende April 2010 aus. Doch schon im Herbst 2009 begann eine Diskussion, ob nicht angesichts der Krise die Sicherung der Arbeitsplätze im Vordergrund stehen müsse.

Es gibt keine Zweifel, dass die Krise die Durchsetzungskraft der Gewerkschaften beträchtlich verringerte. Aber die Kolleginnen und Kollegen wurden in dieser Tarifrunde überhaupt nicht gefragt, nicht auf den Plan gerufen. Nach Umgehung der üblichen Forderungsdiskussion in den Betrieben verzichtete die IG Metall auf eine konkrete Lohnforderung. Hinter dem Rücken der Mitglieder bereitete die IG Metall Führung schon vor Ende der Friedenspflicht eine Verhandlungslösung vor. „Lohnzurückhaltung“ zur Sicherung der Arbeitsplätze war die Anweisung, hieß es schon im Oktober 2009. “Es ist jedem klar, dass es ohne Opfer nicht gehen wird”,sagte der Gewerkschaftsvorsitzende Berthold Huber. “Wie umfangreich die ausfallen, hängt vom Verlauf der Krise ab.“ 5

Die vorgezogenen Geheimverhandlungen vor Ablauf der Friedenspflicht führten zu einem Abschluss, der nur als Dokument der Unterwerfung bezeichnet werden kann und die innergewerkschaftliche Demokratie mit Füßen trat. Nicht einmal der Inflationsausgleich wurde mit den 2,7 Prozent (und einer Einmalzahlung von 320 Euro) gesichert. Bei einer Laufzeit von 23 Monaten entspricht das einer „Erhöhung“ von 1,4% Prozent pro Jahr! Dazu kam wie 2008 eine Flexi-Komponente, indem in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Situation des Betriebes die Tariferhöhung um zwei Monate vorgezogen bzw. um zwei Monate nach hinten verschoben werden konnte.

Trotz Lohnverzichts gab es von der Kapitalseite keine Zusicherung für den Erhalt der Arbeitsplätze. Das lehnten die Unternehmer strikt ab, so dass es trotz Kurzarbeit und Abbau von Arbeitszeitkonten zur massiven Vernichtung von Jobs kam. Die Beschäftigtenbefragung des WSI-Projekts LohnSpiegel ergab, dass in 67 Prozent der Metallbetriebe Arbeitsplätze abgebaut wurden: zum einen durch Kündigung von Leiharbeitsbeschäftigten (in 71 Prozent der krisenbetroffenen Betriebe), zum andern durch das Auslaufen befristeter Beschäftigungsverhältnisse (in 63 Prozent der Betriebe). In gut einem Drittel der Krisenbetriebe gab es laut WSI-Report 02/2010, auch Kündigungen des Stammpersonals, und im Laufe des Jahres 2011/12 kam es zu Massenentlassungen.

Dass die Mehrheit der Stammbelegschaften durch die Kurzarbeit ihren Job behielt, lag durchaus im Interesse des Kapitals. Denn das ist eine Arbeitszeitverkürzung nach seinem Geschmack: Die eingearbeitete Belegschaft blieb den Betrieben erhalten, die Beschäftigten und die Bundeagentur für Arbeit bezahlten die Kurzarbeit, und die Leiharbeiter flogen nach dem Prinzip „teile und herrsche“ auf die Straße.

Die IG Metall Spitze jedoch brüstete sich mit dem Tarifabschluss ohne „Rote Fahnen, Trillerpfeifen und Warnstreiks“ und sonnte sich im Beifall von Kapital und Regierung. Sie betonte, die Abwrackprämie – die sie als Umweltprämie schönredete – und die Kurzarbeitsregelung durchgesetzt, und damit die Arbeitsplätze gesichert zu haben. Die Leiharbeiter zählten offenbar nicht für sie.

Dass sich auch Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegießer zufrieden äußerte, verwundert nicht: „Dieser Abschluss ist ein eindrucksvolles Zeichen gemeinsamen Krisenmanagements. Wir haben gut zwei Monate vor Ablauf der geltenden Tarifverträge eine Einigung auf friedlichem Wege gefunden – das hat es so noch nie gegeben.“.“ „Wir sind unserer gesamtwirtschaftlichen Verantwortung gerecht geworden“ (Hervorhebungen von R.M.). „Selten habe ich erlebt, dass beide Seiten in der Lagebeurteilung so übereinstimmen.“6 „Das hat es so noch nie gegeben“ – dass das Kapital so billig die Ruhe in den Betrieben erhielt!

„Wirtschaftsinteressen diktieren unangefochten die Agenda des globalen Krisenmanagements, in dem jetzt die Weichen neu gestellt werden. Gewerkschaften spielen auf dieser Bühne keine Rolle“, so kommentierten die ver.di-Funktionäre Bernd Riexinger und Werner Sauerborn das Ergebnis zu Recht. Ihrer Beurteilung, dass die Gewerkschaftsführung „hilflos, kopflos, wehrlos“ sei, 7 kann allerdings nicht zugestimmt werden – sie weiß sehr gut, was sie tut. Berthold Huber sagte es in der Februar-Ausgabe der Metallzeitung 2010 ganz offen, worum es ihm geht: „Nicht nur Banken sichern, sondern auch direkt die deutsche Industrie stützen! Jetzt muss notleidenden Industriebetrieben geholfen werden, damit sie später gestärkt aus der Krise kommen (…). Um Entlassungen zu verhindern, müssen Gewerkschaften, Arbeitgeber und die Politik gemeinsam ihre Verantwortung wahrnehmen”.8 Schon 2008 bekannte er sich zu seinem Ziel, nämlich den Kapitalismus zu retten: „Sie brauchen keine Angst haben vor dem Untergang der Marktwirtschaft, da kann ich Sie beruhigen.” 9

Diese Art der „ Krisenbewältigung“ besteht schon länger. Seit dem 12. 2. 2004, dem Abschluss des sog. „Pforzheimer Abkommens“ 4 hat die IGM Führung diese „intelligente Krisenlösung” zur offiziellen Tarifpolitik erklärt, indem sie sich verpflichtete, dem Kapital Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit zu erhalten und zu verbessern.

Die Arbeiterklasse kann jedoch ihre Existenz nicht sichern, indem sie gemeinsame Sache mit dem Kapital macht. Die Stärkung der deutschen Industrie sichert die Arbeitsplätze nicht. Die Kapitalisten bedrohen unaufhörlich die Existenz der Werktätigen, indem sie die Löhne drücken, die Arbeitszeit verlängern, das Renteneintrittsalter heraufsetzen bei gleichzeitiger Senkung der Rente, die Arbeit intensivieren usw., so dass auch die Erwerbslosigkeit steigt. Die Folge ist, dass die zahlungskräftige Nachfrage der Konsumenten fehlt. Die entsprechende relative Überproduktion führt zu periodischen Krisen, die das deutsche Kapital im Wesentlichen mit zunehmenden Exporten zu beantworteten suchte.

Konnte nun wenigstens die Tarifrunde 2012 die Verluste in der Krise ausgleichen, war die Frage in den Betrieben. Die Bedingungen waren günstig: „Deutschlands 30 größte börsennotierten Unternehmen dürften in den abgelaufenen drei Monaten knapp 16 Milliarden Euro verdient haben. Das wäre der höchste Nettogewinn in einem dritten Quartal in der Geschichte der deutschen Großkonzerne. … Laut dem Finanzdienstleister Bloomberg werden die DAX-Konzerne (im Jahr 2011) auf einen Nettogewinn von 70 Milliarden Euro kommen. Nur im Boomjahr 2007 waren es mit 78 Milliarden Euro noch mehr.“ 5

Die IG Metall ging mit einer Forderung von 6,5% in die Tarifrunde, und das Ergebnis von angeblich 4,3 Prozent, das im Pilotbezirk Baden-Württemberg erzielt wurde, wurde von Huber als großer Erfolg gewertet. Die Beschäftigten würden dadurch am Wohlstand teilnehmen, 10 ließ er verlautbaren, wobei er nicht einmal das Ergebnis korrekt nannte. Wegen des Nullmonats im April sind es aufs Jahr umgerechnet (bei einer Laufzeit von 13 Monaten) nur 3,96 Prozent, angesichts der vollen Auftragsbücher ein eher bescheidenes Ergebnis. Der Lohnkostenanteil in der Metallindustrie ist inzwischen so gering – bei durchschnittlich 16,1 Prozent! – dass der Profit kaum beeinträchtigt wurde.

Daniel Behruzi wies darauf hin, dass „die Pro­duk­ti­vität in der Metall­in­dus­trie beson­ders rasch steigt“. 11Die IG Metall gibt in einer Information für Angestellte die Produktivitätssteigerung mit 7,4 Prozent an. „Das heißt: Bei gleichem Einsatz wurde pro Stunde über 7 Prozent mehr produziert.“ Der „Spiegel“ – nicht die Gewerkschaft – zieht daraus die richtige Schlussfolgerung: „Der Lohnkostenanteil in der hochtechnisierten Metallindustrie liegt inzwischen so niedrig, dass es sich für die Arbeitgeber längst nicht mehr lohnt, deswegen einen flächendeckenden Streik zu riskieren.“ 12 Deshalb, so Daniel Behruzi, bedeute „der Abschluss für die Branche eher eine Umver­tei­lung zugunsten des Kapi­tals als der Beschäf­tigten. Vor allem aber werden die Ein­bußen der Metaller wäh­rend und seit der Krise bei weitem nicht ausgeglichen.“ 13 Dennoch feierte die IG Metall es als Erfolg, dass der „unbefristete Streik (…) abgewendet“ werden konnte, so als ob dies ihr wichtigstes Ziel sei

Aus den Betrieben meldete die IG Metall überwiegend Zustimmung – nach jahrelangem Reallohnabbau sind die Kolleginnen und Kollegen bescheiden geworden. Das ist nicht anders als zu Engels Zeiten: „Die Arbeiter gewöhnen sich nach und nach einen immer niedrigeren Lebensstandard. Während die Arbeitszeit eine Tendenz zur Verlängerung zeigt, nähern die Löhne sich immer mehr ihrem absoluten Minimum – jener Summe, unterhalb derer es für den Arbeiter unmöglich wird, zu leben und sein Geschlecht fortzupflanzen.“ 14

Unbefristete Übernahme der Auszubildenden und Leiharbeit

Ein zweites Ziel der Tarifrunde, eine wichtige Forderung nicht nur der Jugend, war die Übernahmegarantie der Auszubildenden. Auch hier nahm die Führung der IG Metall den Mund zu voll, das Ergebnis blieb zwiespältig. Zwar sollen die Auszubildenden laut Tarifvertrag in Zukunft unbefristet übernommen werden, aber es gibt Einschränkungen und Ausnahmeregelungen, Mög­lich­keiten, die Über­nah­me­ver­pflich­tung zu umgehen. Die Übernahme ist nach wie vor an den Bedarf des Betriebs geknüpft, und den bestimmt immer noch die Geschäftsleitung – der Betriebsrat hat nur ein Beratungs-, kein Mitbestimmungsrecht – und zweitens an die „Geeignetheit“ des Bewerbers nach bestandener Abschlussprüfung. „Wenn die persönliche Eignung des Azubis zu wünschen übrig lässt “, heißt es im Tarifvertrag. Das ist eine Gummiformulierung, die den Unternehmern so große Schlupflöcher ermöglicht, dass von einem Durchbruch in dieser Frage nicht geredet werden kann, wie es IG-Metall Vize Detlef Wetzel darstellt. Lediglich für Betriebe mit starkem Betriebsrat trifft diese Einschätzung zu. Für die Masse der Auszubildenden kann das Ergebnis nur einen ersten Schritt bedeuten – eine sichere Übernahme wird ihnen nicht garantiert.

Das Thema Leiharbeit – das dritte Ziel – war für die Mobilisierung in den Betrieben ganz entscheidend. Ihr Anteil steigt seit Jahren bedrohlich an, die derzeitige Zahl der in Leiharbeitsverhältnissen beschäftigten Kolleginnen und Kollegen liegt bei ca. einer Million. Leiharbeit hat für die Unternehmer vor allem die Funktion, die Arbeitskräfte möglichst flexibel an den Produktionsprozess anpassen zu können, anders ausgedrückt, sie ungehemmt heuern und feuern zu können. So wurden in der Krise als erste Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter kurzfristig rausgeworfen. Die Angst, den Job zu verlieren, ist bei ihnen – berechtigterweise – dementsprechend groß. Durch einen hohen Leiharbeiteranteil ist in manchen Betrieben die Streikfähigkeit gefährdet. Und durch die Instrumente Leiharbeit und Werkverträge wird auch Druck auf die Löhne und die Kampfkraft der Stammbelegschaft ausgeübt, die Arbeiterklasse ist insgesamt betroffen.

