Entstehung und Verlauf des wilden Streiks im
Ruhrgebiet, Bremen und dem Saarland geben Aufschluss über die Entwicklung
der Widersprüche des bundesrepublikanischen Spätkapitalismus. Auszugehen ist
von der Wirtschaftsrezession 1966/67, die bekanntlich mit folgenden Methoden
der konzertierten Aktion aufgefangen werden konnte:
a) Einleitung einer Exportoffensive
b) Einfrieren der Löhne durch langfristige Tarifverträge und geringe
Steigerungsraten der Löhne
c) Umschulungsmassnahmen, Abwiegelung und Disziplinierung der Arbeiter durch
die Gewerkschaften
d) Infrastrukturmassnahmen des Staates zur Mobilisierung von Kapital und
Arbeit
e) Intensivierung des Kapitalakkumulationsprozesses und der
Rationalisierung
Mittels dieses Katalogs "konzertierter
Massnahmen" wurde der Konjunkturaufschwung eingeleitet, der sich inzwischen
zu einer Überkonjunktur entwickelt hat. Der Umsatz
der einzelnen Branchen stieg durchschnittlich um 15
%, der der expandierenden Industrien um über 20%. Infolge des
Exports, der gesteigerten Inlandsnachfrage, einer enorm gesteigerten
Ausbeutung milder eingefrorenen Löhne stiegen die Konzerngewinne drei ml
schneller als die Nominallöhne.
Die sich abzeichnenden Widersprüche wurden
zuerst als verschärfte internationale Konkurrenz der
verschiedenen staatsmonopolistischen Gesellschaften
sichtbar. Die permanente Währungskrise, insbesondere die Franc-Abwertung,
war deutlicher Ausdruck hierfür. Die Nichtaufwertung der DM bedeutet, dass
sich die expandierenden Industrien - und innerhalb
dieser die Grosskonzerne.- durchgesetzt haben. Der
Exportanteil dieser Konzerne beträgt zwischen 30 und
50%. Aufgabe der gegenwärtigen Warenexportoffensive
ist die längerfristige Durchführung einer Kaitaloffensive,
die gleichfalls begonnen hat.
Der neoimperialistischen Expansion nach
aussen ging einher im Inneren eine gesteigerte Ausbeutung der
Arbeiterklasse. Der durchschnittliche Produktivitätszuwachs betrug 8%,
verbunden mit steigenden Arbeitsanforderungen, höheren Unfallraten,
Überstunden - alles bei den inzwischen völlig unangemessenen Tariflöhnen. Es
stellte sich heraus, dass die langfristig abgeschlossenen Tarifverträge
durch Drückung der Lohnkosten Exportprofite garantierten.
Seit Juli/August mehrten sich im Ruhrgebiet
kurzfristige Streiks, die jedoch überwiegend auf die jeweiligen Abteilungen
beschränkt blieben. Gleichzeitig fand eine weitere Vorbereitungsphase statt,
indem "plötzlich" zu geringe Hitzegelder, unzureichende Teeversorgung für
die Hochofenarbeiter, die sanitären Einrichtungen Gegenstand verstärkter
Kritik wurden. Diese Entwicklung blieb den Gewerkschaften nicht unbekannt.
Der Chef der IG Bergbau bat am 15. August die Konzerne, doch die
Lohnverhandlungen vorzuziehen (der Tarifvertrag läuft erst im Dezember ab).
Am 18. August wurden die Arbeitsdirektoren beim Arbeitgeberverband
Eisen/Stahl vorstellig, um über die steigende Unruhe unter den Arbeitern zu
berichten; vergeblich! Insgesamt ist das eine
bekannte Demonstration gewerkschaftlicher Mitbestimmung. Anfang September
wurde für die metallverarbeitende Industrie ein neuer Tarifvertrag
ausgehandelt, für den Brenner von den Konzernen gelobt wurde: 8%
Lohnerhöhung, lange Laufzeit, nur sehr allmähliche Verlängerung der Urlaubs
und Verkürzung der Arbeitszeit. Wie bekannt wurden
die Verhandlungen zentral und geheim geführt. Mit diesem Vertrag wurden die
Gewerkschaften Opfer ihrer eigenen bürokratischen Tarifpolitik.
