SAFERCITY-Nachrichten vom 23. September 2004
zur deutschen Sicherheits- und Ordnungspolitik

zusammengestellt von Thomas Brunst
09/04

trend

onlinezeitung
News zu Punker, Hausverbote & private Sicherheitsdienste

1.)
Punks bleiben vor der Tür

Proteste nach Hausverbot durch die Königs-Galerie

Von Uli Hagemeier

KASSEL. Montags gehen in vielen Städten Menschen auf die Straße. In Kassel
soll es jetzt auch Mittwochsdemonstrationen geben: Eine Gruppe von Punkern will künftig einmal pro Woche am Eingang der Königs-Galerie protestieren - denn der Betreiber des Einkaufszentrums hat sie mit einem Hausverbot belegt. Nach Angaben von Gerhard Jochinger ist dieses Hausverbot berechtigt: Es habe schwerste Störungen und verheerende Szenen in der Königs-Galerie gegeben, sagte deren Betreiber auf HNA-Anfrage. Der Plus-Markt im Tiefgeschoss sei das vorrangige Ziel der Punk-, Drogen- und Säuferszene gewesen, weil es dort billiges Bier gebe. Bislang habe man die Punker geduldet, solange sie einzeln ins Haus gekommen seien. Schon nachmittags seien einige von ihnen aber völlig betrunken gewesen. Nachdem Kunden sich mehrfach über Belästigungen beschwert hätten, habe man sich entschlossen, die Punker des Hauses zu verweisen. Davon betroffen ist eine Gruppe von etwa 20 Personen. Stefan Buchheister, Sprecher der Punker, widersprach den Vorwürfen: Wir haben nicht rumgepöbelt und niemanden belästigt, sagte er. Auch mit den Geschäftsleuten aus der Galerie habe es keine Probleme gegeben: Einige schenken uns sogar Lebensmittel, sagte der 36-Jährige. Die Punker bezeichnen das Hausverbot als Diskriminierung wegen unseres Aussehens: Ein Sprecher von Herrn Jochinger hat uns gesagt, die Königs-Galerie sei nur für betuchte Leute gebaut worden, berichtete Buchheister. Die erste Demonstration am Dienstag war nicht angemeldet und wurde von der Polizei aufgelöst. Gestern waren wieder etwa 20 Punker vor dem Haupteingang des Einkaufszentrums. Da sie ihren Protest angemeldet hatten, griff die Polizei nicht ein: Das machen wir erst, wenn sie versuchen ins Einkaufszentrum zu gehen. Denn weil sie mit einem Hausverbot belegt sind, wäre das Hausfriedensbruch, erklärte ein Beamter.
(Hessisch Niedersächsische Allgemeine, HNA, 26.08.04)

Du musst draußen bleiben
Einkaufsverbot in der Königsgalerie in Kassel wegen des Aussehens?

Gleiches Recht für ALLE das fordern einige Punker vor der Königsgalerie in
Kassel. Gemeinsam wollen sie gegen das über sie verhängte Hausverbot in der Königsgalerie demonstrieren. Mit Flyern und Unterschriftaktionen fordern sie, wieder ohne Probleme einkaufen gehen zu können. Wegen ihres provokanten Aussehens seien sie in der Vergangenheit rausgeschmissen worden. Ich habe eine Job und zahle Steuern. Warum soll ich nicht ganz normal einkaufen gehen dürfen?

Meint einer der Mitdemonstranten, dessen Hals ein großes, dunkles Tatoo verziert. Arbeitslos und ständig betrunken, das ist ein Vorurteil, das gegen die Punker besteht. Rumpöbeln und Stress machen ist ein anderes. Nun schreitet auch die Königsgalerie ein und versagt ihnen den Eintritt. Es sei zu vielen negativen Vorfällen gekommen, wie die Königsgalerie mitteilt. Der billige Bierkauf im Plus Markt des Hauses im betrunkenen Zustand habe zu Störungen geführt. Dabei ist nicht jeder, der bunte Haare oder viele Piercings hat, ein Pöbler. Ein Hausverbot nur wegen des Aussehens sei nicht in Ordnung meinen die Punker. Viele von ihnen wollen durch ihr Auftreten einfach nur ihren Protest zeigen.

Ausgedrückt durch ihre Musik und Erscheinungsweise wollen sie ausdrücken: Da gibt es Sachen,die uns nicht passen. Andere Punker hingegen benehmen sich jedoch einfach nur daneben und rücken damit die gesamte Szene in ein schlechtes Licht. Viele sind es nicht, die sich vor einem Eingang der Königsgalerie vereint haben, doch nächste Woche soll alles besser organisiert sein, wie ein Punker erzählt. Jeden Mittwoch von 17 bis 19 Uhr wollen die Demonstranten nun für ihr Einkaufsrecht kämpfen. Dass ihnen 48 Stunden Haft im Falle der Missachtung des Verbots drohen - wie auf den Flyern zu lesen ist - stellt sich jedoch als übertrieben dar. In solch einem Falle könne es allenfalls um Hausfriedensbruch kommen und dieser werde, wie die Polizei mitteilt, anders und vor allen Dinge nicht in diesem Ausmaße geahndet. Es ist fraglich, wie lange die Punker noch gegen das Hausverbot demonstrieren. Die Königsgalerie und die Punker sehen sich beide im Recht. Die Frage bleibt nur: Wie kann unterschieden werden, wer ein Pöbler ist, und wer nicht. (HNA, 10.09.04)

Anmerkung von SAFERCITY.DE: In der Vergangenheit half die Kasseler Polizei dem Sicherheitsdienst der Königsgalerie bei der Durchsetzung unrechtmäßiger Hausverbote. Diese Praxis wurde vom Hess. Datenschutzbeauftragten gerügt, die Frankfurter Rundschau berichtete am 20.02.98 hierüber.

