Allgemeine Krise, zyklische Krise und Börsenkrach

von der Gruppe KAZ

09/08

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Die Große Krise 1929 bis ...

Bereits bei der Benennung und erst recht bei der zeitlichen Eingrenzung der sog. Weltwirtschaftskrise scheiden sich die Geister – und die Interessen. Zum Beispiel behaupteten die Nazis, die Weltwirtschaftskrise, deren Tiefpunkt tatsächlich im Sommer 1932 überschritten wurde, habe bis 1933 gedauert, und es sei das ausschließliche Verdienst der Hitleristen, in Deutschland die Krise überwunden zu haben. Natürlich sprechen auch sie von einer Weltwirtschaftskrise. Gerade dadurch versuchen sie zu vertuschen, dass ein bedeutendes Land, die UdSSR nämlich, gerade aus dieser – kapitalistischen – Welt ausgeschieden war und planmäßig daran ging, ihre von Krieg, Bürgerkrieg und Blockadepolitik der imperialistischen Mächte zerrüttete Wirtschaft aus eigener Kraft wieder aufzubauen.

Nach eindeutigen Unterlagen sind Krisensymptome in allen imperialistischen Ländern mit Ausnahme der USA lange vor dem Oktober 1929 und dem Börsencrash an der New Yorker Wall Street zu  verzeichnen. Selbst nach Abschluss der auf den 1. Weltkrieg folgenden Krise (bis 1924) erholten sich  die Ökonomien der imperialistischen Länder zumindest in Europa nicht mehr wie in den Konjunkturzyklen des 19. Jahrhunderts. Davon betroffen waren damit natürlich auch die Kolonien und  Halbkolonien in Asien, Afrika und Südamerika, deren Konjunktur weitgehend abhängig von den  „Mutterländern” war. Chronische Krisenerscheinungen wurden der ständige Begleiter der  wirtschaftlichen Entwicklung: Chronische Massenarbeitslosigkeit, chronische Unterauslastung der  Produktionskapazitäten, chronische Agrarkrise. Marxisten haben dies als allgemeine Krise des  Kapitalismus bezeichnet, in der sich die Unfähigkeit des Kapitalismus, die Produktivkräfte der  Gesellschaft zu nutzen, dauerhaft zeigt, und seine strukturelle Fäulnis offenbar wird.[1]

Allgemeine Krise, zyklische Krise und Börsenkrach

Die eigentliche zyklische Krise wiederum beginnt in den USA nicht mit dem 24. Oktober 1929, dem  „Schwarzen Freitag”, (der eigentlich ein Donnerstag war; die Vorgänge aber erst am folgenden Tag in  Europa bekannt wurden und in dessen Gefolge die Kurse an der amerikanischen Börse innerhalb  weniger Tage um über 40% fielen), sondern bereits im Frühsommer 1929. Sie beginnt eben nicht mit  einem „Zerplatzen der Seifenblase”, sondern mit dem Erlahmen der Akkumulation von Kapital in der  Industrie (es werden also keine oder deutlich weniger Maschinen, Ausrüstungen etc. angeschafft).

Überproduktion wird sichtbar und erhöhte Lagerbildung in der Industrie. Schließlich wird die
Produktion zurückgefahren, speziell auch in der damals noch jungen, in den USA rasant
gewachsenen Automobilindustrie. Erst als deutlich wird, dass die an der Börse gehandelten  Anteilsscheine keinen Anteil am Profit erhalten, weil Profit nicht mehr gemacht und keine Dividende  ausgeschüttet wird. Erst als deutlich wird, dass mit der Gefahr des Bankrotts ganzer Unternehmen  auch deren Aktien nur noch Papierwert besitzen würden, erst da bricht die Börse ein. Das ist  wohlgemerkt der historisch-konkrete Verlauf 1929 und wir behaupten nicht, dass alle Börsencrashs  nach diesem Muster funktionieren. Bevor aber von „Blasen” gesprochen wird und daraus eine Theorie  gemacht wird, sollte die ökonomische Wirklichkeit und die politische Situation untersucht werden, die realwirtschaftlichen Vorgänge in Bezug zur Entwicklung an den Börsen gebracht werden, die  Bedingungen für Stabilität bzw. Instabilität untersucht sein und die objektive Interessenlage der  beteiligten Akteure und deren subjektive Wahrnehmung. Beginnen wir mit der subjektiven Wahrnehmung: „[2]

