Betrieb & Gewerkschaft
So oder so: Der Kampf muss weiter gehen!
Stellungnahme zur ver.di SuE-Streikdelegiertenkonferenz
Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di08/2015
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Mit viel Kraft, Kreativität und Entschlossenheit haben sich tausende KollegInnen an den Streiks für eine Aufwertung der Sozial- und Beziehungsberufe beteiligt und gezeigt, dass sie bereit sind zu kämpfen. Viele KollegInnen waren zum ersten Mal dabei und haben sich mit eigenen Ideen tatkräftig eingebracht. Es wurden viele Erfahrungen gesammelt, die uns für die nächsten Auseinandersetzungen stärken. Das Schlichterergebnis ist meilenweit von einer wirklichen Aufwertung entfernt. Deshalb sollte klar sein: Egal, wie das Ergebnis der Mitgliederbefragung ausgeht, der Kampf für eine deutliche Anhebung der Löhne und Gehälter bei den Sozial- und Erziehungsberufen muss fortgesetzt werden!
Bundesweites Vernetzungstreffen
Das „Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di“ und die „ver.di Linke NRW“ lädt bundesweit KollegInnen in ver.di ein zum Vernetzungstreffen am Sonntag, den 30.8.2015 von 11 bis 16 Uhr in Dortmund (Tagungsraum bitte unter info@netzwerk-verdi.de erfragen)
Themen:
- Bilanz und Lehren aus den Streiks bei SuE, Post, Charité, Amazon, Einzelhandel, öffentlicher Dienst
- Wie weiter im SuE Kampf für Aufwertung?
- Vorbereitung Tarifrunde Bund und Kommunen
- Ver.di Bundeskongress
- Gemeinsam für einen kämpferischen Kurs in ver.di
Streikdemokratie
Auf Versammlungen nach Verkündung des Schlichtungsergebnisses gab es große Mehrheiten gegen die Annahme des Schlichtungsergebnisses. Auch die letzte Streikdelegiertenkonferenz votierte mehrheitlich dagegen. Die aufsuchende Mitgliederbefragung fand jetzt vor dem Hintergrund des Streikabbruchs, einer verlorenen Dynamik und einer starken Haltung für Annahme von Seiten der ver.di Führung statt. Eine wirkliche demokratische Streikführung, in der die Streikenden das Heft selbst in der Hand halten, müsste anders aussehen. Auf täglichen Streikversammlungen sollte der Stand der Verhandlungen bewertet und über die nächsten Schritte beraten und abgestimmt werden. Auf dieser Basis sollte auch eine bundesweite Streikdelegiertenkonferenz darüber entscheiden können, ob der Streik abgebrochen oder weiter geführt wird.
Schon die Tatsache, dass mit der Schlichtung eine Streikpause erzwungen wurde, ist ein Problem, das angegangen werden muss. Um ähnliche Vorgänge in der Zukunft zu vermeiden, sollte das Schlichtungsabkommen, welches bindend ist, wenn eine Seite die Schlichtung anruft, von ver.di sofort gekündigt werden.
„Mitglieder sollen entscheiden“
Bei der Streikdelegiertenversammlung wird das Ergebnis der Mitgliederbefragung mitgeteilt. „Es muss einen Unterschied machen, ob jemand sich in der Gewerkschaft organisiert oder nicht. Deshalb sollen die ver.di-Mitglieder in dieser Frage entscheiden. Sie wissen am besten, ob mögliche Verbesserungen für sie ausreichend sind.“ sagte Frank Bsirske nach der letzten Streikkonferenz. Es sollte allerdings auch transparent gemacht werden, wie die Ergebnisse in den unterschiedlichen Bezirken, in großen Städten usw ausgefallen sind. Gibt es eine Mehrheit gegen die Annahme des Schlichterspruchs, müssen Vorbereitungen für die Wiederaufnahme des Arbeitskampfes getroffen werden.
Kampf muss weiter gehen – so oder so
Aber auch, wenn sich eine Mehrheit für Annahme des Schlichterergebnisses ausspricht, ist das vor dem Hintergrund des Streikabbruchs sowie der eindeutigen Haltung der ver.di Führung für Annahme und gegen Streikfortsetzung zu sehen. Nach wie vor gilt: das Ziel einer deutlichen Aufwertung aller Berufsgruppen ist nicht erreicht. Deshalb muss der Kampf fortgesetzt werden: bei Annahme des Ergebnisses, indem entsprechend hohe Lohnforderungen in die bevor stehende Tarifrunde Bund und Kommunen beschlossen und eingebracht werden.
