Das Dilemma der West - Linken

von
Dieter Carstensen

09/10

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Die Spatzen pfeifen es bereits von den Dächern: Bayern, Rheinland-Pfalz, Saarland, NRW ... - fast überall bei der Westlinken tut sich ein Sumpf von Manipulation und gefälschten Mitgliederbeständen auf. Mit allen daraus erwachsenden Konsequenzen. Da wird sich in aller Öffentlichkeit gegenseitig Manipulation bei den Mitgliederzahlen, falsche Kassenführung, Sozialdemokratismus, Antikommunismus, antidemokratisches Verhalten und vieles mehr vorgeworfen. Zwei Verhaltensgrundsätze scheinen in der West - Linken im Moment die Tagesordnung zu bestimmen: Zum Einen der Spruch, "Argumente sind was für Leute, die nicht laut genug schreien können", zum Anderen die Steigerung "Gegner, Feind, Parteifreund, Genosse."

Die Saarbrücker Zeitung  titelte am 26.8.10: "Demokratische Legitimation fragwürdig" und schrieb weiter (Auszugszitat) "Die Linke in Saarlouis im Streit: Die Bearbeitung einer Klage zieht die nächste nach sich. Kein Ende der Streitereien unter den Linken: Ein Grund liegt darin, wie der jetzige Vorstand des Stadtverbandes Saarlouis zustande kam. Massive Kritik gibt es auch an der Landesschiedskommission."

Mit anderen Worten, wie dieser nur als Beispiel genannte Zeitungsbericht belegt, der auch für andere Landesverbände gelten könnte, wenn man nur die Namen und Orte austauscht, überall im Westen das gleiche Trauerspiel. Die Glaubwürdigkeit der Die Linke liegt am Boden und die Frage nach der Rechtmäßigkeit vieler Wahlen wird, sowohl in der Die Linke, wie auch in der Wählerschaft und der Öffentlichkeit, immer lauter gestellt und das mit absolutem Recht. Der zum o.a. Artikel gehörende Kommentar des Saarbrücker Zeitung Redakteurs Mathias Winters drückte aus, was wohl mittlerweile die überwältigende Mehrheit der Wählerschaft der Die Linke denkt:
Dieter Carstensen schreibt:
I
ch engagiere mich für die Kampagne "Freunde fürs Leben e.V.", die über Suizid und Depression aufklärt, sowie ADHS und Borderline.
In Deutschland nehmen sich im Durchschnitt täglich sechs junge Menschen (unter 40 Jahren) das Leben und schätzungsweise über 150 versuchen es.
Suizid ist ein Tabu, aber das muss sich ändern. Wenn man darüber spricht, ist das der erste Schritt, um Selbstmord zu verhindern.
Hier kann man mehr erfahren http://www.frnd.de
Ich bitte darum, unsere Kampagne weiter zu empfehlen, danke!

Zitat: "Wenn sie den Ruf ihrer eigenen Partei beschädigen, ist das nur oberflächlich das Privatvergnügen der Linken. So wie hier schaden sie der Politik insgesamt. Das muss aufhören."

Die Linke Rheinland Pfalz, wo nun die nächsten Landtagswahlen anstehen, hat daher eine deutliche Wahlniederlage verdient und nicht nur sie. Das ist jedenfalls meine Meinung zu dem ganzen Streit.

Es würde der West - Linken nicht helfen, wenn sie für das angerichtete Chaos auch noch durch die Wählerschaft belohnt würde. In NRW z.B. zog Die Linke nur äußerst knapp in den Landtag ein, kein Wunder bei den teilweise mehr als befremdenden Aussagen und Positionen des ultralinken Landesvorstandes. Wer das NRW Wahlergebnis als "Erfolg" verkauft, vergisst, dass das mögliche Wählerpotential für Die Linke bei bis zu 20 % der Wählerschaft liegt. Insofern wurde bereits in NRW der Landesverband für seine weltfremde Politik abgestraft und nicht belohnt. Wie es anders geht, machte der Landesverband Saarland mit seinem Wahlergebnis mehr als deutlich vor.

