SAFERCITY-Nachrichten vom 13. September 2004
zur deutschen Sicherheits- und Ordnungspolitik

zusammengestellt von Thomas Brunst
09/04

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onlinezeitung
Kommerzielle Private unterstützen den Staat

1.)
 "Erfahrung, Referenzen und Erfolg"

Stadt verteidigt Verpflichtung von "WR-Security" / "Kostenlose Streifengänge  locken nicht" 

Erfahrung, überzeugende Referenzen und erfolgreiches Arbeiten: Die Stadt  steht zur Verpflichtung des Unternehmens "WR Security" für das Pilotprojekt  gemeinsamer Streifengänge mit dem kommunalen Vollzugsdienst. 

Von unserem Redaktionsmitglied Susanne Müller

Auch die Kosten seien nicht zu hoch und: "Bei diesem geringen Umfang war keine Ausschreibung notwendig". Wolfgang Brinkmann, Leiter des Ordnungsamtes, nahm Stellung zu Aussagen von Ralf Mühlberger und Harald Weiland. Die Chefs von Wormser Sicherheitsunternehmen hatten moniert, nicht zum Zuge gekommen zu sein beim Pilotprojekt der Stadt, bei dem private  Wachleute gemeinsam mit dem uniformieren Vollzugsdienst Streifengänge  machen. Sie hätten kostengünstigere Angebote abgegeben. Außerdem sei keine Ausschreibung gemacht worden. Brinkmann verwies auf die nur 6 000 Euro für die eingekauften 450  Bewachungsstunden: "Bei dieser Größenordnung können Verträge direkt geschlossen werden". Selbstverständlich habe die Stadt aber Angebote verglichen: "Seit mehreren Jahren haben wir eine Reihe von Bewerbern für  zusätzliche Sicherheitsleistungen, auch die Unternehmen der Herren Mühlberger und Weiland sind uns bekannt." Diese besäßen aber nicht die Erfahrung, die andere und besonders das nun verpflichtete Unternehmen aus Kaiserslautern vorweisen könnten. Und in einem so sensiblen Bereich, der Begleitung bei staatlichen Aufgaben, könne nur ein erfahrenes Unternehmen  verpflichtet werden: "Da lockt auch kein Angebot, vier Wochen lang kostenlos  auf Streife gehen zu wollen", so Brinkmann. So etwas lasse eher skeptisch werden denn überzeugend zu sein. Das nun verpflichtete Unternehmen "WR" aus Kaiserslautern sei sehr erfahren, "reich an Referenzen", arbeite unauffällig und erfolgreich. Auch in Worms waren Mitarbeiter vor den neuen Streifengängen schon aktiv: Als Objektschützer auf dem Backfischfest für Schausteller. Und: "Alle Männer, die ,WR´ in Worms einsetzt, kommen auch aus Worms", so Brinkmann. Deshalb greife der Vorwurf nicht, das Unternehmen habe weite Anfahrtswege und kenne sich vor Ort nicht aus.
(Wormser Zeitung, 09.09.04)  

Die von der Stadt Worms beauftragte Sicherheitsfirma WR-Security aus  K'lautern soll enge Kontakte zu Neonazis unterhalten

schreiben die Jounalisten Andrea Röpke und Helmut Lorscheid:

(...) Auch in den alten Bundesländern sind Neonazi-Aktivitäten bisher kein Hindernis für eine Tätigkeit im Security- Bereich. So sorgt die Firma "WR-Security" in Kaiserslautern nicht nur für die Sicherheit des Bundesliga-Fußballclubs 1. FCK, sondern bewachte nach eigener Darstellung in  Mainz auch schon die Rheinland-pfälzische Staatskanzlei - ebenso wie das ZDF und den SWR. Im Kampfsport trainiert wurden die so prominent eingesetzten Securityleute von einem der bekanntesten Neonazis des Landes, Axel Flickinger, bis vor einigen Monaten noch Landesvorsitzender der "Jungen Nationaldemokraten". Hinweisen aus der rechten Szene zufolge stammt neben Flickinger ein weiterer "WR"-Trainer aus dem gewaltbereiten Hooligan-Milieu und ein anderer war Anhänger des militanten "Stahlhelm-Kampfbund für Europa". Es soll immer  wieder zu brutalen Ausfällen der "WR-Security" gekommen sein, zum Beispiel als Flugblattverteiler anlässlich einer Veranstaltung zur deutsch-amerikanischen Städtepartnerschaft am 15. Oktober 2000 gegen die Todesstrafe in den USA protestieren wollten. Der Besitzer von "WR", Werner  Rohde, wusste seit langem von Flickingers politischem Engagement bei der Jugendorganisation der NPD, hatte jedoch nichts dagegen einzuwenden.(...)
(Quelle: DRR, Informationen für und von AntifaschistInnen,
http://www.nadir.org/nadir/periodika/drr/archiv/NR81/81-3.html  

