Stellungnahme der Sozialistischen Alternative:
SAV-Mitglieder treten jetzt auch in Ostdeutschland und Berlin in DIE LINKE ein, um die Kräfte für eine aktive, antikapitalistische Linkspartei zu stärken

09/08

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Die SAV setzt sich für eine Partei ein, die Widerstand gegen die Angriffe der Konzerne und ihrer Regierungen leistet und für eine grundlegende Veränderung der Machtverhältnisse, für eine sozialistische Demokratie eintritt. Dafür machen wir uns in der Partei DIE LINKE stark.

Viele engagieren sich in und mit der LINKEN für einen Mindestlohn, gegen jede Form von Privatisierung und gegen Kriegseinsätze. Die Linkspartei hat diese Themen auf die Tagesordnung gesetzt.

Bisher waren wir nur in Westdeutschland Mitglieder der Partei DIE LINKE. Die Linkspartei beteiligte sich im Osten an Regierungen und kommunalen Bündnissen mit der SPD und anderen bürgerlichen Parteien, die zu Sozialabbau und Privatisierungen führten. Daher haben wir im Osten bisher - auch in Zusammenarbeit mit MitstreiterInnen in der LINKEN - versucht, von außen den Druck auf DIE LINKE zu erhöhen.

Wir haben uns nun entschlossen, in der bundesweiten Partei bundesweit vertreten zu sein – um den Kräften mehr Gewicht zu verleihen, die sich in der LINKEN für eine kämpferische, sozialistische Politik engagieren. Wir wollen diejenigen erreichen und für eine Mitarbeit in der LINKEN gewinnen, die mit der Hoffnung auf eine grundlegende Alternative zu Kürzungen und Kahlschlag heute auf DIE LINKE schauen.

Beschäftigte und Erwerbslose brauchen eine eigene Partei

Die Reichen haben viele Parteien. Es ist dringend nötig, dass die arbeitende Bevölkerung eine eigene politische Interessenvertretung aufbaut.

Jahrzehntelang existierte in der Bundesrepublik mit der SPD eine Partei, die unter Lohnabhängigen verankert war, deren Parteiführung jedoch auf der anderen Seite stand. In den neunziger Jahren wandelte sich die Sozialdemokratie zu einer durch und durch kapitalistischen Partei. Seitdem machte sich die SAV „für den Aufbau einer neuen Arbeiterpartei" stark.

Mit der Gründung der WASG beteiligten sich SAV-Mitglieder von Anfang an aktiv an dieser Formation. Wir traten dafür ein, dass die Wahlalternative „kämpferisch, sozialistisch, demokratisch und offen" ist. Wir beteiligten uns 2006 an der WASG-Kandidatur – als die „soziale Opposition" zum rot-roten Senat - bei den Abgeordnetenhauswahlen. Lucy Redler, die auch Mitglied der SAV ist, war die Spitzenkandidatin. Andere bekannte AktivistInnen aus dem betrieblichen Bereich und aus sozialen Bewegungen gehörten ebenfalls zu den KandidatInnen. Die WASG Berlin kam auf 50.000 Stimmen. Unter anderen wurden die SAV-Mitglieder Antje Zander und Anne Engelhardt für die WASG als Bezirksverordnete gewählt.

Was DIE LINKE in Ost und West unterscheidet

Die gesellschaftliche Wirkung der LINKEN, die letztes Jahr aus der Fusion von WASG und PDS entstand, ist enorm. Als die Partei, die die Agenda 2010, die Umverteilung von unten nach oben und Kriegseinsätze ablehnt, weckt die neue Partei bei Millionen Menschen Hoffnungen.

Allerdings unterscheidet sich DIE LINKE in Ostdeutschland und Berlin erheblich von der Partei im Westen. Im Osten ist sie großteils die Fortsetzung der alten PDS – die sich in vielen Kommunen und auf Länderebene an Regierungen mit der SPD beteiligte und Sozialkürzungen zu verantworten hat. Eine Politik, die dazu führte, dass sich die PDS vor ihrer gemeinsamen Kandidatur mit der WASG bei der Bundestagswahl 2005 im Niedergang befand. In Berlin ist die Linkspartei auch heute Teil des Senats, der erst in diesem Sommer den Landesbeschäftigten ein Tarifdiktat aufzwang. Im Kampf gegen Lohn- und Sozialraub wird DIE LINKE im Osten und in Berlin von vielen nicht als Partner, sondern als Gegner gesehen. Das führte zu Wahlniederlagen. Das führte zu einer Stagnation beziehungsweise einem Rückgang bei den Mitgliederzahlen.