,Prosperität für immer‘  so lautete das Schlagwort. In zwei dicken Bänden (Recent Economic Changes, New York 1929), die Mitte 1929 erschienen sind, untermauerten die ‚wissenschaftlichen‘ Ideologen der Bourgeoisie der  Vereinigten Staaten von Amerika, mit Hoover an der Spitze, durch ein gewaltiges Zahlenmaterial die  offizielle Lehre von der niemals endenden Prosperität. ,Der gewaltige natürliche Reichtum des Landes‘  und die ‚unersättliche Nachfrage‘ (,unsatiable demand‘) wurden als die Grundpfeiler der ständigen
Prosperität bezeichnet. In den Lehren der bürgerlichen Vulgärökonomie befangen, hatten diese  Herren – wie immer in der Prosperität – vergessen, dass im Kapitalismus die Entwicklung der  Produktivkräfte nach einer gewissen Dauer der Prosperität an die Schranke der beschränkten  Konsumtionskraft der breiten Masse stößt. Sie wurden wie immer von der Krise überrascht,  überrumpelt.[3] Die Illusion der ständigen Prosperität ist zerschlagen. Der gewaltigste Börsenkrach in  der Geschichte des Kapitalismus, durch den Millionen Menschen ihr Vermögen verloren haben, der  Rückgang der Produktion in den wichtigsten Industrien von 20 bis 70 Prozent, der Bankrott unzähliger  Unternehmungen, all dies erteilt den Ideologen der Prosperitätslehre eine schmerzliche Lektion in  marxistischer Dialektik.”[4]

Der Börsenkrach überrascht alle – fast alle  Varga durfte sich so äußern. Er hatte im Januar 1929, also acht Monate vor dem Wall-Street-Crash,  ausgeführt: „Was die künftige Entwicklung der Konjunktur anbelangt, so ist es schwer, für die  Vereinigten Staaten etwas Bestimmtes zu sagen, da sich der Konjunkturverlauf im ganzen Kapitalismus in der Nachkriegszeit offenbar geändert hat, beziehungsweise der Vorkriegsrhythmus  sich infolge der Störungen des Weltkriegs noch nicht wiederhergestellt hat und wahrscheinlich  überhaupt nicht wiederherstellen wird, da ein neuer Weltkrieg immer greifbarer heranrückt. (!!!)  Wenn wir die Depressionen in den USA, im Frühjahr 1924 und in der zweiten Hälfte 1927 als Konjunkturphasen betrachten, wenn wir also die Ansicht Mitchels annehmen, dass es in den  Vereinigten Staaten gegenwärtig einen industriellen Zyklus von ungefähr 3 1/2 Jahren gibt, so müsste  man für 1929 eine Hochkonjunkturphase erwarten, wie es die meisten Wirtschaftler in den USA,  tatsächlich tun. Andererseits ist es klar, dass die starken Widersprüche im amerikanischen  Wirtschaftsleben durch die kurze Depression im vorigen Herbst nicht einmal eine vorübergehende  Lösung gefunden haben, dass die Überproduktion im Automobilbau und im Bauwesen weiter droht  und ein Börsenkrach früher oder später unvermeidlich ist; unter diesen Umständen halten wir die  Voraussage einer Andauer der Hochkonjunktur im Jahr 1929 für keineswegs gesichert.”[5]

So brachte Varga die subjektive Wahrnehmung des revolutionären Proletariats von der ökonomischen  Entwicklung zum Ausdruck. Sie entsprach auch dem objektiven Interesse der Arbeiterklasse an der  Überwindung des Kapitalismus. Die subjektive Wahrnehmung entsprach nicht zuletzt der Wirklichkeit  des Kapitalismus, dessen Produktivkraftentwicklung regelmäßig an die Grenzen der privaten  Aneignung, an die Grenzen der Profitmacherei und damit an die Grenzen der dadurch notwendig  erzeugten Armut stößt.

