Israels Siedlungen als lohnendes Geschäft

von Gadi Algazi
09/06

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Israel könnte den Krieg im Libanon und im Gaza-Streifen glaubhafter als Selbstschutz begründen, wenn es zum Rückzug auf die Grenzen von 1967 bereit wäre. Mit seiner Siedlungspolitik hat jedoch Israel bereits große Teile des Westjordanlands in seine Ökonomie integriert.

Modi'in Illit - keine halbe Autostunde von Tel Aviv entfernt - ist eine große Siedlung im besetzten Westjordanland. Mehr als 30.000 Menschen leben hier. Bis 2020 werden es 150.000 sein, plant das israelische Wohnungsbauministerium. Demnächst soll die Siedlung den Status einer Stadt erhalten. Früher gehörte das Land zu fünf palästinensischen Dörfern - Ni'lin, Kharbata, Saffa, Bil'in und Dir Qadis.

Modi'in Illit ist ein typisches Beispiel für die großen Bauprojekte, die alle israelischen Regierungen als Teil jener "Siedlungsblöcke" betrachten, die man auf keinen Fall zurückgeben will und letztendlich zu annektieren gedenkt. Diese Siedlung zeigt in aller Klarheit den Zusammenhang zwischen dem Bau der Teilungsmauer und dem Anwachsen der Siedlungen. Denn die Expansion von Modi'in Illit ist gleichbedeutend mit dem Ruin der Bauern von Bil'in. Durch den Sperrzaun zwischen Modi'in Illit und Bil'in verlieren sie etwa 2.000 Dunum (200 Hektar) Land - nahezu die Hälfte der Anbaufläche, die dem Dorf noch verblieben ist.

Seit Februar 2005 wehren sich die Bewohner von Bil'in in einem gewaltlosen Kampf gegen den Bau des Sperrzauns. Zusammen mit israelischen und internationalen Friedensaktivisten stehen sie jeden Freitag Hand in Hand vor den Bulldozern und Soldaten. Ähnliches geschieht in mehreren palästinensischen Dörfern, die vom Bau des Sperrzauns ebenfalls direkt betroffen sind. In Jayyous und in Biddu, in Deir Ballut, in Budrus und anderswo demonstrieren die Bewohner schon seit vier Jahren gegen die Mauer.

Diese außerhalb Palästinas fast unbekannten Aktionen werden in der Regel von einem lokalen "Volkskomitee gegen den Zaun" koordiniert. Sie haben zwar bescheidene, aber bedeutsame Erfolge erzielt: In einigen Fällen konnte der Weiterbau des Zauns behindert oder verlangsamt werden. In anderen Fällen, etwa in Budrus und in Deir Ballut, führte der Widerstand im Verein mit gerichtlichen Verfahren und Solidaritätskampagnen sogar dazu, dass der Verlauf des Zauns geändert wurde und die Gemeinden einige ihrer verlorenen Felder, Weingärten und Wasserquellen zurückgewinnen konnten.

Spezialtruppen im Einsatz gegen Zivilcourage

Die eigentliche Bedeutung dieser kleinen "Sperrzaun-Intifada", wie manche sie nennen, liegt wahrscheinlich darin, dass sie eine langfristige politische Perspektive bietet. In den ersten Jahren der zweiten Intifada waren kleinere, zaghafte Versuche eines gewaltlosen Widerstands nur eine Randerscheinung. Heute scheint diese Kampfform mancherorts zu einer festen Tradition geworden zu sein. Während die Chancen für einen gerechten Frieden in Palästina weiter schrumpfen und die Bewohner des Westjordanlands sich immer mehr mit einem Leben in Enklaven zwischen Straßensperren und Mauern abfinden,1 bieten gewaltlose Aktionen im Rahmen eines breiten lokalen Widerstands neue Chancen. Für die Bewohner einiger palästinensischer und israelischer Dörfer ist der gemeinsam geführte Kampf während der zweiten Intifada eine prägende Erfahrung gewesen, die es vielleicht möglich macht, dass in Zukunft wieder solidarisch geführte Kampagnen organisiert werden können.

Bei dem gewaltsamen Vorgehen gegen die Demonstrationen von Bil'in wurden bisher etwa 200 Personen verletzt und viele unter diversen Vorwänden verhaftet. Im Einsatz waren israelische Soldaten, die Grenzpolizei, die örtliche Polizei und private Sicherheitsdienste, die Holzknüppel, Tränengas, Gummigeschosse und scharfe Munition einsetzten. Die Armee versuchte außerdem Mitglieder des Organisationskomitees von Bil'in mit nächtlichen Razzien und Festnahmen einzuschüchtern.(2) Die Behörden gaben sogar offen zu, dass bei den Demonstrationen auch Mitglieder einer Spezialtruppe, der Massada-Einheit, als Agents provocateurs auftraten. Als Araber verkleidet, versuchten sie, die Teilnehmer zu Gewaltaktionen anzustacheln.(3) Nur das entschlossene Eingreifen von Mitgliedern des Organisationskomitees konnte verhindern, dass diese Provokationen zu unkontrollierter Gewalt eskalierten, bei der es womöglich Todesopfer gegeben hätte.

Die israelische Besatzung wird häufig in Begriffen beschrieben, die man auf Konflikte zwischen zwei Staaten anwendet. Die Entstehung der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) hat diese Tendenz gefördert. Doch im Kern handelt es sich um einen kolonialen Konflikt. Zwischen Israelis und Palästinensern geht es nur vordergründig um symbolische Gesten und diplomatische Schachzüge. In Wahrheit geht es um ganz konkrete Fakten, um Brunnen und Olivenhaine, um Gebäude und Straßen, um Einwanderung und Ansiedlung.

