Erscheinung -
Gesamtheit der äußeren Eigenschaften der Dinge, Prozesse
usw., die uns durch die Sinne, durch die Anschauung, die
unmittelbare Erfahrung gegeben sind.
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Der
Begriff «Erscheinung» bildet den dialektischen Gegensatz zum
Begriff «Wesen». Im Gegensatz zum Wesen hat die Erscheinung
einzelnen, zufälligen und veränderlichen Charakter. Sie
weist sowohl wesentliche als auch unwesentliche Merkmale
auf. Da die unmittelbare Erfahrung uns nicht mehr erkennen
läßt als die Erscheinung, bedeutet ein Verweilen bei ihr -
theoretisch gesehen - die Festlegung auf den Empirismus
und birgt subjektiv-idealistische und
agnostizistische Konsequenzen. |
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Es ist eine der Hauptaufgaben der Wissenschaft, den
jeweiligen dialektischen Widerspruch zwischen Erscheinung und
Wesen zu überwinden. Das theoretische Denken erschließt,
ausgehend von der Erscheinung, das Wesen der Dinge. Der
Prüfstein für die Richtigkeit der dabei gewonnenen Begriffe,
Theorien usw. ist die Praxis. Die Beschränkung auf die
Erscheinung zieht in der praktischen Politik, im
gesellschaftlichen Verhalten der Menschen zwangsläufig
Verhaltensweisen wie Praktizismus, Opportunismus usw.
nach sich. Eine wissenschaftlich begründete gesellschaftliche
Tätigkeit der Menschen, insbesondere eine wissenschaftlich
betriebene Politik, hat die Aufgabe, von der Erscheinung zum
Wesen der gesellschaftlichen Prozesse vorzudringen bzw. von
ihrem Wesen und nicht von ihrer äußeren Erscheinung auszugehen.
In einer anderen Bedeutung wird der Begriff
«Erscheinung» im Hinblick auf eine bestimmte Gesamtheit
materieller oder ideeller Objekte, Prozesse usw. verwendet. In
diesem Sinne wird etwa von Naturerscheinungen,
gesellschaftlichen Erscheinungen, psychischen Erscheinungen usw.
gesprochen. Der so verstandene Begriff «Erscheinung» ist
verwandt mit Begriffen wie «Gegenstand», «Ding», «Prozeß» usw.
Editorische
Anmerkungen
Der Text wurde entnommen
aus:
Buhr, Manfred,
Klaus, Georg
Philosophisches Wörterbuch Band 1, Berlin 1970, S.327
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