So stieß Hubers Erklärung auf große Resonanz: „Wir wollen keine Apartheid in den Betrieben. Auf der einen Seite die Festangestellten mit allen tariflichen Rechten, auf der anderen Seite befristet Beschäftigte, Leiharbeiter und Beschäftigte mit Werksverträgen.“ 15

Wer nun erwartete, dass die Forderung nach einem Verbot der Leiharbeit die Tarifrunde bestimmen würde, sah sich getäuscht: „Leiharbeit fair gestalten“ heißt die Losung der IG Metall. Das Ziel war aber nicht die Durchsetzung von gleichem Lohn für gleiche Arbeit wie es in der Tarifrunde 2010 für dieStahlindustrie erreicht wurde,sondern von mehr Mitbestimmungsrechten der Betriebsräte für die Leiharbeiter. Auch dies wurde – im Gegensatz zur Behauptung der IG Metall – nicht durchgesetzt. Beim juristischen Zustand gibt es keine Veränderungen: Mitwirkungs- und Beratungsrechte bei Belangen, die die Arbeitsplätze betreffen, gab es auch vorher.

Vor allem aber ist es auf diesem Weg nicht möglich, dem Verbot der Leiharbeit näher zu kommen. Die Leiharbeiter bleiben weiterhin auf gesetzlicher Grundlage „Betriebsfremde“, und sie werden als Bedrohung der Stammbelegschaft hingestellt: „Jetzt steht im Tarifvertrag, dass Leihbeschäftigte nur noch eingesetzt werden, wenn klar ist, dass sie die Löhne, Arbeitsbedingungen und Arbeitsplätze der Stammbeschäftigten nicht bedrohen.“ 16 Leiharbeit wird also nicht prinzipiell in Frage gestellt, ihre Überwindung ist nicht das Ziel, die Spaltung der Belegschaft bleibt erhalten. Die Solidarität mit den Leiharbeitern wird gerade nicht hergestellt.

Es ist unklar, wie viele Kollegen von der Neuregelung, dass einem Leiharbeitnehmer, der länger als 24 Monate im selben Betrieb eingesetzt wird, ein Übernahmeangebot gemacht werden muss, pro­fi­tieren werden. Denn die durchschnittliche Beschäftigungsdauer der Leiharbeiter in der Metallindustrie beträgt maximal 12 Monate im selben Betrieb. Außerdem können die Unter­nehmen die Leiharbeiter einfach rechtzeitig austauschen, wenn sie die Abmachung umgehen wollen. Oder sie weichen auf Werkverträge aus, eine bereits jetzt äußerst beliebte Taktik.

Die erreichten Regelungen werden also die gleiche Bezahlung weiter unterlaufen und die Verantwortung auf die betriebliche, schwächere Ebene fördern. Die Betriebsräte treten – abhängig von Kampfkraft und Durchsetzungsvermögen – für die Rechte „ihrer“ Leiharbeiter ein, zum Teil sicherlich sehr engagiert. Doch diese aufwendigen Einzelaktionen zersplittern die Kampfkraft. Wenn diese Energie für den gemeinsamen Kampf der gesamten Arbeiterklasse eingesetzt würde, wäre eine ganz andere Stärke zu erreichen.

Zudem konnten die Unter­nehmer bei der IG Metall durchsetzen, dass der Abschluss einer (freiwilligen) Betriebsvereinbarung zur Leiharbeit eine „Erhö­hung der inner­be­trieb­li­chen Fle­xi­bi­lität“ zur Folge haben darf. So ist laut dem Unternehmerverband Süd­west­me­tall eine Aus­wei­tung der Quote von Beschäf­tigten, die 40 statt 35 Wochen­stunden arbeiten, von vorher 18 auf 30 Prozent mög­lich (in anderen Bezirken von 13 auf 25 Prozent), „ein zusätzliches Arbeitszeitvolumen der Gesamtbelegschaft“. „Dabei gilt immer der Grundsatz: Wer externe Flexibilität einschränkt, muss dafür die innerbetriebliche Flexibilität ausweiten“, so der Chef von Gesamtmetall, Martin Kannegiesser.17 Die weitere Durchlöcherung der 35-Stunden-Woche ist ein zu hoher Preis für so eine Betriebsvereinbarung. Darum empfiehlt der Bezirk Niedersachsen/Sachsen-Anhalt, keine „freiwilligen Betriebsvereinbarungen“ abzuschließen!

Anders ist der Tarif­ver­trag der IG Metall mit den Leiharbeitsverbänden für Branchenzuschläge, die eine höhere Ver­gü­tung festschreiben, zu bewerten. Er ist für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen eine deutliche Verbesserung. Es wurde eine Stufenregelung vereinbart, die bis zu einer annähernd gleichwertigen Entlohnung führen kann. Allerdings setzt sie erst nach sechs Wochen ein und die höchste Stufe von 50 Prozent wird erst nach neun Monaten im Betrieb erreicht. Kritik kam deshalb von ver.di, dass dies für sie keine Lösung sein könne. Nach ihren Aussagen wird die Hälfte der Leiharbeiter im Betrieb kürzer als drei Monate eingesetzt, zwölf Prozent sogar nur wenige Tage. In der Metallindustrie kommen sicherlich mehr Beschäftigte in den Genuss der Zuschläge. Aber Equal Pay (gleiche Bezahlung) wird damit nicht erreicht und wird auf diesem Weg auch nicht zu erreichen sein. Eine gesetzliche Gleichstellung der Leiharbeiter muss nach wie vor verfolgt werden.

Das Verhalten der Gewerkschaften zur Leiharbeit wird von dem Arbeitsrechtler Wolfgang Däubler äußerst kritisch beurteilt: „ … Um es klar zu sagen: Nach meinem Eindruck haben sie nicht genug getan, sondern im Gegenteil die Bundesregierung noch unterstützt. Man hat bei der Leiharbeit durch Abschluss von Tarifverträgen mitgemacht und so einen Lohnabstand zu den regulär Beschäftigten von durchschnittlich 30 Prozent festgeschrieben. Man wolle das Feld nicht den „Christen“ 18 überlassen, war die Parole. Doch gewann man durch die DGB-Verträge praktisch keine Mitglieder, weil sie ja auch nicht viel besser waren als die Tarife der „Christen“. Ob die Ausbeutung auf der Basis eines von der „christlichen“ Tarifgemeinschaft CGZP oder vom DGB ausgehandelten Vertrags erfolgt, ist für die Betroffenen ziemlich gleichgültig. Man hat nie ernsthaft in Erwägung gezogen, wegen der fehlenden Tariffähigkeit der „Christen“ zu klagen, obwohl das auch schon vor vielen Jahren gute Chancen gehabt hätte. Das ist im Grunde erstaunlich, weil die hiesigen Gewerkschaftsspitzen traditionell viel Vertrauen in die Arbeitsgerichtsbarkeit setzen und lieber einen Prozess als einen Streik führen. Man kann vermuten, dass es da einige Zusagen gegenüber der Bundesregierung gab. Erst nach Jahren, als deutlich wurde, dass Leiharbeit auch die Arbeitsplätze der eigenen Mitglieder gefährdet, hat man sich um eine Korrektur bemüht. Selbst jetzt hatte man noch Schwierigkeiten, das Verfahren gegen die CGZP mit zu betreiben.“ 19

Beim Gewerkschaftstag wurde von vielen Delegierten ein Verbot der Leiharbeit gefordert, sie konnten sich aber gegen die IG Metall-Spitze nicht durchsetzen. Die entlarvende Begründung der Antragskommission bei der Zurückweisung entsprechender Anträge lautete: „… da hier explizit das Verbot der Leiharbeit in ihrer jetzigen Form als Ziel gefordert ist. Das ist noch nicht abschließende Position in der IG Metall.“ 20

Sogar ein Land wie Namibia hat es geschafft, Leiharbeit zu verbieten, hat die „Sklavenhalter“ abgeschafft! Es gibt keine „faire“ Leiharbeit – Leiharbeit wirksam bekämpfen, kann nur heißen, sie zu verbieten! Die Diskussion in den Betrieben und Gewerkschaften sollte dahin gehen, dass Angriffe von Kapital und Regierung auf uns als Klasse nicht vereinzelt in den Betrieben, sondern nur mit der Kraft der gesamten Klasse zurückgeschlagen werden können.

Keine Solidarität mit dem Widerstand in andern Ländern Europas:

Die IG Metall hatte in dieser Tarif­runde eine starke Aus­gangs­po­si­tion. Der Nach­hol­be­darf war groß, die Kampf­be­reit­schaft ebenso, das haben die 833.000 Kollegen bei den Warn­strei­ks gezeigt. Ange­sichts voller Auf­trags­bü­cher hätte ein Aus­stand die Kon­zerne emp­find­lich getroffen. Doch die Streikbereitschaft wurde nicht genutzt. Die gewerkschaftliche Kampfkraft nicht voll eingesetzt.

Vertrauensleute und Betriebsräte des Daimler-Werkes Bremen fassen das Ergebnis der Tarifrunde 2012 in einer sehr scharfen Kritik folgendermaßen zusammen: „(…)Der Abschluss von Baden-Württemberg ist eine weitere Zerstörung des Flächentarifvertrags, ist eine weitere Zerstörung des Normalarbeitstages, ist eine weitere Zerschlagung des Normalarbeitsverhältnisses, ist eine Sanktionierung der Leiharbeit, sichert den Jugendlichen nichts. (…) Das Schlimme: Die Bereitschaft der Arbeiter war bedeutend höher, als sich nur auf Verhandlungen und Kamingespräche zu verlassen. Das wussten sowohl die Kapitalisten, wie auch die IGM-Führung. Um Streiks zu vermeiden, wurde diese Fassade aufgebaut.
Unsere Losungen, vom Verbot der Leiharbeit bis „Nieder mit dem kapitalistischen Lohnsystem“ waren richtig, genauso wie der Hinweis, dass es, angesichts des brennenden Europas, hier im Land nicht um Prozent-Rituale gehen kann. Konkret wäre aber die Forderung richtig gewesen, wie sie immer wieder auch auf den Vertrauensleutesitzungen kam: Es gibt nichts abzuwarten und endlos zu verhandeln: Urabstimmung und Vollstreik sofort! Keinen Abschluss ohne vorherige Abstimmung der Mitglieder (um die „Mitmach-Gewerkschaft“ mal ein Stück konkret zu machen)!…“ 21

Diese Stellungnahme zeichnet ein besonders wichtiger Aspekt aus – und deshalb wird sie auch hier zitiert: diese Tarifrunde stand im Zeichen der Krise, eines „brennenden Europas“, und damit im Zeichen einer besonderen Verantwortung der deutschen Arbeiterklasse für den Widerstand in Europa. Dieser Widerstand wurde im Stich gelassen, so wie auch die Erwerbslosen im eigenen Land im Stich gelassen wurden.

In den Betrieben wurde der Abschluss jedoch überwiegend als Erfolg erlebt. Die Kolleginnen und Kollegen waren stolz darauf, aus der Defensive zu kommen, waren zufrieden mit dem Ergebnis. Was nicht Gegenstand der Debatte war, war die Lage in Europa, d. h. dass die Belegschaften der deutschen Monopolbetriebe über kurz oder lang auch die eigene Position schwächen, wenn sie nicht die Belange der gesamten Arbeiterklasse im Blick haben. Ohne Solidarität, national wie international, kann die Arbeiterklasse gegen die Kapitalisten nicht bestehen. Es bleibt die unerlässliche Aufgabe von klassenkämpferischen Kollegen, insbesondere der Kommunisten, den Kolleginnen und Kollegen ihre besondere Verantwortung, ihre Schlüsselrolle im Kampf, nahe zu bringen, und das geht nicht ohne grundsätzliche Krisenanalyse und Klarheit über den deutschen Imperialismus.

… von ver.di im Öffentlichen Dienst

Die IG Metall fiel mit dem Abschluss im Jahr 2010 ver.di in den Rücken, die im Öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen noch mit der Zielrichtung „Kein Lohnverzicht in der Krise“ in die Tarifrunde gestartet war. “Lohnverzicht zu einer Zeit, in der wir uns am Rande einer Deflation bewegen, wäre das Falscheste, was man machen kann”, sagte der Verdi-Vorsitzende Frank Bsirske.22 In den nächsten Tarifrunden werde es darum gehen, “Preissteigerung und Produktionszuwachs auszugleichen.” So machte er den kampfstarken Bereichen des Öffentlichen Dienstes Hoffnung auf eine offensive Tarifrunde.