2.) 

Eigenheim-Detektive - Wie das Handwerk gegen Schwarzarbeit vorgeht

Schwarzarbeit boomt – vor allem im privaten Hausbau. Beim Neubau allemal und  auch bei der Modernisierung hilft gerne der "nette Nachbar". Was als Freundschaftsdienst getarnt wird ist Schwarzarbeit pur! Beim Fließenlegen im neuen Bad oder am Samstag beim Decken des Daches. Arbeit ohne Rechnung – dem Staat entgehen Milliarden an Steuern und die ehrlichen Handwerker schauen dumm aus der Wäsche. Jetzt reicht´s, sagen viele! Und die Innung schickt jetzt Privatdetektive raus auf Kontrolle. Die Jagd nach Schwarzarbeitern und ihren privaten Auftraggebern: M€X ist mit den Detektiven unterwegs. "Baustellenkontrolle, Kreishandwerkerschaft in Friedberg. Sind sie der Bauherr?", fragt der Detektiv. M€X ist in Büdingen, in der Wetterau nördlich von Frankfurt. Freitagnachmittag. Wir sind unterwegs mit dem Detektiv der Kreishandwerkerschaft. Unangemeldet kontrolliert er Baustellen. Der Detektiv  sucht Schwarzarbeiter. Er will anonym bleiben, denn Freunde macht er sich mit den überfallartigen Kontrollen nicht. Die meisten hier in der Gegend können sich die entstehenden Eigenheime zu vollen Handwerkerpreisen nicht leisten. Also, legen sie selbst Hand an oder lassen es schwarz machen. "Alle 14 Tage kommen die zu Kontrollen her. Das geht mir langsam auf´n Sack",  schimpft der Vater des Bauherren. Um kein Risiko einzugehen, lässt sich der  Detektiv von einem Kollegen den Rücken frei halten. Der Detektiv befragt jeden Arbeiter auf der Baustelle. Wer sich versteckt, scheint verdächtig. 

Nachbarschaftshilfe geht nicht immer durch

"Das sind meine Arbeitskollegen. Der Edgar hat mir damals bei meinem Haus  geholfen", beschwichtigt einer der Handwerker. Ein Freund? Ein Kollege? Auch er könnte ein Schwarzarbeiter sein, wenn seine Dienste nicht als Nachbarschaftshilfe durchgehen. Der Detektiv ist misstrauisch. Einer der Helfer ist Mitarbeiter der Firma, wo der Großvater der Bauherrin arbeitet.  Auch dieser Mann ist als Nachbarschafthelfer angegeben. Der Mann wohnt aber in einem ganz anderen Ort. "Das überprüfen wir, ob Nachbarschaftshilfe hier  überhaupt angewandt wird", sagt der Detektiv. "Wir helfen uns hier gegenseitig und ich weiß nicht, wer uns da was will", beklagt sich Bauherrin Nadine Pfeiffer. Sie ist sich keiner Schuld bewusst. Doch ein Freund oder Kollege, der weiter weg wohnt, ist eigentlich kein Nachbarschaftshelfer. 

