Am 27.7.
kamen in Berlin Menschen zusammen, um sich
über den drohenden Angriff der türkischen
Regierung auf die Föderation Nord- und
Ostsyrien (Rojava) auszutauschen und
gemeinsame Strategien zu entwickeln. 45
Menschen sind dem Aufruf des
Widerstandskommitees Berlin gefolgt. Sie
vertraten unterschiedliche Organisationen
der kurdischen und deutschen Linken. |
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Nach einer
Schweigeminute im Gedenken an die im Kampf um
die Freiheit Gefallenen wurde eine
Audiobotschaft der Internationalen Kommune
abgespielt. Die Internationalist*innen
beschrieben und analysierten die aktuelle Lage
in Rojava. Seit dem 9.7. zieht der türkische
Staat vermehrt Truppen an der Grenze zu den
Autonomen Gebieten zusammen. Es werden Gräben
ausgehoben, Haubitzen und Panzerstellungen
eingerichtet und dschihadistische Banden, die
mit der Türkei verbündet sind, aufgestellt. Die
offizielle türkische Politik ist es, eine
sogenannte „Sichertheitszone“ auf der syrischen
Seite der Grenze durchzusetzen. Geht es nach
der Türkei reicht diese Zone bis zu 40 km ins
Landesinnere und erstreckt sich an der gesamten
600 km langen Grenze. Die von den USA geführten
Verhandlungen über alternative Ansätze
scheiterten. Wie in Afrin ist es das Ziel der
türkischen Regierung unter Recep Tayip Erdogan
den Landstrich zu entvölkern und mit den
Familien der dschihadistischen Banden zu
besetzen. Die Konzentration militärischer
Aktivitäten an der Grenze zu Gire Spi (Tell
Abyad) legen einen Beginn der Operation in
diesem Gebiet nahe, um die Kantone Cizre und
Kobane voneinander zu trennen. Erdogans
Versuche die nordsyrische Gesellschaft auf
seine Seite zu ziehen misslangen allesamt. Die
verschiedenen Gruppen erklärten, dass sie
hinter der Befreiungsbewegung stehen und sich
auf die Verteidigung vorbereiten. Sollte die
Türkei Rojava angreifen, würde der Krieg an der
gesamten Front eröffnet werden. In diesem Kampf
geht es um Alles oder Nichts, um das Überleben
der Revolution oder die Auslöschung der
Befreiungsbewegung. Denn die Türkei bedroht
nicht nur Rojava. In Başur (irakisch
Kurdistan), Bakur und Şengal führt sie bereits
Krieg gegen die demokratischen Kräfte. Bei dem
Angriff auf Afrin waren wir unvorbereitet, dass
wird dieses mal nicht passieren. Die Botschaft
endet mit einem Aufruf an alle
antifaschistischen Kräfte auf der Welt sich
schützend vor die Revolution zu stellen und
sich vorzubereiten.
In der
anschließenden Diskussion wurde die Rolle der
USA und die Strategie des türkischen Staates
näher analysiert. Für die demokratischen Kräfte
in der Türkei war der Sieg in den
Kommunalwahlen ein Zeichen der Hoffnung, ein
Zeichen dafür, dass die Diktatur nicht
unbesiegbar ist. Der Machtblock der AKP/MHP
Regierung bröckelt, deswegen versucht Erdogan
durch einen aggressiven außenpolitischen Kurs
gegen die kurdische Freiheitsbewegung seine
Position wieder zu stärken. Neben der
angeblichen Bedrohung durch die kurdische
Bewegung, spielen hier auch konstruierte
historische Ansprüche des türkischen Staates
eine Rolle. Die legitime Grenze müsse laut den
neoosmanischen Vorstellungen von Suruc bis
Kerkuk verlaufen. Der Angriff zielt aktuell auf
die Zentren der Bewegung in der Bradost Region,
wo die Regierung unter Nezivan Barzani eng mit
der Türkei kooperiert und eben in Rojava, wo
versucht wird die Bewegung von der Gesellschaft
abzutrennen. Die Türkei wird versuchen
strategisch wichtige Korridore zu erobern und
so die Koordination des Freiheitskampfes zu
erschweren. Der türkische Staat verhandelt mit
den verschiedenen Regionalmächten und versucht
insbesondere die Großmächte USA und Russland
gegeneinander auszuspielen. Die USA spielen
dabei eine unklare Rolle. Sie kooperieren
sowohl mit der SDF in Rojava, als auch mit dem
NATO Partner Türkei. Klar ist, dass keiner der
Akteure aktuell den Frieden garantieren kann
und will. Der Mittlere Osten bleibt der
Spielplatz des Imperialismus.
Nach diesen
Ausführungen wurden auf der Vollversammlung
verschiedene Ideen diskutiert, mit welchen
Maßnahmen und Aktionen wir uns hier gegen den
Krieg und die imperialistischen Strategien
stellen können. Einige Vorbereitungen laufen
bereits, es soll an einer besseren
Kommunikation gearbeitet und Aktionen
koordiniert werden. Ein Vorschlag war es das
Symbol der Kampagne der internationalen Kommune
zu nutzen und es in das Stadtbild zu bringen.
Es wurde auch auf das „Rheinmetall entwaffnen!“
- Camp vom 1.- 9.9.19 in Unterlüß hingewiesen,
dass als Rahmen genutzt wird, Profiteure des
Krieges direkt zu bekämpfen.
Abschließend einigte sich die Vollversammlung
auf eine gemeinsame Erklärung, die auch in
weitere Städte getragen wird. Das nächste
Treffen wird am 10.8. um 18.00 Uhr in den
Mehringhöfen stattfinden.
Erklärung
Liebe Freund*innen,
Wir werden nicht warten! Die Revolution in
Rojava hat uns allen Hoffnung gegeben, dass
ein Leben jenseits von Staat, Kapitalismus
und Patriarchat möglich ist oder wie es die
internationale Kommune formulierte: „Sie ist
ein Leuchtfeuer inmitten kapitalistischer
Finsternis!“. Unsere Freunde sind in Rojava
und in den Reihen der Freiheitsbewegung. Ihr
Kampf gegen Unterdrückung und Faschismus ist
auch unser Kampf. Es gilt das revolutionäre
Projekt zu schützen. Wir dürfen dabei nicht
auf Staaten und ihre Institutionen vertrauen.
Der demokratische Widerstand der Gesellschaft
in der kapitalistischen Metropole steht
hinter den Menschen in Rojava, Basur, Bakur
und Sengal. Wir bereiten uns auf einen
Einmarsch der türkischen Armee vor. Im
Vorfeld werden wir durch öffentliche Aktionen
die Medienblockade durchbrechen.
Sollte es zu einem direkten Angriff auf die
Föderation Nord- und Ostsyrien kommen treffen
wir uns am selben Tag um 18.00 Uhr auf dem
Oranienplatz in Kreuzberg und werden unsere
Wut auf die Straße tragen. Am darauffolgenden
Samstag wird es eine Großdemo geben. Wir
rufen alle solidarischen Strukturen und
Menschen auf sich anzuschließen. Bereitet
euch vor!
Die nächste Vollversammlung wird am
Samstag, den 10.8. um 18.00 Uhr in den
Mehringhöfen stattfinden.
Lang lebe die Revolution von Rojava
Lang lebe die Freiheit
Widerstandskommitee Berlin
Vollversammlung „Rise up 4 Rojava“
Quelle für Text und Foto:
Indymedia vom 28.7.2019 |