Pakistan: Ein Land im imperialistischen Schraubstock

von Roman Birke

09/08

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Spaziert man durch die Straßen von Lahore, so springt einem sofort die  unglaublich ungleiche Entwicklung innerhalb der pakistanischen Gesellschaft ins Auge. Es ist keine Seltenheit, dass ein luxuriös ausgestattetes japanisches Auto an einem von einem Esel gezogenen Holz-Wagen vorbeirast. Während dies natürlich nur eine oberflächliche  Beobachtung ist, gibt es auch einen materiellen Hintergrund für dieses  Bild auf den meisten Straßen Pakistans.

Ökonomisch ist Pakistan zahlenmäßig von halb-feudal organisierter agrarischer Produktion dominiert. Gleichzeitig gibt es jedoch auch eine relativ entwickelte Industrieproduktion und einen hochentwickelten finanzkapitalistischen Sektor. Kurz und gut: In der pakistanischen
Gesellschaft existieren Klassen aus unterschiedlichen geschichtlichen  Epochen zur gleichen Zeit nebeneinander.

Die nach wie vor massive Rückschrittlichkeit in den meisten Produktionsbereichen ist ein unmittelbares Resultat des imperialistischen Systems. Während die bürgerlichen Ideologen und ihre Think-Tanks versprochen haben, dass die Öffnung von Märkten und die stärkere Integration von Ländern in einen Weltmarkt Ungleichheiten und Armut beseitigen würden, ist genau das Gegenteil eingetreten. Zu schlechter werdenden sozialen Indikatoren kommen noch die Resultate der ökonomischen Krise wie massive Verteuerung der Lebensmittel oder Energieknappheit.

Gleichzeitig ist Pakistan ein Schlüsselland für den sogenannten „Krieg gegen den Terror“. Ungefähr 2/3 der südlichen Grenze teilt sich Pakistan mit Afghanistan, das andere Drittel mit dem Iran. Es war deshalb eine Schlüsselaufgabe für die USA und ihre Verbündeten, Pakistan für diesen Krieg zu gewinnen. Aufgrund der pakistanischen Geschichte, in der oft
diverse islamistische Organisationen finanziell unterstützt wurden, hieß dies jedoch oftmals Organisationen und Einzelpersonen anzugreifen, die eben früher unterstützt wurden.


Unter Berücksichtigung dieser explosiven Situation und der sich verschärfenden politischen und militärischen Krise in Afghanistan haben die USA in den letzten zwei Wochen zwei direkte militärische Angriffe auf pakistanischem Territorium verübt. Bei einem Anschlag am 3. September landeten US-Hubschrauber in Süd-Waziristan und setzten Bodentruppen ab. Diese töteten rund 20 Menschen, die meisten davon Frauen und Kinder. Am 8. September wurden ca. 25 Menschen durch einen Angriff einer Drohne getötet.

Es ist klar, dass die massiven Probleme Pakistans in erster Linie das Resultat der imperialistischen Beeinflussung und Kontrolle sind. Es ist deshalb eine wichtige Aufgabe aller fortschrittlichen Kräfte, diese Angriffe der USA nicht nur aufs schärfste zurückzuweisen, sondern auch jeglichen Widerstand gegen die imperialistische Militärmaschinerie zu unterstützen. Gleichzeitig dürfen jedoch auch nicht die Augen vor den politischen reaktionären Konzepten unterschiedlicher islamistischer Widerstandsgruppen verschlossen werden. Die Bekämpfung deren politischer Führung ist deshalb mindestens genauso wichtig wie die Unterstützung von konkreten Aktionen des antiimperialistischen Widerstandes.

Editorische Anmerkungen

Der Artikel von Roman Birke erschien in: BEFREIUNG Nr. 167, 11.9.2008, Zeitung der Liga der Sozialistischen Revolution (LSR), /( www.sozialistische-revolution.org ). Roman Birke/ /ist LINKE-Kandidat und Sprecher der/ Liga der
Sozialistischen Revolution.

Wir erhielten den Artikel zur Zweitverwertung durch die LSR.