Nach dem Metallabschluss 2010 schloss er sich jedoch schnell dem Mainstream an und sorgte dafür, dass die von der Bundestarifkommission beschlossene Forderung von fünf Prozent auf 3,5 Prozent herabgestuft wurde. Das erreichte Ergebnis von einer linearen Erhöhung um 2,3 Prozent bei 26 Monaten Laufzeit entspricht pro Jahr 1,06 Prozent. Das deckte nicht einmal die Preissteigerungsrate. So heißt es im ver.di-Tarifletter: „2010 war unterm Strich das wohl schlechteste Tarifjahr seit der Gründung von ver.di.“ 23 Der frühere NRW-Landesvorsitzende der IG Medien, Franz Kersjes, führt dies auf eine „konsensorientierte Politik ohne aktive Gegenwehr“ zurück: „Gewerkschaftsfunktionäre behaupten, die Mitglieder seien in der Vergangenheit immer weniger kampfbereit gewesen. Das ist eine Ausrede; (…). Vielmehr müssen sich viele Funktionäre fragen lassen, ob sie und wie sie über die politische Entwicklung und die damit verbundenen Gefahren informiert und aufgeklärt haben und wie offen sie mögliche Lösungen mit den Mitgliedern diskutiert haben. Stattdessen wird viel Zeit für Gremienarbeit verschwendet. (. ..)“ 24

Obwohl das Ergebnis 2012 einen besseren Eindruck macht, ist es nicht erfreulicher, denn es stand im Zeichen einer leichten wirtschaftlichen Erholung. Verdi mobilisierte zunächst ungemein erfolgreich. Allein in München kamen am zweiten Warnstreiktag über 10.000 Erzieherinnen und Müllwerker, Straßenreiniger und Krankenschwestern zur Demonstration und Kundgebung; bundesweit waren es etwa 300.000. Die Zustimmung zur Forderung war höher als in jeder bisherigen Tarifrunde. Man konnte eine Ahnung davon bekommen, was es heißen kann, wenn die Beschäftigten beginnen, ihre Macht zu nutzen. 35.000 Neumitglieder waren bereit, sich dem Kampf anzuschließen.

Dies wollten die Verhandlungsführer für Bund und Kommunen, Innenminister Friedrich und der Münchner Personalreferent Böhle, möglichst verhindern. Angesichts massenhafter Proteste und Streiks in europäischen Ländern gegen die Spardiktate war ihnen die Ruhe im Land hier so wichtig, dass sie das ursprüngliche Angebot um einiges erhöhten. Das Ergebnis mit 6,3 Prozent sieht auf den ersten Blick passabel aus.

In Wirklichkeit macht der tabellenwirksame Effekt bei einer Laufzeit von 24 Monaten eine Erhöhung von umgerechnet 3,15 Prozent aus . Schwerer wiegt jedoch die fehlende soziale Komponente. Die Kernforderung nach einem Mindestbetrag von 200 Euro für die unteren Einkommensgruppen wurde aufgegeben. Bei ihnen steigen die Löhne bloß um ca 50-100 Euro, während gerade ihre Bezieher auf mehr Geld angewiesen sind. Durch die Laufzeit von zwei Jahren verstärkt sich diese negative Seite. Keiner weiß, wie sich die Preise in zwei Jahren entwickeln. Und außerdem führt die lange Laufzeit dazu, dass die Arbeiter und Angestellten der Länder 2013 wieder alleine kämpfen müssen.

Die Zustimmung bei der Mitgliederbefragung von fast 74 Prozent wird von ver.di als Zufriedenheit der Mitglieder gedeutet – sie kann aber auch Resignation und Hilflosigkeit anzeigen. Wie sollen sie weiter streiken, wenn ihre Führung ihnen signalisiert, dass sie den Kampf abbrechen will? Um Resignation und Hilflosigkeit zu überwinden, müssen die Kolleginnen und Kollegen zu aktiv Handelnden gemacht werden, muss die Stellvertreterpolitik durchbrochen werden.

In der Presse wurde der schnelle Abschluss mit 6,3 Prozent als Triumph Frank Bsirskes gefeiert. Die öffentlichen Dienstherren waren jedoch ebenfalls sehr zufrieden, für sie war der Verzicht auf den Mindestbetrag von 200 Euro und die lange Laufzeit entscheidend. Sie erhielten trotz hoher Streikbereitschaft den gewünschten Abschluss, mit dem es Bund und Kommunen gelang, die Arbeiter und Angestellten des Öffentlichen Dienstes erneut für die Krise zahlen zu lassen. Die Verluste der vergangenen Jahre wurden nicht ausgeglichen, und stattdessen wurde die Maßgabe im Europakt Plus vom März 2011 erfüllt: „Sicherstellung, dass die Lohnabschlüsse im öffentlichen Sektor den auf eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit gerichteten Anstrengungen im Privatsektor förderlich sind.“

Der Europakt Plus ist inzwischen in dem Anfang März 2012 beschlossenen (unkündbaren) „Fiskalpakt“ der EU aufgegangen. Eins seiner Hauptziele ist es, dauerhaft festzuschreiben, was die Große Koalition unter Merkel mit der sog. „Schuldenbremse“ in Deutschland durchsetzte. Die Schulden, die der Staat für die Rettung der Banken und des Euro einging, dienen als Druckmittel zum Abbau sozialer Standards und werden nun auf die ganze EU ausgeweitet. Eine neue Angriffswelle gegen die sozialen Rechte der Bevölkerung erfolgt. Das wird zu Arbeitsplatzvernichtung im Öffentlichen Dienst, Streichungen im Sozial-, Bildungs- und Kulturbereich führen und unmittelbar Auswirkungen auf die ver.di-Kolleginnen und Kollegen haben.

Durch den schnellen Abschluss wurde vermieden, dass die Tarifrunde im Öffentlichen Dienst mit der Metalltarifrunde zusammengefiel. Beide Gewerkschaften stellten fast die gleichen Forderungen auf, und gemeinsam hätten sie einen Streik von einer Wucht und Dynamik entwickeln können, wie er in Deutschland seit vielen Jahren nicht mehr vorkam und wie ihn die Jüngeren noch nicht erlebt haben – einen Arbeitskampf von Zigtausend Kolleginnen und Kollegen. Ein großer gesellschaftlicher Konflikt wäre möglich gewesen, der bei den Streikenden wichtige Lernprozesse in Gang hätte setzen können, wie es z. B. bei Kolleginnen und Kollegen des Öffentlichen Diensts in München beim Länderstreik 2006 der Fall war. Konfrontiert mit dem Argument, die öffentlichen Kassen seien leer und es gäbe keinen Spielraum für Lohnerhöhungen, recherchierten sie die Ursachen des Aushungerns von Ländern und Kommunen und verfassten ein Flugblatt, das sie beim Streikpostenstehen auch selbst verteilten. Sie waren zu Handelnden geworden.

Der Streik hätte ein Signal setzen können, dass die Arbeiterklasse nicht mehr bereit ist, für die Rettung der Gewinne der Banken und Konzerne zu zahlen und die Verschlechterung der Finanzsituation der Kommunen hinzunehmen, während die Steuern für Unternehmen und Millionäre sinken. Die Hauptseite eines solchen Streiks wäre allerdings nicht der materielle Erfolg gewesen, sondern die Chance, dass sich die Arbeiterklasse aus ihrer Lähmung befreit hätte. „Von Zeit zu Zeit siegen die Arbeiter, aber nur vorübergehend. Das eigentliche Resultat ihrer Kämpfe ist nicht der unmittelbare Erfolg, sondern die immer weiter um sich greifende Vereinigung der Arbeiter.Sie wird befördert durch die wachsenden Kommunikationsmittel, die von der großen Industrie erzeugt werden und die Arbeiter der verschiedenen Lokalitäten miteinander in Verbindung setzen. Es bedarf aber bloß der Verbindung, um die vielen Lokalkämpfe von überall gleichem Charakter zu einem nationalen, zu einem Klassenkampf zu zentralisieren. Jeder Klassenkampf aber ist ein politischer Kampf.” wie Marx und Engels schon 1848 feststellten. 25

Welche Krisenanalyse lag dem gewerkschaftlichen Handeln zugrunde?

Klare Informationen für die Kolleginnen und Kollegen über die für sie schwierig zu durchschauenden ökonomischen Sachverhalte blieben von der IG Metall weitgehend aus. Der Vorsitzende der IG Metall, Berthold Huber, sieht die Ursachen der Krise nicht im kapitalistischen Ausbeutungssystem, sondern bei den Marktradikalen, der Gier der Manager, der „Ideologie der zügellosen Marktwirtschaft“, dem „kollektiven Wahn“ des Neoliberalismus26. „Wir müssen die Urheber der Krise stoppen: entfesselte Finanzmärkte, die Betriebe, Menschen und ganze Staaten vor sich her und in den Ruin treiben.“ 27 Huber redet stets bloß von einer Finanzmarktkrise. Um weitere Krisen zu verhindern, solle die Regierung dafür sorgen, dass die Finanz- und Vermögensmärkte an die Kette gelegt würden, so äußerte sich z. B. auch Vorstandsmitglied Armin Rhode.28

Im Frankfurter Appell appelliert die IG Metall an Regierung und Kapital „Verantwortung (zu) übernehmen”. Ein Appell an diejenigen, die für die Krise verantwortlich sind, die Ursachen der Krise aufzuarbeiten – das ist eine Bankrotterklärung für eine Gewerkschaft.

Nach Hubers Vorstellungen solle der Neoliberalismus durch eine Wahrheitskommission überwunden werden, ein „kollektiven Lernprozess“werde zur „Weiterentwicklung der Gesellschaft“ führen.29Hubers Hauptansatzpunkt ist jedoch ein Zukunftsprogramm fürs Kapital: „Nicht nur Banken sichern, sondern auch direkt die deutsche Industrie stützen! Jetzt muss notleidenden Industriebetrieben geholfen werden, damit sie später gestärkt aus der Krise kommen (…). Um Entlassungen zu verhindern, müssen Gewerkschaften, Arbeitgeber und die Politik gemeinsam ihre Verantwortung wahrnehmen.“ 30 Die Vorstellungen des Vorsitzenden der IG Metall sind davon bestimmt, den Chefetagen der Großkonzerne die Unverzichtbarkeit der Zusammenarbeit mit ihm aufzuzeigen.

So wird in den „Themen und Thesen“ zu den Entschließungen des Gewerkschaftstags der IG Metall, die der Vorstand zur Orientierung und Vorstrukturierung der Antragsberatung herausgab, den IG Metall- Funktionären ans Herz gelegt: „Globalisierung fordert den Erhalt und ständigen Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit.“ (S. 14). Konkret wird dazu aufgefordert: „Gute Arbeits- und Entgeltbedingungen sind nur dann gesichert, wenn betriebliche Durchsetzungsfähigkeit vorhanden ist. Diese wird seit über einem Jahrzehnt dadurch geprägt, dass betriebliche Interessenvertretungen, Belegschaften und einzelne Beschäftigte unter den Vorzeichen neuer Unternehmenssteuerung immer stärker selbst zu Akteuren im Wettbewerb werden. Deshalb kommt es mehr denn je darauf an, sie in die Politikentwicklung und die betriebs- und tarifpolitischen Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Dies ist eine Voraussetzung für wirksame Tarifpolitik.“ (S. 25/6).

Bei VW unterschrieb die IG Metall dementsprechend 2010 einen Tarifvertrag – „Konzept zur nachhaltigen Beschäftigungssicherung“ genannt – in dem die Belegschaft sich verpflichtet, die Produktivität jährlich um 10 Prozent zu steigern. Das heißt, die Belegschaft verpflichtet sich dazu, sich selbst wegzurationalisieren. Unter kapitalistischen Verhältnissen kann nur das die Folge sein. Bis 2018 soll der Autoabsatz von VW um rd. 60 Prozent gesteigert werden und Toyota als „Weltmarktführer“ abgelöst werden. 31 Die Produktivitätssteigerung ist so gewaltig, dass sie für viele Automobilwerke das Aus und die Existenzvernichtung von Tausenden von Arbeitern bedeuteten wird. Beschäftigungssicherung ist unter diesen Umständen illusorisch, selbst wenn der Absatz weiter gesteigert werden könnte.

Unbeirrt von solche Überlegungen vertritt die IG Metall die Position der Klassenzusammenarbeit für den „Standort Deutschland“. Nach dem Abflauen der Krise erwartete sie die Belohnung dafür. Doch der Mohr hatte seine Schuldigkeit getan – die Enttäuschung bei Huber war groß. Ihm blieb nur zu jammern, dass die Unternehmer den Konsens bei der Krisenbewältigung aufgekündigt hätten. Das sei kein fairer Umgang mit den Beschäftigten, die einen Großteil der Krisenlasten geschultert hätten.

Nicht viel besser sieht die Krisenanalyse von ver.di aus. In ihren Publikationen wird zwar von der Krise des Kapitalismus gesprochen, aber auch ver.di versteht darunter in erster Linie eine Finanzkrise. Die Vorschläge, die Vermögenssteuer wieder einzuführen und die Erbschaftssteuer zu reformieren, sind natürlich richtig. Umverteilung allein wird jedoch Krisen nicht verhindern können. Und selbst ein großes Konjunkturprogramm im Umfang von hundert Milliarden Euro jährlich würde verpuffen. Weitere Forderungen an die Regierung sind Finanzmarktregulierung, d.h. unabhängige Rating-Agenturen, Verstärkung der Aufsicht der Finanzmärkte, Verschärfung der Eigenkapitalvorschriften, Einführung einer Finanztransaktionssteuer; Abkoppelung der Staatsfinanzen von den Kapitalmärkten, wachstums- und beschäftigungspolitische Ziele der Geldpolitik usw.