Keine klaren Regeln für die Helfer 

Vor Ort können die Detektive nicht mehr tun. Ihr größtes Problem: für  nichtverwandte Helfer gibt es keine klaren Regeln. Auch das seit einem Monat gültige Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit lässt offen, was Nachbarschaftshilfe ist. Deshalb melden die Detektive die Daten der Helfer auf jeden weiter. "Der Arbeitgeber wird informiert, das Arbeitsamt und die überprüfen das weiter. So wird geklärt, ob es Nachbarschaftshilfe ist oder nicht", sagt der Detektiv. Fließt Geld, ist es in jedem Fall Schwarzarbeit.

Doch ohne Rechnung bleibt das meist im Dunkeln. Die Detektive kämpfen einen fast aussichtslosen Kampf. 

Detektive: Notwehr der Handwerker?

 Ihr Auftraggeber, die Kreishandwerkerschaft Wetterau, will aber nicht tatenlos zusehen, wie Aufträge an die illegale Konkurrenz verloren gehen. Kreishandwerksmeister Eberhard Mörschel setzt mit den Detektiven auf Eigeninitiative. "Wir haben damit versucht, der Schwarzarbeit Einhalt zu gebieten, weil die öffentlichen Stellen, die Schwarzarbeit verfolgen sollen,  gar nicht in der Lage dazu sind. Die Schwarzarbeiten werden an Freitagen und Samstagen gemacht. Da kriegen sie kein Amt auf die Baustelle", sagt Eberhard Mörschel, Kreishandwerksmeister Wetterau. Darum heuerte Mörschel vor zweieinhalb Jahren die Detektive an. Ihre Arbeit sei erfolgreich. Doch das  Problem sind die Preisunterschiede: für 40 Euro die Stunde bekommt man einen legalen Fließenleger. Schwarz geht das schon für 20 Euro in der Stunde. 

Schwarzarbeit und Handwerk – ein ungleicher Kampf 

"Wir kämpfen mit ungleichen Waffen. Wir können preislich, wenn wir den  Sozialstaat tragen sollen, nicht mit Schwarzarbeitern konkurrieren. Es kann nicht angehen, dass wir die sozialen Lasten tragen. Und dass ein Schwarzarbeiter diese empfängt, von seinen eigenen Einkünften aber nichts an die Sozialkassen abführt. Und das wollen wir unterbinden", sagt Eberhard  Mörschel, Kreishandwerksmeister Wetterau. Arbeitslos melden, Stütze kassieren, schwarz dazuverdienen. Diese Masche sollen die Detektive aufdecken. Doch oft steht den Detektiven die schwammige Regelung der Nachbarschaftshilfe im Weg. "Wir haben zum Beispiel einen Bauherr gehabt, dem Bekannte kostenlos helfen. Einer davon war arbeitslos. Ob die Nebentätigkeit angemeldet ist, werden wir durch die Kreishandwerkerschaft überprüfen lassen", erzählt der Detektiv. Die Kreishandwerkerschaft gibt ihre Ermittlungen ans Landratsamt weiter. Und das brummt dem Schwarzarbeiter vielleicht ein Bußgeld auf. Härtere Strafen gibt es selten. 

"Das ist keine Schwarzarbeit. Er hat mir auch geholfen!"

 M€X ist mit den Detektiven auf dem Weg zur nächsten Baustelle. Dort erwarten sie Widerstand. Deshalb beobachten sie die Arbeiter zunächst aus sicherer Deckung. Vorsichtshalber forden sie Polizisten zur Unterstützung an. Erst mit ihrer Hilfe schlagen sie zu. "Kreishandwerkerschaft Friedberg. Personalausweis zumindest mal", die Kontrolle beginnt. Statt auf  gewalttätigen Widerstand stoßen sie auf vedutzte Russland-Deutsche. "Was verdienen sie hier auf der Baustelle?", ist die Frage. Die Antwort: "Nix, das ist meine Verwandschaft, mein Onkel." Das werden die Detektive überprüfen lassen. Stimmen die Verwandschafts-Verhältnisse ist alles ok,  sonst fällt es unter Schwarzarbeit. "Das ist keine Schwarzarbeit. Er hat mir auch geholfen als ich gebaut hab!" Diesen Satz hören die Detektive mehrmals am Tag.