Zum einen regte sich Widerspruch innerhalb der metallverarbeitenden
Industrie, zum anderen sahen die Arbeiterfraktionen, deren Verträge erst zum
Jahresende kündbar waren, nicht mehr ein, warum sie aufgrund dieser
rechtlichen Konstruktionen auf sofortige Lohnerhöhungen verzichten sollten.
Der abgeschlossene Tarifvertrag stimulierte die Stellung eigener
Forderungen. Die Streiks sind also einmal Konsequenz einer konjunkturell
bedingten verschärften Ausbeutung, die sich besonders in der Stahlindustrie
auswirkte. Nach mehreren mageren Geschäftsjahren versuchten die Konzerne die
Gunst der Stunde durch verschärfte Produktionssteigerungen zu nutzen. Zum
anderen sind sie insoweit gegen die Gewerkschaften gerichtet, als gerade
durch die Praxis bürokratischen Aushandelns deutlich wurde, daß die
Interessen der Arbeiter nicht mehr vertreten wurden.
Zu den konjunkturell bedingten und den von
den Gewerkschaften selbst
hervorgerufenen Ursachen der Streiks, kommen jedoch noch wichtige
strukturelle. Die strukturellen Ursachen sind einmal für den Streikverlauf
von Bedeutung, darüber hinaus legen sie einige Methoden der Gewinnung von
Extraprofiten offen.
Beschleunigt durch die Rezession und die
internationale Konkurrenz haben Kapitalakkumulationsprozesse durch
Konzernvergrösserungen sowie innerhalb der Konzerne verstärkte
Rationalisierungsmassnahmen stattgefunden. 1966 wurden die Hoesch AG und die
Dortmund-Hörder Hütten Union fusioniert, ohne dass
eine Lohnangleichung stattfand. Der fusionierte Konzern erwirtschaftete also
zusätzliche Profite, indem er für gleiche Arbeit unterschiedliche Löhne
zahlte. Da die Konzernleitung auf Verhandlungsforderungen des Betriebsrates,
der für die Hoesch-Werke Westfalenhütte, Phoenix und Union eine einfache
Angleichung verlangte, mit Hinhaltetaktik beantwortete, beschloss die
Vertrauensleuteversammlung den Streik, nachdem eine erneute
Dividendenerhöhung bei Hoesch bekannt wurde. Ähnlich gelagert ist der
Rheinstahl-Konzern, der als nächster und am intensivsten bestreikt wurde.
Der Konzern versuchte aus seiner schlechten
Gewinnlage über eine Reorganisation der Produktion herauszukommen.
Längerfristig wird diese Reorganisation die Stillegung einiger Abteilungen
und Werke bedeuten; kurzfristig bedeutet sie eine verschärfte Konkurrenz der
produktionsgleichen Betriebe untereinander. Die schwache Gewinnlage, die
Tendenz, bestimmte Betriebe stillzulegen, sowie die Lohndifferenzierung
durch betriebliche Konkurrenz führten zu unterschiedlichen und relativ
zurückbleibenden Löhnen, also zu Erzielung von zusätzlichen Profiten in der
gegenwärtigen Konjunkturlage.
Für Klöckner in Bremen und Osnabrück spielen
regionale Lohndifferenzen für die dort besonders hart geführten
Auseinandersetzungen ebenfalls eine Rolle. Aufgrund der günstigen
Arbeitsmarktstruktur sind dort die Löhne hinter den Löhnen der
Stahlarbeiter im Ruhrgebiet zurückgeblieben. Die streikenden Arbeiter in
Bremen und Osnabrück wollen über den Streik einen gewaltsamen regionalen
Lohnausgleich, herbeizwingen.
Ähnliches gilt für den Streik der
Bergarbeiter im Saargebiet. Während der Rezession wurden die staatlichen
Gelder vorwiegend in das Ruhrgebiet gepumpt, so daß im Saargebiet sehr viel
geringere Strukturbereinigungen stattgefunden haben. Diese
beibehaltene Strukturkrise, verschärft durch eine gewisse ländliche
Reservearmee, führten zu einem allgemeinen Zurückbleiben der
Löhne, insbesondere aber im Bergbau. Lohnangleichung und die Forderung nach
vorgezogenen Lohnerhöhungen (der Tarifvertrag ist im Bergbau erst zum
Jahresende hin kündbar). Dies dürfte dort mit wesentliche Ursache der
Streiks gewesen sein. Insgesamt gehört das Saargebiet heute zu den
strukturschwächsten Industriegebieten. Die Franc -Abwertung machte sich
aufgrund der Absatzorientierung nach Frankreich am stärksten bemerkbar,
Die Exporteinbußen lassen dem Saarland bei dem nächsten Konjunkturabschwung
einen bevorzugten Platz zukommen.