Manche der vorgeschlagenen Maßnahmen beider Gewerkschaften liegen im Interesse des Kapitals, wie z. B. die Forderung, „ausreichend Liquidität“ durch die EZB sowie ein unbegrenzter Rettungsschirm für die Industrie und private Finanzinvestoren sei bereitzustellen. Auch der Ruf nach Konsolidierung der öffentlichen Haushalte wird dem Kapital gefallen, bedeutet er doch eine brutale Sparpolitik und Enteignung durch Privatisierung. Die Unterschiede zur Regierungspolitik liegen vor allem in der Forderung nach Besteuerung hoher Vermögen oder nach einer Zwangsanleihe bei den Reichen.

In beiden Gewerkschaften reflektieren die zuständigen Kommissionen nicht, was durchsetzbar wäre – d.h. was bei starker Mobilisierung unter erheblichem gewerkschaftlichem Druck erkämpft werden könnte – und was den ökonomischen Gesetzen des Kapitalismus widerspricht, was also im Kapitalismus nicht zu erreichen ist. Die „Abkoppelung der Staatsfinanzen von den Kapitalmärkten“ ist z. B. im Zeitalter des Monopolkapitalismus, wo der Staatsapparat den Monopolen zunehmend untergeordnet ist, ein frommer Wunsch. Ver.dis Ruf nach der „moralischen Erneuerung der Finanzkonzerne“ sei noch als Unikum erwähnt.

Dem DGB-Vorsitzenden Sommer war es gegeben zusammenzufassen, was den Gewerkschaftsführungen in der Krise offensichtlich wirklich am Herzen liegt: „Wir müssen sie nutzen um zu zeigen, Marktwirtschaft ist ein sinnvolles System, aber man muss sie mit sozialen Werten und staatlicher Regulierung versehen“.32 Statt Aufklärung über die Krisenursachen ist die Rettung des kapitalistischen Ausbeutungssystems seine Sorge: Sommer propagiert immer noch einen „sozial kontrollierten Kapitalismus, der durch Mitbestimmung reguliert wird“.33

Vor über 160 Jahren schrieben Karl Marx und Friedrich Engels im Kommunistischen Manifest über die kapitalistischen Krisen: „Die bürgerlichen Verhältnisse sind zu eng geworden, um den von ihnen erzeugten Reichtum zu fassen. – Wodurch überwindet die Bourgeoisie die Krisen? Einerseits durch die erzwungene Vernichtung einer Masse von Produktivkräften; andererseits durch die Eroberung neuer Märkte und die gründlichere Ausbeutung alter Märkte. Wodurch also? Dadurch, dass sie allseitigere und gewaltigere Krisen vorbereitet und die Mittel, den Krisen vorzubeugen, vermindert.“ Was das unter den Bedingungen eines monopolistischen Kapitalismus heißt, erleben wir gerade; eines Kapitalismus, der alle Widersprüche des Kapitalismus verschärft hat, der durch „das Streben nach Herrschaft statt nach Freiheit“, durch “die Ausbeutung einer immer größeren Anzahl kleiner und schwacher Nationen durch ganz wenige reiche oder mächtige Nationen“ 34 gekennzeichnet ist.

Beide Gewerkschaften setzen auf ein „soziales Europa“ (gemeint ist die EU). Frank Bsirske initiierte den Aufruf „Europa neu begründen“, der die Krisenursachen in der „gewissenlosen Gier der Finanzeliten“ und bei „Politikfehlern“ sucht und nicht in der kapitalistischen Überproduktion, in der Zwangsläufigkeit der ökonomischen Gesetze des Kapitalismus. Er beklagt die „sträfliche Vernachlässigung der Sozialunion“, ohne zu hinterfragen, ob die EU dafür überhaupt gemacht wurde.

Die Reaktion der Gewerkschaften auf die durch die Krise verschärfte Gefahr für den Frieden und die Demokratie, auf die zunehmenden Widersprüche der imperialistischen Staaten, ihre Konkurrenzkämpfe und Stellvertreterkriege kann hier nur gestreift werden. Die IG Metall ignoriert diese Tendenzen weitgehend und kritisiert z. B. Einsparmaßnahmen im Verteidigungshaushalt, weil sie Arbeitsplätze gefährden würden. In einer Studie des „Wehrpolitischen Arbeitskreises“ vom Dezember 2010, der beim Vorstand der IG Metall angehängt ist, finden wir die Forderung nach der Einsatzfähigkeit der Kriegsmarine gegen die „Bedrohung des freien Warenverkehrs“ oder nach der „Exportfähigkeit“ deutscher Waffen. 4

Wenigstens eine Stellungnahme der IG Metall-Basis sei dagegengesetzt. Aus der Website der IG Metall-Vertrauensleute bei Cassidian, einer Rüstungstochter von EADS, ist ein Zitat von Willi Bleicher zu lesen: “’Was ist nötig, um Bewusstsein, um Einsatzbereitschaft zu entwickeln? Vor allem Information. Dazu gehört aber nicht nur Information über die jeweils anstehende Tarifordnung und über den Verhandlungsstand. Nein, man muss den Kollegen sagen, um welche Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung es sich handelt, auf welche Ursachen es beispielsweise zurückgeht, dass Arbeitsplätze, Einkommen und Berufe in Gefahr geraten.“35

In den Publikationen der IG Metall wurden die Krisenursachen in den südlichen Ländern der EU kaum thematisiert. In der verdi-Publik wurde immerhin das Lohndumping in der BRD kritisch dargestellt, über die sozialen Folgen des brutalen Spardiktats in Griechenland berichtet und der Widerstand dort mit Sympathie gesehen. Erfreulich sind die Ansätze zur aktiven Solidarität mit der griechischen Arbeiterklasse. So rief ver.di am 27.2.2012 zur Beteiligung an einer Protestdemonstration auf: „Heute Griechenland, morgen wir – Nein zu Merkels Spardiktat“.

Bekannter wurde allerdings die Stellungnahme des DGB-Vorsitzenden. Michael Sommer. Er bedient die Vorurteile, die die Medien verbreiten: „Wenn die Griechen mit Hilfsgeldern sorgsam umgehen und Rechenschaft über die Verwendung ablegen, müssen wir in Vorleistung treten“36 , mahnte er mit erhobenem Zeigefinger. Ähnlich argumentierte ein IG Metall-Sprecher. Als ob irgendwelche „Hilfsgelder“ bei den griechischen Arbeitern und Angestellten angekommen und nicht gleich in den Tresoren der Banken – hauptsächlich deutschen und französischen – verschwunden wären.

Zusammenfassung:

Nach dem „Verlorenen Jahrzehnt“ 2001-2011, in dem laut ILO (Internationale Arbeitsorganisation) die Reallöhne im Durchschnitt um 4,5 Prozent zurückgingen (bei den unteren Einkommen, nicht-tariflich und prekär Beschäftigen, waren es sogar 22 Prozent laut DIW 37), bleibt auch bei Rekordgewinnen 2011 die Gewerkschaftspolitik im Jahr 2012 defensiv. Als Ergebnis müssen wir festhalten: Gewinne für das deutsche Kapital, Verluste für die deutsche Arbeiterklasse und die der EU-Länder der Peripherie. Keine brauchbare Krisenanalyse, die die Kolleginnen und Kollegen auf die kommenden Angriffe des Kapitals vorbereiten würde. Trotz stagnierender bzw. sinkender Reallöhne wurden die Niederlagen nicht als solche bezeichnet. Zur Neuausrichtung der Gewerkschaftspolitik wäre deshalb eine offene Debatte über die Ursachen der Krise und was dagegen zu tun ist, unbedingt notwendig.

Verdi und IG Metall präsentieren sich als Interessenvertretung – sie lehnen es jedoch ausdrücklich ab, Vertreter der gesamten Arbeiterklasse zu sein. Ihr Antikapitalismus bleibt phrasenhaft. Co-Management statt Klassenkampf beherrscht ihr Handeln. Ihre politischen Forderungen an die Regierung basieren nicht auf der Kraft einer betrieblichen Basis, sondern gleichen eher kollektiver Bettelei.„Den Staat um Hilfe zu rufen, ist geradezu antigewerkschaftlich“, so Detlef Hensche im Sinne einer klassenkämpferischen Politik. 38

Die Funktion, die Arbeiterklasse ruhig zu halten und ihre Integration ins kapitalistische System abzusichern, wird durch verbalradikale Proteste verhüllt. Die Gewerkschaftsspitzen gehen über den Reformismus, wie er in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts vorherrschte, hinaus, obwohl damals natürlich das gleiche Ziel der Integration verfolgt wurde. Aber angesichts der weltweiten Niederlage der Arbeiterbewegung 1990 und der Offensive des Kapitals betätigen sie sich mehr denn je als Krisen-Manager des Kapitalismus und zerstören zusehends Kampfkraft und Klassenbewusstsein der Arbeiterklasse. Es bestand schon immer ein eklatanter Widerspruch zwischen Wort und Tat bei vielen führenden Gewerkschaftern, vor 1989 aber führten sie auch offensive Kämpfe wie um die Durchsetzung der 35-Stunden-Woche.

Kein Widerstand?

Es sieht so aus, als ob dem Kurs des Verzichts und der Klassenzusammenarbeit innerhalb der Gewerkschaften nichts entgegengesetzt würde. Doch es gab und gibt Widersprüche.

Die Tatsache, dass 2012 bei den Verhandlungen des Öffentlichen Diensts die ver.di-Tarifkommission zuerst das zur Debatte stehende Verhandlungsergebnis ablehnte und dann sieben Stunden lang weichgeknetet werden musste, bis eine Mehrheit zustimmte, zeigt ein erhebliches Widerstandspotential: „ … in den Reihen von ver.di ist dieses Ergebnis … hochgradig umstritten,“ äußerte sich Michael Schlecht, MdB, Gewerkschaftspolitischer Sprecher im Parteivorstand DIE LINKE. „Ver.di ist nach diesem Abschluss im öffentlichen Dienst eine innerlich angespannte Organisation.“ 39 Ver.di-Chef Frank Bsirske musste persönlich eingreifen, um die Mehrheit zu sichern, und auch bei der IG Metall musste Berthold Huber eingeflogen werden, damit das gewünschte Ergebnis durchgesetzt wurde.

Es gab auch Protestresolutionen von ver.di-Mitgliedern: „Den vorläufigen Abschluss vom 31. März lehnen wir ab und werden in der Mitgliederbefragung mit Nein stimmen“, heißt es beispielsweise in einem noch am gleichen Tag veröffentlichten offenen Brief von 18 ver.di-Mitgliedern. Ohne einen Mindestbetrag, der gerade die niedrigen Einkommen spürbar anhebt, sei ein Abschluss nicht akzeptabel. „Auch eine Absenkung des Urlaubsanspruchs unserer neuen Kollegen ab 40 können wir nicht hinnehmen, mit der scheibchenweisen Ausdehnung der Arbeitszeit auf unsere Kosten muss endlich Schluss sein.“ 40

Die ver.di-Betriebsgruppe Werkstatt Bremen schrieb: „…Streikfähigkeit gewinnt eine Gewerkschaft nicht am grünen Tisch, sondern nur durch konkrete Aktionen. Streiken lernt man nur im Streik. Solidarität lernt man nur, wenn es nötig ist. Wenn aber immer wieder die Auseinandersetzung gescheut wird, wie sollen dann Erfahrungen – zu denen sicherlich auch mal Niederlagen gehören – gesammelt werden? Wie soll da praktisch der Zusammenhalt erprobt und gestärkt werden? Dies ist keine Frage von Theorie und Gewerkschaftsseminaren, sondern eine praktische Frage. Langfristig ist es fatal, wenn die Gewerkschaften nicht in die Auseinandersetzung gehen und auf ein Modell der Sozialpartnerschaft setzen, das die Unternehmer schon vor Jahren beerdigt haben. (…) Wir rufen deshalb auf, in der ver.di-Mitgliederbefragung den vorgelegten Tarifkompromiss abzulehnen. Stattdessen sollte die Urabstimmung eingeleitet und das zuvor intern geplante Streikkonzept vorbereitet und umgesetzt werden…“ 41

Was fehlte, war eine weit gestreute Verbreitung dieser Protestbriefe. Es fehlt ein dementsprechendes gewerkschaftliches Netzwerk. Vorschläge, die in solchen Situationen immer wieder auftauchen, Streiks einfach selbstständig durchzuführen, sind nicht nur problematisch, weil sie kläglich scheitern dürften, sondern sie würden auch in die völlige Isolierung führen und sind abzulehnen.Unser Ziel istdie kollektive gewerkschaftliche Aktion der ver.di-Fachbereichsgruppen. Einzelne Belegschaften können nur in der Form vorangehen, dass sie eine Vernetzung der kämpferischen Betriebe aufbauen. Es sind z. B. die Vertrauensleutekörper, die durch ihre kontinuierliche Arbeit vor Ort langfristig einen Umschwung in den Gewerkschaften bewerkstelligen können – sie sind aufzubauen und zu stärken.