 Den Handwerkern entgehen Millioneneinnahmen

 Nachbarschaftschaftshilfe über Kilometer hinweg, Verwandschaft um drei Ecken  - wieder bringt die Razzia kein greifbares Ergebnis. Der Nachweis der Schwarzarbeit ist schwierig. Es fällt so schwer, weil die Gesetze noch immer wachsweich sind. Unter öffentlichem Druck gab die Bundesregierung einen Freibrief für Nachbarschaftshilfe – ohne den Begriff abzugrenzen. Dabei geht es um viel Geld. Allein die Handwerker der Wetterau velieren jährlich  Aufträge über mindestens eine Million Euro an Schwarzarbeiter, schätzt die Kreishandwerkerschaft und fürchtet: der Verlust verdoppelt sich, wenn die Detektive nicht ständig wachsam sind. Deshalb werden sie weiter auf eigene Faust kontrollieren.
(M€X-Das Marktmagazin, hessen fernsehen, 09.09.04 21:15 Uhr,
http://www.hr-online.de 

Anmerkung von SAFERCITY.DE: Eine Personalienfeststellung/  Identitätsfeststellung stellt gem. dem Art. 33 (4) Grundgesetz eine hoheitliche Maßnahme dar und kann somit nicht auf Private übertragen werden (Gewaltmonopol der Bundesrepublik)! 

3.)

Wiesbaden setzt auf Alimente-Detektive 

Der Inkasso-Unternehmer Dieter Scholles will säumige Väter davon überzeugen,  Unterhalt für ihre Familien zu bezahlen Sie streiten die Vaterschaft ab, rechnen sich arm oder tauchen unter: Tausende von Vätern bleiben jedes Jahr hessenweit den Unterhalt für ihre  Kinder schuldig. Säumige Frauen sind hingegen die große Ausnahme. 

VON ROLF SCHRAA, DPA

Wiesbaden · 6. September · In 32 000 Fällen mussten hessische Kommunen Müttern in Not 2002 mit monatlichen Unterhaltsvorschüssen helfen. Letztes Jahr wuchsen die Ausgaben dafür auf fast 50 Millionen Euro, die sich Kommunen, Land und Bund teilen. Nur neun Millionen holte sich die  öffentliche Hand bisher von den Vätern zurück. Diese Rückholquote wollen die finanziell klammen Städte und Kreise unbedingt steigern. Wiesbaden nimmt dazu seit Mitte Februar an einem Modellprojekt von sechs Kommunen mit dem Land teil. In der Landeshauptstadt ist sogar ein  Inkasso-Unternehmen im Einsatz, um säumige Väter an ihre Zahlungspflichten zu erinnern. Inkasso-Unternehmer Dieter Scholles setzt dabei nicht nur auf das übliche Repertoire aus Mahnungsbriefen, Zahlungserinnerungen und Drohungen mit dem Gerichtsvollzieher. Er versucht auch, seine "Kunden" ans Telefon zu bekommen. "Das ist Ihr Kind - lieben Sie es nicht?", fragt er die Schuldner. "Dann drucksen sie, dann werden sie verlegen." Etliche lassen  sich dann wenigstens zu einer Ratenzahlung bewegen. Viele von Scholles Ansprechpartnern haben jedoch bereits eine eidesstattliche Versicherung ihrer Mittellosigkeit abgegeben. Dann ist mit Druck meist nichts mehr zu machen.