Demgegenüber steht die Wahrnehmung der Finanzkapitalisten, die geprägt ist von der
Rechtmäßigkeit und Ewigkeit ihres Eigentums und ihrer Herrschaft. Mag dagegen die Wirklichkeit  noch so sehr rebellieren, ihre Antwort ist: Verschleierung der Widersprüche, Verbreitung von  Illusionen, Betrug am Publikum (in selteneren Fällen in Verbindung mit Selbstbetrug) und  Unterdrückung von jedem und allem, die dem entgegenstehen. Wie diesem Druck innerhalb der  Arbeiterklasse nachgegeben wurde, zeigt z.B. die deutsche Sozialdemokratie, die in diesen Jahren  die Theorie vom organisierten Kapitalismus erfand, in dem Krisen und Krieg keinen Platz mehr haben  sollten.

Dementsprechend war die subjektive Wahrnehmung der Finanzkapitalisten nach dem 24. Oktober  1929 (nicht zuletzt als Variante, um auch bei sinkenden Kursen noch zu verdienen):  „Wenn einige Tage an der Börse eine Beruhigung eintrat, versicherten die führenden Kapitalisten  jedes Mal, die Krise sei vorüber, es sei wieder Zeit, Aktien zu kaufen. ‚Am 30. Okt. erklärte der alte  Rockefeller, die Krise sei definitiv überwunden! Die Geschäftslage sei vollkommen zufrieden stellend  und die meisten Papiere ständen auch heute noch viel zu niedrig. Sowohl er wie sein Sohn kauften  große Mengen solider Papiere als Kapitalanlage‘” (Neue Freie Presse vom 30. Okt. 1929)[6]

Der Mangel treibt die Börse an

Varga dagegen erläutert die Ursachen für die Bewegungen an der Börse: „Die ökonomische Basis dieser alles in der Geschichte übersteigenden Spekulation ist der Umstand, dass es bei der herrschenden Stellung des Monopolkapitals in der Produktion fast unmöglich ist, Kapital als  industrielles, die Durchschnittsprofitrate abwerfendes Kapital anzulegen. Entweder sind die  Rohstoffquellen in Monopolbesitz oder braucht man so riesige Summen zur Schaffung eines neuen  konkurrenzfähigen Unternehmens, die sich mit Umgehung des Finanzkapitals nicht beschaffen lassen.  Die kleinen Kapitalisten müssen sich also mit Zins begnügen oder durch Börsenspekulation ihr Glück  versuchen.”[7] Dies ist auch heute genau das Problem: Die Übernahmeschlachten, bei denen  astronomische Summen gezahlt werden (vgl. Mannesmann-Vodafone) täuschen darüber hinweg,  dass damit keine einzige neue Maschine beschafft, kein neues Werk errichtet wurde, sondern die  Übernahme eher dazu dient, vorhandene Betriebe dicht zu machen. Trotz wahnsinnigem Hunger und  Elend für die Mehrheit der Weltbevölkerung, es ist der Mangel an profitablen Anlagemöglichkeiten in  Industrie und Landwirtschaft, also dort wo Nahrung, Bekleidung, Behausung etc. produziert werden  kann, der das Geld an die Börse treibt. Dadurch werden dort die Kurse hochgetrieben.

Die Aufwärtsbewegung der Börse wird von Varga als konjunkturverlängernd und die Disproportion d.h. die Ungleichmäßigkeit verschärfend gewertet. Durch die Börsenhausse hatten ja auch kleinere und  mittlere Anleger profitiert und hatten ihren Lebensstandard gesteigert; die Konsumtionskraft der  Gesellschaft war dadurch erhöht worden. Allerdings: „Diese Konsumtionskraft war ökonomisch nicht  real, sie entsprang nicht der Schaffung von neuem Wert durch Produktion. Trotzdem wirkte sie auf  dem Warenmarkt als Erhöhung der Nachfrage, verlängerte die Dauer der Hochkonjunktur, indem die  bestehende Disproportion zwischen Produktion und Konsumtionskraft der Gesellschaft dadurch  verdeckt wurde; umso größer wurde die Disproportion; umso schwerer die Krise.“[8]

Halten wir also als eine der wichtigsten Rückwirkungen der Börsenbewegung auf die reale Wirtschaft die Wirkung auf die Disproportion zwischen Produktion und Konsumtionskraft der Gesellschaft fest.

