Stadtumbau & Stadtteilkämpfe
So kann sozialer Wohnungsbau gelingen

von Onyx13

8/2017

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„Ist die Ausbeutung des Arbeiters durch den Fabrikanten so weit beendigt, daß er seinen Arbeitslohn bar ausbezahlt erhält, so fallen die anderen Teile der Bourgeoisie über ihn her, der Hausbesitzer, der Krämer, der Pfandleiher usw.“ (Kom. Manifest MEW 4)

Um den Lohn zu senken, um den Profit zu steigern, geht der bürgerliche Staat dem Kapital zur Hand. Dabei erscheint der Staat als Wohltäter. Bei der Finanzierung von neuen „Sozialwohnungen“ finanziert er die Zinsen, um dem Kapital den Profit zu sichern. Dennoch sind die Mieten für sehr viele Wohnungssuchende zu hoch, weil deren Lohn oder sonstiges Einkommen gesenkt wurde. Bei sehr strengen Kriterien zahlt der Staat dann Wohngeld, damit der Mieter sich nicht gegen das Kapital wendet und mehr Einkommen will. Es gibt dann eher ein Palaver um höheres Wohngeld oder Kindergeld. So verschiebt sich die Auseinandersetzung weg vom Kapital, dem der Lohnabhängige seine Arbeitskraft verkauft hat, zu einem Preis (Lohn) der die Reproduktion der Arbeitskraft nicht mehr sichert -  und die Debatte ist bei der Reproduktion. Wobei:

„In einem stetigen Zusammenhang und dem beständigen Fluß seiner Erneuerung betrachtet, ist jeder gesellschaftliche Produktionsprozeß (…) zugleich Reproduktionsprozeß.“ (MEW23/591)

Wenn Parteien oder Regierung um mehr Alimentierung angegangen werden, wird immer die Frage der Finanzierung in den Vordergrund gestellt. Dass der bürgerliche Staat Gesetze geschaffen hat die „Steuerschlupflöcher“ genannt werden und dass die Steuerbehörden auf Milliarden an Einnahmen verzichten sollen, ist dann nicht Bestandteil der Debatte. Die Frage der Notwendigkeit der Reproduktion der Lohnabhängigen - hier: von „Sozial-Wohnungen“ - ist da nicht mehr im Fokus. Es werden dann so lustige Forderungen erhoben wie „Bezahlbare Wohnungen“. Alle Wohnungen, die gebaut werden sind bezahlbar, nur nicht von jedem. Die Bauträger sind doch nicht blöde. Ganz Wordradikale fordern gar „keine Profite mit der Miete“. Da scheint noch nicht durchgedrungen zu sein, dass dies eine Kapitalistische Gesellschaft ist, in der nur für Kapital bzw. den Profit produziert wird. Und sozialer Wohnungsbau ist eine Ware, die Profit bringen muss. Der Staat ist nicht der Bauherr. Um das zu realisieren, ist es nötig von anderen Kriterien auszugehen. Die stehen dem Kapitalismus entgegen.                          

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Vorab wollen wir zugestehen, dass es zu Beginn einer anderen Wohnungspolitik „natürlich“ Schwierigkeiten geben kann. Das ist in fast jedem Lernprozess so. Die Menschen werden wieder lernen müssen, sich selbst einzubringen und demokratisch zu handeln, jenseits der beiden Kreuze. Nur wenn sie dafür kämpfen, ihre Belange in die eigene Hand zu nehmen, besteht die Möglichkeit, dass sich was in ihrem Sinn ändert. Das Kapital und seine Stiefelknechte werden nicht hinnehmen, dass Ihnen Profite entgehen. Ein Gräuel wird denen schon die Grundbedingung sein, die Mieter müssen die Wohnanlagen selbst verwalten und festlegen, wie die Mieteinnahmen wieder verwandt werden. Das im Gegensatz zur Politik der Grünen und Linken, die sich sozial geben.

„Déclaration du peuple francais“ vom 19. April 1871: "Ständige Intervention der Bürger in den gemeinsamen Angelegenheiten mittels der freien Äußerung ihrer Ideen und der freien Verteidigung ihrer Interessen."

Warum überhaupt Rendite?  Art. 9 Abs.3 GG “Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen”

Aber zum Gedanken der Finanzierung.