Weitere Informationen hierzu im Internet unter:
http://www.safercity.de/1998/1998.05.07-04.html
http://www.safercity.de/1999/handlanger.html



2.)
Gewobag richtet Sicherheitsdienst ein Schöneberg

Die Wohnungsgesellschaften des Gewobag-Verbundes haben Sicherheitspersonal für ihre 4300 Wohnungen im Schöneberger Norden eingestellt. Seit einigen Tagen patrouilliert dieser Security-Dienst - insgesamt acht Männer - mit Hund und Pkw und immer zu zweit rund um die Wohnhäuser und in Hausfluren. Der Wachschutz von Gegenbauer/Bosse ist an seinen Uniform-Jacken zu erkennen. Ein stabiler Kiez erhöhe die Zufriedenheit der Mieter, verbessere die Vermietbarkeit und könne Vandalismus verhindern, heißt es aus dem Unternehmen.

"Unsere Mieter haben sich diesen Service gewünscht", sagt Prokurist Wolfram Tarras. "Wohlfühlen fängt bei der Sicherheit an." Im Konflikt- oder Notfall könnten die Wachleute helfen und Polizei oder Feuerwehr benachrichtigen. Straftaten würden rigoros zur Anzeige gebracht. Der für die Mieter kostenlose Service sei mit dem Bezirk und der Polizei abgestimmt und könne die Arbeit der neuen Kiezstreifen unterstützen. In zwei Monaten will der Gewobag-Verbund Bilanz ziehen. ela (Berliner Morgenpost, 04.09.04)

Drogen, Jugendbanden und Randale
Damit soll im Schöneberger Norden Schluss sein
Jetzt kommen die Schwarzen Sheriffs!
Wie in anderen Städten: Bald gibt's Schwarze Sheriffs in Schöneberg

Berlin - Drogen, Jugendgangs, Randale. Der Schöneberger Norden ist ein
Problemkiez. Doch das soll sich jetzt ändern!


Erstmals in Berlin will eine Wohnungsbaugesellschaft für mehr Sicherheit im Kiez sorgen. Die Gewobag schickt ab nächster Woche schwarze Sheriffs auf Streife!
Der Sicherheits-Service wird in Zweier-Teams mit Hunden patrouillieren. Der Schöneberger Norden gehört laut einer Polizei-Studie zu einem von neun Problemkiezen Berlins. Die Wachleute sollen das Sicherheitsgefühl der Anwohner erhöhen. Die Gewobag unterhält in Schöneberg-Nord etwa 4300 Wohnungen. Die Wachmänner sollen die neuen Kiez-Streifen und das Quartiersmanagement ergänzen.

"Unsere Mieter haben sich das gewünscht", sagt Wolfram Tarras von der Gewobag.
Die schwarzen Sheriffs kommen von der Firma GegenbauerBosse. Deren Geschäftsführer Klaus-Jürgen Weidling sagt: "Unsere Mitarbeiter werden im Gebiet eine deutliche Präsenz zeigen."

Was dürfen die Sheriffs? Sie können Verstöße wie Ruhestörung anzeigen, in Gewobag-Anlagen auch Hausverbote aussprechen. Bei Straftaten (z.B. Einbruch) dürfen sie Verdächtige festhalten, bis die Polizei kommt.

Die Anwohner sind begeistert! "Gut, dass hier endlich etwas passiert", sagt Bäcker Armin Schuffartz, 44. "Abends traut sich kein Mensch aus dem Haus, weil die Gangs die Straße im Griff haben." Auch Friseurin Rajja El-Sadi, 38, ist froh, dass sich bald Sheriffs um den Kiez kümmern. "Zweimal wurde im vergangenen Jahr in meinen Laden in der Pallasstraße eingebrochen." (B.Z., 28.08.04)

Neuerscheinung: Grundrechtereport 2004

Der Erhalt der Grundrechte wird auch in Deutschland immer schwieriger. So werden mittlerweile jährlich rund drei Millionen Telefongespräche abgehört; zwei Drittel der Betroffenen sind keine Beschuldigten. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Jacob spricht bereits von einer schleichenden Überwachungskultur". Die Autorinnen und Autoren des achten "alternativen Verfassungsschutzberichtes" zeigen diese und weitere schwere Verstöße gegen Geist und Buchstaben des Grundgesetzes auf.

Jenseits des Rechtsstaats:
Kommerzielle Sicherheitsdienste schaffen sich eigenes Recht

Von Volker Eick

Ein jugendlicher Asthmatiker wird am Hals gewürgt, einem anderen reißt man den Arm auf den Rücken, ein weiterer wird mit den Worten beschimpft, "ich habe Deine Mutter gefickt", mehrere Kinder werden Treppenstufen hinunter gestoßen. So steht es in einem Gedächtnisprotokoll.

Doch nicht von Jugendgewalt oder so genannten rivalisierenden Jugendbanden ist hier die Rede, sondern vom Verhalten des kommerziellen Sicherheitsdienstes Flash Security im Berliner Bezirk Hellersdorf. In einem weiteren Protokoll schreibt die Leiterin des dortigen Jugendclubs, die von ihr betreuten Jugendlichen sollten bei dem Sicherheitsdienst "ihre Personalien angeben, da es eine Beschwerde von einer älteren Dame aus der Wohnnähe gegeben hat. Die Kinder wurden unter Androhung von "Strafarbeiten" zum Erscheinen gezwungen."