Es ist die Landschaft selbst - als natürliche und als von Menschen gestaltete -, die in diesem Konflikt radikal umgestaltet wird, und das nicht nur durch Grenzen und Zäune.

Durch die militärische und politische Kontrolle der Israelis, die diese seit 1967 ausüben, wurden die Rahmenbedingungen für einen tiefgreifenden Kolonisierungsprozess geschaffen. Es sind vor allem die Siedlungen, die verhindern, dass sich ein unabhängiger und lebensfähiger Palästinenserstaat etablieren kann. Zwischen 1967 und 2006 hat Israel im Westjordanland schätzungsweise 40 000 Wohnhäuser errichtet, mit einem Kostenaufwand von rund 4,3 Milliarden Dollar. Anfang 2006 ist die Zahl der israelischen Siedler in den besetzten Gebieten - ohne Ostjerusalem, aber einschließlich der Golanhöhen - erstmals auf über 250 000 gestiegen.(4)

Die israelische Besiedlung der besetzten Gebiete wird zwar häufig kritisiert, aber selten genauer untersucht. Wer verdient an diesem kolonialen Projekt? Und was bringt ganz normale Leute dazu, sich an diesem Unternehmen und damit an der Enteignung der palästinensischen Besitzer zu beteiligen? Betrachten wir die soziale Zusammensetzung und die politische Ökonomie dieser Siedlungen am Beispiel von Modi'in Illit.

Ein neuer Typ von Siedlungen

Diese Gründung ist kein Projekt von nationalistisch-messiasgläubigen Siedlern und deren politischen Repräsentanten. Treibende Kraft war vielmehr eine sozial und politisch heterogene Allianz, die sich aus Immobilienunternehmern, Investoren und Politikern zusammensetzt. Zweitens ist Modi'in Illit nicht nur eine der am schnellsten wachsenden, sondern auch eine der wenigen Siedlungen im Westjordanland, die auch während der zweiten Intifada weiter ausgebaut wurde. Und drittens leben hier nicht nationalistische Hardliner, sondern vorwiegend arme, kinderreiche ultraorthodoxe Familien, die dem politischen Zionismus und dem Staat Israel eher distanziert gegenüberstehen.

Ursprünglich wurde das heutige Modi'in Illit (Ober-Modi'in) 1996 unter dem Namen Kiryat Sefer gegründet. Während die meisten anderen Siedlungsprojekte von einer Koalition aus staatlichen Behörden, zionistischen Organisationen und radikalen Siedlergruppen ins Leben gerufen wurden, geht Modi'in Illit auf die Initiative privater Investoren zurück. Die Gründung fällt in die Periode nach dem Abschluss der Oslo-Abkommen von 1993 und die damalige Phase ungebremster Privatisierungen in Israel. Damit wurde es zum Musterexemplar eines neuen Typs von Siedlungen - initiiert von Privatinvestoren und unterstützt von der Regierung.

Im Fall Modi'in Illit gewährte der Gemeinderat diesen mächtigen Investoren spezielle Vergünstigungen. Wie aus einem Bericht des israelischen Rechnungshofs hervorgeht, mussten sie nicht die volle Steuer zahlen und durften manche Bauvorschriften umgehen. So entstanden tausende von Siedlungshäusern unter eindeutigem Verstoß gegen Gesetze - aber mit späterer Billigung des Gemeinderats, der nachträglich Änderungen an den Bebauungsplänen vornahm.(5) Die politische Priorität des Kolonisierungsprozesses und der Drang der Investoren nach schnellen Profiten gingen Hand in Hand.

Nach einem Untersuchungsbericht von 1998 gab es für die gesamte Wohnanlage "Brachfeld Estate", die auf dem Land von Bil'in entstand, nie eine Baugenehmigung. Doch keines der illegal errichteten Häuser musste abgerissen werden.(6) Überdies läuft ein Großteil der Abwässer des Ortsteils Modi'in Illit in das Flüsschen Modi'in und verseucht das Grundwasser der Gegend.

Dies sind keine Einzelfälle von Korruption oder Misswirtschaft. Es handelt sich vielmehr um ein strukturelles Merkmal der kolonialen Expansionspolitik, denn ungeregelte Siedlungstätigkeit bietet nun einmal die Aussicht auf enorme Profite zu Lasten von Mensch und Umwelt.

Auf dem Land, das man den Palästinensern von Bil'in geraubt hat, entstehen derzeit zwei weitere Siedlungen. Eines ist das "Green Park"-Projekt. Als Bauträger fungiert die Firma Dania Cebus, eine Tochter der Africa Israel Corporation. Deren Besitzer Lev Leviev ist einer der mächtigsten Unternehmer Israels. Er will für die geplanten 5.800 Wohnungen 230 Millionen Dollar investieren.(7 )Der operative Gewinn seines Immobilienunternehmens ist in den ersten drei Quartalen 2005 um 129 Prozent gestiegen. Andere führende Bauunternehmen planen ähnliche Projekte. Voraussetzung dafür ist ein entsprechender Verlauf des Sperrzauns, der die Dorfbewohner von Bil'in von ihren Feldern trennen wird. Auch für viele andere Siedlungen, die zwischen dem Trennzaun und der "Grünen Linie" (der israelischen Grenze bis 1967) liegen, ist dieser Sperrwall von enormer ökonomischer Bedeutung: Er besiegelt die Annexion dieses Landstreifens und macht die neuen Siedlungen erst sicher. Damit wird sich der Wert der baulichen Investitionen deutlich erhöhen.