Gelegentlich hilft aber ein Anruf bei der Mutter des Zahlungsunwilligen  weiter: "Ich hab' einen, der für alle drei Kinder nichts überwiesen hat. Seine Mutter hat ihm in den Hintern getreten, jetzt kommen wenigstens 100 Euro im Monat." Scholles berichtet vom Fall eines Langzeitarbeitslosen, der jahrelang den Unterhalt für seine Familie mit mehreren Kindern verweigert hatte und insgesamt nicht weniger als 18 900 Euro Unterhaltsvorschuss nachzahlen musste. "Rauchen Sie?", habe er den Mann gefragt, der bei einer  neuen Partnerin und von ihrem Geld lebt. "Dann denken Sie an Ihre Kinder, sparen Sie jede zweite Zigarette und geben Sie etwas." Die Lebensgefährtin überweist seitdem monatlich 25 Euro. Mit solchen kleinen Erfolgen hat der Inkasso-Mann in gut einem halben Jahr schon bei knapp der Hälfte der ihm anvertrauten Fälle einen Durchbruch  erzielt. Das Wiesbadener Sozialamt sieht das mit Freude, aber ohne Euphorie. "Scholles hat natürlich keine reinen Ausfallfälle bekommen", sagt Abteilungsleiterin Christa Enders. Wo dauerhaft unterhalb der  Pfändungsgrenze verdient werde, bei Krankheit oder Haft nütze auch eine Inkasso-Firma wenig. "Diese Ausfallquote liegt bei 40 bis 50 Prozent." Anders ist auch dafür, nach einem Jahr eine "ernsthafte Bilanz" der Kosten zu ziehen, die das Eintreiben der Unterhaltsschuld verursacht. Notwendig sind nach ihrer Meinung auch Organisationsverbesserungen in den Ämtern.  Bisher muss eine Alleinerziehende für ihr Geld fünf verschiedene Stellen aufsuchen.
(Frankfurter Rundschau, 07.09.04) 

(...) Ein Inkassounternehmen jagt die Väter

Inkassounternehmer Dieter Scholles macht Jagd auf die Drückeberger. Im Auftrag der Stadt Wiesbaden macht er den Zahlungsunwilligen Druck. Der 61-Jährige war 30 Jahre als Gerichtsvollzieher Schuldnern auf der Spur. Scholles kennt die Tricks, weiß wie man sich arm rechnet – man arbeitet schwarz, hat kein eigenes Konto mehr. Vom Arbeitslosen bis zum Professor Alimente-Preller gibt es in allen Schichten. Doch Dieter Scholles bleibt an  Ihnen auf den Fersen und droht, wer lange wartet für den wird es richtig teuer: "Ich als Inkassounternehmer gebe denen einen guten Rat: Zahlen Sie, sonst wird es richtig teuer. Denn wenn sich die staatliche Maschinerie erst einmal in Gang setzt, haben sie schlechte Karten", sagt Dieter Scholles.

(M€X-Das Marktmagazin, hessen fernsehen, 02.09.04 21:15 Uhr,
 http://www.hr-online.de 

4.) 

Neuer Dienstwagen: «Fader Beigeschmack» 

Alsdorf. Die Stadt hat wenig Geld, das ist bekannt. Und wer wenig Geld hat,  der muss sich Unterstützung holen - in diesem Fall aus der Privatwirtschaft. 

Auch das ist nicht besonders neu. Doch auch eine Stadt sollte bei der Wahl  ihrer Freunde und Förderer Vorsicht walten lassen, warnt jetzt  IG-BAU-Bezirksgeschäftsführer Jürgen Czech. Die Gewerkschaft kritisiert die Spende der Firma Quadflieg und der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) zu  Gunsten eines neuen Dienstwagens für das Ordnungsamt der Stadt Alsdorf und fragt: «Bleiben Stadt und Ordnungsamt unabhängig?»

Wer jetzt denkt, die IG BAU habe prinzipiell etwas gegen Sponsoring, der irrt. Hintergrund der Kritik ist vielmehr ein bereits Monate dauernder Streit zwischen der Gewerkschaft und dem Bauunternehmer Quadflieg um dessen Lohn- und Arbeitszeitpolitik.

Deshalb hatte die IG BAU bereits Anfang Juni auf dem Anna-Gelände, wo  Quadflieg insgesamt rund 400 Häuser baut, protestiert und am ehemaligen Förderturm ein entsprechendes Plakat angebracht. Die Stadt Alsdorf wiederum hat das ungenehmigte Betreten des Förderturms gar nicht gerne gesehen und den Gewerkschaftern für den Wiederholungsfall rechtliche Schritte angedroht. Wenn jetzt das von der Gewerkschaft angegriffene Bauunternehmen die Stadt beim Kauf eines Dienstwagens für das Ordnungsamt unterstützt, dann hat das für Jürgen Czech «einen faden Beigeschmack.» Der IG  BAU-Bezirksgeschäftsführer macht sich Sorgen um einen Glaubwürdigkeitsverlust der Kommune.