Beauftragt ist dieser Sicherheitsdienst von der WVB Wohnpark Verwaltungs- und Betreuungsgesellschaft mbH. WVB wiederum ist im Auftrag der texanischen Immobilienverwertungsgesellschaft Lone Star Funds tätig. Lone Star hält nach eigenen Angaben in der Bundesrepublik 15 Hotels, das gesamte Immobilienportfolio des Landesverbandes des Berliner Roten Kreuz und mehrere tausend Wohnungen - davon allein rund 5.300 in Berlin. Im Dezember 2000 sind so auch Teile der Hellersdorfer Wohnquartiere auf Lone Star übergegangen; die privatwirtschaftlich arbeitende WVB übernahm von der städtischen WoGeHe Wohnungsbaugesellschaft Hellersdorf die Verwaltung.

Taschenkontrollen und Pöbeleien

Seitdem ist Sicherheit in den privatisierten, aber auch den öffentlichen Räumen - betroffen sind nach Auskunft des zuständigen Baustadtrats auch Innenhöfe, eine Fußgängerzone und Spielplätze - nach dem Gutdünken des Sicherheitsdienstes Trumpf.

So sind in der Berliner Großsiedlung im Auftrag der WVB ein Wachschutz aufgebaut und Videosysteme installiert worden. Im Dezember 2002 wird das im Jahr 2001 eingeführte "Kopfgeld" gegen Graffiti-Sprayer auf 250 Euro verdoppelt. Gleichzeitig häufen sich Beschwerden über und Übergriffe auf Jugendliche.

Beim Verwalter der WVB klagt die Jugendclubleiterin über die permanenten Schikanen des Sicherheitsdienstes gegen die Jugendlichen. In einem Gesprächsprotokoll hält sie fest, der Geschäftsführer habe ihr gesagt, "die Securityleute dürften in seinem Wohngebiet Taschen kontrollieren, Personalien aufnehmen und Jugendliche anpöbeln, weil und wenn diese zuerst verbal ausfallend würden." Das Protokoll zitiert den Geschäftsführer mit den Worten, "Polizisten würden auch gerne zurückpöbeln; die dürfen das nur nicht, weil die ja Beamte sind. Aber meine Leute sind privat, die machen das in meinem Auftrag. Ich muss mein Wohngebiet sauber halten und für Ruhe sorgen."

Welche Vorstellungen von Sauberkeit und Ordnung hinter dieser Aussage stehen, zeigt ein weiteres Gedächtnisprotokoll: Ein Jugendlicher sei so "am Hals hochgehoben" worden, "dass seine Füße den Bodenhalt verlieren"; er sei dann "so losgelassen worden, dass er hinfällt".

Die Vorfälle sind polizei- und gerichtsbekannt; die Übergriffe setzten sich trotzdem fort. Ebenso ist bekannt, dass der Sicherheitsdienst eine EDV-gestützte Personendatei führt, die sich "Wachbericht" nennt. Dort wird, Kalenderwoche für Kalenderwoche, detailliert dokumentiert, wie der Profit orientierte Wachschutz sonst noch gegen Jugendliche vorgeht. Die nicht anonymisierte Datei wurde gar auf einer öffentlichen Veranstaltung durch den Sicherheitsdienst verteilt.

Private Sicherheitsdienste schaffen sich eigenes Recht

So heißt es in dem Bericht aus der Nachsylvesterwoche 2003, der Sicherheitsdienst habe Jugendliche mit Böllern "gestellt". Weiter wird über die Jugendlichen berichtet, "sie wurden zu ihren Eltern gebracht und ermahnt."

Wenig später beschlagnahmt der Sicherheitsdienst einen Filzstift, weil ein Jugendlicher angeblich eine Wand "beschmieren" wollte; regelmäßig kommt es zu Freiheitsberaubungen, indem Jugendliche zu ihren Eltern gebracht werden. In der 30. Kalenderwoche um 20:25 Uhr spielen Jugendliche nach Angaben von Flash Security Fußball auf einem Hof: "Alle sehr uneinsichtig und diskutieren über Ruhezeiten. Der Ball wurde eingezogen und kann im Büro der WVB abgeholt werden."

Das ganze Frühjahr 2003 halten die Schikanen, offenbar gegen ausgewählte Jugendliche, an: Mir selbst berichtet im Juli 2003 ein Jugendlicher, wie er, nachdem er auf den Boden des öffentlichen Marktplatzes gespuckt hatte, von den Sicherheitskräften gezwungen worden sei, mehrere hundert Meter zu einem Spielplatz zu laufen, um die Spucke mit Sand abzudecken. 15jährige Mädchen erzählen, wie sie von Sitzbänken vertrieben werden, weil sie auf der Rückenlehne sitzen. Selbst Eltern werden mit dem Verlust ihrer Mietverträge bedroht.

Kooperation mit der Polizei?

Der Geschäftsführer der Wohnungsbauverwaltung braucht offenbar keinen Ärger mit der Polizei zu fürchten, denn nach seinen Angaben arbeite die Polizei "mit der Securityfirma ja zusammen". Die Jugendclubleiterin bedrohte er, da "vom Schülerzentrum Lärmbelästigung" ausgehe, mit dem Hinweis, "er könne sich mal an den Träger wenden und das Haus schließen lassen."

Wir alle lesen, jedenfalls solange es noch kritische Journalist/inn/en und couragierte Bürger/innen gibt, regelmäßig von Übergriffen privater
Wachschützer, lesen von Konfrontationen mit so genannten Randgruppen, werden aber allenthalben vom Gewerbe, der Politik, selbst der Polizei damit beruhigt, es handele sich lediglich um die sprichwörtlichen "schwarzen Schafe". Doch auch wissenschaftliche Publikationen setzen sich mittlerweile mit Übergriffen durch kommerzielle Sicherheitsdienste auseinander.

Profit vor Recht?