Interessant ist auch, wer sich als rechtmäßiger Besitzer des Grund und Bodens ausgibt, auf denen eines der neuen Viertel entsteht: zum einen die israelische Behörde namens Custodian of Absentee Property sowie der kaum bekannte Land Redemption Fund (LRF), also der "Landrückkauffonds" der Siedler. Erstere ist eine Regierungsbehörde, die für die Verwaltung von "absentee property" (verlassenem Grund und Boden) zuständig ist. Sie spielt eine Schlüsselrolle bei der Konfiskation palästinensischen Landes und besonders der Grundstücke von Palästinensern, die innerhalb Israels vertrieben wurden, aber auch von Palästinensern in den besetzten Gebieten. Wie israelische Menschenrechtsorganisationen aufgedeckt haben, fungiert diese Custodian-Behörde als Strohmann für den LRF der Siedler. Im Einzelfall läuft das so ab, dass die Siedler ein gekauftes Grundstück "an die Custodian-Behörde übertragen, die es zu Staatsland erklärt. Das ermöglicht den Beginn des Planungsverfahrens. Danach überschreibt die Behörde im Rahmen des Planungs- und Genehmigungsvertrags das Land wieder an den ursprünglichen Käufer [], ohne dass irgendwelche Kosten anfallen."(8)

Der vor etwa zwanzig Jahren gegründete LRF der Siedler koordiniert die Übernahme von palästinensischen Grundstücken in denjenigen Schlüsselregionen, die für den weiteren Ausbau der Siedlungen vorgemerkt sind. Zu den Gründern des Fonds gehören nicht nur einige der ideologischen Führer der Siedlerbewegung, sondern auch ein Mann wie Era Rapaport, einer der Gründer des terroristischen Netzwerks der Siedler, das um 1980 in den besetzten Gebieten operierte. Er saß mehrere Jahre im Gefängnis, weil er in den Mordanschlag auf Bassam al-Shaka'a, den damaligen Bürgermeister von Nablus, verwickelt war.(9)

Mit welchen Methoden der Fonds bei seinen Landkäufen operiert, haben zwei israelische Journalisten herausgefunden: "Das Informationsnetz des Fonds besteht aus enttarnten (palästinensischen) Kollaborateuren [], aus pensionierten israelischen Geheimdienstmitarbeitern, die Informationen gegen Honorar beschaffen, und aus ehemaligen Militärgouverneuren." Letztere nutzen ihre alten Kontakte in den Dörfern der besetzten Gebiete. Beim Landerwerb treten in der Regel arabische Strohmänner als Käufer auf, tatsächlich aber stammt das Geld zumeist von rechtsgerichteten jüdischen Millionären wie Lev Leviev oder dem Schweizer Milliardär Nissan Khakshouri. Ganz ähnlich sahen die Methoden aus, mit denen das Bauland von Bil'in erworben wurde.(10)

Dieser Fonds hat also einen politischen und einen ökonomischen Hintergrund. Dem Fonds spenden Kapitalgeber Geld, die bei anderen Siedlungsprojekten als Bauherren oder Investoren auftreten. Ihre Freigebigkeit entspringt eben nicht nur politischer Überzeugung. Dasselbe Interessenbündnis findet sich auch bei anderen Projekten im Westjordanland, zum Beispiel in Tzufin, wo die bestehende Siedlung derzeit um das Elffache der ursprünglichen Fläche erweitert wird. Hier fungiert als Bauträger eine Immobilienfirma, die ebenfalls von Lev Leviev kontrolliert wird.(11)

Der Fonds konzentriert seine Bautätigkeit auf Gebiete nahe der Grünen Linie. Es geht ihm darum, Siedlungen im Westjordanland und Gemeinden innerhalb der israelischen Grenzen von 1967 möglichst eng zusammenwachsen zu lassen.(12) Dieser Prozess, die Grüne Linie zu verwischen, begann schon in den 1980er-Jahren. Seither entstehen knapp jenseits der Grünen Linie und nicht weit von den Wirtschaftszentren Israels entfernt neue Siedlungen für Mittelklassefamilien, die ideologisch nicht zur Siedlerbewegung gehören.

Unheilige Allianz für den Trennzaun

Dieses vordergründig pragmatische Projekt wurde zunächst durch die zweite Intifada gestoppt. Ab 2003 kam es dann aber wieder in Gang, als bestimmte Abschnitte des Trennzauns fertiggestellt wurden. Jene Teile des Westjordanlands, die zwischen diesem Zaun und dem Israel von 1967 liegen, wurden damit faktisch annektiert. Jetzt versprachen diese Siedlungen eine höhere Lebensqualität, denn das Gebiet wurde für Investoren wie Siedler in dem Maße sicherer, in dem man die palästinensische Gemeinde hinter der Mauer verschwinden ließ. Ethnische Säuberung geht auf ganz unterschiedliche Weise vonstatten und muss nicht immer dramatische Formen annehmen.(13)

Schon vor den letzten Wahlen regierte in Israel eine breite Koalition, die sich um das Zaunprojekt gebildet hatte, das heute zum politischen Vermächtnis Ariel Scharons geworden ist. Diese Allianz von Anhängern einer schrittweisen Annexion ("Israel sollte die größeren Siedlungsblöcke behalten") und einer "vernünftigen" kolonialen Expansion (im Gegensatz zu den irrationalen Vorstellungen der ideologisch motivierten Siedler) sammelte sich unter einem gemeinsamen Banner, das ethnische Trennung und ökonomische Privatisierung propagiert. Diese Allianz verspricht den Israelis jedoch nicht etwa Frieden, sondern eine einseitige Befriedungspolitik und die Teilannexion des Westjordanlands, das damit auseinandergerissen und in mehrere umzäunte Enklaven zerfallen würde.

