Es sind harte Zeiten. Täglich erleben
wir rassistische Demonstrationen, und fast genauso häufig leider
Übergriffe und Anschläge auf Migrant_innen und linke Strukturen.
Trotz dieser Einschüchterungsversuche lassen sich libertäre
Gewerkschaftsaktivist_innen in Dresden und Umgebung nicht
unterkriegen. Mit unserer
täglichen Arbeit versuchen wir zu vermitteln, was bei vielen soziale
Ängste schürt: Ein System das uns Lohnarbeitende und Erwerbslose
immer unverfrorener ausnutzt, egal ob in Deutschland, Griechenland
oder Kambodscha. Dagegen organisieren wir gemeinsame Hilfe.
Wir geben euch hier einen kleinen
Überblick darüber was sich seit dem 1. Mai getan hat und bitten euch
gleichzeitig: Seid solidarisch, werdet Mitglied! Die Arbeit die wir
leisten, könnte noch vielfältiger sein, wenn sie auf mehr Schultern
verteilt wäre.
Bau und Migration
Der Arbeitskampf der FAU Berlin
(„Mall of Shame“) ist vielen bekannt. Doch auch in Dresden ist
Lohnprellerei gegenüber migrierten Kolleg_innen im Bausektor an der
Tagesordnung. Nicht wenige müssen mit einem dutzend Kolleg_innen in
einem stickigen Raum auf der Baustelle übernachten. Die „Miete“ wird
ihnen dann noch vom Chef/ der Chefin in Rechnung gestellt. Dazu
kommen Probleme wie katastrophaler Arbeitsschutz, so wie
vorenthaltene Löhne und nicht geleistete Sonderzahlungen, die schnell
mal im fünfstelligen Bereich liegen.
Unter den Kolleg_innen hat es sich
nach dem Fall der „Mall of Shame“ in Berlin auch in Dresden
rumgesprochen, dass die FAU eine gute Adresse ist um sich gemeinsam
zu wehren. Das ist nicht immer einfach. Zum einen sieht es aus
rechtlicher Sicht aufgrund fehlender Nachweise oder durch erzwungene
Schwarzarbeit oft schlecht aus. Zum anderen besteht die sehr reale
Gefahr von Schlägertrupps besucht zu werden, wie es unseren
Kolleg_innen auf einer Baustelle in Dresden Löbtau im Sommer 2014
passiert ist. In diesem Falle hilft nur Druck machen, die
Arbeitsfähigkeit der Lohnpreller_innen behindern.
Die oft vorhandenen Sprachbarrieren
stellen zusätzliche Anforderungen an junge Gewerkschaftsstrukturen.
Hier freuen wir uns auch über eure Hilfsangebote.
Aktuell streiten frische Mitglieder
der FAU in zwei Fällen für ihren Lohn. Weitere können schnell folgen,
aus diesem Grunde werden wir die Arbeitskämpfe mit einer
Informationskampagne zum Thema begleiten.
Erwerbslosenarbeit
Auch in der Erwerbslosenarbeit ist
die FAU rege aktiv und versucht Aufklärung zu schaffen. Viele
Unannehmlichkeiten können wir vermeiden, wenn wir unsere Rechte
kennen.
Das fängt bei der
Eingliederungsvereinbarung an, die in keinem Fall einfach
unterschrieben werden sollte, da sie den Grundstein für Maßnahmen und
Sanktionen legt. Doch auch gegen selbige können wir uns zur Wehr
setzen und letztlich fast immer gewinnen.
Als Mitglieder haben wir uns den
letzten Monaten immer wieder gegenseitig aufs Amt begleitet, uns
weiter über rechtliche Details informiert, zusammen Widersprüche
geschrieben und vieles mehr. Dabei arbeiten wir auch mit einer Reihe
anderer Initiativen und guten Anwälten zusammen.
Aktuell bereiten wir mit betroffenen
Mitgliedern zwei Klagen gegen Sanktionen vor. Außerdem sammeln wir
Informationen über die Taktiken einzelner Teams und
Sachbearbeiter_innen, um in Zukunft besser vorbereitet zu sein. Auch
in Meißen organisieren sich aktuell Betroffene gegen die unerhörten
Methoden des lokalen Jobcenters. Bei einer ersten Versammlung boten
wir Wissensweitergabe und tatkräftige Unterstützung an. Anwesend
waren hier auch die FAU Berlin und die Erwerbsloseninitiatve Basta
Berlin. Wir sind gespannt wie es weiter geht.
Ein Existenzminimum steht unserer
Meinung nach jeder Person zu – bedingungslos. Auf dieser Grundlage
werden wir auch in den nächsten Wochen unsere Erwerbslosenarbeit
fortsetzen und Betroffene ermuntern sich gegen Repressalien zu
wehren.