Die Stadt Alsdorf wehrt sich jedoch gegen die Vorwürfe und sagt, dass sowohl  die Firma Quadflieg und die LEG als auch die Stadt als Eigentümer großer Flächen auf dem Anna-Gelände in erheblichem Maße von Vandalismus betroffen gewesen seien. Deshalb habe man die Anrainer des Geländes um Unterstützung gebeten, um den kommunalen Sicherheitsdienst besser ausstatten und gegen Zerstörungswut und  Verunreinigung vorgehen zu können. Entsprechend begrüßt die Stadt die Unterstützung, denn schließlich «profitieren davon alle Bürgerinnen und Bürger», wie der Erste Beigeordnete Klaus Spille sagt.
(Aachener Zeitung,  09.09.04) 

5.)

Der überwachungsindustrielle Komplex 

von Twister  ( Bettina Winsemann arbeitet u.a. für die Initiative  http://www.stop1984.com , 11.08.2004) 

Ein Bericht der amerikanischen Bürgerrechtsorganisation ACLU beschreibt, wie  die Regierung Firmen und Einzelpersonen rekrutiert, um eine Überwachungsgesellschaft zu etablieren.

Der Staat, nicht nur der amerikanische, legt zunehmend die Sicherheit in  private Hände. Das führt nicht nur im Falle der im Irak tätigen Söldner zu Problemen. In Deutschland beschäftigt sich die Initiative  Safer City seit längerem mit dem Thema "Die private (Un)Sicherheit" und führt unrühmliche  Beispiele dafür auf, wie private Sicherheitsdienste sich durch Brutalität und Inkompetenz hervortun. Die zunehmende Zusammenarbeit von Big Brother mit den privaten Sicherheitsdiensten und der Privatwirtschaft hat nun die Bürgerrechtsorganisation  American Civil Liberties Union zum Thema gemacht. Die Organisation warnt in Analogie zum "militärisch-industriellen Komplex" vor der Entstehung eines "überwachungsindustriellen Komplexes". Der jüngst veröffentlichte  Bericht widmet sich allerdings nicht nur den privaten Sicherheitsdiensten, sondern gliedert sich in vier Rubriken, um die  Zusammenarbeit zwischen Staat und Gesellschaft zu erfassen: Rekrutierung von Einzelpersonen, Rekrutierung von Firmen, Nutzung von riesigen Mengen  privater und öffentlicher Daten und Lobbyismus, der sich für den Ausbau der  Überwachung einsetzt. Der "amerikanische Sicherheitssektor", so ACLU-Direktor Anthony D. Romero, "dringt immer tiefer in unser Privatleben ein, indem er die Privatwortschaft dazu bringt, ihn über die Aktivitäten der Einzelnen zu informieren".

Der Bericht macht deutlich, wie eng die Verflechtungen zwischen Wirtschaft  und Regierung in einem von Angst geprägten Land sind und inwieweit man sich spätestens seit dem 11.09.2001 von Datenschutz und Wahrung der Privatsphäre entfernt hat. So werden zwar manchmal umstrittene Programme mediengerecht beendet, ohne jedoch darüber zu informieren, dass deren Aufgabe längst von anderen Programmen übernommen wurde.

Als prominentestes Beispiel für ein solches Programm sei hier das von  Senator John Ashcroft bis zum (bitteren) Ende gelobte TIPS erwähnt. TIPS stand für Terrorist Information and Prevention System und basierte im wesentlichen darauf, dass jeder, insbesondere aber Menschen, die wegen ihrer Tätigkeiten besonders geeignet für eine Überwachung sind wie z.B. Briefträger, Angestellte von Versorgungsbetrieben etc zu den "Augen und Ohren der USA werden" (Ashcrofts Spitzelsystem). Tips wurde nach massiven Protesten eingestellt, seine Fortführung findet sich jedoch nicht nur in  Highway Watch) und den übrigen "Watch-Programmen" wie River Watch oder Real Estate Watch, sondern auch in den "Cat Eyes".