Auf Parteienebene hat sich diese Zaunkoalition erst langsam herausgebildet. Sie reicht heute über die Kadima-("Vorwärts")-Partei hinaus, die um Scharon und seinen Nachfolger Olmert entstanden ist. In der Realität jedoch, auf den Hügelrücken des Westjordanlands, zeichnete sich diese Koalition schon seit einiger Zeit ab, nämlich als unheilige Allianz bestimmter sozialer und ökonomischer Gruppen: von Siedlern und staatlichen Behörden, die den Trennzaun vorantreiben, von Immobilienfirmen und Hightechunternehmern, von altem Kapital und "New Economy".

Das gemeinsame Projekt dieser Allianz - der Bau neuer Siedlungen in der Nähe der Trennmauer - bedient einen realen gesellschaftlichen Bedarf an Lebensqualität für die obere Mittelklasse, an Arbeitsplätzen und an subventionierten Wohnraum für die Unterprivilegierten. Die neuen Siedlungen verschaffen der Siedlerbewegung eine breitere soziale Basis und verzahnen sie mit anderen Interessengruppen - vor allem mit den größten Profiteuren des Zauns, den Bauunternehmen, Kapitalanlegern und gutbürgerlichen Hauskäufern, die in neuen, bewachten Luxusvierteln wohnen wollen, fernab von den Armen und abgeschirmt von den Palästinensern. Aber für dieses koloniale Projekt lassen sich auch Menschen gewinnen, die nur aus ihrer Misere herauskommen wollen, wie etwa kinderreiche Familien, die billige Wohnungen brauchen, oder Neueinwanderer, die von staatlicher Unterstützung leben und gesellschaftliche Anerkennung suchen. Aber genau diese Gruppen sind es, die am Ende als die Dummen dastehen werden. Denn sie sind nicht nur völlig von den Investoren und den Politikern abhängig, am Ende werden sie auch noch den Hass, der durch den Zaun entsteht, am stärksten zu spüren bekommen.

Auch in den Jahren des Osloer Friedensprozesses wurden die israelischen Siedlungen in den besetzten Gebieten ständig ausgebaut. Die Zahl der Siedler hat sich in dieser Zeit mehr als verdoppelt. Der Zuzug konzentrierte sich auf einige große Siedlungen, deren Bewohner keine ideologischen Motive hatten - Einwanderer aus Russland und Äthiopien, Leute aus ärmeren Wohnvierteln und kinderreiche Familien, die subventionierten Wohnraum suchten. Diese Gruppen wurden erst Mitte der 1990er-Jahre in das koloniale Projekt hineingezogen - und eher wider Willen, wenngleich unter dem Druck der beschleunigten Privatisierung und des zügigen Abbaus des israelischen Sozialstaats. Die Bewohner der beiden ultraorthodoxen Siedlungen Modi'in Illit und des 1988 gegründeten Betar Illit stellen ein Viertel aller jüdischen Siedler im Westjordanland. Diese beiden Orte sind dabei die statistisch ärmsten jüdischen Gemeinden, die es in Israel und den besetzten Gebieten gibt.(14)

Interessanterweise haben Bewohner von Modi'in Illit im September 2003 auf Fragen eines Journalisten versichert, dass sie sich nicht als Siedler betrachten. Nur die Wohnungsnot habe die kinderreichen Familien veranlasst, ins Westjordanland zu ziehen, weil es hier für sie - anders als innerhalb Israels - staatliche Unterstützung und subventionierte Wohnungen gebe. In demselben Bericht meinte ein Experte über diese Familien: "Ihre Lage war so verzweifelt, dass sie gewiss überall hingezogen wären."

Auf diese Verzweiflung setzen die Führer der Siedlerbewegung. Ein Sprecher des Siedlerrats formulierte es so: "Auch wenn sie nicht aus ideologischen Gründen hierher gezogen sind, werden sie doch ihre Häuser nicht so leicht aufgeben."(15) Vollkommen offen spricht man über den Mechanismus, der die Menschen in den kolonialen Prozess einbindet und zu "Siedlern wider Willen" macht. Vor drei Jahren entblödete sich der Bürgermeister von Betar Illit nicht, Journalisten gegenüber zu erklären, die Ultraorthodoxen seien gegen ihren Willen in die besetzten Gebiete verfrachtet worden, damit sie dort als "Kanonenfutter" dienten. Heute richten die Bewohner von Modi'in Illit und Betar Illit ihre Hoffnungen wahrscheinlich auf die entstehende Mauer, die auch ihnen Schutz bieten soll. So werden sie zu Nutznießern der Enteignung der Palästinenser.

Die zunehmende Verarmung in Israel treibt die unteren sozialen Schichten dorthin, wo die Regierung noch soziale Leistungen anbietet: in die zu kolonisierenden Gebiete. Dies hat die politische Landschaft verändert und selbst die ultraorthodoxen Parteien weiter nach rechts getrieben. Dieser Zusammenhang zwischen wachsender sozialer Ungleichheit und dem kolonialen Projekt fordert gleichzeitig von jedem Gegner der Siedlungspolitik, den Kampf für soziale Gerechtigkeit in Israel nicht aus den Augen zu verlieren.