Ungültige Befristungen
Befristete Arbeitsverhältnisse
entwickeln sich von der Ausnahme immer stärker zur Regel in der
Arbeitswelt. Damit wächst bei den Beschäftigten die Unsicherheit, wie
es nach der Befristung finanziell weiter geht. Gerade außerhalb des
Hochschulsektors lohnt sich für viele Betroffene allerdings eine
Überprüfung der Arbeitsverträge zusammen mit
Gewerkschaftsaktivist_innen. Nicht selten sind die Befristungen
nämlich ungültig, womit bei Entfristungsklage das Vorliegen eines
unbefristeten Arbeitsverhältnisses festgestellt werden kann. Als
Folge können je nach Fall beim Unternehmen zusätzliche Gehälter, eine
Abfindung oder eine unbefristete Stelle für die Kolleg_innen heraus
geholt werden. Sich zu informieren und sich ggf. mit der Gewerkschaft
zu wehren, lohnt sich deshalb eigentlich immer. Aktuell hilft die FAU
Dresden einer Kollegin in so einem Fall und hofft auf weitere
Kolleg_innen, die sich anschließen.
Beratung nun jede Woche
Ab diesem Monat stehen Aktive der
Dresdner FAU jede Woche bei ihren Arbeitstreffen für Fragen zum Thema
Erwerbslosigkeit, Hochschule, Betriebsorganizing und vielem mehr zur
Verfügung. Voranmeldung per Email oder Telefon hilft uns schon im
Vorfeld uns auf euren Fall vorzubereiten.
Bildung und Kultur
Bereits kurz nach dem 1. Mai legten
unsere Arbeitsgruppen IK Dokumentation und Schwarz-Rote-Bergsteiger
(SRB, siehe Freizeit und Soziales) mit einer großen
Bildungsveranstaltung nach. Auf einem viertägigen Wanderseminar im
Elbsandsteingebirge informierten wir mit mehreren geführten Touren
und Vorträgen über Widerstand im Nationalsozialismus.
Auftakt der Veranstaltung, an der
ca. 40 Mitglieder von ASJ, FdA und FAU teilnahmen, bildete ein
kritischer Einführungsvortrag zur lokalen Widerstandsgeschichte der
Region. Am nächsten Tag führte eine Tour durch die Wehlgründe u.a. zu
einem KZ-Häftlingsmassengrab in Lohmen und zum ehemaligen
KZ-Außenlager in Pirna Mockethal. An beiden Stellen wurden Blumen
abgelegt. Am Abend folgte noch ein Vortrag zu
anarchosyndikalistischem Widerstand in Sachsen. Am dritten Tourtag
standen auf der Wanderung Gedenkorte und Schauplätze für
Widerstandshandlungen zwischen Wehlen und Hohnstein im Fokus. Einen
weiteren Schwerpunkt bildete des ehemalige KZ Hohnstein und die
Biografien einzelner anarchosyndikalistischer Häftlinge. Am Abend
folgte ein Vortrag über anarchosyndikalistischen Widerstand in den
restlichen Gebieten des Deutschen Reichs. Die Bands „Alarm!“ und
„Andi Valandi“ beschlossen den Abend.
Die Bewertung des
Bildungswochenendes waren durchweg positiv und alle Teilnehmenden
erbaten sich eine vergrößerte Neuauflage im folgenden Jahr. Eine
Bitte, der wir gerne nachkommen werden.
Antifaschismus
Die aktuelle Situation macht es jede
Woche nötig, sich Rassist_innen und Nationalist_innen auf der Straße
entgegen zu stellen, in Freital, Meißen, Dresden und vielen anderen
Städten der Umgebung. Wie hunderte andere Menschen beteiligen sich
auch FAU-Mitglieder an Schutz und Unterstützung von in Dresden
angekommenen Flüchtlingen. Das alles kann jedoch nicht verschleiern,
dass in der rassistischen Pogrom-Stimmung ein Kampf um die
Straßenpräsenz aktuell nicht zu gewinnen ist. Das zeigen die
mittlerweile oft unkommentierten Demonstrationen von Pegida ebenso
wie eine Vielzahl anderer rechter Aufmärsche in der Region.
Antifaschismus heißt aktuell die Lebenssituation der Flüchtlinge nach
Möglichkeiten zu verbessern und den Schutz vor Faschist_innen und
Rassist_innen zu leisten, den die sächsische Polizei den Betroffenen
verwehrt.
Aber nicht nur auf der Straße
sondern auch in den Parlamenten und einer Vielzahl von Medien ist
politisch Land unter. Das bestärkt uns in unserer Ansicht, dass es
eine grundsätzliche Darstellung sozialer und systemischer
Alternativen und eine antirassistische wie antikapitalistische
Grundbildung an den Schulen, in den Betrieben, Nachbarschaften und
Erwerbsloseninitiativen braucht, um langfristig aus dem Rechtsschwenk
der Gesellschaft heraus zu kommen. Diese Bildungsarbeit versuchen
wir, wo immer möglich, zu leisten. Gleichzeitig wollen wir mit
gemeinsamen Kämpfen von deutschen, ausländischen und migrantischen
Kolleg_innen in der Praxis Ressentiments auflösen und ein greifbares
Solidaritätsgefühl wecken. Mit mehr Aktiven würden wir in der Zukunft
gern unsere antifaschistische Arbeit verstärken.
Quelle: linksunten.indymedia.org vom 1.8.2015
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