Kommentare zum Zeitgeschehen

Deutsche Bodentruppen nach Rojava?

von "hodo / jas / ffz" (RF-News)

08/2019

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Der US-Sonderbeauftragte für Syrien, James Jeffrey, hat die BRD und weitere westliche imperialistische NATO-Länder aufgefordert, auch mit Bodentruppen in Syrien einzugreifen.

Warum kommt jetzt dieser Vorschlag des weltweiten Kriegstreibers Nr. 1, den USA? Es ist eine Reaktion des US-Imperialismus auf seine Sackgasse, in die er in diesem Konflikt geraten ist. Die USA hatten im Kampf um den Einfluss in Syrien in der syrischen Aufstandsbewegung gegen Baschar al-Assad zunächst massiv islamistisch-faschistische Kräfte unterstützt. Unter anderem aufgrund der Einmischung Russlands und des Irans scheiterte dieser Plan und zerstörte das Land in einem zwischenimperialistischen Stellvertreterkrieg. Auch Versuche, mittels der sogenannten Freien Syrischen Armee (FSA) Einfluss zu erlangen, scheiterten, weil diese Truppen zwar viele US-Dollar verschlangen, aber keine nennenswerte Kampfkraft entwickelten. Zuletzt setzten die USA auf die Zusammenarbeit mit den Syrisch-demokratischen Kräften (SDF), mit dem Kern der kurdischen YPG und YPJ. Diese erwiesen sich als mutige und effiziente Kämpferinnen und Kämpfer gegen den IS. Dabei verfolgten die USA aber immer imperialistische Ziele, und nie ging es ihnen um "die Kurden". 

Eine Ausnutzung zwischenimperialistischer Widersprüche und taktische Zusammenarbeit durch die SDF ist dann legitim, wenn man sich nicht davon abhängig macht oder sich gar der Illusion hingibt, die Luftunterstützung erfolge uneigennützig. Vor allem darf der imperialistische Charakter der USA nicht verkannt werden. 

In seinem Wahlkampf und auch danach hatte der faschistoide US-Präsident Donald Trump immer wieder versprochen, die Truppen in die USA zurückzuholen. Hierbei handelte es sich auch um ein Zugeständnis an die Massen in den USA, die diesen Kriegseinsatz ablehnen. Mit der Niederlage des IS geht nun auch die offizielle Rechtfertigung des Einsatzes verloren.

US-Imperalismus will und kann auf einen Einfluss im Mittleren Osten nicht verzichten

Der Einsatz bindet unter anderem militärische Spezialkräfte der USA, die die US-Regierung für möglich militärische Operationen - wie gegen den Iran - freimachen will. Gleichzeitig kann und will der US-Imperialismus nicht auf einen Einfluss im strategisch wichtigen Mittleren Osten verzichten, auch vor dem Hintergrund, dass aufstrebende neuimperialistische Kräfte wie die Türkei, Saudi-Arabien und der Iran, ihre Machtansprüche ausdehnen. Daher sollen andere westliche Imperialisten „Verantwortung“ übernehmen – sprich: Für den US-Imperialismus Truppen stellen. Das tun diese allerdings auch aus eigenen imperialistischen Interessen. Alle am Krieg beteiligten imperialistischen und neuimperialistischen Mächte versuchen, für sich die besten Möglichkeiten zur Ausbeutung eines Nachkriegssyriens zu schaffen – wie immer es auch aussehen wird .

In Zusammenhang damit stehen Diskussionen seitens imperialistischer Kräfte über verschiedene Varianten einer "Schutzzone", im Norden der Demokratischen Konföderation Nord- und Ostsyrien (Rojava). Diese wird zum Teil mit dem „Schutz der Kurden vor dem IS“ begründet. In erster Linie forciert das faschistische türkische Erdoğan-Regime eine solche Zone. Allerdings will es nicht die Kurden schützen. Erdoĝan ist im Gegenteil an einer schnellen Zerschlagung des von den kurdischen Kräften initiierten, und mit den anderen Ethnien in der Region verwirklichten, einzigen funktionieren demokratischen Modells vor Ort interessiert. Seit 2018 stehen die türkische Armee und die mit ihr verbündeten faschistischen Söldnertruppen bereits im Kanton Efrîn. Wenn es nach der faschistischen Führung in Ankara geht, bekommt sie schnell noch mehr militärische „Füße“ in Rojava.

"Schutz der Kurden"?

Eine andere imperialistische Variante der "Schutzzone" behauptet, die Kurden „vor der Türkei und vor dem Assad-Regime zu schützen“. Die nächste vorgeschobene Lüge der Imperialisten. Wie es um die Sorge um Rojava und um den Schutz der Kurden steht, haben die USA bewiesen als sie im Januar 2018 ihren Truppen aus Efrîn abzogen. Damit überließen sie den faschistischen türkischen Aggressoren ungestört Platz für die „Operation Olivenzweig“, die völkerrechtswidrige Invasion des türkischen Militärs in Nordsyrien. Das ganze geschah mit "freundliche Unterstützung" des neuimperialistischen Russland, das in dieser Zeit den Luftraum über Syrien sperrte und somit die türkische Offensive stützte. So viel zum „Schutz der Kurden“ durch westliche Imperialisten und russische Neuimperialisten. 