Der Staat stellt Milliarden zur Verfügung an Zinsverbilligung und Wohngeld. Das sind alles Gelder, die ans Wohnungskapital gehen. Es wird aber so dargestellt, als sei es eine soziale Leistung an die Lohnabhängigen vom Staat. Auf der anderen Seite werden die Lohnabhängigen aufeinander gehetzt mit der „Fehlbelegungsabgabe“, wohl als Strafe für erkämpfte Lohnerhöhungen.  Erst wird Solidarität und Demokratie eingefordert, um dann die sozialen Verhältnisse auseinander zu reißen. Wenn die Preisbindung ausgelaufen ist, wird erhöht oder verkauft, was auch dasselbe hinausläuft. ,,Eine Gesellschaft (kann) sicherlich nicht blühend und glücklich sein, wenn ihr weitaus größter Teil arm und elend ist“ (Adam Smith)

Wenn die Gemeinden oder Kommunen verpflichtet werden,  Grundstücke und Infrastruktur für den sozialen Wohnungsbau bereit zu stellen, wie sie es für die Einkaufstempel schon machen. Das kann ausgesprochen kostengünstig bewerkstelligt werden, wenn ein Bauer aufgeben muss, kann die Gemeinde oder Kommune das Land von aufkaufen, und wenn es ihr gehört kann sie den Bebauungsplan ändern und es zu Bauland machen. Dann werden von allen Stellen, die bisher Gelder in den Sozialen Wohnungsbau gegeben haben, Wohnungen und soziale Räumlichkeiten davon gebaut, die vollständig bezahlt sind. Es soll dabei hoher Standard angelegt werden. Wichtig ist dabei, dass auch die Energieversorgung mit geplant wird. Fernwärme, Kraft-Wärme Kopplung etc..

Die Planung sollte von mehreren Universitäten als Wettbewerb ausgeschrieben werden. Mit den zukünftigen Mietern und den Bewohnern der „Gegend“ sollte das Projekt diskutiert werden. Geleitet wird es von der entsprechenden Universität.

Die Wohnungen müssen von den Mietern verwaltet werden, die auch festlegen, wie die gezahlte Miete wieder eingebracht wird. Majorität sollte das erstellen schuldenfreier Wohnungen sein. Kann aber auch ein Kindergarten oder ähnliches sein. Hauptamtliche Verwaltung findet vor Ort statt, der Verwalter ist jederzeit rechenschaftspflichtig. Auch ist jederzeitige fristlose Kündigung möglich. Einmal im Monat treffen sich die Mieter um Belange der Wohnungen und persönliche zu besprechen. Alle drei Monate ist es Pflicht, an einem Treffen teilzunehmen. Das hat zur Folge, dass sich die Mieter kennen und so mehr Verständnis für einander haben. Schlimmer als es jetzt ist, kann es nicht sein. Was als Negativ aufgegriffen werden könnte ist, dass so der Neubau sehr langsam voran geht. Dann ist es nicht schlimmer als bisher, hat als Perspektive allerdings, dass die Wohnungen nicht privatisiert werden können. Und die Mieten von den Mietern bestimmt werden.

Immer weniger Sozialwohnungen

Wenn sich das Prinzip als zukunftsfähig und „nachhaltig“ erweist, kann der Bund ja einmalige Leistungen in die „Projekte“ geben, das Geld käme zurück, wenn der Bedarf gesättigt ist. Die Kommunen zahlen bei HartzIV und Wohngeld weniger, sowie für Energiekosten, die gesenkt wären. Es setzt voraus, dass die Mieter die Mieten senken und nicht für nötige soziale Projekte einsetzten. Schulbau, Turnhallen, immer nur soviel wie Geld da ist. Es darf nie eine GmbH werden oder wie die Kommunale EWE AG, dann sind die Mieter „raus“ und es wird wieder nach Profit produziert.

Dann ist „keine Rendite mit der Miete“, „bezahlbarer Wohnraum“ und sonstige Forderungen erfüllt. Das beste ist, das es demokratischer Kontrolle unterliegt und niemandem gehört. Es muss auf keine Wahl lange gewartet werden, wollen die gewählten Funktionäre nicht funktionieren werden sie abgewählt und von den Bewohnern ersetzt. Es sollte mal debattiert werden, welche Argumente die Grünen oder Linken dagegen haben, vor allem aber was die Bürger dazu sagen. Auch die Bürger die hinter AfD und Pegida herlaufen. Mag sein dass es Mängel hat, aber wie sollen die Menschen sonst Solidarität üben? Es kommt auch auf die Perspektive an, da ist das emanzipatorisches Handeln der Bewohner dem Kapitalzins, der Subventionierung und dem Herausfallen aus der Mietpreisbindung sowie der Privatisierung weit überlegen. Auch hat der Bewohner z. Z. nichts zu sagen, er darf lediglich zahlen bis er nicht mehr kann.

Große Veränderung „ist nicht das Produkt eines philosophische Konzepts. Sie entsteht im kollektiven Geist. Kropotkin

Editorische Hinweise
Der Text wurde erstveröffentlicht am 24.7.2017 bei:
http://www.linkes-oldenburg.de/so-kann-sozialer-wohnungsbau-gelingen/