Dass es so nicht mehr weitergehen kann, mit dem Dauerstreit und Zank, müsste mittlerweile auch den Dümmsten klar sein.

Die Wählerschaft hat der Linken ihr Vertrauen geschenkt, wegen ihres sogenannten "Markenkerns", der im Wesentlichen aus folgenden Inhalten besteht:

Raus aus Afghanistan, Hartz IV abwählen, ein Ja zum Mindestlohn, gegen jeden weiteren Sozialabbau und ein Nein zur Rente ab 67 - und das sind Forderungen, für die es in Umfragen weit über die linke Anhängerschaft hinaus Mehrheiten gibt.

Die Wählerschaft hat die Westlinke nicht gewählt, damit sie ihre Grabenkämpfe zwischen trotzkistischen, kommunistischen, gewerkschaftlichen, sozialistischen und/oder demokratisch - sozialistischen, reformorientierten Strömungen innerhalb der Partei hemmungslos auf Kosten derjenigen auslebt, welche sie gewählt haben.

Es gibt in der absoluten Mehrheit der Wählerschaft der Die Linke überhaupt keine Nähe zu trotzkistischen oder kommunistischen Positionen und ihren Vertretern, die aber bei den Westlinken durch eine geschickte, manipulative (und z.T. undemokratische) Kadermachtpolitik, nach alter "Schule", wesentliche Schlüsselpositionen, wie ich meine, zum großen Teil sogar widerrechtlich, erlangt haben. Die Tätigkeit vieler Landesschiedskommissionen wird in zahlreichen Veröffentlichungen im Internet, belegt mit Fakten und Zitaten, als parteilich, einseitig und geradezu inquisitorisch dargestellt und empfunden.

Eine absolute Minderheitsposition soll den Willen einer absolut anderen Mehrheitsposition in der Wählerschaft vertreten? Das kann nicht gut gehen!

Deswegen gehört m.E. dieser skrupellosen Minderheitspolitik, auf Kosten des "Markenkerns" der Die Linke, in den nächsten West - Landtagswahlen durch die Wählerschaft deutlich die "rote Karte" gezeigt, damit Die Linke West endlich begreift, dass sie nur überleben kann, wenn sich in ihr endlich die demokratisch-reformistischen und gewerkschaftlich orientierten Kräfte durchsetzen und der Spuk der Minderheitskaderherrschaft ein Ende findet.

Wozu diese Kader fähig sind, belegt ein Beispiel aus NRW: Dort forderte der ultralinke Landesvorstand den Rücktritt von Klaus Ernst wg. der Finanzen.

Es war derselbe Landesvorstand, der eine Woche später 3 seiner Vorstandsmitglieder hauptamtlich als Angestellte einstellte, nach Vergütungsgruppe 8 des eigenen Tarifvertrages, was monatlich brutto ein Einkommen von 4000 Euro bedeutet.

Wie war das noch? Wasser predigen, aber Wein saufen?

Und Leute diesen Schlages glauben allen Ernstes, wie in RLP, sie könnten ungestraft so weiter machen? Ich hoffe, sie können es nicht.

Die Gräben bei der Westlinken sind so tief, dass sie m.E. nicht mehr zugeschüttet werden können, egal wen der Bundesvorstand zur Beruhigung der Lage vor Ort entsendet.

Nahezu alle innerparteilichen Wahlen waren bei den gefälschten Mitgliederzahlen, welche über die Delegiertenschlüssel zu den Parteitagen bestimmten, doch schlicht und einfach unrechtmäßig. So etwas nennt man i.A. Wahlbetrug. Ausreden, wie man habe die Übersicht verloren, die EDV funktionierte nicht, die Neu - Mitglieder seien schuld etc. helfen aus dieser Klemme nicht raus, im Gegenteil, sie sind öffentlich geäußerte politische Armutszeugnisse, welche die Lage sogar noch verschlimmern. Jeder durchschnittliche größere Sportverein in einer unserer Großstädte kann mehr Mitglieder aufweisen als jeder Landesverband der die West - Linke, aber bei diesen Vereinen funktionierte die Mitgliederabrechnung auch schon zu Zeiten, als es noch keine EDV gab auf Heller und Pfennig, da sie sonst entweder pleite gegangen, oder ihnen die Gemeinnützigkeit bei Prüfung durch das Finanzamt abgesprochen worden wäre.