Dass die Arbeiterklasse nicht in ihrer Gänze bereit war, die Lasten der Krise einfach hinzunehmen wurde, erfuhr eine breitere Öffentlichkeit durch die gewerkschaftlichen Demonstrationen im März 2009. Es waren aber nicht die DGB-Gewerkschaften, die den Protest unter dem Aufruf „Wir zahlen nicht für Eure Krise!“ organisierten, sondern einzelne Gewerkschaftsgliederungen, linke Gruppierungen und Parteien wie die Linke und die DKP sowie attac, Migranten- und Erwerbslosenorganisationen. Transparente wie die der IG Metall-Jugend „Dieser Kapitalismus gehört weg“ oder „Generalstreik was sonst“ zeigten eine kämpferische Stimmung.

Erst über anderthalb Jahre später, am 13.11.10, wieder einem Samstag, folgten die offiziellen DGB-Demonstrationen. Sie müssen trotz guter Teilnahme als Alibiveranstaltung der Gewerkschaftsführungen gewertet werden, und, wie vorauszusehen war, ließen sich weder Kapital noch Regierung davon beeindrucken. Dass solche Demonstrationen nicht ausreichend sind, wenn ihnen betrieblich nichts folgt, ist längst klar. Solange jedoch die Kraft fehlt, in den Betrieben und den Gewerkschaften betrieblichen Aktionen bis hin zum Streik durchzusetzen, müssen diese Kundgebungen so stark wie möglich gemacht werden.

Spaltung verhindern

Die Kolleginnen und Kollegen werden durch die Verhältnisse darauf gestoßen, dass sie sich ihrer Haut wehren müssen. Nicht unerheblichen Teilen der Arbeiterklasse reicht der Lohn nicht mehr für die Existenzsicherung. Es sind die Folgen von Betriebsausgliederungen, von Privatisierungen, des Abbaus der öffentlichen Daseinsfürsorge usw., die zur Prekarisierung führen. Sogar ganze Bereiche der intellektuellen Zwischenschichten werden proletarisiert. Alle Beschäftigtengruppen müssen selbst den Kampf um ihre materielle Lage führen, das Kapital ist nicht mehr zu Zugeständnissen bereit.

Früher reichte z. B. ein Streik der Drucker bei den großen Zeitungsverlagen, um für die gesamte Branche einen Tarifvertrag zu erhalten, heute erhalten Redakteure und Verlagsangestellte nur noch das Ergebnis, was sie selber durchsetzen. Das führt zunächst zu Niederlagen und Verlusten, langfristig aber werden immer mehr Arbeiter und Angestellte in die Kampffront eingereiht.Seit einigen Jahren bereits kommen neue Beschäftigtengruppen in Bewegung: Erzieherinnen, Angestellte im Gesundheitswesen, IT-Ingenieure, Angestellte im Handel, bei den Banken und Versicherungen traten verstärkt oder gar zum ersten Mal in den Streik. Das Kapital kann zwar bei seinem geschäftsführendem Ausschuss, dem Staat, Gesetze zur Privatisierung und Deregulierung, Leiharbeit und Befristung durchsetzen, es kann kraft seines Eigentums Betriebe aufspalten in eine Vielzahl kleinerer Einheiten, kann Tarifflucht begehen und die Konkurrenz um den Verkauf der Ware Arbeitskraft zur Spaltung der Belegschaften nutzen. Gleichzeitig aber schafft es die Grundlagen für Gegenwehr und Organisierung. Hans-Jürgen Krug schildert z. B., wie „die zunehmende Standardisierung bei IT-Projekten, generell die Entwicklung der IT-Branche zu einer normalen Industrie” zum Widerstand und zur Entwicklung von Solidarität führte. 42Auch bei den Bank- und Versicherungsangestellten findet ein Prozess der Industrialisierung und Standardisierung statt, der bei Gewerkschaftsaktivisten zu der Einsicht führte, dass eine dementsprechende Organisierung die Konsequenz sein muss. Ein ähnlicher Prozess läuft bei der Pflege und bei der Erziehung.

„Wenn Milliarden für die Banken da sind, dann auch für Lohnerhöhungen, “ so die Stimmung. Bisher waren es ausschließlich Abwehrkämpfe, die auch Enttäuschung bei den Beteiligten hervorriefen, und es bleibt – z. B. bei den Erzieherinnen – umstritten, ob ver.di die Streikbereitschaft in Gänze eingesetzt hat.

Die industriellen Kernschichten der Arbeiterklasse in der Autoindustrie, im Maschinenbau und in der Chemieindustrie, die dem Kapital am meisten weh tun könnten und die früher der Motor für progressive Entwicklungen waren, wurden in Stamm- und Leiharbeiter gespalten. Die ersteren können die materiellen Einbußen offensichtlich noch verschmerzen. Die Hartz-Gesetze verfehlen ihre Wirkung nicht und die Denkweise „Hauptsache Arbeit“, egal wie und wie schlecht bezahlt, findet wenig Widerspruch.

Wie können wir in der Gewerkschaft gegen diese beschämende Verzichts- und Bescheidenheitsideologie angehen, das Gürtel-enger-Schnallen, das Sparen, wie die Ausplünderung von uns und der öffentlichen Haushalte heute genannt wird? Der Arbeiterklasse geht es schlechter, während die Bourgeoisie sich ungeniert selber bedient Zudem wird jeder Euro des Profits, den wir der Bourgeoisie überlassen, gegen uns verwendet, sei es als Spekulationsgeld, sei es durch Rationalisierung und damit Entlassungen und Steigerung der Arbeitshetze, sei es durch die Überproduktion von Waren, die die nächste Krise vorbereitet und die nächsten Kriege.

Sicherlich kann man nicht behaupten, die betriebliche Basis sei, im Gegensatz zu ihrer Führung, generell kampfentschlossen – erst waren es die Folgen von Faschismus und Kaltem Krieg, dann Illusionen über „Wirtschaftswunder“ und Möglichkeiten der Sozialpartnerschaft sowie die Entwöhnung großer Teile der Arbeiterklasse vom Kampf – all das blieb nicht folgenlos im Bewusstsein der Arbeiterklasse. Heute diszipliniert die Angst um den Verlust des festen Arbeitsplatzes, insbesondere durch die Drohung der Hartz-Gesetze, die Belegschaften.

Das ist die eine Seite. Die andere ist, dass die Minderheit, diejenigen Kollegen, die am weitesten sind, die kämpfen wollen, teilweise daran gehindert und demotiviert werden, wie es der Belegschaft des Bosch-Siemens-Hausgerätewerks (BSH) in Berlin-Spandau erging, um nur ein Beispiel zu nennen. Diese Kolleginnen und Kollegen werden bloßgestellt, es wird versucht, sie aus ihren betrieblichen und gewerkschaftlichen Funktionen zu verdrängen, wie es bei der Gruppe „Alternative“ bei Daimler im Werk Untertürkheim zum Glück nicht gelang.

Detlef Hensche, der frühere Vorsitzende der IG Druck und Papier, kritisiert den „geringen gewerkschaftlichen Widerstand gegen die Sozialdumpingspolitik der vergangenen Jahre. Den Grund sieht er jedoch nicht im „Gespenst Globalisierung“, sondern in der „mangelnden

Konfrontationsbereitschaft der Großgewerkschaften.“ 43 Die Widersprüche spitzen sich zu, aber die Gegenwehr ist völlig unzureichend. Das Kapital beherrscht die Methoden der Spaltung besser denn je:Alt gegen Jung, Stammbelegschaft gegen Leiharbeiter, Alt- gegen Neueingestellte, Deutsche gegen Arbeiter anderer Nationalität, Erwerbstätige gegen Erwerbslose. Insbesondere mit dem Angriff auf die Erwerbslosen ist dem Kapital ein Meisterstück der Spaltung gelungen. Sie werden von der Mehrheit der Kollegen nicht als Teil Arbeiterklasse betrachtet. Doch ihre Wirkung richtet sich gegen die Klasse insgesamt.

Wolfgang Däubler hat das geschickte Vorgehen der sozialdemokratischen Regierung Schröder treffend zusammengefasst: „Wie kann man die Waren billiger machen, um wieder konkurrenzfähig zu sein? Man muss die Herstellungskosten senken. Dabei setzt man bei den Löhnen an. Macht man dies unmittelbar, indem der Staat eine Lohnsenkung von 20 Prozent anordnet, stößt man auf erbitterten Widerstand und in einer Reihe von Ländern auch auf verfassungsrechtliche Hindernisse. Besser ist aus Sicht der Regierenden daher das Rezept der sogenannten Hartz-Reformen: Man baut massiv staatliche Leistungen ab und erhöht so den Druck auf die Arbeitenden. Diese sollen wissen, dass sie gewissermaßen ins Bodenlose fallen, wenn sie ihren Arbeitsplatz verlieren. Außerdem verringert man dadurch das staatliche Haushaltsdefizit, das die Folge wachsender Arbeitslosigkeit ist und auch daher rührt, dass man die Unternehmen nicht mehr wie früher besteuern kann – weil es sonst noch schlechter um ihre Konkurrenzfähigkeit bestellt wäre.“ 44

Gewerkschafter, die nur in den Grenzen des Kapitalismus denken, werden durch diese Argumentation schachmatt gesetzt. Ver.di wie IG Metall hatten ihre Vertreter in der Hartz-Kommission – sie haben die Gesetze gebilligt, ob aus Unwissenheit oder Komplizenschaft, spielt keine Rolle. Das Ergebnis ist entscheidend, und das ist für die Arbeiterklasse verheerend und hat wesentlich zur Lähmung der Gewerkschaften beigetragen.

Sowohl die Führung der IG Metall wie die von ver.di lassen sich auf die Spaltungsstrategien des Kapitals ein. Sie marschieren getrennt und lassen günstige Gelegenheiten, die Tarifrunde gemeinsam zu führen, verstreichen wie 2012. Besonders gravierend ist, wenn sie mit ihrer Tarifpolitik die Spaltung unter den Beschäftigten vertiefen und die Rechte der älteren Beschäftigten absichern, die Neueingestellten jedoch gnadenlos preisgeben und ihre Schlechterstellung zulassen. Der Kampf muss – soll er erfolgreich sein – Klasse gegen Klasse geführt werden

Wie die Standort- und Verzichtspolitik zu durchbrechen?

Die Arbeiterklasse befindet sich seit Jahren in der Defensive und ist dem Ziel, in den Gewerkschaften wieder eine Tradition des Klassenkampfs zu etablieren, kaum näher gerückt.

Die Ideologie der Sozialpartnerschaft, der Klassenzusammenarbeit, hat das Klassenbewusstsein weitgehend verschüttet. Die Kolleginnen und Kollegen kennen oft ihren Gegner nicht mehr. Wenn in einer Studie von Detje u. a. eine „adressatenloser Wut“ 45 konstatiert wird, dann nehmen die Gewerkschaften grundlegende Aufgaben nicht mehr wahr. Wenn in der „metallzeitung“ Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser als sympathischer, geschätzter und verlässlicher Verhandlungspartner dargestellt wird und nicht als Klassengegner („Kooperation statt Konfrontation“) 46, dann müssen die Alarmglocken läuten. Und wenn der eigene Konzern als positiv erlebt und die Marktwirtschaft als gut beurteilt wird, wie bei einer anderen Studie von Dörre u. a. 47, dann kann es mit der angeblichen Ablehnung des Kapitalismus nicht weit her sein. Ausbeutung wird in den meisten gewerkschaftlichen Publikationen nur noch im Sinne eines besonders krassen Missstandes gebraucht und nicht als Grundlage kapitalistischer Ökonomie.

Das sog. „Standortdenken“ beruht letztlich auf der Konkurrenz unter den Verkäufern der Ware Arbeitskraft. Es kann durch den gemeinsamen Kampf überwunden werden – das war der Ursprung der Gewerkschaften. Dass Verzicht die Arbeitsplätze retten könne, dem wurde jahrzehntelang von den Gewerkschaften massiv widersprochen. Seit dem öffentlichen Diskurs über die „Globalisierung“ fand diese Ideologie jedoch auch in den Gewerkschaften Anhänger und dominiert die gewerkschaftliche Diskussion.

In einer Studie über Beschäftigungssicherungs-, Standort-, und Zukunftsverträge stellte das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) des DGB 2004 u. a. fest: „Die Betriebsräte werden massiv unter Druck gesetzt, um diese Verzichtsvereinbarungen zu schließen.”48

Und eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung vermittelte – ganz gegen ihre Absicht – dass Belegschaften, die im Rahmen von Standortsicherungsverträgen Verzicht auf tarifliche Standards leisten sollten, spontan Widerstand entwickeln. Thomas Haipeter untersuchte Betriebe der Metall- und Chemieindustrie, wo die Geschäftsleitung Tarifabweichungen, z. B. eine Verlängerung der Arbeitszeit, durchsetzen wollte. Die Belegschaften betrachteten diese aber nicht als Instrument der Beschäftigungssicherung, sondern als Instrument der Umverteilung und lehnten sie ab. „Es entstanden dabei Situationen, dass die Interessenvertreter bei den Beschäftigten für Verhandlungen werben mussten“. Wenn sie eine „konfliktorientierte Strategie“ verfolgten, erfuhren sie in allen Fällen großen Zuspruch: „die Beschäftigten zeigten eine überschüssige Streikmotivation und die Interessenvertretungen hatten teilweise Mühe, diese zu kontrollieren“.49 Sicherlich sind diese Beispiele nicht verallgemeinerbar, aber sie zeigen, dass die Verzichtspolitik nicht unwidersprochen bleibt in den Betrieben.