Während die Linkspartei im Westen für eine wachsende Zahl von Beschäftigten, Erwerbslosen, RentnerInnen und Jugendlichen attraktiv ist, beschränkt sich ihre Unterstützung im Osten vor allem auf die Wahlebene. Darum sind SAV-Mitglieder im Sommer 2007 nur im Westen Mitglieder der LINKEN geworden. In Ostdeutschland haben wir uns in den vergangenen Monaten darauf konzentriert, im Betrieb oder in sozialen Bewegungen den Widerstand zu stärken sowie in Bereichen wie der Antifa-Arbeit aktiv zu sein. Dabei gerieten wir oft in Konflikt mit der LINKEN. So lehnte die Linkspartei in der Rostocker Bürgerschaft den Antrag der SAV-Bürgerschaftsabgeordneten Christine Lehnert ab, sich im Tarifkampf des Öffentlichen Dienstes Anfang 2008 auf die Seite der KollegInnen zu stellen und die ver.di-Forderung nach acht Prozent mehr Lohn für die Beschäftigten in Rostock zu beschließen. Bernd Fritze entgegnete als Vertreter der LINKEN-Fraktion in der Bürgerschaft darauf sogar mit den Worten: „Ich warne davor, diesen Antrag hier zu unterstützen."

In Berlin hat die SAV gemeinsam mit anderen versucht, den sozialen Protest in der BASG (Berliner Alternative für Solidarität und Gegenwehr) zusammenzubringen.

Warum wir jetzt auch im Osten und in Berlin eintreten

Trotz vielfach negativer Erfahrungen mit der LINKEN in Berlin und im Osten wird sie aber gleichzeitig auch als Teil der im Bundestag vertretenen Oppositionspartei gesehen. Die Bundespartei und Oskar Lafontaine wirken ebenfalls im Osten und in Berlin. Vor diesem Hintergrund hob auch das Projekt BASG nicht ab.

Wir gehen davon aus, dass DIE LINKE im Zuge des Bundestagswahlkampfs und mit der Wirtschaftskrise in Ostdeutschland und Berlin noch an Bedeutung gewinnen wird. In den letzten Jahren gab es in Ost und West eine Zunahme von Streiks und Protesten. Konfrontiert mit Massenentlassungen und verschärftem Sozialkahlschlag sind erbitterte Klassenauseinandersetzungen zu erwarten. In diesen Konflikten stellen sich politische Fragen in aller Schärfe. Mehr und mehr Beschäftigte und Erwerbslose werden auf der Suche nach Antworten und Auswegen auf die Linkspartei gestoßen werden.

Mit unserer Mitgliedschaft in Westdeutschland haben wir zusammen mit anderen in der LINKEN den Kampf aufgenommen für den Aufbau einer kämpferischen und sozialistischen Massenpartei. Mit dem jetzigen Eintritt in Ostdeutschland und Berlin wollen wir einen Beitrag leisten, die Linkspartei und die Jugendorganisation Linksjugend ["solid] aufzubauen und die Kräfte in der LINKEN zu stärken, die sich für eine konsequent antikapitalistische Politik einsetzen.

In Rostock gehört mit Christine Lehnert ein SAV-Mitglied der Bürgerschaft an. Ihr Sitz ist von großem Vorteil für Beschäftigte und sozial Benachteiligte; zum Beispiel mit ihrem Kampf für ein Sozialticket. Darum stellt sich die Frage, wie diese erfolgreichen Anstrengungen auch bei und nach den Kommunalwahlen nächstes Jahr fortgesetzt werden können. Vor diesem Hintergrund wird die SAV Rostock einen offenen Brief an den Vorstand der Rostocker LINKEN schreiben. Ziel der SAV ist, mit einer gemeinsamen Kandidatur die Arbeit unserer Bürgerschaftsabgeordneten auszubauen und DIE LINKE darüber zu stärken. Ob dies gelingt, ist allerdings offen, da die Rostocker LINKE sich dafür in der Bürgerschaft entschieden gegen Sozialabbau, Privatisierungen und Lohnraub positionieren müsste.

Für uns ist der Widerstand auf der Straße und im Betrieb zentral. Wir werden weiter an der Seite derjenigen stehen, die sich gegen Unternehmer und Politiker aktiv zu Wehr setzen. Für diese Position werden wir uns – in Ost und West - mit aller Kraft auch in der LINKEN einsetzen.

Für die aktive Teilnahme der LINKEN an Kämpfen!

Viel steht auf dem Spiel. Entsteht mit der Linkspartei eine Kraft von Hunderttausenden, die in die kommenden Kämpfe entschlossen eingreift, den Widerstand politisch stärkt und eine Perspektive gibt, wie eine Gesellschaft frei von kapitalistischen Krisen und Kriegen erreicht werden kann? Oder schlägt DIE LINKE einen Weg ein, bei dem sie zwar auf der Wahlebene kurzfristig weiter zulegt, aber vor dem Konflikt mit den Herrschenden zurückschreckt und sich vom Establishment einwickeln lässt wie SPD und Grüne?