Bereits am 31. Mai trafen sich Bundeskanzlerin Angela Merkel, Außenminister Heiko Maas und US-Außenminister Mike Pompeo. Im Rahmen dieses Treffens wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit auch der Bundeswehr-Einsatz in Syrien ins Spiel gebracht. Offizielle Mitteilungen dazu gab es nicht.

Verschärfung zwischenimperialistischer Widersprüche

Mit dem US-Vorschlag, westliche imperialistische Bodentruppen nach Rojava zu verlegen, verschärfen sich auch die zwischenimperialistischen Widersprüche. In diesem Fall zwischen den westlichen Imperialisten auf der einen und dem neuimperialistischen Russland auf der anderen Seite. Russland hält seine Hände weiter über dem syrischen Assad-Regime.

Keine Probleme mit Tornado-Einsätzen seit 2015

Der deutsche Imperialismus geht dabei subtil vor. Während der außenpolitische Sprecher der CDU, Jürgen Hardt, meint, die Bitte sei wohlwollend zu prüfen¹, versucht sich die SPD, mit einem Veto gegen den Einsatz von Bodentruppen, als Friedenskraft darzustellen. Mit dem bisherigen Einsatz von Tornado-Kampfjets der Luftwaffe, der offiziell als Aufklärungs-Mission läuft, hat sie, ebenso wie die CDU, aber keine Probleme. Dabei werden bei diesen Flügen nachweislich Daten über kurdische Truppen an die Türkei geliefert.

Das Problem für die SPD ist vor allem der Friedenswille der breiten Massen in Deutschland. Die ohnehin labile große Koalition wäre dadurch womöglich gesprengt worden, und hätte die Talfahrt der SPD in die einstelligen Prozentbereiche weiter beschleunigt. Deswegen hat die Bundesregierung den Einsatz zunächst abgelehnt. Die neue Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat in ihrem Sommerinterview mit dem ZDF aber schon vor Amtsantritt grundsätzlich Gesprächsbereitschaft über einen Bodeneinsatz in Syrien signalisiert: Wenn die Lage es erfordere, müsse auch darüber diskutiert werden, ob zu den deutschen Leistungen des bestehenden Mandats der Anti-IS-Koalition etwas hinzukommen müsse, sagte sie am 7. Juli. Und wörtlich: "Es geht hier auch ein gutes Stück um unsere eigene Sicherheit in Deutschland, nicht nur um das, was die Vereinigten Staaten möchten." 

Das passt ins Konzept, das die erzreaktionäre CDU-Chefin und neue Verteidigungsministerin für die Bundeswehr haben will: Massive Aufrüstung mit neuen Waffensystemen um die von den USA geforderten zwei Prozent Neuaufrüstung zu erreichen und auch unabhängiger agieren zu können. Davon profitieren würden auch deutsche Rüstungskonzerne wie Heckler & Koch oder Kraus-Maffei-Wegmann.

Vorsicht vor dem deutschen Imperialismus

Wie zynisch die „Hilfe“ für Rojava seitens des BRD-Imperialismus ist, zeigt sich an der Tatsache, dass dieser bis heute jede diplomatische Anerkennung der Demokratischen Föderation Nord- und Ostsyrien verweigert. 

Auch humanitäre Vorschläge werden von der Bundesregierung ignoriert. So , wenn der Co-Bürgermeister, Feremez Hammowie, und die Co-Bürgermeisterin, Rojin Ceto, der nordsyrischen Stadt Derik auf einer Veranstaltung in Berlin anregten, eine Beteiligung der Bundeswehr an Löschflügen zu prüfen. Dabei würde es sich um die Bekämpfung der Feuer handeln, die die türkische Armee und die Restsplitter des faschistischen IS in der Region legen, um die Ernte zu vernichten.² Fatal wäre es selbstverständlich sich von solch einer Hilfe abhängig zu machen. Denn uneigennützige Hilfe wird von keinem Imperialisten gewährt. 

Echte Hilfe für die verschiedenen Ethnien der Demokratischen Föderation Nord- und Ostsyrien besteht hingegen im solidarischen Kampf der Massen hier in Deutschland, in der Türkei und weltweit. Gestützt auf die eigene Kraft und die Solidarität der friedliebenden Völker, der Arbeiterklasse und Revolutionäre kann Rojava aufgebaut werden - als Teil der internationalen sozialistischen Revolution. 

Der Widerstand gegen den Einsatz imperialistischer Bodentruppen in der Demokratischen Föderation Nord- und Ostsyrien ist wichtig. Er hat große Bedeutung für die weitere Existenz dieses demokratischen „Leuchtturms“ in der Region. Aber dieser Widerstand kann nur organisiert stark genug werden. Um diese Organisiertheit herzustellen und zu stärken, ist jeder und jede herzlich eingeladen, sich am Aufbau einer weltweiten antiimperialistischen Einheitsfront zu beteiligen. Darüber wird gegenwärtig - ausgehend von einem Vorschlag der revolutionären Weltorganisation ICOR³ - weltweit diskutiert.

Die MLPD fordert

  • Sofortige Anerkennung der Demokratischen Konföderation Nord- und Ostsyrien durch die Bundesregierung!
  • Abzug aller imperialistischen Truppen aus Syrien!

Editorischer Hinweis

Wir spiegelten den Kommentar von "RF-News", wo er am 23.7.2019 erschien.

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