Weiterhin wirkt die Bewegung der Börse auf die Disproportionen zwischen einzelnen Monopolen und  den Branchen der Wirtschaft zurück. Die Erhöhung des Aktienkurses eines Unternehmens erleichtert  und verbilligt üblicherweise seine Kapitalbeschaffung, die Kreditwürdigkeit bei den Banken und die  Möglichkeiten für eine Neuemission von Aktien an der Börse selbst. Das ermöglicht wiederum die  eigene Vergrößerung oder die Übernahme von anderen Unternehmen. Insofern ist die Börse neben  der Ermöglichung jeglicher Schwindelunternehmen ein mächtiger Hebel für die Monopolisierung und  für die Entwicklung der Disproportionen zwischen den Monopolen – und sofern sich die Kursentwicklung über längere Zeiträume auf bestimmte Branchen verfestigt – zwischen Branchen bis  hin zu den Disproportionen zwischen den beiden großen Abteilungen der Ökonomie (wie Marx sie  nennt), der Produktionsmittelindustrie und der Konsumtionsmittelindustrie. Das kam damals vor allem  darin zum Ausdruck, dass die klassischen Zweige der Produktionsmittelindustrie, Kohle, Eisen und  Stahl, in ihrer Entwicklung zurückzubleiben begannen. Nicht zufällig kommt aus diesen Kreisen
maßgebliche Unterstützung für die reaktionären Ziele der NSDAP, für Faschismus und Krieg.

Die Kredit- und Bankenkrise von 1931

Varga misst den realwirtschaftlichen Vorgängen mit gutem Grund die ausschlaggebende Bedeutung zu. Das ist auch eine seiner bedeutenden Leistungen. Varga erkennt nämlich, dass nicht mehr wie in den gewöhnlichen zyklischen Krisen des 19. Jahrhundert meist am Beginn der Krise der Bankenkrach  steht. Er erkennt, dass sich in der jetzigen Krise Elemente der zyklischen und der allgemeinen Krise  miteinander verbinden, dass es sich um die erste große Wirtschaftskrise in der Epoche des  Imperialismus, in der Epoche des monopolistischen Kapitalismus, handelt.

„Wenn wir nunmehr die Frage aufwerfen, weshalb die gegenwärtige Wirtschaftskrise bisher nicht von einer allgemeinen Kredit- und Geldkrise begleitet wurde, so müssen wir die Antwort in dem stark  entwickelten monopolistischen Charakter des heutigen Kapitalismus suchen. Dieser monopolistische  Charakter: Die Tatsachen der Verflechtung des Industriekapitals und Bankkapitals zum Finanzkapital,  das Bestehen großer vertikaler Konzerne hat zur Folge, dass ein sehr bedeutender Teil der nicht  landwirtschaftlichen Produkte innerhalb der Konzerne zum Kauf und Verkauf kommt, wo also eine  Entziehung des Kredits für den Kreditor keinerlei Sinn hätte. Durch die Verflechtung des Bankkapitals
mit dem Industriekapital wird den führenden Großbanken die Lage der einzelnen Unternehmen  bekannt und es besteht die Möglichkeit, rechtzeitig einzugreifen. Die starke Entwicklung des  bargeldlosen Zahlungsverkehrs vermindert die Möglichkeit bzw. Notwendigkeit einer Geldkrise im  engeren Sinn usw. Dies bedeutet keinesfalls, dass im weiteren Verlauf der Krise keine allgemeine  Kreditkrise mit weit gehenden Zusammenbrüchen eintreten könnte.”[9]

Dies hatte Varga im April 1930 geschrieben. Im Juli 1931 brach in Deutschland die Kredit- und Bankkrise aus. Eine knappe Darstellung liefert K. Gossweiler: „Am Sonnabend, dem 11. Juli 1931  musste die Danatbank (= Darmstädter und Nationalbank, damals eine der deutschen Großbanken und  einer der Hauptkonkurrenten der Deutschen Bank, damals DeDi-Bank d.h. Deutsche Bank und  Disconto-Gesellschaft – Corell) ihre Zahlungsunfähigkeit erklären; am folgenden Tage, dem 12. Juli,  wurde offenbar, dass auch die Dresdner Bank gestützt werden musste; am 13. Juli setzte – nachdem  die Danatbank ihre Schalter geschlossen hatte – ein ‚run‘ der in Panik geratenen Anleger auf die
Kassen der übrigen Banken ein, um ihr Geld zu retten. Diesem Ansturm waren die Banken nicht  gewachsen, die Regierung erklärte deshalb den 14. und 15. Juli zu Bankfeiertagen, an denen die  Schalter aller Banken geschlossen blieben. Auch nach diesen Vollfeiertagen wurden die Auszahlungen der Banken durch Notverordnungen auf Bruchteile der Einlagen begrenzt; erst am 5.  August 1931 erfolgte die Rückkehr zu unbegrenztem Zahlungsverkehr der Banken. Alle Großbanken – mit Ausnahme der Berliner Handels-Gesellschaft – sahen sich infolge der Bankenkrise gezwungen, in mehr oder weniger großem Umfang staatliche Hilfe in Anspruch zu  nehmen.[10]