Trotz zahlreicher Kritik am „Pforzheimer Abkommen“ von 2004, das vielen dieser Standortsicherungsverträgen zugrunde liegt, wird immer noch behauptet, durch Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich, d.h. durch unentgeltliche Arbeit, seien betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Inzwischen ist bekannt, dass die Kapitalisten Möglichkeiten gefunden haben, dies zu umgehen, dass sie z. B. Kündigungsregelungen in solche Verträge einbauen – und doch werden immer wieder Verzichtsillusionen verbreitet. Das Hauptproblem dabei ist die Haltung führender IG Metall Funktionäre, die diese Ideologie befördern und nicht bekämpfen.

Widerstand setzt ein entsprechendes Bewusstsein voraus. Selbst das rein gewerkschaftliche (trade-unionistische) Bewusstsein kann nicht mehr als selbstverständlich vorausgesetzt werden, geschweige denn ein sozialistisches. Die Entwicklung von Klassenbewusstsein ist die zentrale Aufgabe der Kommunisten in der augenblicklichen Etappe des Klassenkampfs.

Die Vermittlung von Grundlagenwissen über den antagonistischen Widerspruch von Lohnarbeit und Kapital, über das Wesen der Ausbeutung, über die Krisen und ihre Ursachen – all das konnte früher in gewerkschaftlichen Bildungsstätten gelernt werden. Heute ist das nur noch vereinzelt der Fall.

Wir müssen deshalb versuchen, das Wissen über den Grundwiderspruch von Arbeit und Kapital in die Vertrauensleutegremien hineinzutragen, wobei an konkrete betriebliche und gewerkschaftliche Probleme und Ziele angeknüpft werden muss. Die Stärkung bzw. der Aufbau von Vertrauensleutekörpern oder ver.di-Betriebsgruppen, wo diese Verbindung von betrieblichem, gewerkschaftlichem Kampf und theoretischer Bildung möglich ist, ist unerlässlich für die Entwicklung einer klassenkämpferischen Gewerkschaftspolitik und die Verbindung von Arbeiterbewegung und wissenschaftlichem Sozialismus.

Ansatzpunkte für den Widerstand

Auch die deutsche Arbeiterklasse ist für den Kampf um ihre eigenen Interessen auf gewerkschaftlicher Ebene zu aktivieren, heute wie 1984, als die Auseinandersetzung um die 35-Stunden-Woche einen sieben Wochen langen Streik erforderte. Das schließt den politischen Kampf mit ein. So ist die Erfahrung vieler aktiver Gewerkschafter – doch die Voraussetzung dabei ist, dass zentrale oder regionale Gliederungen der Gewerkschaften zur Aktion aufrufen und dass die betriebliche Ebene den Aufruf umsetzt.

Statt Defätismus und Kapitulation vor dem Angriff des Kapitals bedarf es der Entwicklung einer neuen gewerkschaftlichen Strategie und Taktik. Angesichts der Veränderungen der Klassenkräfte durch die Produktivkraftentwicklung, muss die Stoßrichtung der Kampfkraft der Arbeiterklasse wieder neu ausgerichtet und organisiert werden, d. h. die Klassenkräfte müssen analysiert, die Schwachstellen des Kapitals herausgefunden und die Gegenkräfte formiert werden.

Die Rahmenbedingungen für den gewerkschaftlichen Kampf sind schwieriger geworden, das Kapital hat seine Angriffe, die seit Mitte der 7oer Jahre zunahmen, 1990 noch weiter verstärkt. Dennoch ist es gerade dieser gnadenlose Angriff auf die Arbeiterklasse, der langsam wieder ein Zusammengehörigkeitsgefühl, ein Unbehagen über gesellschaftliche „Ungerechtigkeiten“, ein noch vages Klassenbewusstsein hervorruft. So gibt es Themen, wo es möglich scheint, die Lähmung zu überwinden und Ansatzpunkte für den Kampf zu finden.

Dabei können wir uns der gewerkschaftlichen Kampagnen wie „Gerecht geht anders”, für „faire Arbeit“, „faire Leiharbeit“ bedienen. Dies allerdings nur in begrenztem Rahmen: denn der Kapitalismus wird und will niemals gerecht oder fair sein! Gewiss ist es ein Fortschritt, dass überhaupt politische Forderungen von den Gewerkschaften auf die Agenda gesetzt werden, denn damit haben die klassenkämpferischen Kräfte mehr Ansatzpunkte für die Politisierung der Betriebsarbeit. Aber nach dem Willen der verantwortlichen Gewerkschafter führen diese Kampagnen nur in Ausnahmefällen dazu, ernsthaft Kampfmaßnahmen in Angriff zu nehmen. Die Kampagnen sind auf die Versöhnung der Kollegen mit dem Kapitalismus ausgerichtet. Das Motto der IG Metall, „faire, sichere Arbeit”, verbreitet die Illusion, dies könne im Kapitalismus realisiert werden.

Ablehnung der Leiharbeit

Die IG Metall-Führung hat das Thema Leiharbeit nicht zufällig gewählt, sie kennt seine Brisanz und kommt nicht daran vorbei, wenn sie auch zu spät dagegen aktiv geworden ist. Die Kolleginnen und Kollegen wissen aus eigener Erfahrung um die negativen Folgen der Spaltung der Belegschaften. Es ist offensichtlich, dass Leiharbeit dazu dient, die Löhne zu drücken, die Streikfähigkeit zu untergraben und einen Teil der Belegschaft rechtlos zu halten. Natürlich herrschte bei den Stammbelegschaften trotzdem Erleichterung, als vor allem die Leiharbeiter von den Entlassungen betroffen waren. Konkurrenz um den Arbeitsplatz und das Wissen, dass nur durch Solidarität die Spaltung und dadurch die Ohnmacht überwunden werden kann, sind zwei Seiten einer Medaille.

Berthold Huber schwadroniert von „fairer Leiharbeit“ und ist offensichtlich nicht gewillt, ein Verbot der Leiharbeit zu fordern und durchzusetzen. Denn ein Verbot der Leiharbeit ist nur gesetzlich zu regeln. Wenn es nicht beim bloßen Jammern der Gewerkschaften bleiben soll, muss als Kampfform der politische Streik ins Auge gefasst werden. Die IG Metall-Führung lehnt ihn seit Jahrzehnten heftig ab. Bei ver.di hat sich inzwischen das Bekenntnis zur Berechtigung und Notwendigkeit des politischen Streiks durchgesetzt. Aber einschränkend muss gesagt werden, dass nur ganz wenige Betriebe, die in den Organisationsbereich von ver.di fallen, bisher dazu auch in der Lage wären.

Ablehnung der Rente mit 67

Wer gegen den Reallohnabbau etwas tun will, wird damit konfrontiert, dass das Problem tariflich allein nicht zu regeln ist. Die Lohnerhöhungen reichen längst nicht mehr aus, um den Lebensstandard – bei manchen ist es schon die Existenz – zusichern. Neben den Lohnverlusten werden die Belastungen durch die zunehmende Zerstörung der sozialen Sicherungssysteme mit dem Ziel ihrer völligen Privatisierung immer größer. Die Steigerung der Ausgaben für die private Rentenvorsorge, für Gesundheit und Pflege können durch Lohnerhöhungen nicht ausgeglichen werden, sie können nur durch den politischen Streik verhindert oder wenigstens abgemildert werden. Wieder sind die Grenzen des deutschen Streikrechts spürbar.

Die IG Metall hatte im Februar 2007 im gesamten Bundesgebiet gegen die Rente mit 67 Arbeitsniederlegungen während der Arbeitszeit in den Betrieben organisiert. Das war mit der Beteiligung von 300.000 Kollegen eine gelungene Form des Herankommens an den politischen Streik. Statt aber in den Betrieben das Thema weiter zu vertiefen, die Aktionen zu steigern, die Zögernden zu informieren und zu gewinnen, fand die zweite Mobilisierungsphase nicht mehr statt. Die IG Metall orientierte auf „gute Arbeit“, machte dabei für die SPD Wahlkampf und begann mit einer Unterschriftensammlung, wohl wissend, dass dies ein Schritt zurück bedeutete. Ein Zurück zur Rente mit 65 reicht außerdem nicht mehr aus. Längst ist der Verschleiß der Arbeitskraft in ein Stadium getreten, das die Rente mit 60 erfordert.

Für Arbeitszeitverkürzung

Seit Einführung der 35-Stunden-Woche in der Metall- und Druckindustrie suchen die Unternehmer sie wieder zu kippen. Sie haben eine Verlängerung der Arbeitszeit in vielen Bereichen wieder durchgesetzt, sogar über die 40-Stunden-Woche hinaus, z. B. 42 Std. in der Chemie-Branche und in Teilen des Öffentlichen Dienstes. BILD propagiert sogar die 45-Stunden- Woche. In der Metallindustrie ist es den Kapitalisten durch zahllose sog. Standortsicherungsverträge gelungen, dass die Kolleginnen und Kollegen unbezahlt weit mehr arbeiten als tariflich vereinbart.

Lange Zeit war es nicht möglich, in den Betrieben die Debatte über eine Arbeitszeitverkürzung wieder in Gang zu bringen. Sie wurde mit steigendem Stress und Arbeitsverdichtung in Verbindung gebracht, was ja auch der Fall ist, wenn sie nicht mit vollem Personalausgleich durchgeführt wird. Und sie verpufft, wenn sie nicht in großen Schritten durchgeführt wird. Durch die Arbeitszeitverkürzung in den 80er Jahren wurden Arbeitsplätze gesichert, zum Teil auch neu geschaffen. Doch das ist lange her – inzwischen hinken wir der kapitalistischen Rationalisierung weit hinterher.

Jetzt ist der Druck in den Betrieben so groß geworden, dass sich Gegenwind gegen die Verlängerung der Arbeitszeit regt. Die Drucker verteidigten 2011 erfolgreich die 35-Stunden-Woche, und inzwischen wird die Forderung nach der 30-Stunden-Woche in den nGewerkschaften und in der Öffentlichkeit wieder diskutiert. Allerdings sollte die gesetzliche Festschreibung der 35-Stunden-Woche als eine unerlässliche Etappe auf dem Weg zur 30-Stunden-Woche nicht aus dem Blick gelassen werde, da nur so die ganze Klasse mitgenommen wird, d.h. auch Beschäftigte, die aus eigener Kraft dieses Ziel niemals erreichen würden.

Für den politischen Streik

Durchsetzbar sind diese Forderungen unter den erschwerten Bedingungen seit 1989 nur im Kampf Klasse gegen Klasse. Ein unverzichtbares Mittel ist dabei der politische Streik, um den in Deutschland seit über 100 Jahren gestritten wird. Der politische Streik ist keine separate Strategie oder eine besondere Klassenkampfmethode, er ist nie ein Ziel für sich, sondern ein Instrument für inhaltliche Ziele, d.h. die Zuspitzung eines Kampfes für eine bestimmte Forderung durch eine breite Massenmobilisierung.

Mit der Einschränkung des Streikrechts allein auf tarifvertragsfähige Ziele, die übrigens lediglich auf Urteilen von Arbeitsgerichten beruht, ist Deutschland ziemlich isoliert. Das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) gilt kraft Völkerrecht auch in der Bundesrepublik ebenso wie die europäische Menschenrechts- und Sozialrechts-Charta. Beide sehen ein Streikrecht ohne die deutschen Eingrenzungen vor. Der Sachverständigenausschuss der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hat die deutsche Praxis sogar wiederholt gerügt.

Das deutsche Streikrecht ist auch in anderen Fragen restriktiv, geradezu kastriert. Aber anstatt dass die Gewerkschaften nun den Kampf für ein allumfassendes Streikrecht aufnehmen, anstatt dass sie wenigstens die immer stärkeren Angriffe auf das Streikrecht zurückweisen würden, arbeiten siebei der Demontage des Streikrechts mit dem Klassenfeind zusammen wie bei dem Gesetzentwurf zur Tarifeinheit von DGB und BDA, einer Gesetzesinitiative, die den Spartengewerkschaften das Wasser abgraben sollte, zugleich aber auch das Streikrecht einschränkte. Hier gelang es jedoch innerhalb von kurzer Zeit, in verschiedenen Gremien, vor allem von ver.di, ablehnende Resolutionen zu beschließen, so dass die ver.di-Spitze das Vorhaben (vorerst) zurückzog.

In Deutschland fielen durch Streiks zwischen 2000 und 2007 im Durchschnitt 5 Arbeitstage jährlich pro Tausend Beschäftigten aus. In Frankreich liegt dieser Wert bei 103 Arbeitstagen, in Spanien bei 173. In Deutschland wird am wenigstens in Europa gestreikt wird. Zu dieser generellen relativen Streikfeindlichkeit kommt hinzu, dass dem politischen Streik etwas Aufrührerisches angeheftet wird – er ist ja gegen den Staat, gegen den Gesetzgeber gerichtet – und gilt deshalb als illegitim. Er wurde schließlich in der Novemberrevolution durchgesetzt, die ohne politische Massenstreiks nicht denkbar war. Und die schon zwei Jahre später durch den Generalstreik verteidigt werden musste gegen die Kapp-Putschisten.

