Aus Betrieb & Gewerkschaft 
Ein beispielhafter Kampf
Der Streik bei Otis in Stadthagen - Sein Verlauf und die Ergebnisse


Von krn
09/04

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"Ein langer und gerechter Kampf" brachte für die Beschäftigten von Otis einen "Kompromiss, der tragbar ist", schrieben die "Metall-Nachrichten" des IGM-Bezirk Hannover. "AufDraht", Zeitung der DKP München und der Gruppe Kommunistische Arbeiterzeitung München, gibt eine Einschätzung dieses beispielhaften Kampfes in ihrer neuen Ausgabe.

Wir haben einfach die Schnauze voll von einer Unternehmenspolitik, die für ein paar Prozent mehr Rendite rücksichtslos Arbeitsplätze abholzt! So stand es in den Streiknachrichten, die am Werkstor verteilt wurden. Und mit dieser Wut hielten die 360 Kolleginnen und Kollegen 5 Wochen durch, um gegen die Werksschließung zu streiken.

Im Mai war angekündigt worden, dass das technologisch spitzenmäßige Rolltreppenwerk in Stadthagen/Niedersachsen geschlossen werden soll. Baugleich soll es in Breclav/Tschechien hingestellt werden, mit EU-Geldern wird die Arbeitsplatzvernichtung auch noch finanziert. Der Grund:

Nach Aussagen des Managements sei dort nur ein Fünftel des Lohnes zu zahlen! Die Rendite der Tochter eines US-amerikanischen Unternehmens beträgt jetzt schon traumhafte 17 Prozent.

Ein Teilerfolg für uns alle!

Die Otis-Kapitalisten hatten einen der üblichen Sozialpläne angeboten. Als die Belegschaft nach einer Urabstimmung in den Streik trat, waren die Herren flugs am Arbeitsgericht, um den Streik verbieten zu lassen. Denn ein Riesenauftrag war zu erledigen: Athen wartet auf die Rolltreppen für die U-Bahnen zu den olympischen Spielstätten. Einen Teilsieg haben die Otis-Kollegen schon errungen: Das LAG Hannover erklärte den Streik für rechtmäßig, weil es um einen Ergänzungstarifvertrag mit der IG Metall geht. Im Zusammenhang mit den Verlagerungen und dem Widerstand, der dagegen zu leisten ist, ist das ein wichtiges Urteil, das die Kollegen durch ihre Kampfbereitschaft herbei geführt haben!

Goldene Fallschirme

Der Streik, der einige Tage ausgesetzt war, ging also weiter. Delegationen aus vielen Betrieben besuchten die Streikenden. Der CDU-Ministerpräsident Wulff musste der aufgebrachten Stimmung in der Region folgen und seine Aufwartung machen. Es wurde bekannt, dass die 5 Vorständler eine Bonusbezahlung von 5 Millionen US-Dollar fürs Plattmachen erhalten - einmal mehr goldene Fallschirme für die Kapitalistenknechte.

Der Ergänzungstarifvertrag bei Otis:

Alle Betroffenen haben Anspruch auf eine 12-monatige Qualifizierung bei 97 Prozent Lohn. Alle Azubis müssen auf Kosten von Otis vermittelt werden. Die Abfindung beträgt 5 Monatslöhne plus einem pro Beschäftigungsjahr. (Das ist im Schnitt 1,3 mal mehr, als der Sozialplan bot.)

Für die Kolleginnen und Kollegen wurde ein Kompromiss ausgehandelt, der besser war als das Angebot. 61 Prozent stimmten in der Urabstimmung dafür. Die Werkschließung konnte nicht verhindert werden.

War mehr drin?

Es ist klar, dass dieses Ergebnis verhalten aufgenommen wurde. Trotzdem war der Kampf der Otis-Kollegen beispielhaft in doppelter Hinsicht: Für das kalte, menschenverachtende Kalkül des Kapitals und für das, was heute an Widerstand möglich ist. Die Streikenden haben das Notwendige und Mögliche getan. Mehr ist nur dann drin, wenn solche Betrieb hinausgehen. Die Solidarität mit den Streikenden muss zu Aktionen, ja zu Streiks in anderen Betrieben - Zulieferer! - führen, sonst bleiben die Kämpfenden isoliert. Zuversichtlich muss stimmen, dass die Belegschaften von DaimlerChrysler in Sindelfingen und Bremen sich nicht spalten lassen!

Editorische Anmerkungen

Der Artikel erschien in unsere zeit - Zeitung der DKP am 3. September 2004. Er ist eine Spiegelung von http://www.dkp-online.de/uz/3636/s0504.htm