Untersucht man nun Organisation und
Klassenbewußtsein der streikenden Arbeiter, so ist die Einschätzung der
Gewerkschaften einfach, die der DKP nicht sehr viel schwieriger.
Aus dem bislang Dargelegten ist deutlich
geworden, daß diese Streiks zum Teil wenigstens gegen die Gewerkschaften
geführt wurden. Sie sind derzeitig damit beschäftigt, durch radikale
Forderungen (14 %ige Lohnerhöhung) und Vorverlegung der Tarifverhandlungen
abzuwiegeln. Die Gewerkschaftsbürokratie hat an den Streiks keinen Anteil.
Die Kompromißvorschläge, die die Betriebsräte ausgehandelt haben, sind von
den Arbeitern abgelehnt worden (Hoesch, Eisenwerke Neunkirchen).
Die DKP war auf die Streiks insgesamt als
Partei nicht vorbereitet, Arbeitskämpfe waren nicht ' geplant'. Die Analyse
der im August erschienenen DKP-Betriebszeitungen ergibt, daß sich diese auf
den Wahlkampf in Form von Anti-NPD-Agitation konzentrierten. Sekundär
beteiligten sie sich an der anfangs beschriebenen 'Motzerei'. Von einer
zentral vorbereiteten Lohnkampagne kann keine Rede sein.
Wichtig ist, daß die DKP-Betriebsgruppe
tatsächlich Kaderaufgaben während der letzten Monate wahrgenommen hat. Sie
war daher aktionsfähig, als die Forderungen des
Betriebsrates nach Lohnangleichung vom Konzern erneut hinhaltend beschieden
wurden und die Dividendenerhöhung bekannt wurde. (Einzelheiten siehe
Hoesch-Bericht). Am Montagabend wurden die Vertrauensleute über
telefonisches Schneeballsystem mobilisiert, am Dienstag früh der Streik
ausgerufen, der schwerpunktmäßig in den Stahlwerken I und II sowie dem
Walzwerk begann, Er war von vornherein nicht als Abteilungsstreik
konzipiert. Die Eroberung eines werkseigenen Feuerwehrwagens mit
Lautsprechern sowie die Bildung einer Delegation, die durch alle
Abteilungen zog, führte zur Durchsetzung des allgemeinen Streiks.
Insgesamt läßt sich die Dialektik von
allgemeinen Entwicklung tendenzen, konzernspezifischer
Konkretion, Aktionsbereitschaft der Arbeiter-Kader, Agitation der
Vertrauensleute und Spontaneität der Arbeiter für Hoesch relativ gut
beschreiben.
Zweifelsohne hatte der Streik in der Westfalenhütte für andere Betriebe
Initialcharakter, die Spontaneität nahm mit der Ausweitung
der Streiks zu gleichzeitig lassen sich jedoch gewisse überbetriebliche
Organisationsstrukturen aufzeigen: Die DKP versucht seit längerem,
konzernspezifische Beratungen ihrer Kader
durchzuführen. Zumindest für Hoesch und Rheinstahl haben diese Beratungen
lange vor Streikausbruch begonnen. Bei der völligen Isolierung der
betrieblichen Vertrauensleute und Betriebsräte voneinander hat die DKP mit
dieser Taktik den Erfolg: an diesen Beratungen nehmen zunehmend die
Sympathisanten teil. Für die Streiks standen damit kommunikationsfähige
informelle Kader zur Verfügung, allerdings unter strikter Kontrolle der
Partei: Diese Organisation ermöglichte eine schnelle und gezielte
Information und Agitation der anderen Hoesch-Werke und Konzerne.
Während des Streiks ist die DKP nicht als
Partei aufgetreten, ihre Kader agitierten ausschließlich als Arbeiter. Des
weiteren ist kennzeichnend für die Taktik der Partei, daß auftretende
Konflikte zwischen Vertrauensleuten und der Streikführung einerseits, sowie
den Betriebsräten und Gewerkschaften andererseits von ihr möglichst
verkleistert wurden. Ansätze einer prinzipiellen Kritik des Betriebsrates
wurden personalistisch gewendet: einzelne Betriebsräte haben versagt.