Im Herbst 2010 bekräftigte Berthold Huber noch einmal seine Ablehnung:

„Von politischen Streiks mit dem Ziel, Teile des Wirtschaftslebens zeitweise lahmzulegen, nahm Huber deutlich Abstand. Natürlich verursachten auch hierzulande Betriebsversammlungen während der Arbeitszeit kurzfristige Produktionsausfälle. Diese seien jedoch nicht mit den flächendeckenden Ausständen in Frankreich oder Spanien zu vergleichen. Dieser Umgang mit Problemen passe nicht zu Deutschland und liege auch nicht in der Absicht der IG Metall“. 50 Detlef Hensche, der frühere Vorsitzende der IG Medien, nennt das Staatsverständnis, das dabei zum Ausdruck kommt, vordemokratisch.

Das Recht auf den politischen Streik wurde immer wieder auf gewerkschaftlichen Konferenzen und Gewerkschaftstagen gefordert, jedoch jedes Mal abgeschmettert. Es zeigte sich eine offene Streikfeindlichkeit der meisten Gewerkschaftsführungen. Der Tenor war stets: „Gegen eine demokratisch vom Volk gewählte Regierung“ werde die Gewerkschaft nicht streiken. In den Satzungen der IGM und anderer Gewerkschaften heißt es, gestreikt werde nur im „Notfall“, wenn die Demokratie in Gefahr sei. Doch selbst 1933 erkannten die sozialdemokratischen Gewerkschaftsführer den „Notfall“ nicht – sie bezahlten das mit der Zerschlagung der Gewerkschaften, persönlich oft mit KZ und mit dem Tod.

Auch heute ist der „Notfall“ längst eingetreten: Die Regierung demontiert die demokratischen und sozialen Rechte bis zur Unkenntlichkeit, die Zerschlagung der sozialen Sicherungssysteme erfordert längst den Einsatz aller Widerstandsmöglichkeiten. Die BRD führt Krieg, obwohl sie das laut Grundgesetz nur zur Landesverteidigung darf usw.

Kleine Erfolge wurden immerhin erzielt. Frank Bsirske sprach sich für den politischen Streik aus, nachdem auf dem ver.di-Bundeskongress 2005 ein entsprechender Antrag aus München verabschiedet worden war. Die Delegierten der IG BAU (Industriegewerkschaft Agrar Umwelt Bauen) stimmten fast einstimmig der Aufnahme des politischen Streiks in die Satzung bei ihrem Gewerkschaftstag 2009 zu und das gegen den hauptamtlichen Bundesvorstand.

Aber ohne die führende Rolle der Belegschaften der großen Konzerne im Organisationsbereich der IG Metall wird ein politischer Streik nicht stattfinden. Dort können die Kapitalinteressen entscheidend beeinträchtigt werden. Erzieherinnen, Krankenschwestern, Verkäufer, Busfahrer und Müllwerker können zwar auch Druck erzeugen, treffen aber mehr die öffentlichen Kassen als das Monopolkapital und sind leichter in der Öffentlichkeit zu isolieren. Die Führung der IG Metall hat sich jedoch für die Klassenzusammenarbeit entschieden. Das heißt nichts anderes als Streikbrecherarbeit gegenüber den Generalstreiks unserer Kolleginnen und Kollegen in anderen Ländern der EU. Das heißt dem gesamten Streikrecht, das immer wieder von den Kapitalisten angegriffen wird, einen Tritt zu versetzen. Das heißt Entwaffnung der Arbeiterklasse.

Wir können den politischen Streik nur propagieren, die Diskussion darüber in Gang halten – aber den politischen Streik kann man nicht einklagen vor Gericht und auch nicht durch Satzungsbeschlüsse herbeiführen – man muss ihn machen. Das kann nur an einer ganz konkreten Forderung, die der Arbeiterklasse auf den Nägeln brennt, passieren, wo der Kampf sich entzündet und nicht mehr zu bremsen ist.

Wie den Opportunismus bekämpfen?

Die Gewerkschaften in Europa sind mehrheitlich reformistisch und sozialpartnerschaftlich. Das ist nicht verwunderlich, denn ohne den wissenschaftlichen Sozialismus neigt die Arbeiterklasse spontan zur bürgerlichen Ideologie. Diese ist älter und gesellschaftlich akzeptiert, und die Bourgeoisie hat zahllose Mittel zu ihrer Verbreitung. Aber während in anderen Ländern der EU der Widerstand gegen die kalte Enteignung der Arbeiterklasse trotzdem zunimmt, wird der Opportunismus in den deutschen Gewerkschaften kaum gebremst.

Damit dies auch so bleibt, verstärkt die Bourgeoisie laufend den Druck auf die Gewerkschaften. Zum einen werden sie angegriffen, ihre Korruptionsfälle und andere Schwächen gnadenlos dargestellt, ihre Mitbestimmungsrechte dagegen völlig übertrieben.51Zum andern werden ihre Dienste zur Stützung des Systems gelobt und anerkannt. So können wir in der FAZ lesen: „Statt streiklustigen Ideologen sitzen immer öfter Co-Manager …in den obersten Etagen der Gewerkschaftszentralen und in den Betriebsräten!“ 52 In der Krise hat die Bourgeoisie ihren Nutzen wieder erkannt. Die Spitzen der DGB-Gewerkschaften geben diesem Druck weitgehend nach und weichen Schritt für Schritt zurück. Ihr „Entgegenkommen“ wird von Unternehmerseite jedoch nicht belohnt, wie manche Gewerkschafter uns glauben machen wollen, sondern die Aggressivität des Kapitals wird ganz im Gegenteil noch dadurch gesteigert.

Bei der Mehrheit der Arbeiterklasse ist das sozialpartnerschaftliche Denken ebenfalls bestimmend – sonst hätten wir andere Gewerkschaften – sienimmt diese Entwicklung hin, sieht keine Alternative. Die, die das große Wort in den Betrieben führen und schimpfen, verhalten sich wie Kunden einer Versicherung – sie erwarten für ihren Gewerkschaftsbeitrag eine entsprechende Verhandlungsleistung, ohne selber aktiv werden zu wollen. Dieses Stellvertreterdenken wird bewusst von vielen Betriebsräten und Gewerkschaftssekretären genährt und ist sicherlich eins der Hauptprobleme der Arbeiterbewegung. Der Kurs der Gewerkschaften führt jedoch auch bei aktiven Kollegen zu Frustration und Enttäuschung, zum Austritt oder zur Gründung von Spartengewerkschaften.

Dabei haben wir es mit großen Unterschieden in den Belegschaften zu tun. In Teilen des ver.di-Organisationsbereichs, bei den Versicherungen, bei den Justiz- und Verwaltungsangestellten, im Einzelhandel mit seinen prekären Jobs z.B. müssen die Beschäftigten überhaupt erst für die Gewerkschaft gewonnen werden. Aber auch sie hält die Gewerkschaft auf Dauer nicht durch das Schönreden von gewerkschaftlichen Misserfolgen. Bei den Erzieherinnen sind zum Stamm der seit langem Organisierten Tausende junger Kolleginnen mit großen Hoffnungen hinzugestoßen. Beide Gruppen haben unterschiedliche Erwartungen. Bei der IG Metall sind die Unterschiede zwischen den Belegschaften der großen Konzerne und der in Mittelbetrieben oder in kleinen Klitschen gravierend. So bestehen auch höchst unterschiedliche Erfahrungen, was das Bewusstsein der Arbeiterklasse betrifft, und dementsprechend unterschiedliche Vorstellungen, wie es zu verändern sei.

Allein an der Zahl der Streiktage lässt sich die Kampfbereitschaft nicht ablesen, wenn sie auch ein Indiz sind. Insbesondere bei ver.di hat die Zahl der Streiks in den letzten Jahren zugenommen – Frank Bsirske erklärte, dass ver.di täglich Streiks organisiere. Das gilt für zahllose Abwehrkämpfe und inzwischen auch für Bereiche, wo die Kolleginnen und Kollegen von ihrem Verdienst nicht leben können und Hartz IV zum Aufstocken brauchen. Man kann folgende Tendenz feststellen:

  • Dass sie kämpfen, wenn sie von der Gewerkschaft gerufen werden
  • Dass sie besonders ausdauernd und erbittert kämpfen, wenn es um den Verlust des Arbeitsplatzes geht
  • Dass sie Vorschlägen zum Verzicht (Lohnabbau, Verlängerung der Arbeitszeit usw.) aus Angst um den Arbeitsplatz eher geringen Widerstand entgegen setzen
  • Dass nur eine Minderheit den (politischen) Streik einfordert, wenn die Gewerkschaftsspitzen aus Gründen des Legalismus, der Staats- und Obrigkeitshörigkeit den Kampf nicht wollen.

Das Argument, die Arbeiter hätten die Führung die sie verdienen, ist richtig und falsch zugleich. Richtig – weil sie bei allem vagen Missbehagen über manche Gewerkschaftsbeschlüsse zu wenig aktiv dagegen Stellung beziehen. Falsch – weil Funktionäre ja deshalb von der Arbeit freigestellt und bezahlt werden, damit sie Zeit für die Untersuchung der Kapitalangriffe und für die Entwicklung von Gegenwehr haben, um die Interessen der Arbeiterklasse möglichst gut durchsetzen. Sie haben wesentlich mehr Einfluss auf den gewerkschaftlichen Kurs als die übrigen Mitglieder, z. B. schon bei der Forderungsaufstellung in den Tarifrunden, beim Beschluss über Streiks und wie lange sie dauern, und erst recht beim Einbringen von Grundsatzentscheidungen, der Vorbereitung von Gewerkschaftstagen, bei Verhandlungen mit dem Kapital usw. Die führenden Funktionäre haben das Sagen in den Gewerkschaften, und so können und müssen wir sie auch zur Rechenschaf ziehen können. Es sei an das obige Zitat von Willi Bleicher erinnert, dass zur Entwicklung des Bewusstseins auch Information über die Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung erforderlich sind. Das wird sträflich vernachlässigt von den Bildungsabteilungen der Gewerkschaften.

Die Bourgeoisie hat in den über 100 Jahren des Imperialismus gelernt, wie sie mit den Widersprüchen innerhalb der Arbeiterklasse am besten umgeht. Sie weiß, dass eine Festung am besten von innen genommen werden kann. Sie kann ihre Interessen mit Zwang und Gewalt durchzusetzen; die auf Dauer bessere Vorgehensweise für sie ist es jedoch, Unterstützer innerhalb der Arbeiterklasse zu gewinnen, Unterstützer, die in ihr verankert und verwurzelt sind und die deshalb Einfluss auf ihr Denken und Handeln besitzen. Diese können Verzicht auf den Klassenkampf, Vertrauen auf den Staat und die bürgerlichen Parteien wesentlich glaubwürdiger propagieren als die Bourgeoisie selbst. Z. B. kann durch den Betriebsrat Verzichtspolitik sehr viel besser vertreten, legitimiert und durchgesetzt werden als von der Geschäftsleitung. Vertreter der Gewerkschaften, die Protest und Widerstand predigen und praktisch organisieren, können die Kolleginnen und Kollegen leichter überzeugen als Kapitalvertreter. Lenin zieht die Schlussfolgerung daraus: „Die Praxis hat bewiesen, dass die Politiker innerhalb der Arbeiterbewegung, die der opportunistischen Richtung angehören, bessere Verteidiger der Bourgeoisie sind als die Bourgeois selbst. Hätten sie nicht die Führung der Arbeiter in ihrer Hand, so könnte sich die Bourgeoisie nicht behaupten”53

Lenin nannte solche Gewerkschaftsvertreter „Arbeiteraristokraten“ – ein Begriff, der noch in dem Wort von den „Betriebsratsfürsten“ oder „Gewerkschaftsbonzen“ aufscheint. Letzterer verbietet sich heute, weil die Nazis damit die Gewerkschaften insgesamt zu diskreditieren suchten. Der Begriff „Arbeiteraristokratie“ wird ebenfalls kaum mehr verstanden. Es geht auch nicht darum, diesen Begriff in der Agitation zu benützen, es geht um die Frage, wie das Wirken einer herausgehobenen Schicht der Arbeiterklasse theoretisch zu fassen ist, ob die These von Engels, Lenin, Fogarasi und Varga u.a.54 noch zutrifft, dass die Monopolbourgeoisie mithilfe ihrer Extraprofite systematisch bestimmte Gruppen des Proletariats korrumpiert, um die Arbeiterklasse zu spalten und vom Kampf abzuhalten.

