Betrieb & Gewerkschaft
Krefeld: Trotz Sanierungsvertrag Massenkündigungen…!?
Pressemitteilung von VBL-Beschäftigten und dem Solidaritätshaus Krefeld (DIDF) 

09/08

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Seit Jahren bringen die Beschäftigten von VBL finanzielle Opfer, um die Firma und die Arbeitsplätze zu retten. Zuletzt haben sie 2002 auf Teile der Jahressonderzahlung verzichtet, drei Monate später wurden trotzdem über 20 Leute entlassen. Ende 2006 wurde ihnen wieder ein Sanierungskonzept aufgezwungen, dass zwei Stunden Arbeit pro Woche unbezahlt bedeutete und die Jahressonderzahlung von 100 auf 75 % reduzierte. Für 2008 sollte die Jahressonderzahlung auf 50 % reduziert werden und die Wochenarbeitszeit auf 40 erhöht, aber nur 38,5 bezahlt werden. Dafür sollte es keine Kündigungen geben. Viele haben schon damals nicht geglaubt, dass das funktionieren würde. Seit Mai sind die Aufträge ganz gewaltig eingebrochen, vor allem im Futterstoffbereich, der Hauptproduktionsquelle der Firma. So wurde Anfang Juni zunächst verkündet, dass 35 Personen entlassen werden müssten. Nicht ganz zwei Wochen später war dann von 80, also einem Drittel der Belegschaft die Rede. Wenn nicht, dann gäbe es die Pleite, also Insolvenz. In einem Rekordtempo wurden Sozialplanverhandlungen und Interessensausgleich verhandelt und seit dem 13. August sind nun 71 betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen worden. Es ist im Moment unklar, ob es dabei bleibt oder noch mehr Leute entlassen werden. Aber die Auslagerung von Futterstoffproduktion aus Europa, der extreme Rückgang der Aufträge, die leeren Fabrikhallen, wochenlang stillstehende Maschinen deuten immer mehr an, dass der strukturelle Niedergang des Betriebes nicht mehr aufzuhalten ist. Auslagerungen nach Portugal, China, Korea und keine Steigerung in der Produktion technischer Textilien gehen weiter. Kapitalistische Globalisierung läuft nach dem Gesetz, dass menschliche Würde und Lebensrecht erst an letzter Stelle stehen.

Viele Kolleginnen und Kollegen glauben, dass die Kündigungen nicht mehr verhindert werden können. Um nicht dem weiteren Einbruch des Futterstoffs in den nächsten Jahren immer wieder Entlassungen folgen zu lassen, sollte jetzt eine radikaler Schnitt vollzogen werden: 80 Leute bei VBL, 60 bei ULM und 21 bei Devetex sollen entlassen werden. Damit soll Futterstoff endgültig nur noch Randprodukt werden und nur noch technische Textilien übrig bleiben. Wir ließen uns dies in der Tarifkommission erläutern, im Betriebsrat, von Wirtschaftsprüfern der IG Metall bestätigen: VBL und ULM sind praktisch insolvent, Devetex hat als Handelsgesellschaft finanzielle Reserven. Die Beschäftigten haben von den Plänen der Geschäftleitung erst sehr spät erfahren. Viele ältere Kolleginnen und Kollegen sind „angesprochen“ worden, ob sie nicht vorzeitig über eine Transfergesellschaft und Arbeitslosigkeit in Rente gehen wollen.

Diese Kolleginnen und Kollegen werden jetzt so schnell wie möglich vom Betrieb „entsorgt“. Als Möglichkeit bleibt ihnen allen nun die „Auffanggesellschaft“, in der sie für die doppelte Zeit ihrer Kündigungsfrist, längstens aber ein Jahr 80% ihres Nettogehaltes bekommen. Bei VBL wird ohnehin nur wenig verdient und bei 80% Netto kommen viele, die als Alleinverdienende eine Familie zu unterhalten haben an die Grenze der finanziellen Möglichkeiten. Die Entscheidung für die Auffanggesellschaft wird den Kollegen aufgezwungen: Nur bis zum Mittwoch, 20.08. haben sie für ihre Entscheidung Zeit. Wer nicht in die Auffanggesellschaft geht, hat mit finanziellen Nachteilen zu rechnen. Alle stehen mit dem Rücken zur Wand, weil niemand weiß, ob die Firma wirklich noch lange existiert.

Fehler der Geschäftsleitung der vergangenen Jahre, als sich gemeinsam mit dem Oberbürgermeister der Stadt Krefeld vor die Presse gestellt wurde: Der Textilstandort Krefeld ist für die nächsten Jahre gesichert, hieß es noch vor drei Jahren. Auffanggesellschaft, Sozialplan, Sanierungsvertrag und Verzicht. Wir fordern als Kolleginnen und Kollegen, dass die Kündigungen zurückgenommen werden. Die Firma wird mit dem Verlust von einem Drittel der Belegschaft nicht mehr weiterexistieren können. Viele Arbeiten können nicht mehr gemacht werden und müssen liegen bleiben. Wie soll damit dann noch das notwendige Geld erwirtschaftet werden, um die Firma aufrechtzuerhalten?Immer, auch bei VBL fällt in einer Krise dem Arbeitgeber nur ein, Leute zu entlassen. Das, so glauben die Kolleginnen und Kollegen, ist ein Fehler. Warum soll die Belegschaft für die Fehler des Managements bluten?

Wir fordern ein „Zukunftskonzept“ für VBL mit Phantasie und ohne Entlassungen!

Editorische Anmerkungen

Der Artikel erschien auf der Website des DIDF Solidaritätshaus Krefeld. Wir spiegelten von dort.