Insofern spricht nicht sehr viel für Einzelfälle. Vielmehr zeichnet sich in diesen und anderen Fällen etwas ab, das weit über den einzelnen Übergriff hinausgeht: Offensichtlich haben wir es zunehmend mit der (gewaltsamen) Durchsetzung partikularer Normen zur Profitmaximierung zu tun - und damit gleichzeitig mit der Zerlegung des staatlichen Gewaltmonopols in oligopolistische Inseln der Macht und Machtlosigkeit im rechtlich nicht mehr eingehegten Raum.

Aus grundrechtlicher Sicht lässt sich eine auf den ersten Blick paradoxe Entwicklung beobachten: Mit dem Rückzug des Staates schrumpfen die Freiheitsräume. Und mit der Teilprivatisierung der öffentlichen Sicherheit erlebt die "öffentliche Ordnung" als Eingriffstitel eine Renaissance. Die privatisierten Vollzugsstrukturen der öffentlichen Ordnung bilden zugleich einen neuen rechtsfreien Raum, denn die rechtsstaatlichen Fesseln der hoheitlichen Gewalt - die Bindung an das öffentliche Recht und Dienstrecht - werden abgelegt.
Daran, so zeichnet sich ab, werden sich die Bürgerinnen und Bürger gewöhnen müssen: Wo die Herrschaft im öffentlichen Raum von der res publica auf private Investoren übergeht, wird nicht die Effektivierung des Grundrechtsgebrauchs, sondern die Profitmaximierung betrieben. Wenig anderes gilt auch in Hinblick auf Artikel 2 Grundgesetz, denn mit der freien Entfaltung der Persönlichkeit ist es unter solchen Umständen auch nicht mehr weit her.

Textquelle: http://www.workfare.ipn.de

3.)
"Wir hätten Arbeitsplätze geschaffen"

Von unserem Redaktionsmitglied Susanne Müller

Erfahrung, überzeugende Referenzen und erfolgreiches Arbeiten: Die Stadt hat zur Unterstützung des kommunalen Vollzugsdienstes ein privates Sicherheits-Unternehmen - "WR Security" aus Kaiserslautern - angeheuert.

Wormser Mitbewerbern um den Job sprach Ordnungsamtschef Wolfgang Brinkmann ab, ausreichend Erfahrung zu besitzen, auch das Angebot, vier Wochen kostenlos auf Streife zu gehen, war kein überzeugendes Argument.

Das wollte nun der Chef der "CMVA-Agentur" aus Worms, Harald Weiland, so nicht stehen lassen. Er verwies gegenüber der WZ auf Erfahrungen und Referenzen.
So sei er als ehemaliger Leiter einer Sicherheitsfirma verantwortlich gewesen bei Aufträgen für Bayern München oder den bayrischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber. Als nun selbstständiger Unternehmer vermittele er Sicherheitsfirmen, die zertifiziert seien. "Dass der Leiter des Ordnungsamtes darstellt, wir wären nicht erfahren, ist geschäftsschädigend", so Weiland. Er hätte Arbeitsplätze in Worms geschaffen: "Wir hätten arbeitslosen Sicherheitskräften eine Chance gegeben im Rahmen eines vierwöchigen Praktikums und sie dann fest eingesetzt".

Auch Michael Plauth, Geschäftsführer von "WR Security", der Firma, die in Worms aktiv ist, meldete sich nochmals zu Wort. Er bezog sich auf den Vorwurf seiner Mitbewerber, als Kaiserslauterer Firma zahle sein Unternehmen keine Gewerbesteuer in Worms. "Da ist falsch. Wir zahlen anteilig auch Gewerbesteuer - der Stadt entsteht durch unsere Verpflichtung kein Nachteil." Und: Die in Worms eingesetzten Mitarbeiter seien nicht zum ersten Mal hier tätig, "also auch der Vorwurf, wir hätten hier keine Erfahrung, trifft nicht zu". Schon in den Jahren vor dem Pilotprojekt der "Doppelstreifen" sei WR Security bereits gebucht gewesen, um die aufgegebene amerikanische Siedlung oder das Salamandergelände zu bewachen. (Wormser Zeitung, 17.09.04)

Security-Mann verletzt

Kip. Einer der privaten Wachleute, die seit einiger Zeit mit dem uniformierten Vollzugsdienst der Stadt unterwegs sind, ist von Unbekannten angegriffen und verletzt worden. Wie die Polizei mitteilte, wollte ein Angesteller der WR-Security auf dem Liebenauer Feld drei Personen - es handelt sich vermutlich um türkische Staatsangehörige - von einem Baustellenareal verweisen. Einer aus dem Trio griff den Wachmann an und fügte ihm mit einem scharfen Gegenstand eine Schnittwunde am linken Unterarm zu. Danach flüchteten die Männer. (Wormser Zeitung, 13.09.04)

4.)

Schlechte Noten für Billig-Sheriffs: Bald „Hilfspolizei“ statt City-Streife? Sinnvoll? Die City-Streife gerät in die Kritik.

Von Michael Ende

Die "schwarzen Sheriffs" der privaten Celler City-Streife geraten zunehmend in die Kritik. Schlecht ausgebildet, unmotiviert und ineffektiv seien die Mitarbeiter der thüringischen Firma HS Dienstleistungs GmbH, lauten Vorwürfe.

Während sich der Bund der Steuerzahler fragt, warum eine Stadt mit einer funktionierenden Polizei sich für jährlich 80000 Euro eine Privat-Patrouille leistet, tauchen Vorwürfe auf, die - sollten sie wahr sein - ein Indiz dafür wären, dass man in Celle den Bock zum Gärtner gemacht haben könnte: So soll ein "Sheriff" gefeuert worden sein, weil er mit Drogen gehandelt habe, heißt es aus Polizeikreisen.