Das wird noch deutlicher, wenn wir uns ansehen, wer genau in die Kolonie investiert: nicht nur der Immobilienunternehmer Lev Leviev, einer der mächtigsten Geschäftsleute Israels, sondern auch Firmen aus der Hightechbranche. Leviev steht wie kein anderer für die rapide Globalisierung der israelischen Wirtschaft und Politik und für deren Fähigkeit, nicht nur die physische Landschaft das Westjordanlands, sondern auch die soziale Landschaft in Israel zu transformieren. Leviev machte sein Vermögen ursprünglich mit der Ausbeutung afrikanischer Diamantenvorkommen und afrikanischer Arbeitskräfte.(16) Sein Unternehmen namens Africa-Israel investiert nicht nur in Siedlungen im Westjordanland, es hat auch als erstes bewachte Wohnanlagen für die israelische Oberschicht gebaut. Vor kurzem hat Leviev überdies die erste israelische Lizenz zum Betreiben eines privaten Gefängnisses bekommen.

Noch billiger produzieren als die indische Konkurrenz

In Modi'in Illit trifft die "alte Ökonomie" der Bau- und Immobilienfirmen auf die New Economy des Hightechsektors - und beide sind eng mit dem Staat verflochten. Mehrere Softwareunternehmen haben sich dort etabliert. Das erste war Matrix, einer der größten Softwareentwickler in Israel. Das Unternehmen ist an der Börse von Tel Aviv notiert und hat etwa 2.300 Beschäftigte. Anfang 2005 eröffnete Matrix ein Entwicklungszentrum mit heute 150 Mitarbeiterinnen, bis Ende 2006 sollen es 500 sein. Um gegen die Konkurrenz billiger indischer Programmiererinnen anzukommen, beschäftigt Matrix gezielt Frauen aus der Siedlung. Aber die Firma erpresste auch hohe Subventionen von der israelischen Regierung, indem sie drohte, andernfalls das Entwicklungszentrum ins Ausland zu verlagern.(17) Der damalige Industrie- und Handelsminister Ehud Olmert beugte sich der Forderung.

Matrix fand die Alternative zu billiger indischer Arbeitskraft also im kolonialen Neuland Israels. Man kann es auch als den "heimischen Offshore-Sektor" bezeichnen, denn hier findet sich alles, was man braucht: billiges, gestohlenes Land, staatliche Subventionen und öffentliche Mittel, Polizisten und Soldaten, die das Investitionsobjekt schützen, und natürlich ortsgebundene und disziplinierte Arbeitskräfte. Der israelische Kapitalismus surft nicht in einer digitalen Welt. Er integriert sich weiter in den Weltmarkt und erneuert sich zugleich, indem er an dem kolonialen Projekt teilhat.

Die Frauen, die für das Matrix-Entwicklungszentrum in Modi'in Illit arbeiten, gelten als äußerst fleißige und extrem produktive Arbeitskräfte: "Was anderswo ein Monteur in einer hektischen Arbeitswoche schafft, leisten die Mädchen bei uns glatt in drei Tagen", erklärt der Leiter des Zentrums. Die Löhne liegen nicht nur im internationalen Vergleich ziemlich niedrig: Am Anfang verdient eine Arbeiterin nur den Mindestlohn von etwa 4 Dollar pro Stunde. Im zweiten Jahr kommt sie auf etwa 1 000 Dollar im Monat, von denen die Firma ein Fünftel vom Staat bekommt. Zudem sind die Beschäftigten für mindestens zwei Jahre an die Firma gebunden.(18)

Einer der Betriebsleiter hat das Lohnniveau so erklärt: "Die Ultraorthodoxen sind es gewohnt, von nichts zu leben. Wenn diese Frauen ein bisschen was verdienen, ist es für sie schon viel."(19 )Und der Pressesprecher der Firma räumte ein, dass die Löhne, die man den ultraorthodoxen Frauen von Modi'in Illit zahlt, nicht die relative Produktivität oder den Preis ihrer Leistungen auf dem globalen Markt ausdrücke, sondern "ihre niedrigen Lebenshaltungskosten".(20) Eine bemerkenswerte Anleihe bei der Marx'schen Werttheorie aus kapitalistischem Munde.

Das Matrix-Entwicklungszentrum ist streng koscher. Zwei Rabbiner sind ständig präsent, damit die Lebensweise und die ethischen Werte der Belegschaft eingehalten werden. Obwohl die Arbeiterinnen nach einem komplizierten religiösen und beruflichen Kodex leben, äußert sich ein Projektleiter in Modi'in Illit über ihre Arbeitsmoral hochzufrieden: "Selbst wenn sie sechs Kinder haben, lassen sie weniger Arbeitstage ausfallen als eine Mutter von zwei Kindern in Tel Aviv. Diese Frauen machen keine Probleme. Sie tun nichts als arbeiten: keine Rauch- oder Kaffeepausen, kein Telefonieren am Arbeitsplatz, keine Internetrecherchen zu einem billigen Türkeiurlaub. Pausen machen sie nur, um zu essen oder Muttermilch abzupumpen, wofür ein besonderer Raum da ist. Einige Frauen gehen kurz zum Stillen nach Hause und sind gleich wieder zurück."

