Aufstand im Gefängnis von Abepura

von
West Papua Netzwerk
09/06

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In den letzten beiden Tagen hatten sich die etwa 500 Gefangenen (Häftlinge und Untersuchungshäftlinge) im Gefängnis von Abepura (West-Papua) mit ihrem Mitgefangenen Nelson Rumbiak solidarisiert, der am 28. August 2006 nach seiner Rückkehr von einer Gerichtsverhandlung vor dem Gefängnisgebäude von Polizisten so verprügelt worden war, dass er mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden musste (siehe E-Informationsbrief Nr. 180 vom 29. August 2006).

Die Gefangenen streiken und verweigern jede Zusammenarbeit mit der Polizei und der Staatsanwaltschaft. Die Verurteilten und Angeklagten im Abepura II-Fall lehnen es ab, an weiteren Gerichtsverhandlungen im Landgericht (Pengadilan Negeri Jayapura) teilzunehmen, es sei denn, dass der Polizeipräsident von Papua (Kapolda), Tommy Jacobus, schriftlich ihre Sicherheit garantiert. Die 8. Prozesssitzung im Abepura II Fall musste daher vertagt werden.
Der Staatsanwalt, Yulius Teuf, war ins Gefängnis gekommen um sowohl die Angeklagten, als auch die Verurteilten, die als Zeugen vorgeladen sind, zu überreden, wieder an den Gerichtsverhandlungen teilzunehmen. Ohne Erfolg. Der Staatsanwalt musste das Gefängnis verlassen und mehrere Personen (es ist noch nicht geklärt wer sie sind) demolierten sein Automobil mit Steinen. Auch blockierten die Inhaftierten die Tore des Gefängnisses um Polizei und Staatsanwaltschaft jeden weiteren Zutritt zu verwehren.

Der Staatsanwalt schloss Gewaltanwendung gegen die Inhaftierten aus, da man sie nicht provozieren wolle. Er betonte, dass die Gefangenen über viele Steine verfügten und man verhindern müsse, dass diese als Waffen eingesetzt werden.

Der vorsitzende Richter, Morris Ginting, lehnte jede Verantwortung für die entstandene Situation ab. Die Staatsanwaltschaft hätte es zu verantworten, dass die Gerichtsverhandlungen vertagt werden mussten.

Der Direktor der Justizvollzugsanstalt, Yohanes Yarangga, versicherte, dass er für die Sicherheit der Inhaftierten sorge, solange sie sich innerhalb des Gefängnisses aufhalten. Die Polizei habe kein Recht, ohne Sondergenehmigung das Gefängnis zu betreten.

Kirchenführer beim Polizeipräsidenten

Am 29. August, vormittags um 10 Uhr, kamen der Vorsitzende der Protestantischen Kirche (GKI-TP), Pfarrer Corinus Berotabui, und einige Superintendenten von Kirchenkreisen in Begleitung der Anwältin von Nelson Rumbiak ins Polizeipräsidium. Der Polizeipräsident soll sich aber trotz der gespannten Lage nicht in der Provinz Papua aufhalten. Der Vizepolizeipräsident, Max Donald Aer, sowie Polizeikommissar Paulus Waterpauw stellten sich jedoch den Fragen der Delegation. Letztere erstattete bei dieser Gelegenheit Anzeige wegen des gewalttätigen Angriffes auf Nelson Rumbiak und forderten, dass die Beamten gemäß den Gesetzen des Landes bestraft werden. Auch forderten sie, dass die Sicherheit der Inhaftierten, sowohl im Gefängnis als auch während der Prozessverhandlungen gewährleistet sei. Auch die Familienangehörigen der betroffenen Inhaftierten und ihrer Anwälte sollten geschützt werden.

Der Vizepolizeipräsident brachte seine große Sorge zum Ausdruck und entschuldigte sich für die Vergehen der Polizeibeamten, die für die Anwendung von Gewalt gegen die Inhaftierten verantwortlich sind. Er versprach, sie werden sich nicht nur vor einem zivilen Gericht, sondern auch vor der Ethikkommission verantworten müssen. Falls ihre Schuld bewiesen wird, werden sie aus dem Dienst der Polizei ausgeschlossen. Der Name eines für die Tat verantwortlichen Polizisten wurde sogar genannt: Nofril O., Beamter einer lokalen Polizeieinheit (Dalmas Polresta Jayapura). Nach letzten Berichten gilt Nofril O. inzwischen offiziell als Angeklagter und ist festgenommen worden. Der Polizeichef von Jayapura, Drs. Taufik Pribadi, sagte, dass Nofril O. aufgrund des Gesetzes Nr. 351 Absatz 1 (KUHP) angeklagt werde. Ein Polizeibeamter dürfe sich nicht provozieren lassen. Die Haltung des Beamten repräsentiere jedoch keineswegs den Charakter der Polizei.
Polizeikommissar Paulus Waterpauw rechtfertigte die Gewalttat der Polizisten indem er erklärte, dass diese verärgert waren, dass man den Namen ihres Kommandanten im Gerichtssaal in Zusammenhang mit den Folterungen in der Untersuchungshaft genannt habe (tatsächlich wurde auch Waterpauw beschuldigt, an den Folterungen beteiligt gewesen zu sein).

Im Talar vor dem Gefängnis

Kommissar Paulus Waterpauw hat damit gedroht, die Inhaftierten im Abepura II-Fall wieder in Polizeigewahrsam zurückzubringen, wo sie über drei Monate lang gefoltert worden waren. Heute Nacht (31. August 2006) sollen sich immer mehr Einheiten der Sicherheitskräfte vor dem Gefängnis zusammenziehen. Aber auch Studenten strömen zum Gefängnis, um einen Ansturm der Sicherheitskräfte zu verhindern. Außerdem wachen die Anwälte und viele Pfarrer, darunter der Präses der Protestantischen Kirche (GKI-TP), in ihren Talaren vor dem Gefängnis von Abepura. Sie bekunden ihre Solidarität mit den Häftlingen und demonstrieren friedlich für die Würde und die Rechte der Menschen in West-Papua (uh)

Quellen: Cenderawasih Pos, 31 Agustus 2006 (Tahanan Bentrok Abe Mogok, Sidang Ditunda; Oknum Samapta yang Pukul Tahanan Diproses); Situasi terkini tahanan kasus bentrok 16 Maret 2006 (Tim Advokasi Kasus 16 Maret: 29-30 August 2006); Mitteilungen von Menschenrechtlern vor Ort.

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Editorische Anmerkungen

Diesen E-Informationsbrief Nr. 181 vom 31. August 2006 erhielten wir von den AutorInnen zur Veröffentlichung.