Joachim Rücker
Chef in Kosova/o

von Max Brym
09/06

trend
onlinezeitung

Der deutsche Diplomat Joachim Rücker ist ab 1. September UN- Protektoratsleiter in Kosova. Nach dem Rückzug des dänischen Politikers Jessen-Petersen, vom Posten des Leiters der UNMIK-Mission wurde der ehemalige Bürgermeister von Sindelfingen, Joachim Rücker zum Nachfolger ernannt. Joachim Rücker arbeitete im Dienst des „Auswärtigen Amtes“ in Deutschland bevor er nach Kosova delegiert wurde. 

In Kosova leitete der Sozialdemokrat Rücker das „vierte Büro der UNMIK“. Diese Stelle ist für die Privatisierung der Wirtschaft in Kosova verantwortlich. Außerdem war Rücker Boß der KTA ( Kosova-Treuhand-Agentur). Die Menschen in Kosova haben Joachim „Jogi“ Rücker als energischen und autoritären Wirtschaftsdiktator kennengelernt. Rücksichtslos setzte sich Rücker gegen die Arbeiter in Drenas durch, die den Verkauf des relativ modernen Industriegiganten Ferronikel an die Firma Alferon zu einem Spottpreis verhindern wollten. Herr Rücker ist ein neoliberaler Politikapostel der an keinem einzigen Punkt, die sozialen Interessen der Menschen in Kosova berücksichtigt. Er negiert den Eigentumsanspruch der kosovarischen Arbeiter an ihren Produktionsanlagen, er nimmt Massenarbeitslosigkeit und Elend billigend in KAUF. Rücker arbeitet auf der Basis von Gesetzen aus der Milosevic-Ära. Einst zwang Milosevic die Arbeiter „Aktionäre“ zu werden, mit einem Anteil von 20% an den Fabriken, damit wurden die Arbeiter und Arbeiterinnen de facto enteignet. Der Weg von Milosevic in Richtung Privatisierung wird von Rücker in neuer Form fortgesetzt. Wenn Rücker eine Produktionsanlage meist weit unter Wert und ohne die Belegschaften zu befragen verscheuert, stehen den Arbeitern nur 20% vom Verkaufspreis zu. Der Rest wird auf einem Treuhandkonto geparkt, um den serbischen Staat und die von Milosevic protegierten Investoren abzufinden. Die ökonomische Bilanz von Rücker in Kosova ist verheerend. Meist gibt es keinen Strom, die Arbeitslosigkeit liegt offiziell bei knapp 50%. Die wirkliche Zahl der Arbeitslosen dürfte an die 70% heranreichen. Reguläres Arbeitslosengeld gibt es in Kosova nicht. Zwar gibt es eine Art Sozialhilfe von 25 bis 35 Euro im Monat, die aber nur gewährt wird wenn kein Verwandter im westlichen Ausland und kein Esel existiert. Die Arbeiter und Arbeiterinnen erhalten im Schnitt 135 Euro im Monat ( wenn es wirklich ausbezahlt wird). Nach einer Studie der Weltbank leben 50% der Menschen in Kosova in Armut, sowie 11% in extremer Armut mit weniger als einem Dollar pro Tag. Um all das kümmerte sich Rücker nicht, er versucht ausländische Investoren mit günstigen Anlagepreisen, Billiglöhnen und weitgehender Steuerbefreiung ins Land zu locken. Dem Lockruf sind bis jetzt trotz des Rohstoffreichtumes von Kosova nicht allzuviele Investoren gefolgt. Meist vergab Joachim Rücker Optionsscheine zb. für die Mine Stan-Terg bei Mitrovica, sowie für den Braunkohlereichtum des Landes. Das meiste was bis dato privatisiert wurde waren Kleinbetriebe, die in die Hand der örtlichen Mafia-Bourgeoisie gerieten. Rücker steht nach eigenen Aussagen für eine Beendigung der UNMIK Mission in Kosova. Er will der „letzte Leiter der UNMIK-Mission“ sein. Rücker gesteht allerdings den Menschen in Kosova nicht das Selbstbestimmungsrecht zu. Alles deutet bei den „Statusverhandlungen“ in Wien auf die  sogenannte „ beschränkte Unabhängigkeit Kosovas“ hin. Aus dem UNMIK Protektorat soll ein EU- Protektorat werden. Den Übergang Kosovas unter das Kommando der EU will die europäische Zentralmacht Deutschland direkt organisieren.

Albanische Politiker loben Rücker

Trotz seiner vernichtenden ökonomischen Bilanz wird Joachim Rücker, von den Vertretern der LDK, der PDK und der AAK gegenwärtig in den höchsten Tönen gelobt. Der Sprecher der LDK Lulzim Zeneli, erklärte zur Person Rücker: „ Es ist bekannt, dass Rücker ein dynamischer Mensch ist, der den Prozess der Privatisierung entscheidend bewegt hat.“ Der stellvertretende Parteisekretär der PDK, Bajram Rexhepi sagte: „ Rücker ist eine gute Wahl für den Posten des UNMIK-Leiters. Seine Nominierung wird Kosova nützen.“ Ähnlich äußerten sich auch Vertreter der AAK und der Partei ORA. Umfragen unter der Bevölkerung zur Person Rücker, wurden wohl vorsorglich nicht in Auftrag gegeben. Die Meinung der Arbeiter und der sozial verarmten Bevölkerung dürfte deutlich anders ausfallen, als die Positionierungen aus der privilegierten politischen Kaste.

 

Erläuterungen: LDK= Demokratische Liga Kosovas PDK= Demokratische Partei Kosovas AAK= Allianz für die Zukunft Kosovas ORA= Die Stunde

 

Editorische Anmerkungen

Der Text wurde uns vom Autor zur Veröffentlichung überlassen.