Trotz der Erfolge auf Wahlebene schöpft die Linkspartei heute das Potenzial nicht aus. Sie brauchte zum Beispiel ein halbes Jahr, um als Bundespartei den Streik der Lokführer Unterstützung zu geben. Sie schreckt bislang davor zurück, gegen die Gewerkschaftsbürokratie Position zu beziehen. Die SAV ist der Meinung, dass die Mitglied- und Anhängerschaft in Kampagnen massenhaft aktiviert und auf die Straße gebracht werden sollte.

Für eine sozialistische Politik!

Die Berliner Führung der LINKEN tritt für eine Regierungsbeteiligung mit der Agenda-2010-Partei SPD um jeden Preis ein. Aber auch die Spitze der Bundespartei strebt Koalitionen mit der SPD an beziehungsweise unterstützt eine mögliche Tolerierung in Hessen. Die SAV tritt in Hessen für die Abwahl von Koch als Ministerpräsident ein - gleichzeitig sind wir aber der Ansicht, dass es keinen Blankoscheck geben darf, sondern die Zustimmung zu jeder politischen Maßnahme vom Einzelfall abhängt. Dazu kann es keine Alternative geben, weil die SPD sich ausschließlich im Rahmen des kapitalistischen Systems bewegt. Solange man jedoch auf dem Boden des Kapitalismus bleibt, dient jede Regierung in letzter Konsequenz den Interessen der Banken und Konzerne - oder sie muss scheitern. Die Kapitaleigner setzen den Ton, haben die Mittel, die Macht, Regierungen unter Druck zu setzen, zu erpressen.

Voraussetzung für eine Politik im Interesse der Arbeiterklasse ist die Bereitschaft, den Konflikt mit dem Kapital einzugehen, gegen die Konzernherren zu mobilisieren und über den Rahmen des kapitalistischen Systems hinauszugehen – als Ausgangspunkt, um den Kapitalismus zu überwinden und eine sozialistische Demokratie zu erkämpfen. Das muss sich DIE LINKE auf die Fahnen schreiben. Andernfalls wird sie über kurz oder lang den gleichen Weg gehen, den die SPD gegangen ist.

Wir werden uns als SAV-Mitglieder tatkräftig dafür einsetzen, dass hier und jetzt konkrete Verbesserungen erreicht werden. Gleichzeitig sehen wir es als unsere Aufgabe an, vor der Illusion zu warnen, dass dies ohne Konfrontation mit den Kapitalisten und ihren politischen Handlangern möglich sein könnte.

Für eine marxistische Opposition in der LINKEN

Die SAV tritt für den Aufbau eines marxistischen Flügels ein, der für folgende Positionen in der LINKEN kämpft:

- Ablehnung jeder Form von Sozialkürzungen, Stellenstreichungen und Privatisierungen

- Nein zu Regierungsbeteiligungen mit Sozialabbau-Parteien – egal ob über Koalitionen oder Tolerierung. Stattdessen Einzelfallentscheidungen bei jeder Abstimmung im Parlament, immer abhängig von den Interessen der arbeitenden Bevölkerung

- Austritt der LINKEN aus dem rot-roten Senat in Berlin

- Aktive Teilnahme an Kämpfen auf der Straße und in Betrieben. Für Massenmobilisierungen und Widerstand, um die Angriffe der Herrschenden zu stoppen

- Gegen Krieg und Imperialismus: Stopp aller Auslandseinsätze der Bundeswehr – auch unter UN-Mandat

- Sozialismus nicht als Fernziel: Der Kampf für Verbesserungen muss mit dem Kampf für eine sozialistische Demokratie verbunden werden. Wir wollen weder die Diktatur der Banken und Konzerne noch die Herrschaft einer abgehobenen, privilegierten Bürokratie wie in der DDR

- Für innerparteiliche Demokratie: Jederzeitige Wähl- und Abwählbarkeit von Funktionären. Für einen durchschnittlichen Tariflohn für alle Mandatsträger und Hauptamtlichen

Wir rufen dazu auf, in DIE LINKE einzutreten, die Partei und die Jugendorganisation Linksjugend ["solid] aufzubauen und gemeinsam mit uns und anderen für diese Positionen in der Linkspartei aktiv zu werden. Wir rufen außerdem dazu auf, die marxistischen Kräfte zu stärken. Denn ohne eine starke marxistische Kraft in der LINKEN wird sich der Anpassungskurs letztlich nicht aufhalten lassen.

Editorische Anmerkungen

Den Text spiegelten wir von

sozialismus.info
Die Website der SAV - Sozialistische Alternative
www.sozialismus.info