Tarifrunde Bund und Kommunen
Die Routine der Tarifrunden im öffentlichen Dienst, bei der sich die ver.di Führung in den letzten Jahren auf Warnstreikmobilisierungen beschränkte, sollte durchbrochen werden. Im gesamten öffentlichen Dienst gibt es das Gefühl, von der Lohnentwicklung abgehängt zu sein. Zudem brennt vielen KollegInnen das Thema Arbeitsdruck und Belastung auf den Nägeln. Hohe Festgeldforderungen und Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen (zum Beispiel durch Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich) würden eine mobilisierende Wirkung haben, weil auch in den anderen Bereichen die KollegInnen für wirkliche Verbesserungen kämpfen wollen. Schon bei voran gegangenen Tarifrunden kamen in den Diskussion Forderungen nach 300€ Festgeld oder mehr auf.
Fortsetzung des Arbeitskampfes
Wenn die Mehrheit gegen Annahme des Ergebnisses ist, sollte der Kampf fortgeführt werden! Aufgrund der langen Streikunterbrechung kann es einige Zeit dauern und viele Anstrengungen bedeuten, einen neuen Anfang zu machen. Deshalb sollten zeitnah lokale Versammlungen und eine weitere bundesweite Streikdelegiertenkonferenz stattfinden, auf denen eine Wiederaufnahme des Streiks ausführlich diskutiert wird. Es muss sich über den günstigsten Zeitpunkt sowie eine Streikstrategie verständigt werden. Möglich wäre beispielsweise ein neuer Anlauf nach der Eingewöhnungszeit sowie den Herbstferien.
Solidarität
Für die KollegInnen in den Kitas wird es von großer Bedeutung sein, die Eltern aufzuklären, warum der Schlichterspruch nicht angenommen wurde. Es sollten Angebote an Eltern gemacht werden, wie sie den Kampf unterstützen können. In einigen Orten wurden Soli-Komitees gebildet, die hierfür eine Hilfe waren.
Ein neuer Streik muss von Anfang an auch mit einer ganz anderen Art der Unterstützung aus ver.di und den anderen Gewerkschaften begleitet werden. KollegInnen in anderen Bereichen sollte der Modellcharakter des Kampfes für die Aufwertung deutlich gemacht werden, um sie für Solidaritätsaktionen zu gewinnen. So könnten Betriebs- und Personalräte in den Kommunen, bei der Post, in den Krankenhäusern usw. einbezogen werden, um Betriebsversammlungen „Streik im Sozial- und Erziehungsdienst – welche Folgen für die Beschäftigten“ einberufen. Diese könnten dazu genutzt werden, um den KollegInnen die Hintergründe zu erklären, für solidarische Unterstützung zu werben. Auch könnte man Druck auf die Arbeitgeber machen, für die Ersatz-Kinderbetreuung aufzukommen. Das würde dann indirekt die ökonomische Wirkung des Streiks erhöhen. Wenn Betriebs- und Personalversammlungen dann noch bundesweit ko-ordiniert und innerhalb einer Woche organisiert würden, könnte man eine Aktionswoche damit verbinden und überall von den Versammlungen aus KollegInnen zu Protestkundgebungen vor den Rathäusern mobilisieren. Eine bundesweite Demonstration wäre ein weiterer Schritt. Der Streik könnte so eine große politische und gesellschaftliche Wirkung entfalten.
Konsequente Gegenwehr
Die öffentlichen Arbeitgeber und die Regierung haben in diesem Jahr eine harte Haltung eingenommen. Es ging ihnen vor allem darum, ein positives Beispiel für einen Erfolg im Arbeitskampf zu verhindern. Während sie bei der Bahn am konsequenten Widerstand der KollegInnen und der GDL (mit nur 34.000 Mitgliedern) gescheitert sind, hat die ver.di Führung die Möglichkeiten nicht genutzt, um ihrerseits Siege zu organisieren. Vor allem hat die ver.di Führung die Chance nicht genutzt, die sich durch die zeitgleichen Streiks ergab, nämlich die Kämpfe zu ko-ordinieren und die Streikenden mit großen Protestkundgebungen gemeinsam auf die Straße zu holen. Damit hätte ver.di ein neues Klima schaffen können, die gemeinsame Kraft und Solidariät wäre deutlich geworden.
Quelle: www.facebook.com/netzwerkverdi