Offiziell ausgegeben wurde eine Strategie der Arbeitsteilung zwischen
Streikführung und Betriebsrat. Letzterer an die Betriebsfriedenspflicht
gebunden, habe die Aufgabe mit den Konzernen zu verhandeln, die
Streikleitung dagegen die Aufgabe der Agitation; ein Verfahren, daß der
Strategie der Ausweitung der Mitbestimmung ebenso Rechnung trägt, wie der
Verhinderung radikaler Aktionen.
Schließlich muß noch darauf verwiesen werden,
daß die DKP im Laufe des Wahlkampfes stillschweigend eine Frontbegradigung
vorgenommen hatte. Nachdem deutlich wurde, daß das Wahlbündnis ADF nicht
viel taugt, wurde die Bündnispolitik im Betrieb als das zentrale Moment
ausgegeben. Hierin mag die Ursache für die generelle Unterstützung der
Streiks seitens der DKP liegen.
Zweifelsohne hat die DKP die Streiks
mitgetragen, gleichwohl ist es falsch, ihre Kader und Organisation zu
überschätzen. Einmal ist die Aktionsbereitschaft der Arbeiter hoch, zum
anderen dauern die Streiks meist nicht sehr lange. Dort, wo die
Auseinandersetzungen härtere Formen annahmen, spielte die DKP eine
untergeordnete Rolle, wie in Bremen, Neunkirchen und Duisburg. Von einer
Vermittlung zwischen Streikbereitschaft der Arbeiter und revolutionären
Kadern kann also hier keine Rede sein.
Über das sich in den Streiks entwickelte
Bewußtsein genaueres auszusagen, ist zur Zeit noch recht schwierig. Deutlich
zeichnen sich lediglich Unterschiede zwischen Bremen, Saar und Ruhrgebiet
ab. In den Klöckner-Werken besteht eine klassenbewußte Kadergruppe.
Streikführung und Dauer lassen eine zunehmend anti-gewerkschaftlich und
anti-kapitalistische Tendenz erkennen. Dabei ist die Zusammensetzung der
Belegschaft von Bedeutung: ein Kern erfahrener kommunistischer Facharbeiter,
der den Streik führt, und eine Belegschaft, die überwiegend aus angelernten
Arbeitern, die erst seit "kurzem" von der Landwirtschaft und
kleingewerblicher Tätigkeit in die Betriebe wechselte. Aufgrund der etwas
größeren Arbeitskraftreserven ist bei Klöckner der während der Rezession
erfolgte Lohnabbau noch nicht wieder rückgängig gemacht worden.
Im Saargebiet findet im Bergbau derzeit ein
totaler Streik statt, das Bewußtsein der Bergarbeiter
weist jedoch stark berufliche-ständische Momente auf. Symptome sind die
Verbrennung roter Fahnen, antigewerkschaftliche Stimmung bei gleichzeitigem
Beifall für den CDU-Ministerpräsidenten sowie Parolen: "Bergarbeiter wieder
an die Spitze der Lohnskala, "Die an der Saar naheliegende Vermittlung von
kapitalistischer Strukturkrise und Klassenbewußtsein der Arbeiter wird durch
diese ideologischen Bewußtseinsstrukturen zur Zeit blockiert.
Im Ruhrgebiet ist ein spontanes
Arbeiterbewußtsein feststellbar, Ausdruck der ökonomischen Bedingungen,
dessen politische Entfaltungstendenzen noch nicht recht abzuschätzen sind.
Mit allen Vorbehalten lassen sich folgende Charakteristika ausmachen:
a) Die Unzufriedenheit war vor Beginn der
Streiks groß, wie die Arbeitsniederlegungen und die beschriebenen Motzereien
belegen.
b) Die Streiks haben erstmals seit längerer Zeit die relativ private
Verarbeitung von Konflikten durchbrochen und Ansätze von Selbstbewußtsein
und Solidarität geschaffen, (letztere wird freilich weniger bewußt
akzentuiert.)
c) Sämtliche Forderungen waren rein gewerkschaftliche Forderungen, im
wesentlichen Lohnerhöhungen.