In diesem Matrix-Entwicklungszentrum herrscht eine außergewöhnliche Stille. Persönliche Gespräche sind nicht nur zwischen Männern und Frauen, sondern auch unter den Frauen verboten. Eine Arbeiterin meinte dazu zu einem Journalisten: "Sie bezahlen uns für acht Stunden Arbeit, also erwarten sie, dass wir arbeiten. Wenn eine von uns zu viel redet oder im Internet surft, sagt ihr eine andere: ,He, das ist Diebstahl' - als würden wir uns auf Kosten der Firma bereichern. Einmal baten wir um eine Pause von fünf Minuten zum Beten, aber der Rabbi meinte, unsere alten Weisen hätten auch keine Pause gemacht, sondern ihr tägliches Gebet während der Arbeit verrichtet. Und deshalb könnten wir unser Gebet auf die Zeit nach der Arbeit verschieben." Eine andere Arbeiterin meinte dazu: "Wir sind es gewohnt, keine verbotenen Dinge zu tun, selbst wenn uns niemand beaufsichtigt, denn es gibt ja jemanden, der uns von da oben beobachtet."(21)

Das moralisch aufgeladene Wort gezel, das in der religiösen Tradition für "Raub" oder "gewaltsame Entwendung" steht, wird in Bil'in nicht etwa für den Raub palästinensischen Bodens gebraucht, sondern nur für den Diebstahl der wertvollen Zeit, die dem Arbeitgeber durch das Gerede der Frauen verlorengeht. Hier haben die traditionellen Autoritäten und die New Economy offenbar zu einer faszinierenden Allianz zusammengefunden. Doch die Realität entspricht wohl nicht immer dieser idealisierten Darstellung. Auch die ultraorthodoxen Arbeiterinnen bei Unternehmen wie Matrix würden sicher zuweilen gern die Vorschriften der Betriebsrabbis und die betriebliche Aufsicht unterlaufen. Doch für sie gibt es handfeste materielle Gründe, sich der strengen Arbeitsdisziplin zu unterwerfen. Denn wo sonst sollten diese Frauen Arbeit finden? Einer der Manager von Matrix hat es ganz offen formuliert: "Es gibt keine Arbeit in Modi'in Illit, und Frauen haben keine Autos, mit denen sie zu anderen Jobs pendeln könnten."

Hier wiederholt sich auf bemerkenswerte Weise, was sich in Israel in den 1950er-Jahren abgespielt hat. Auch damals wurde der Prozess der inneren Kolonisierung mit Hilfe neuer jüdischer Einwanderer bewältigt, von denen viele aus der arabischen Welt stammten. Sie wurden an den Grenzen des jungen Staats angesiedelt, um die territorialen Gewinne aus dem Krieg von 1948 abzusichern. Aber sie dienten auch als billige Arbeitskräfte in der Frühphase der israelischen Industrialisierung. Damals wurden die sephardischen Immigranten aus der arabischen Welt als ungelernte Arbeiter behandelt, die über keinerlei Fertigkeiten verfügten. So wie man heute von den ultraorthodoxen Frauen behauptet, man helfe ihnen, vom Dunkel ans Licht zu gelangen, aus der Enge ihres Haushalts in ein modernes kapitalistisches Unternehmen. Dabei übersieht man ihren tatsächlichen Bildungsgrad ebenso wie die Tatsache, dass diese Frauen - neben ihrer Hausfrauentätigkeit - schon immer gearbeitet und zum Familieneinkommen beigetragen haben.

Zuweilen hört man das Argument, der israelische Kapitalismus werde im Zuge seiner Modernisierung in der Lage - oder sogar gezwungen - sein, die überholten Formen des Kolonialismus hinter sich zu lassen. Doch am Fall von Modi'in Illit zeigt sich, dass der israelische Kapitalismus digital und kolonial zugleich sein kann, also zwischen globalen Märkten und kolonialen Siedlungen hin und her changiert und je nach Bedarf auf ungehemmte Privatisierung oder auf nachhaltige staatliche Subventionierung setzt. Ein solches System wird so lange weiter funktionieren, bis das koloniale Projekt für Israel irgendwann zu einer eindeutigen Belastung wird und der Widerstand der kolonisierten Bevölkerung - oder der verbündeten Staaten - die Israelis zu einem Kurswechsel zwingt.




Matrix in Bil?in
http://taayush.tripod.com/new/fence/matrix-bilin-en.html


Gadi Algazi ist Professor für Geschichte an der Universität Tel Aviv, verweigerte 1979 (als erster "Refusnik") den Wehrdienst in den besetzten Gebieten und ist Mitbegründer der jüdisch-arabischen Initiative Taayush. http://www.nahost-politik.de/friedensbewegung/taayush.htm

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Fußnoten:

(1) Siehe die Analysen von Amira Hass in Ha'aretz, 24. März 2006.
(1eng) Amira Hass, ?Israeli Restrictions Create Isolated Enclaves in West Bank,? Haaretz, Tel Aviv, 24 March 2006. http://www.palestinemonitor.org/nueva_web/articles/features/restrictions_create_enclaves.htm



(2) Siehe Meron Rapaport, "Symbol of Struggle", Ha'aretz, 10. September 2005.
Last update - 01:30 09/09/2005 Meron Rapoport had provided background in Ha'aretz:
Symbol of struggle