Lenin war dabei nicht zimperlich: „Agenten der Bourgeoisie innerhalb der Arbeiterbewegung“, nannte er diese Schicht.55 Dabei meinte er nicht bezahlte Spitzel, er meinte in erster Linie auch nicht bewusste Verräter – obwohl es auch diese gab und gibt, denken wir zum Beispiel an Überläufer auf die Kapitalseite wie den früheren Vorsitzenden der Eisenbahnergewerkschaft, Norbert Hansen, oder den Betriebsratsvorsitzenden von VW, Klaus Volkert, oder an den früheren stellvertretenden Vorsitzenden der IG Metall, Walter Riester, der mit den Eingriffen in die gesetzlichen Rente die rasante Ausweitung der Altersarmut zu verantworten, sich selbst aber fette Honorare für Vorträge bei der Versicherungsindustrie u.a. gesichert hat. Lenin ging es in erster Linie um ihre Funktion, die Arbeiterklasse zum friedlichen Arrangement mit dem Kapital, zur Unterstützung der eigenen Bourgeoisie gegen die fremden Bourgeoisien zu bringen, sowie sie abzuhalten von revolutionären Bestrebungen. Er betrachtete den Opportunismus nicht als Frage der Moral einzelner Gewerkschaftsfunktionäre, sondern als das Produkt einer Epoche, der des Monopolkapitalismus: „Alle stimmen darin überein, dass der Opportunismus kein Zufall, keine Sünde, kein Fehltritt, kein Verrat einzelner Personen, sondern das soziale Produkt einer ganzen historischen Epoche.“56

Schon Engels beschrieb, wie die englische Bourgeoisie zu Beginn des Imperialismus einen Teil der Arbeiter materiell besser stellte, die eine besondere soziale Schicht bildeten, die sich dadurch immer mehr von der Arbeiterklasse entfernten und die die Bourgeoisie als ihre politische Stütze in der Arbeiterklasse heranzuziehen trachtete. Aus dieser betrieblichen Schicht rekrutierten sich die hauptamtlichen Funktionäre der Gewerkschaften, der Genossenschaften und Versicherungskassen sowie der sozialdemokratischen Partei. Letztere bot auch die Möglichkeit, im Staatsapparat aufzusteigen und hohe Ämter zu bekleiden sowie einen Rattenschwanz von Beratern, Pressesprechern, Journalisten usw. um sich zu versammeln.

Betrachten wir die Entwicklung der SPD von einer Arbeiterpartei zu einer Partei im Interesse des Kapitals dürfte die Zustimmung zur Einschätzung ihrer verhängnisvollen Rolle für die Arbeiterklasse groß sein. Man kann diese Rolle auch an Daten und Fakten fest machen: Zustimmung zu den Kriegskrediten 1914, Auslieferung der bürgerlichen Demokratie an die Faschisten 1933, um bloß die krassesten zu nennen. Es dürfte auch Übereinstimmung darin bestehen, dass nur die SPD solch einen gravierenden Einbruch in die Sozialgesetzgebung wie die Hartz-Gesetze und nur die SPD (zusammen mit den Grünen) die Beteiligung am Überfall auf Jugoslawien – und damit einen entscheidenden Wandel in der Politik des deutschen Imperialismus – bei der Arbeiterklasse durchsetzen konnte.

Bei der Betrachtung der Oberschicht der Arbeiterklasse in den Betrieben und in den Gewerkschaften hört jedoch die einheitliche Einschätzung auf. Dabei war der Verrat der DGB-Gewerkschaften 1914 und 1933 nicht geringer als der der SPD. Auch bei den Hartz-Gesetzen und der Zustimmung zum Krieg in Jugoslawien konnte sich die SPD sich auf die Unterstützung der Gewerkschaftsführung verlassen.

Die Zahl der hauptamtlichen Gewerkschaftsfunktionäre erhöhte sich von 108 im Jahre 1899 auf 1625 im Jahr 1907 – ein großer Erfolg der Arbeiterbewegung mit vielen positiven Auswirkungen, und doch auch die Quelle ihrer Entfernung vom Proletariat. Sie fällen Entscheidungen, die für das Leben von Millionen Arbeiterinnen und Arbeitern von großer Bedeutung sind, und sind doch getrennt von ihnen durch eine große Kluft. Auch Bebel sah die Gefahr der Verbürgerlichung dieser Schicht und warnte vor ihr.

Der Lebensstandard dieser Schicht ist oft um ein Vielfaches höher als der eines gewöhnlichen Arbeiters, und dazu kommt noch die Sicherheit des Arbeitsplatzes, die Freistellung von der schweren körperlichen Arbeit, eine ausreichende Altersversorgung usw. Sie führen gleichsam die sichere Existenz eines bürgerlichen Beamten. Für sie persönlich ist durch ihre privilegierte Stellung die soziale Frage gelöst, so dass sie ein aktives Interesse an der Aufrechterhaltung des Kapitalismus haben und sie sich – bewusst oder unbewusst – zum Vertreter der bürgerlichen Ideologie entwickeln. Sie tragen die Illusion in die Klasse, der Kapitalismus sei durch Reformen schrittweise zu verbessern und schließlich zu überwinden bzw. es gäbe keine Alternative zu ihm.

Gewerkschafter, die nicht das Ziel einer anderen Gesellschaftsordnung vor Augen haben, werden sie sich unweigerlich Sorgen um die kapitalistische Wirtschaftsordnung machen, als „wäre das Verhältnis von Arbeit und Kapital ein ewiges“, wie Marx feststellt. Und das Ergebnis kann nur sein, dass sie auch beim täglichen Kampf Bedenken haben, konsequent für die Forderungen der Arbeiter einzutreten. Sie werden vor lauter Bedenken und Abwägen der Interessen von Kapital und Arbeit die Verelendung der Lage der Arbeiterklasse im Kapitalismus nicht einmal wesentlich verlangsamen können.

Wenn wir die Politik der Klassenzusammenarbeit durchbrechen wollen, müssen wir die Kollegen – trotz aller Schwierigkeiten dabei – dafür gewinnen, gegen die aktuelle Gewerkschaftspolitik anzugehen. Die Folgen der Klassenzusammenarbeit, die Zerstörung des Bewusstseins der Arbeiterklasse und damit der Kampfbereitschaft und Kampffähigkeit der Gewerkschaft, sind bereits gravierend. Dabei darf nie der Eindruck entstehen, dass wir die Notwendigkeit und entscheidende Bedeutung der Gewerkschaften in Frage stellen. Eins muss immer klar bleiben, dass wir Teil der Gewerkschaft sind und sie stärken wollen, dass unsere Kritik darauf gerichtet ist, das Kapital besser bekämpfen zu können.

Die Maxime aus „Lohn Preis Profit“ bringt unsere Aufgabenstellung immer noch am besten auf den Punkt: „Gewerkschaften tun gute Dienste als Sammelpunkte des Widerstands gegen die Gewalttaten des Kapitals. Sie verfehlen ihren Zweck zum Teil, sobald sie von ihrer Macht einen unsachgemäßen Gebrauch machen. Sie verfehlen ihren Zweck gänzlich, sobald sie sich darauf beschränken, einen Kleinkrieg gegen die Wirkungen des bestehenden Systems zu führen, statt gleichzeitig zu versuchen, es zu ändern, statt ihre organisierten Kräfte zu gebrauchen als einen Hebel zur schließlichen Befreiung der Arbeiterklasse, d.h. zur endgültigen Abschaffung des Lohnsystems.“ 1

*Der Text wurde Ende Sept. 2012 abgeschlossen.

Fußnoten

1 Karl Marx, Lohn Preis Profit, MEW Bd 16,S. 152

11 Die Welt.de, 25.1.2012
2 Eric Seils, „Beschäftigungswunder und Armt“. Deutschland im internationalen Vergleich, in Impuls, Zeitung der Hans-Böckler-Stiftung
3 Lenin, „Die Differenzen in der europäischen Arbeiterbewegung“, „Swesda“ Nr. 1, 16.12.1910
4 Berthold Huber, Pressemitteilung der IG Metall vom 8.9.2008
5 Pressemitteilung der IGM vom 6.4.2009
6 „Gesamtmetall“, 19. Februar 2010
7 Nach Zeitung „express“ 3/2010
8 „metallzeitung“ 2/2010
9 Faz.net 23.8.2008

4Im sog. „Pforzheimer Abkommen“ zwischen den Tarifpartnern wurden Regelungen für den Prozess der Abweichung von Tarifverträgen, sog. Öffnungsklauseln, eingeführt.

105 „metallzeitung“ 3/2012
115 junge Welt, 21.5.12
12 Der Spiegel, Mai 2012
13 junge Welt, 21.5.12
14Friedrich Engels, Die Trade-Unions, MEW Bd. 19, S. 254-260
15 ig metall.de, Referat auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall 12.10.2011

2 „metallzeitung“ 6/12

16
17 Gesamtmetall.de 19.5.2012
18 D.h. den sog. Christlichen Gewerkschaften
19 Gespräch mit W. Däubler, Über die Ursachen der Krise in Europa, die Rolle der Gewerkschaftsspitzen bei den »Hartz-Reformen« und die Gefährdung der Tarifautonomie in Griechenland, in: junge welt 8./9.9.2012
20 Nach Stephan Krull, in „express“ 10/11
21 Flugblatt von Vertrauensleuten und Betriebsräten des Daimler-Werkes Bremen, in Labournet
22 SZ 17.5.2010
23 zitiert nach Daniel Behruzi, An allen Fronten, jW 16.5.2011
24Franz Kersjes,10 Jahre ver.di: Eine kritische Bilanz zum Bundeskongress im September 2011, Neue Rheinische Zeitung – Online 23.3.2011
25 Karl Marx/Friedrich Engels: »Manifest der Kommunistischen Partei«, MEW 4, Berlin 1972, S. 471
26 B. Huber, Kurswechsel für Deutschland
27 „metallzeitung“ 10/2011, S. 19
28 „ metallzeitung“ 23.9.2009.
29 Berthold Huber (Hg.), Kurswechsel für Deutschland, Die Lehren aus der Krise, 2010, S. 32/33
30 „Metallzeitung“ 2/2010
31 Nach SZ 17. 2. 2010
32 Michael Sommer, in Südwestpresse, 12.11.11
33 Michael Sommer, Finanzmärkte regulieren, Financial Times Deutschland, 23.3.09

3 W. I. Lenin: Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus. In: Werke, Bd. 22, Berlin 1960, S. 304/305.

4IG Metall Vorstand – Wirtschaft, Technologie, Umwelt: Perspektiven der deutschen militärischen Schiffbaukapazitäten im europäischen Kontext. Frankfurt, Dezember 2010

34
35 Willi Bleicher, 1907 – 1981. Kommunist, Widerstandskämpfer, KZ-Häftling. 1959 – 1972 Bezirksleiter der IG Metall Stuttgart.
36 Sommer, http://www.welt.de, 6.2.12
37 Süddeutsche Zeitung 19.7.11
38 Detlef Hensche, jW 23.6.12
39 Michael Schlecht, Keine ganz große Tarifbewegung, Die Linke, Mai 2012

3 Werner Lutz und 17 weitere Kollegen, s. labournet

40
41 verdi Betriebsgruppe Werkstatt Bremen, s. labournet
421 uz 07.07.2011
43 Detlef Hensche, jW 28.06.2011
44 Wolfgang Däubler,in junge welt, 8./9.9.2012
45Detje, Richard/ Menz, Wolfgang / Nies, Sarah / Sauer, Dieter: „Krise ohne Konflikt?”, VSA-Verlag Hamburg 2011
463„metallzeitung“ 11/2011
47 Dörre, Klaus/ Hähnel, Anja / Holst, Hajo / Matuschek, Ingo: „Guter Betrieb, schlechte Gesellschaft? Arbeits- und Gesellschaftsbewusstsein im Prozess kapitalistischer Landnahme“, in: Cornelia Koppetsch (Hrsg.): Nachrichten aus den Innenwelten des Kapitalismus – Zur Transformation moderner Subjektivität, VS Verlag, Wiesbaden 2011
48Nach ND, 14.08.2004
49

2 Thomas Haipeter “Erneuerung aus der Defensive? Gewerkschaftliche Perspektiven der Tarifabweichung”, in WSI-Mitteilungen 6/2010 der Hans-Böckler-Stiftung (nach jW vom 29.6.2010). Oder auch Thomas Haipeter, “Betriebsräte als Tarifakteure” in IAQ-Report 201-01.

50 FAZ.NET, 2.11.2010
51 „Für eine Handvoll Euro“, SZ 19.1.12
52 FAZ 4.4.12
53 W. I. Lenin, Der Opportunismus und der Zusammenbruch der II. Internationale, in: Werke Bd. 22, Berlin 1960, S. 111
54 Der ungarische Kommunist A. Fogarasi, schrieb 1935 eine Untersuchung zur Arbeiteraristokratie, während

E. S. Varga ein Werk über „die Arbeiteraristokratie nach dem 2. Weltkrieg“ herausgab.

55 W.I. Lenin, Vorwort zur französischen und deutschen Ausgabe zu „Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“, Ausgew. Werke, Bd. 1, S. 774
56 W. I. Lenin, Der Zusammenbruch der II. Internationale, Bd 21, S.243

HINWEIS: Nummerierung wie in der Vorlage bei Theorie & Praxis