Allein das Fakt des Bankrotts der Großbanken, ihrer Verstaatlichung und ihrer Reprivatisierung im  Gedächtnis der Arbeiterbewegung zu behalten ist lohnenswert angesichts der heutigen Arroganz und  Dreistigkeit der Großbanken, wenn sie im Gewand höchster wirtschaftspolitischer Autorität Privatisierung und Sozialabbau zu Lasten der Werktätigen fordern. Zu denken gibt natürlich auch,  dass die Bankrotteure von damals, die Finanziers Hitlers und Treiber zum Krieg überhaupt und immer  noch und unter gleichem Namen an den Schaltstellen der wirtschaftlichen und damit politischen Macht  stehen. Doch sehen wir uns den Weg in den Bankrott genauer an. Wir werden sehen, dass das
Finanzkapital, also die Großbanken und die mit ihnen verbunden Monopole, immerhin zwei Jahre lang im Stande war, dem Druck der realwirtschaftlichen Krise zu widerstehen - natürlich unter Inkaufnahme  von massiver Erhöhung der Erwerbslosigkeit, von Verschärfung des Klassenkampfs, von  Verschlechterung der Beziehungen zwischen den imperialistischen Ländern durch Zuspitzung des  Handelskriegs, von Staatsbankrotten z.B. in Südamerika, unter Inkaufnahme der massiven Ausbreitung von Hunger und Elend bei gleichzeitiger Vernichtung von Nahrungsmittelüberschüssen  usw. Wir werden sehen, wie zwar die Bedeutung des fiktiven Kapitals in der Form der Aktien und des  Aktienhandels zurückging[11], aber dafür das fiktive Kapital in Form der Staatsschuld überragende Bedeutung erlangte.

Anmerkungen:

-1 Die zyklische Krise durchläuft – wie der Name sagt – einen Zyklus von Phasen, die in klassischer Terminologie als Krise, Depression,  Belebung und Aufschwung bezeichnet werden (die Bürgerlichen haben zur Beschönigung solche Worte wie „Rezession”, „Talsohle” u.ä. erfunden). Zyklische Krisen sind seit 1825 nachgewiesen. Die Dauer eines Zyklus betrug seither zwischen 7 und 12 Jahren. Der letzte  Zyklus in der BRD begann mit der Krise 1993. Mit der Aufteilung der Welt unter die imperialistischen Mächte – wie sie im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts vollendet wird – kommt es  in Verbindung mit der notwendig ungleichmäßigen Entwicklung der imperialistischen Länder (die deutsche Industrie etwa wächst wesentlich schneller als die in England oder Frankreich) zu Änderungen im Kräfteverhältnis dieser Mächte. Dadurch entsteht Druck und  in einer restlos aufgeteilten Welt Zwang zur Neuaufteilung. Der 1. Weltkrieg manifestiert diese Entwicklung der Widersprüche. Er markiert das Ende der Epoche der bürgerlichen Weltrevolution, der Epoche, wo die Bourgeoisie für die Befreiung vom Feudalismus
eintrat, für Demokratie und nationale Unabhängigkeit. Ausbeutung, Ausplünderung und nationale Unterdrückung muss die Bourgeoisie  gegen den Widerstand des Proletariats und der Völker in den Kolonien bzw. in den vom Imperialismus abhängigen Ländern
durchsetzen. Die Oktoberrevolution in Russland macht deutlich, dass es sich nicht nur um eine Epoche der Kriege, sondern auch um eine Epoche der Revolutionen handelt, dass das Zeitalter der proletarischen Weltrevolution begonnen hat. Die weitere Entwicklung mit
dem 2. Weltkrieg und seinen Folgen hat diese Theorie bestätigt und die allgemeinen und chronischen Krisenerscheinungen des Kapitalismus weiter ausgeprägt. Seit 1989 wird die Richtigkeit der Theorie unter Linken diskutiert. Die Wirklichkeit holt dabei den Zweifel ein, auch wenn die Kriege vorübergehend keine nationalen Befreiungskriege, sondern Unterjochungskriege sind wie gegen Jugoslawien und die Revolutionen  zunächst Konterrevolutionen. Massenarbeitslosigkeit, Verarmung, Slums, Ausbreitung von Hunger, Epidemien und Katastrophen gehören zu den untrüglichen Insignien einer „Befreiung” durch die Bourgeoisie ...