Taxifahrer Volker Burkhardt ist einer der Celler, der mit der Arbeit der City-Streife alles andere als zufrieden ist: "Ich habe beobachtet, wie ein Mann auf der Stechbahn sein Hähnchen in einer Telefonzelle verspeiste. Die Abfälle warf er einfach in die Zelle. Ich habe darauf hin einen Angestellten der City-Streife angesprochen. Der erklärte mir, dass er dafür nicht zuständig sei. Auf meine Frage, wofür er denn zuständig sei, erklärte er mir: für Sauberkeit und Ordnung und für Verkehrsangelegenheiten."

Burkhardt: "Als ich den Streifen-Mann darauf ansprach, warum er sich dann nicht um das Auto kümmert, dass meinen Taxistand blockiert, erklärte er mir, es würde Abhilfe geschaffen. Das war um 21.15 Uhr. Es rührte sich aber bis 22 Uhr überhaupt nichts. Er hat mich gefragt, was er machen soll, denn er hätte keine Anweisungen. Der Mann war Deutschrusse und für diese Tätigkeit bestimmt nicht ausgebildet."
"Wir prüfen den Fall bisher sind uns aus Celle keine Klagen zu Ohren gekommen", so gestern ein HS-Sprecher im thüringischen Schwarza.
Informationen aus Celler Polizeikreisen, denen zufolge ein HS-Streifenmann aus dem Verkehr gezogen werden musste, weil er mit Drogen gehandelt hatte, dementierte er: "Nicht, dass ich wüsste."

Patrouillen-"Wildwuchs" in der Kritik Generelle Kritik am privaten "Wildwuchs" im Bereich der öffentlichen Sicherheit meldet Thomas Brunst, Vorstandsmitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizisten an: "Ein Irrglaube ist, man könne einfach das städtische  Hausrecht durch einen Vertrag auf Private übertragen. Staatliche Ordnungsaufgaben können nicht einfach privatisiert werden." Außerdem sei zweifelhaft, ob bei Ausschreibungen immer darauf geachtet werde, dass das betreffende Personal die vorgeschriebenen Anforderungen erfülle. Darauf habe die Stadt Celle Wert gelegt, so Pressesprecher Wolfgang Fischer: "Die Firma HS wurde aus rund 20 Bewerbern ausgewählt." Ausschlaggebend sei gewesen, dass das günstigste Angebot aus Thüringen kam. Die ohne jeglichen Sonderrechte ausgestatteten Sicherheitsleute sollten täglich zwischen 18 und 3 Uhr unterwegs sein. Aufgabe: Schutz der öffentlichen Ordnung. Kostenpunkt: Rund 80000 Euro jährlich.

"Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist Sache der Polizei", findet Bernhard Zentgraf aus dem Vorstand des Niedersächsischen Steuerzahlerbunds. "Die Stadt Celle sollte sich überlegen, ob es wirklich eine Berechtigung für eine City-Streife gibt." "Exakt messbar" sei der Erfolg der Patrouillen nicht, heißt es auf Nachfrage aus dem Rathaus. "Einen Rechenschaftsbericht habe ich noch nie gesehen", bemängelt SPD-Fraktionschef Jens Rejmann: "Wir sollten uns überlegen, ob wir diese Leute weiter durch die Stadt streifen lassen."

Bald Hilfspolizei? Das Thema City-Streife könnte sich bald erledigt haben.

Nach offiziell unbestätigten CZ-Informationen aus Landtagskreisen erwägt man in Hannover, Celle als Modellstadt für den Einsatz einer "Hilfspolizei" aus "rechtstreuen Bürgern" nach hessischem Vorbild auszuwählen. Sie könnte, nur mit Taschenlampe und Handy bewaffnet, als Bindeglied zur echten Polizei fungieren.

Auf CZ-Anfrage zeigte sich Celles Polizeichef Gerd Schomburg der Idee
gegenüber aufgeschlossen: "Das könnte man sich schon vorstellen. Was in Hessen funktioniert, könnte auch hier klappen."

"Goldene Nase" verdient?

Mit der "Goldenen Nase", einem Preis für Unternehmen "auf dem Niveau des Frühkapitalismus", hat die Thüringer "Initiative gegen Billiglohn" 2003 die HS Dienstleistungs GmbH ausgezeichnet. "1500 Beschäftigte werden trotz verbindlichem Tarifvertrag nicht nach Tarif bezahlt, werden für Dumpingangebote in anderen Bundesländern missbraucht, müssen oft 14 Stunden pro Tag arbeiten, bekommen keine Zuschläge für Mehrarbeit und werden bei Gewerkschaftsmitgliedschaft mit Kündigung bedroht", so Initiativen-Sprecher Torsten Furgol in seiner "Laudatio". "Die Mitarbeiter in Celle werden nach Tarif bezahlt. Der Preis bezog sich auf Thüringen - und auch dort bezahlen wir nach dem gültigen Tarif", so ein HS-Firmensprecher auf Nachfrage der CZ. Von daher sei nicht nachvollziehbar, warum man die "Goldene Nase" bekommen habe: "Der Tariflohn in Thüringen ist eben niedrig." Die Bürgerinitiative hatte Löhne "auf Sozialhilfeniveau" bemängelt. (Cellische Zeitung, 01.04.04)


Anmerkung von SAFERCITY.DE: So recht hat niemand je verstanden warum der Stadt Celle genau das erlaubt wurde, was der Stadt Northein zuvor vom niedersächsischen Innenministerium untersagt wurde....