Und dazu wollen die West - Linken nicht imstande sein? Da kommen doch bei jedem denkenden Menschen massive Zweifel auf, wie solche Leute dann mit öffentlichen Finanzen in Parlamentsverantwortung umgehen wollen. Wozu bezahlt eine Partei ihre Landesgeschäftsführer, wenn sie unfähig sind, das finanzielle Rückgrat einer Partei abzusichern und für eine jederzeit stimmige Kassenführung und Mitgliederverwaltung zu sorgen? Schon so manche Karnevalsprinzen und Vereinsvorsitzende mussten wg. solchen Versagens ihren Hut nehmen, da halfen keine Ausreden, wie bei der West - Linken.

Die West - Linke ist bei ihrer recht dünnen Personaldecke, von vielen Mitgliedern und der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt, zu einer Funktionärspartei geworden. Nahezu jedes zweite Mitglied bekleidet irgend ein öffentliches Wahlamt und sei es, in der bei manchen, unrealistisch denkenden, Linken, so verschmähten Kommunalpolitik, die zugegebenermaßen in Zeiten knapper Kassen wenig Gestaltungsspielraum lässt, aber dennoch nahe an der Wählerschaft ist und die wichtigste Basis für dauerhafte politische Erfolge bildet, was die Grünen übrigens erkannt haben und was auch einen Großteil ihres derzeitigen Erfolges erklärt.

Die Tatsache, dass die West - Linke so viele Mandate in öffentlichen Funktionen zu vergeben hat, erklärt so manches Hauen und Stechen in der Partei:

In Zeiten von Hartz IV und Massenverarmung ist ein "Pöstchen", sei es als Ratsmitglied oder Bürokraft für irgendeinen Kreisverband, für viele wg. der damit verbundenen Aufwandsentschädigungen auch finanziell attraktiv, auch wenn dies natürlich immer gerne bestritten wird. Aber eine Aufwandsentschädigung von z.B. 200 Euro zusätzlich, steuer- und anrechnungsfrei, auch bei Hartz IV, ist für viele ein lukrativer Nebenverdienst.

Häufig geht der Streit daher weniger um politische Inhalte, sondern schlicht und einfach um bezahlte Pöstchen für die, der jeweiligen Mehrheitsströmung nahestehenden, Parteimitglieder. Die West - Linke ist viel weiter in der Realpolitik angekommen, als sie öffentlich gerne glauben machen will. Was die Pöstchenkungelei und -schieberei angeht ist sie längst eine ganz "normale" Partei geworden.

Jede Strömung bemüht sich, ihren Zugehörigen möglichst viele bezahlte Pöstchen zuzuschieben, denn wie sagte schon Cäsar? "Divide et impera" - "Teile und herrsche"! Zumindest darin hat die West - Linke scheinbar aus der Geschichte gelernt.

Genau das ist das Dilemma der West - Linken generell:

Die Schere zwischen hehren Ansprüchen und Idealen auf der einen, und der parteipolitischen Realität auf der anderen Seite, geht immer weiter auseinander. Wenn es nicht gelingt, diesen Widerspruch per se, den realen Gegebenheiten anzupassen und aufzulösen, wird der Streit nicht enden und die West - Linke sich nicht dauerhaft etablieren können.

Editorische Anmerkungen

Der Autor stellte uns seinen Artikel für diese Ausgabe zur Verfügung. Erstveröffentlicht wurde er auf dessen Website: http://www.dieter-carstensen-waldbroel-nrw.homepage.t-online.de/371101.html