Betrieb & Gewerkschaft

IG BAU
Politischer Streik

Von K.D. Rosenporten

09/09

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Dem jüngsten Gewerkschaftstag der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) lag ein Antrag vor, der die Forderung nach einem umfassenden politischen Streikrecht als grundsätzliche Zielsetzung in die Gewerkschaftssatzung bewirken sollte. Wobei sich der Antrag auf die Europäische Menschenrechts- und Sozialcharta und die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) stützte. “Der politische Demonstrationsstreik sowie unter bestimmten Umständen und Voraussetzungen der politische Streik, ggf. sogar der politische Erzwingungsstreik in Form eines Generalstreiks, ist von der Verfassung geschützt”, hieß es in der Antragsbegründung. Die Antragsberatungskommission unter Leitung von Herrn Wiesehügel empfahl: Ablehnung!

Doch der Antrag ging durch, auch gegen das Votum des hauptamtlichen Bundesvorstands.

Nun ist es natürlich nicht korrekt, wenn da einige behaupten, die IG BAU habe damit als erste DGB-Gewerkschaft das Kampfmittel des politischen Streiks in ihre Satzung aufgenommen. Tatsächlich hat diese Gewerkschaft nach über 70 Jahren “nur” die Forderung nach Legalisierung des politischen Streiks in ihre Satzung aufgenommen: “Die IG BAU setzt sich für ein umfassendes Streikrecht gemäß dem Artikel 6 Abs. 4 der Europäischen Menschenrechts- und Sozialcharta, den Übereinkommen 87 (Vereinigungsfreiheit) und 98 (Versammlungsfreiheit) der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ein.” Es geht also “nur” um ein Ziel. Allerdings ein sehr wichtiges.

Als gewerkschaftliche “Reaktion auf die Krise” vielfach apostrophiert, scheint es doch eher der Druck der Basis zu sein, der die “Führer” zum Handeln zwang. “Unsere Mitglieder erwarten von uns, dass wir politisch etwas tun”, erklärte der Wiesbadener Bezirksvorsitzende Michel. Vom Aufnehmen der “Unzufriedenheit in der Gesellschaft” war im Bezirksverband Wiesbaden-Limburg die Rede und der Vorsitzende des Bezirksverbands Südbaden erklärte, er wolle den politischen Streik, “weil wir ansonsten nicht mehr weiterkommen oder sogar zurückfallen in eine Zeit vor 140 Jahren”.

Diesen Druck muß die Basis jetzt aufrechterhalten und sogar erhöhen, wenn die Forderung nach dem politischen Streik nicht nur ein zahmer Appell an den Gesetzgeber bleiben soll, er möge doch bitte gesetzlich die Legalisierung des politischen Streiks bewerkstelligen, also geltendes Recht ändern. Ohne diesen Druck besteht sogar die Gefahr, daß diese Willenserklärung, die ja gegen den Willen des Vorstands durchgesetzt wurde, bei nächster Gelegenheit wieder kassiert wird.

Editorische Anmerkungen

Den Text spiegelten wir von randzone "Beiträge zu Politik, Wirtschaft und Gesellschaft"