Sicherheitsdienst in Fussgängerzone unzulässig

Die geplante Einsetzung eines Sicherheitsdienstes zur Überwachung der  Innenstadt von Northeim hält das niedersächsische Innenministerium für unzulässig. Es sei  Sache der Polizei für die Verfolgung und Verhütung von Straftaten zu sorgen, sagte Ministeriumssprecher Michael Knaps. Die Bezirksregierung Braunschweig war vom Innenministerium beauftragt worden die Rechtmässigkeit des Vorhabens zu prüfen. Vor zwei Jahren hatte es schon einmal ein ähnliches Projekt gegeben. Damals habe es nach Abschluss des Projekts eine eingehende Erörterung der Rechtslage zwischen der Stadt und der Bezirksregierung gegeben, in der bereits  auf die Unzulässigkeit hingewiesen worden sei, sagte Knaps. Dass die Stadt trotzdem noch einmal einen solchen Versuch starten wolle, sei
"bemerkenswert".(HNA, 17.12.99)

Rote Karte für Schwarze Sheriffs

Der Plan, private Sicherheitsdienste in der Innenstadt von Northeim  patrouillieren zu lassen, stösst auf breite Ablehnung. Auch das niedersächsische Innenministerium erklärte dazu "dass die Überwachung des Innenstadtbereichs durch einen privaten Sicherheitsdienst als rechtlich unzulässig anzusehen ist."

Bisher sei noch keine andere Kommune auf die Idee gekommen, private  Sicherheitsdienste im Herzen einer Stadt einzusetzen. Harte Kritik kam auch von  Northeims Polizeichef, Hans Walter Rusteberg: "Wir sind eine friedliche Kreisstadt. Wir haben einen Rückgang der Kriminalität und brauchen keinen  Sicherheitsdienst." Auch der Bund der Steuerzahler mahnt: "Es kann nicht sein,  dass die Steuerzahler auf der einen Seite die Polizei finanzieren und dann auch  noch einen Sicherheitsdienst bezahlen. (Neue Presse, 04.01.00)

Private im Auftrag der Stadt?

In Salzgitter laufen Überlegungen einen privaten Sicherheitsdienst zum
Schutz  der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beauftragen. So sollen unter
anderem mit den im Haushalt 2000 eingestellten Mitteln für mehr Sicherheit und  Ordnung
in Höhe von 50.000 Mark entweder das Personal des Ordnungsamtes oder ein privater Sicherheitsdienst zur Durchsetzung der Stadtsatzung eingesetzt werden. Wie wir bereits in den SAFERCITY-Nachrichten Jan./Feb. 2000 berichteten existierten dererlei Pläne auch in Northeim. Aus Gründen der rechtlich ungeklärten Verhältnisse untersagte das niedersächsische Innenministerium aber der Stadt dieses Vorhaben. (Braunschweiger Zeitung, 14.03.00)

5.)
In Hessen bleibt Verkehrssicherheit Sache der Kommunen
Kein Interesse an Zweckverband nach dem Vorbild Bayerns / Private Firmen
dürfen keine Ordnungswidrigkeiten ahnden

Die hessischen Kommunen wollen Falschparker und Raser nicht gemeinschaftlich
organisiert, sondern lieber in Eigenregie abkassieren. Einen Zweckverband
nach bayerischem Vorbild lehnen sie ab.

VON FRANK SCHUMANN

Wiesbaden · 20. September · Beim Hessischen Städtetag gibt es keine Bestrebungen, einen gemeinsamen kommunalen Zweckverband zur Überwachung von Verkehrssündern zu gründen. "Das erledigt jede Gemeinde für sich", sagt Dieter Schlempp, geschäftsführender Direktor des Städtetags. Im benachbarten Freistaat  können Städte und Gemeinden diese Aufgaben seit dem Jahr 2000 dem Zweckverband "Kommunale Verkehrssicherheit in Bayern" übertragen. Ihm gehören nach Angaben  seines Repräsentanten Franz Mayer mittlerweile rund 120 Gemeinden. Nach den Worten von Dieter Schlempp gibt es dagegen in Hessen keine entsprechenden Überlegungen. "Früher waren Radargeräte sehr teuer, aber diese Zeiten sind lange, lange vorbei", sagt der Städtetags-Direktor mit Blick auf mögliche Einsparungen beim Kauf der technischen Ausstattung. "Die Überwachung von Geschwindigkeitsbeschränkungen funktioniert ohne Probleme."

Verkehrsdisziplin im Vordergrund

Schlempp betont, dass bei der Verkehrsüberwachung durch Städte und Gemeinden  nicht die Bußgelder, sondern "meist die Verkehrsdisziplin" im Vordergrund stünden. "Vor Kindergärten oder Schulen werden Geschwindigkeitskontrollen gezielt durchgeführt, sie sind keine Schikane für die Autofahrer." Franz Mayer vom bayerischen Zweckverband nennt als Vorteile für die beteiligten  Gemeinden vor allem wirtschaftliche Argumente. "Die Aufgaben werden zentral erledigt, dadurch können die Gemeinden Kosten sparen." Der Verband vermiete die technische Ausstattung sowie das Personal an die Kommunen, die nur für die
in Anspruch genommenen Leistungen bezahlten.  Dabei bedient sich der Zusammenschluss laut Mayer für Aufgaben im nicht-hoheitlichen Bereich privater Firmen. "Gerade kleine Kommunen können so eine flexible Verkehrsüberwachung durchführen und können sich anpassen, wenn die Verstöße zurück gehen", sagt Mayer. Nach Angaben des hessischen
Städtetag-Direktors gibt es keine landesweiten Zahlen über die Einnahmen hessischer Kommunen aus Strafzetteln wegen Falschparkens oder Geschwindigkeitsüberschreitung.