Der amerikanischen Affinität zu wohlklingenden Abkürzungen folgend heißt  "Cat Eyes" denn auch Community Anti Terrorism Training Institute und ist hierarchisch aufgebaut: Den Block Watchern folgen die Block Captains und die Neighborhood Coordinators. Nicht nur dem deutschen Kritiker fiel hier der Begriff Blockwart ein. Das amerikanische "National Memorial Institute for the Prevention of Terrorism" bietet als Wegweiser für den hilfreichen  Anti-Terrorismus-Kämpfer gleich 40 verschiedene Programme zur  Auswahl. on vielen wird die "Neighborhood Watch" beispielsweise nicht per se als etwas Schlimmes angesehen. Sie gilt vielmehr als eine Selbstverständlichkeit oder gar als ein Zeichen dafür, dass sich Menschen umeinander kümmern. Doch bedingt durch die immer vager werdenden Richtlinien zur "Awareness" ( Vorsicht vor Personen mit großen, schweren Jacken an warmen Tagen) und den  fortwährenden Terrorwarnungen wird so ein Klima geschaffen, das von Misstrauen und Angst beherrscht wird.

Aber nicht nur das - auch die Bereitschaft von Firmen, Daten freiwillig herauszugeben, trägt maßgeblich zum Aufbau der Überwachungsnetzwerke bei. Ob Fluggesellschaften oder Büchereien (um nur zwei Beispiele zu nennen) - allzu schnell werden sensible Daten freundlich lächelnd überreicht, ohne nach gesetzlicher Legitimation oder einem richterlichen Beschluss zu fragen. Der Datenschutz des Kunden bleibt dabei ebenso auf der Strecke wie das Vertrauen in die Firmen und deren Einsatz für den Kunden. Nicht einmal eine  Benachrichtigung der Betroffenen wird erwogen, im Gegenteil, oftmals  geschehen diese Datendeals weitgehend unbemerkt und werden dann eher zufällig aufgedeckt. Die Daten sind dann schon lange in die diversen Data Mining Programme eingeflossen (  Undurchsichtige Spiele mit Data-Mining-Programmen der US-Regierung).

Diesen Programmen wie dem mittlerweile von Kongress gestoppten  Terrorist Information Awareness oder der  Matrix, den historischen "Vorbildern", den mittlerweile verabschiedeten oder geplanten gesetzlichen Rahmenbestimmungen wie dem PATRIOT Act und nicht zuletzt den Nutznießern des stetig wachsenden Datenhungers widmet sich der Bericht.

Ein Kommentar in einer Mailingliste zum ACLU-Report zeigt, wie wahr dieses Statement heutzutage immer noch ist: "Mein Apotheker sagt, er würde jederzeit, ohne Gerichtsbeschluss oder irgendetwas, sämtliche Daten herausgeben. Er sagt, wenn er es nicht tut, würde er befürchten, dass diePolizei beim nächsten Einbruch bei ihm nicht mehr zur Stelle ist."

Links:

[1] http://www.safercity.de/index2.html
[2]
http://www.aclu.org
[3]
http://www.aclu.org/SafeandFree/SafeandFree.cfm?ID=16226&c=282
[4]
http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/12915/1.html
[5]
http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/17783/1.html
[6]
http://www.mipt.org/What-You-Can-Do.asp?RecordType=Links
[7]
http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/17477/1.html
[8] h
ttp://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/18007/1.html
[9] h
ttp://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/15698/1.html
[10] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/15716/1.html
[11] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/15388/1.html


Telepolis Artikel-URL: http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/te/18085/1.html

Editorische Anmerkungen

Die SAFERCITY-Nachrichten werden Thomas Brunst regelmäßig herausgegeben. Sie wurden uns zur weiteren Verbreitung überlassen.

Vorausgegangene SAFERCITY.DE-Nachrichten (2004) im Internet unter: 

http://www.trend.infopartisan.net/trd0904/t100904.html
http://x-berg.de/article.pl?sid=04/08/21/1438200&mode=thread
http://www.nadeshda.org/foren/cl.politik.repression/p457s457a20.html