-2 Wichtige Grundlage für die folgenden Ausführungen sind die Arbeiten von Eugen Varga, dem bedeutenden Ökonomen der III.  Internationalen. Seit 1922 veröffentlichte er seine marxistischen Wirtschafts- und Konjunkturanalysen in der Internationalen  Pressekorrespondenz (InPreKorr) der Kommunistischen Internationale. Das Verdienst diese Analysen zu sammeln, nachzudrucken und  zu kommentieren gebührt Jörg Goldberg. Die Quelle lautet: Eugen Varga, Wirtschaft und Wirtschaftspolitik, Vierteljahresberichte 1922-1939, hrsg. v. Jörg Goldberg, Bd. 4, Westberlin 1977. Im Folgenden zitiert als Varga/InPreKorr.

-3 Es sind vor allem bezahlte Politiker und Theoretiker der Bourgeoisie, die sich als lauthalse Propagandisten des Kapitalismus und  seiner Entwicklung betätigen zur Einschüchterung des Proletariats und zur Berauschung des Kleinbürgertums. Die eingesessenen Mächte des Monopolkapitals sind gewohnheitsmäßig zurückhaltender im Überschwang - nicht zuletzt um keine Begehrlichkeiten und  Forderungen zu wecken. So schreibt die Deutsche Bank in ihrem Geschäftsbericht für das Jahr 1928, dass „der Aufschwung nach kaum 1 1/2 Jahren von rückläufiger Bewegung abgelöst wird.” (zit. nach K. Gossweiler, Großbanken – Industriemonopole – Staat, Ökonomie  und Politik des staatsmonopolistischen Kapitalismus in Deutschland 1914-1932, Westberlin 1975, S.356)

-4 Varga/InPreKorr, 4.Vj. 1929, S.265f.
-5 Varga/InPreKorr, 4.Vj.1928, S.221
-6 Varga/InPreKorr, 4.Vj.1929, S.271
-7 a.a.O. S.270
-8 a.a.O. S.269
-9 Varga/InPreKorr, 1.Vj.1930, S.963
-10 K. Gossweiler, a.a.O., S.372

-11 Der Aktienhandel kann durchaus trotz Verschärfung der Wirtschaftskrise teils sogar massive Aufschwünge erfahren, wenn ein  Überfluss an kurzfristigem Leihkapital besteht und der Zinssatz niedrig ist. Varga berichtet: „Eine interessante und für viele Beobachter
unerwartete Tatsache ist die in den letzten Monaten erfolgte starke Hausse auf den Aktienmärkten. Obwohl die kleinen Leute bei dem  letzten Börsenkrach mehrere Milliarden Verlust erlitten haben, ist das Börsenspiel wieder in voller Blüte. Die Aktienumsätze erreichen wieder an manchen Tagen sechs Millionen Stück. Die Kurse steigen, die Broker Loans ebenfalls. Alles geht weiter, als ob nichts  geschehen wäre. ... Wir sehen das sonderbare Bild, dass die Aktienkurse – trotz des Andauerns der Krise – in drei Monaten um 15%  gestiegen sind und Ende März höher stehen als jemals, mit Ausnahme des Jahres 1929 ... Die Statistik zeigt auch, dass es die Banken  selbst sind, die die Kredite geben.” (Varga/InPreKorr, 1.Vj.1930, S.995)

Editorische Anmerkungen

Wir spiegelten den Text bei Indymedia, wo er am 17.09.2008  veröffentlicht wurde. Er war dort wiederum eine Spiegelung  von www.secarts.org .

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