Bil'in is a small village. It has only 250 families and a population of 1696. Located about five kilometers from the pre-1967 Green Line border, it is less that a kilometer from the settlement of Upper Modi'in. Its approximately 3,000 dunams (about 75 acres) of olive and almond trees and pastureland are the villagers' principal source of livelihood. But in November 2004, an land-seizure injunction was issued to enable the construction of the separation fence in the area of Bil'in, leaving 1,980 dunams (a little less than 500 acres) on the "Israeli" side of the fence.
Past experience shows that it is very difficult for Palestinian farmers to reach their lands when they are located on the other side of the fence, especially when two new neighborhoods of settlements are being planned on these areas. On February 20, work on the separation fence infrastructure began with the uprooting of 30 olive trees. Since then, demonstrations have been held there against the separation fence almost every Friday and the small village has become a symbol of the nonviolent struggle against the fence.
The demonstrations in Bil'in have entered a fairly regular routine: At 1 P.M., after the Friday prayers in the mosque, the demonstrators leave the center of the village for the route planned for the separation fence. About half the demonstrators are Palestinians and the other half are Israelis who are generally called "Anarchists Against the Fence" and international activists.
Confrontations with the Israel Defense Forces also have a routine of their own: The first stage is a nonviolent demonstration involving the shouting of slogans and other protests against the fence. Afterward, the soldiers block the demonstrators' way to the route of the fence and try to disperse the crowd, mostly using stun grenades and tear gas. Some of the young Palestinians respond by hurling rocks. Sometimes the rock-throwing escalates to tear gas. About two months ago, Border Policeman Michael Schwartzman lost an eye to a rock thrown by demonstrators. A number of soldiers have been injured less seriously. A total of some 160 Palestinians have been injured by rubber bullets, tear gas and beatings. At least one Palestinian demonstrator has lost an eye in one of the 60 demonstrations that have taken place.
Overrunning the village The demonstration last Friday was supposed to have been a routine one, but very soon it became clear that this time, someone in the IDF had decided to change things. At about 11 in the morning, two hours before the demonstration, soldiers blocked the entrances to the village to prevent the influx of Israeli demonstrators, and dozens of soldiers entered the village center. Their goal was clear. Major Moshe, one of the commanding officers, told the photographers who have been documenting the struggle from its outset: "There won't be any demonstration today." But nevertheless, it appeared that six months of joint Israeli-Palestinian demonstrations have done something to the children of the village. Instead of the usual reception that soldiers entering the village would receive - stones thrown at them a group of children could be seen improvising a dance before the soldiers and singing them slogans.
The prayers in the mosque ended at about 1 P.M. and the worshipers began to pour out. The atmosphere - in the pictures - still seems calm. Suddenly the soldiers began to hurl stun and tear-gas grenades toward the people leaving the mosque. The time printed on the videotape
http://dc.indymedia.org/media/all/display/26438
is 1:15. In the documentation by two cameras, no rock-throwing can be seen. The stun and tear-gas grenades fall right into the entrance to the mosque's yard. Only then, at about 1:30, did massive rock-throwing in the direction of the soldiers begin. This time, not only the children, not just the riffraff, but also the adults joined in.
The soldiers are seen firing rubber bullets. One fires his rifle into the air. Staff Sergeant Shai Malka, the deputy brigade commander of the Maccabim brigade, approaches Mohammed Khatib, a member of the village council, and shouts: "Today you will escape only by the skin of your teeth. Remove all the non-locals, otherwise things will be bad in the village. If you want, demonstrate alone. There will no longer be outsiders here - halas, enough!"
From one of the Jeeps, a loudspeaker blares in Arabic, "It is forbidden to loiter," the cry that usually announces a curfew. In order to remove all doubt, Malka gets out of his vehicle and calls out on the megaphone, in Hebrew: "Curfew in the village, curfew in the village - you are violating the curfew."
The statement made by the IDF Spokesperson's Office the next day said: "No curfew was imposed on the village."
These confrontations continued until about 3 P.M. when the soldiers left the village. Khatib reported that 12 people were injured, nine Palestinians and three reporters. None of the soldiers was injured.
Warning shotsA little after 1 P.M., a number of demonstrators phoned MK Zehava Gal-On of Yahad-Meretz and reported to her that there was shooting in the air and heavy firing of tear-gas and rubber bullets inside the village. She called Deputy Defense Minister Ze'ev Boim and asked him to look into the matter. When Boim got back to her, 45 minutes after the shooting had begun in the village, he told her that he had been told by the IDF that there was no firing of live ammunition in Bil'in or even shooting of the kind used to disperse riots. At approximately the same time, the IDF Spokesperson's Office issued its first formal statement, in which it explained explicitly about the use of riot-control means. In the response the office gave Haaretz on Saturday night, it said: "A senior IDF officer at the site had been forced to shoot warning shots in the air."
A little after 3 P.M., after the soldiers had left the village, the demonstrators set out for the fence route for their regular demonstration - about 100 people, about half Palestinians, half Israelis and foreigners. The videotape shows that it is very obvious that the soldiers are surprised. They apparently thought that the confrontations in the village had put an end to the demonstration. They hurry to block the road and the demonstrators sit down on the ground and chant slogans in Hebrew and Arabic. And then, without any warning, the soldiers throw stun grenades at the demonstrators. One of the soldiers rolls a tear-gas grenade at them and a demonstrator hurls it back in the direction of the soldiers. A soldier coughs and goes to wash his face. Khatib shouts to him in Hebrew: "Don't put water on the gas. Don't wash your face in water!" This entire time, not a single stone was thrown.
A young Israeli wearing a bicycle helmet approaches the soldiers and yells, "Get out of here." The soldiers start chasing him. Another Israeli, a young man with long dreadlocks flees, and then stumbles. Both cameras clearly show how a group of soldiers grab him and throw him to the ground. One of the soldiers moves away from the young man, takes aim and kicks him in the stomach with all his might, again and again. Another soldier kicks him in the back. The young man tries to get up and yells "Lunatic!" to the soldier that kicked him in the stomach, and once again, he is toppled to the ground. A number of soldiers lean over him and one chokes him while another drags him on the ground.
According to the official statement published by the IDF spokesperson: "An IDF soldier was attacked and struck by an Israeli left-wing activist. As a result, the soldier was injured lightly. The left-wing activist was arrested."
Said activist was in jail for 24 hours, after which one of the soldiers filed a complaint against him, claiming that he threw stones at him and struck him. He was released on bail.
I meet the activist in a Tel Aviv cafe. His name is Nimrod Ronen and he is 19 years old. He was born on Moshav Sde Nitzan and today lives in Tel Aviv, after doing a year of service with children with learning disabilities in Haifa. He started to participate in the Bil'in demonstrations about three months ago. While he was being dragged on the way to the Jeep, he explains, one of the soldiers kicked him in the stomach, another in the back, and a third pulled his hair.
"I didn't feel pain," he says, "I felt humiliated. And what hurt the most was that I was being beaten by guys my own age. They have discretion and that is what they are doing."
Ronen plans to file a complaint against the soldiers that struck him. The procedures launched against him will continue. His attorney, Gabi Lasky, showed the prosecution with the videotape documenting the event, and she obtained a continuance for the proceedings. One of the videotapes can be seen on the Indymedia Internet site. The tapes were also sent to the IDF spokesperson with a list of questions regarding the reasons why the soldiers entered the village, why they used riot-dispersal methods without warning and why the demonstrator was beaten.
The IDF spokesperson's laconic response: "In the wake of the demonstration that occurred in Bil'in on last Friday, an investigation has been launched to clarify the behavior of the soldiers."
The crackdown is happening despite an editorial in the liberal-centrist daily Ha'aretz, which decries the supression of the Bil'in protests, and questions the legitimacy of building the fence in Bil'in, noting its location is to isolate village farmland behind Israel's wall in order to build more illegal colonies:

(3) Ha'aretz, 7. November 2005.
(3eng) Meron Rapaport, ?Bil?in residents: Undercover troops provoked stone-throwing,? Haaretz, 14 October 2005
http://www.palestinemonitor.org/nueva_web/updates_news/news/undercover_troops.htm
; David Ratner, ?Bil?in Protesters,? Haaretz, 7 November 2005.
http://www.palestinemonitor.org/nueva_web/updates_news/updates/undercover_troops.htm

(4) Ha'aretz, 8. Januar 2006.

(5) Siehe den Bericht des israelischen Rechnungshofs No. 51a (2000), S. 201-218.
(5eng) The settlers ?transfer the land they purchased to the custodian, who declares it state land. This enables the planning process to start. The custodian allocates the land to the purchaser in the framework of the planning-authorisation agreement, and then for development, for no consideration.?
For documentation of such a case, see State Comptroller,.

(6) Im Dezember 2005 bauten Aktivisten aus Bil'in ebenfalls ein kleines Haus auf einem palästinensischen Grundstück jenseits des Trennzauns, wobei sie argumentierten, sie hätten das Recht, auf ihrem Land zu bauen, solange nicht ein einziges der Siedlungshäuser abgerissen sei. Das Haus bekam den Namen "Zentrum für den gemeinsamen Kampf für den Frieden". Siehe dazu Ha'aretz, 23. Dezember 2005.

(7) Sharon Kedmi, "Dania Cebus is to build in Modi'in Illit", Globes, 15. August 2004.

(8) Siehe http://www.btselem.org/Download/200512_Under_the_Guise_of_Security_Eng.pdf

(9) Das Opfer des Anschlags verlor dabei beide Beine. Siehe das Interview mit Era Rapaport in Ma'ariv, 5. April 2002.

(10) Siehe Ha'aretz, 3. und 8. Januar 2006; Shosh Mula und Ofer Petersburg, "The Settler National Fund", http://www.peacenow.org/hot.asp?cid=247

(11) Haaretz, 16. September 2005.

(12) Siehe Mula und Petersburg (Anm. 10).

(13) Siehe Gadi Algazi, "The Upper-Class Fence", unter http://www.kibush.co.il/show_file.asp?num=5086

(14) The Israel Central Bureau of Statistics, "Characterizing Local Councils and Ranking them according to the Socio-Economic Position of their Population", Februar 2004.

(15) Alle Zitate aus: Tamar Rotem, "The Price is right" in: Ha'aretz, 23. September 2003.

(16) Siehe die Artikel in Ha'aretz, 24. 3. 2005 und Ma'ariv, 24. 10. 2005; s. a. Rafael Marques, "Lundas - The Stones of Death: Angola's Deadly Diamonds":

http://www.niza.nl/docs/200503141357095990.pdf

(17) Siehe Protokolle des Knesset-Ausschusses für Naturwissenschaft und Technologie vom 29. Juni 2004.

(18) Ma'ariv, 11. November 2005.

(19) Ha'aretz, 17. Januar 2005.

(20) Ha'aretz, 19. September 2005.

(21) Ma'ariv (Anm. 18).

Original text in English
Commercial and political exploitation of stolen land
Settlers on Israel?s eastern frontier
http://mondediplo.com/2006/08/04settlers
Gadi Algazi teaches history at Tel Aviv university and is a founder of the Arab-Jewish movement Ta?ayush
http://www.taayush.org/

Editorische Anmerkungen

Quelle:  http://mondediplo.com/2006/08/04settlers
Übersetzung von Niels Kadritzke, erschienen am 18.08.2006 bei Indymedia