Dort, wo der Streik sich gegen
Rationalisierung und Arbeitsplatzbewertung richtete (MTM), konnte er sich
nur sehr ungenau artikulieren. Von Bedeutung ist die Einfachheit der
Forderungen: generelle Lohnerhöhung, ausgedrückt in absoluten Forderungen
und nicht in Prozentangaben. Die Forderung 30 Pfennig ist leichter
vermittelbar und hat solidarischere Konsequenzen als arbeitsplatzspezifisch
abgestufte Prozentforderungen.
d) Die Streiks werden kaum als politische
begriffen, schon gar nicht als antikapitalistische. Parolen in diese
Richtung werden zurückgewiesen.
Kritik an der sozialen Symmetrie, an
Konzernen und Gewerkschaften, bleibt vorpolitisch, das heißt privat. Zur
Zeit lassen sich relativ häufig verbalradikale Einzeläußerungen finden, die
jedoch nicht in Aktionen umgesetzt werden.
Erwähnt werden müssen noch die
Anti-NPD-Aktionen, die derzeit in dreierlei
Spielarten vorgetragen werden:
Einmal einer staatlich verordneten, was sich
in gemeinsamen Flugblättern von CDU, SPD und DGB ausweist, zum anderen in
der bürgerlich-demokratischen Version der DKP und schließlich in
antiautoritären und radikaldemokratischen Aktionen der Lehrlinge und
Schüler. Teilweise deuten sich Aktionsbündnisse zwischen dieser Fraktion und
Teilen der Vertrauensleute an auf der Grundlage: "Ihr seid doch die
einzigen, die was tun. " Militantere Aktionen haben also die Funktion,
Kontakte - wenn auch oft nur sporadische - zu klassenbewußten einzelnen
Arbeitern herzustellen. Diese Tendenz kann jedoch nicht als durchgängig
behauptet werden, was jedoch wohl auch an der mangelhaften Organisation
dieser Aktionen liegt.
Die beschriebenen Aktionen ergeben eine
eindeutige Aussage über die Situation der revolutionären Linken im
Ruhrgebiet: sie ist miserabel schwach: das ist freilich nicht nur ein
quantitatives Problem, sondern vor allem ein Kaderproblem. Schulung und
Aktionen, die auf Schulung hinführen, sind die nächsten wichtigen Aufgaben.
Diese Schulung hätte als notwendige Schwerpunkte Betriebsarbeit, Lehrlings-
und Schüleragitation. Die spezifischen Ruhrgebietbedingungen weisen sich vor
allem durch die Notwendigkeit einer
Auseinandersetzung mit revisionistischen Gruppierungen aus. Diese
Auseinandersetzung ist bislang vorwiegend auf allgemein-theoretischer Ebene
gefühlt worden, dagegen fehlen Vorstellungen, was realrevolutionäre
Agitation und Aktionen sind, wie die Revisionisten exemplarisch zu entlarven
sind. Beispielsweise ist die abstrakte Gegenüberstellung von
Arbeiterkontrolle gegen Mitbestimmung recht nutzlos. Arbeiterkontrolle
allein als Forderung besagt gar nichts, welche Forderungen zu stellen sind
und in welchen Aktionen sie durchzusetzen sind.
Die Erfahrungen dieser Streiks lehren die
Vordringlichkeit einiger theoretischer Arbeiten:
insbesondere der konkreter Konzernanalysen, Entwicklung der
Lohndifferenzierungen in der Arbeiterklasse, Widersprüche innerhalb der
Gewerkschaften, Verhältnis von betrieblicher Agitation und
außerbetrieblicher Angriffe gegen die verschiedenen staatlichen
Institutionen, Entwicklung von Lehrlings- und Schülerkampagnen.
Die nächsten Aufgaben der Berliner
sozialistischen Opposition sind durch die spontane Streikbewegung der
Arbeiter in der Bundesrepublik gestellt.
Editorische Anmerkungen
Der Artikel erschien in
Rote Presse Korrespondenz
DER STUDENTEN-SCHÜLER-UND
ARBEITERBEWEGUNG
1969, 1. Jg, Nr. 30, 12.9.1969, S. 1-4
Redaktion: Solveig Ehrler, Günther Matthias Tripp,
Betriebsbasisgruppen. Ad-hoc-Gruppen an den Hochschulen, Internationales
Forschungsinstitut des SDS (INFI), Berufsbasisgruppen im Republikanischen
Club Berlin, Zentralrat der Sozialistischen Kinderläden, Aktionsgruppe
Hannoverscher Lehrlinge
OCR-San by red. trend
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