Frage der Wirtschaftlichkeit

Ob die Städte und Gemeinden private Unternehmen mit der Jagd auf Verkehrssünder beauftragen, ist nach Schlempps Worten "eine Frage der Wirtschaftlichkeit". In Hessen sei die Verkehrsüberwachung mit Hilfe privater Anbieter nicht weit verbreitet. Dieter Schlempp weist darauf hin, dass Firmen Ordnungswidrigkeiten nur dann ahnden können, wenn ein Gemeindebediensteter als Ausübender der Kontrolle anwesend sei. (Frankfurter Rundschau, 21.09.04)

Weitere Informationen hierzu im Internet unter: http://www.safercity.de/2003/Gewaltmonopol.html

6.)
Deutsche Wachleute für Mossul gesucht
Arbeitslose Sicherheitskräfte können sich bei der Bundesagentur für Arbeit
für einen Job im Irak bewerben. Geboten wird im Arbeitsvertrag unter anderem
eine Lebensversicherung

Geprüfte Sicherheitskräfte mit der Suche nach einem gewissen Kick in ihrem Beruf können sich derzeit für eine Stelle besonderer Art bewerben. Die zur Bundesagentur für Arbeit gehörende Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV) sucht Wachmänner für ein deutsches Unternehmen – Einsatzort: Nordwestirak. Fünf Stellen zum 1. September sind frei, wie es in dem Stellenangebot der ZAV weiter heißt. Die Bewerber müssten IHK-geprüfte Sicherheitsfachleute sein, Berufserfahrung mitbringen und «körperlich fit» sein. Englischkenntnisse  seien  unbedingte Voraussetzung. Waffensachkunde sei «erwünscht», Höchstalter 45 Jahre.

Flughafen in Mossul bewachen

Zum Einsatz kommen die Wachmänner in Mossul, der drittgrößten Stadt des  Irak. Zu  den Aufgaben gehören die Überwachung des Flughafens, Personenkontrollen und Patrouillendienste sowie Objektüberwachung. Die Bewerber müssen sich auf  Schichtarbeit einstellen, und ungefährlich ist es in Mossul auch nicht: Neben  einem überdurchschnittlichen Gehalt, Auslöse, Flug und Unterkunft wird in  dem  deutschen Arbeitsvertrag eine Lebensversicherung geboten. Arbeitgeber sei ein deutscher Sicherheits-Fachdienstleister, so die ZAV in Bonn  weiter. Bewerben können sich Interessenten nur direkt bei der ZAV, von der sie  dann auch den Namen des Unternehmens erfahren. Kritik kam vom Europaabgeordneten Tobias Pflüger, der für die Linksfraktion im Europaparlament sitzt: «Hatte Bundeskanzler Schröder immer erklärt, keine Bundeswehrsoldaten in den Irak
entsenden zu wollen, fördert jetzt offensichtlich die Bundesagentur für Arbeit die 'Privatisierung' der deutschen Irak-Kriegsbeteilung.» (Netzzeitung, nz, 20.08.04)

7.)
"Militärfirmen und Sicherheitsdienste sind nicht per se schlecht", sagt  Peter W. Singer
Private Unternehmen übernehmen nicht nur im Irak immer mehr Aufgaben von
Soldaten. Dies zu beklagen reicht nicht

taz: Herr Singer, Irak und Afghanistan haben die Rolle privater Militärfirmen ins öffentliche Bewusstsein gebracht. Ist der Prozess der Privatisierung von Sicherheits- und Militärdiensten historisch neu?

Peter W. Singer: Nein, eine private Rolle im Kriegsgeschehen hat es immer  gegeben. Denken Sie nur an die Söldnerarmeen des Römischen Reiches und während  des 30-jährigen Krieges oder die Privatarmeen der englischen Ostindischen Gesellschaft. Der Staat begann Mitte des 17. Jahrhunderts Kriegsangelegenheiten  zu monopolisieren - ein Zustand, der bis Ende des 20. Jahrhunderts mehr oder weniger anhielt. Seit Anfang der 90er-Jahre übernehmen jedoch private Unternehmen wieder stärker militärische Aufgaben, die bis dahin
ausschließlich Soldaten oblagen.

Wo sind diese Firmen heute beheimatet?

Viele glauben, dies sei ein amerikanisches Phänomen. Das ist falsch. Die  Firmen
operieren in über 50 Ländern auf allen Kontinenten. Das Pentagon ist allerdings  einer der wichtigsten Auftraggeber dieser Industrie. Es hat in den letzten zehn  Jahren rund 3.000 Verträge mit diesen Firmen abgeschlossen. Aber auch europäische Staaten sind an vorderster Front. Das mit Abstand wichtigste Einsatzgebiet ist zurzeit der Irak. Privatfirmen mit militärischem Auftrag beschäftigen dort rund 20.000 Mitarbeiter.

Welche Aufgaben übernehmen diese Firmen?

Logistik, Beratung, Kampfeinsätze. Wie in einer herkömmlichen Armee stellen
sie  Fahrer, Mechaniker, Infanteristen, Militärplaner. Es sind die gleichen  Funktionen, nur von privaten Firmen ausgeführt. Unternehmen wie Halliburton  kümmern sich vorwiegend um Logistik und Versorgung, Northrop Grumman und Boeing  warten Flugzeug- und Raketentechnik, andere übernehmen Verhöre und trainieren  die irakische Armee.

Wären die Invasionen im Irak und in Afghanistan ohne diese Firmen möglich gewesen?

Afghanistan ja, Irak nicht. Für die US-Armee ist es derzeit undenkbar, eine  größere Operation zu starten ohne die Unterstützung privater Firmen. Das sagt  viel über die einzige Supermacht, deren militärische Überlegenheit zwar unangefochten ist, dennoch über so begrenzte Kapazitäten verfügt, dass sie auf private Hilfe angewiesen ist.

Warum ist das Image dieser Privatfirmen so negativ?

Das liegt zunächst daran, dass sie durch das Prisma des Söldnerwesens  betrachtet  werden. Söldner ist ein negativ besetzter Begriff. Außerdem greifen sie in  die  wichtigsten Funktion des Staates ein: Gewährleistung von Sicherheit und Verteidigung. Daher werden sie von der Öffentlichkeit misstrauisch beäugt.  Die Leute sind skeptisch, ob Profitmaximierung mit der Nationalen Sicherheit vereinbar ist. Und schließlich berichtet die Presse meist über ihre Skandale, kaum Erfolgsgeschichten. Die Öffentlichkeit verbindet sie daher mit Abu
Ghraib oder Frauenhandel in Bosnien.  

Diese Unternehmen im militärischen Auftrag sind jedoch nicht mehr oder weniger in Skandale verwickelt wie die herkömmliche Armee auch.

Sicher. Sie nicht per se schlecht. Doch es gibt einen fundamentalen  Unterschied.  Wenn ein Soldat eine Straftat begeht, gibt es eine klare Verantwortlichkeit, wie  zum Beispiel bei den Militärpolizisten in Abu Ghraib, die vor ein Militärgericht  gestellt werden. Diese fehlt jedoch bislang für von der Armee angeheuerte Zivilisten. Es ist viel schwieriger, sie strafrechtlich zu verfolgen.

Sie analysieren in Ihrem Buch die Vorteile dieser militärischen Auftragnehmer -  wie höheren Professionalismus, Neutralität in Bürgerkriegen - und deren  Nachteile - wie Profitorientierung, rechtliche Graubereiche, mangelnde  Kontrollmöglichkeiten. Was überwiegt?

Schwer zu sagen. Die Antwort hängt von der persönlichen Philosophie ab. Ob  man  eher utilitaristisch eingestellt ist oder die Aufgabe des staatlichen Gewaltmonopols ablehnt. Es ist zu einfach, den Boom dieser Firmen als Fehlentwicklung zu brandmarken oder als Errungenschaft zur Verschlankung des Staates zu preisen. Sinnvoller ist es, ihre Pro- und ihre Contraseiten darzustellen und Wege aufzuzeigen, wie man mit ihnen am besten in Zukunft  umgeht.

Wie können die negative Auswirkungen begrenzt werden?

Das ist die zentrale Frage. Die Industrie existiert, und wir müssen mit ihr  bestmöglich umgehen. Dazu bedarf es folgender Grundlagen: Erstens, Regierungen  und Kunden müssen entscheiden, welche militärischen Aufgaben für private Firmen  unangemessen sind. Zum Beispiel sollten Verhöre, wie in Abu Ghraib, nicht von Zivilisten durchgeführt werden dürfen. Hier ist deren Zuständigkeit überschritten. Zweitens, wenn bestimmt ist, welche Funktionen zulässig sind,  müssen wir einen Mechanismus etablieren, der garantiert, dass diese Firmen
auch tatsächlich Geld einsparen …

… da die öffentliche Wahrnehmung ist, Outsourcing sei billiger?

Die Realität sieht oft anders aus. Das liegt daran, dass es um militärische  Aufträge selten Wettbewerb gibt. Bestes Beispiel ist Halliburton, dass seine Aufträge ohne Bieterverfahren vom Pentagon zugeschustert bekam. Und drittens,  diese Industrie muss stärker reguliert werden. Wir brauchen bessere rechtliche  Rahmenbedingungen, die vor allem die negativen Auswüchse abdecken. INTERVIEW: MICHAEL STRECK (taz, 17.07.04)

8.)

Veranstaltung der Humanistischen Union zum Thema "Privatisierung der
öffentlichen Sicherheit" am 30.09.2004 in Berlin:

Die Veranstaltung findet im  
Haus der Demokratie und Menschenrechte,
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin/ Prenzlauer Berg,
um 19.00 Uhr statt.

Podiumsgäste sind:

  • Eberhard Schönberg, Vorsitzender Gewerkschaft der Polizei Berlin
  • Volker Eick, Politikwissenschaftler FU Berlin
  • Dr. Harald Olschok, Hauptgeschäftsführer Bundesverband Deutscher Wach- und
    Sicherheitsunternehmen e.V.

Zum Thema:
Der Tätigkeitsbereich privater Sicherheitsdienste weitet sich zunehmend aus.  Der Trend geht sowohl bei der öffentlichen Hand (z.B. Kommunen) als auch bei Unternehmen dahin, das Thema Sicherheit auszulagern und somit in die Hände privater Anbieter zu geben.

Die Tendenz, öffentliche Sicherheit zu privatisieren, ist aus mancherlei  Hinsicht problematisch: Die Ordnungsmacht des Staates geht z. T. auf private Anbieter über. Die Qualifikation und Ausbildung der Angestellten privater Sicherheitsdienste entspricht in der Regel nicht den Standards der Ausbildung  öffentlicher Ordnungshüter. Hinzu kommt, dass der Sicherheitssektor als klassischer Niedriglohnsektor gilt. Ob dies zur verantwortlichen Wahrnehmung der  Aufgaben beiträgt, ist fraglich. Auch der gesellschaftspolitische Aspekt der Thematik ist nicht zu vernachlässigen. Ob sozialpolitische Probleme  sicherheitspolitisch bearbeitet werden können und sollen, ist sicherlich diskussionswürdig. (Quelle: http://www.humanistische-union.de/)

Editorische Anmerkungen

Die SAFERCITY-Nachrichten werden Thomas Brunst regelmäßig herausgegeben. Sie wurden uns zur weiteren Verbreitung überlassen.

Vorausgegangene SAFERCITY.DE-Nachrichten (2004) im Internet unter: 

http://www.trend.infopartisan.net/trd0904/t100904.html
http://x-berg.de/article.pl?sid=04/08/21/1438200&mode=thread
http://www.nadeshda.org/foren/cl.politik.repression/p457s457a20.html
http://lists.indymedia.org/pipermail/imc-germany/2004-September/0914-im.html