In Kosovo dominiert der
offene Neoliberalismus, über soziale Fragen wird offiziell
nicht diskutiert. Die Ökonomie wird nach der Methode des
verstorbenen US Professors Milton Friedman hergerichtet.
Dieses Methode heißt: Deregulierung, Privatisierung und die
Negation von sozialen Rechten. Bekanntlich gibt es in Kosova
keine Kranken und Arbeitslosenversicherung.
Die Massenarmut diktiert das Leben
der Bevölkerung. Knapp 17% der Menschen leben nach amtlicher
Definition in extremer Armut. Das heißt sie leben von weniger
als 1 Euro pro Tag. 36% der Menschen leben in Armut mit weniger
als 2 Euro am Tag. Die Massenarbeitslosigkeit liegt nach
offiziellen Angaben bei 46% nach Angaben der Gewerkschaft bei
60%. Rund 10.000 internationale Berater und 10.000 KFOR Soldaten
leben hingegen im relativen Luxus.Diese Leute sind gegenüber dem
Gesetz Immun und können in Kosovo nach Gusto handeln. Knapp 6%
der Einheimischen Bevölkerung lebt in sichtbaren Reichtum. Ihr
Leben zeichnet sich durch gefüllte Bankkonten, Luxuswägen und
teuerste Klamotten aus. Diese Leute haben Villen, ihre eigenen
Läden und Caffehäuser. Sie stellen gleichzeitig die politische
Elite des Landes. Politik und Business gehen oftmals Hand in
Hand. Jetzt steht die Privatisierung, der wichtigsten Elemente
der Ökonomie Kosovas an. Demnächst soll die Post und
Telekommunikation privatisiert werden. Ein Regierungsmitarbeiter
wurde kürzlich mit dem Satz in der österreichischen Presse
zitiert, er meinte: „ Wir brauchen das Geld um die Autobahn
finanzieren zu können“ Die Autobahn durch Kosova baut die
berüchtigte US Firma Bechtel. Bechtel hat die Kosten für die
Autobahn kürzlich um 700 Millionen Euro auf 1,3 Milliarden
erhöht. Die Autobahn ist in Kosova so nötig wie ein Kropf. Um
aber den US- Giganten Bechtel bezahlen zu können wird jetzt der
Verkauf des rentabelsten Unternehmens Kosovas ,die PTK
vorangetrieben. Es wird kein Geld aus dem Verkauf für die Armen
in Kosova übrig bleiben. Das Geld wird Bechtel in den Rachen
geworfen. Demnächst steht der Verkauf der KEK ( Stromversorger)
mit seinen gigantischen Kohlevorkommen an. Danach soll es das
ehemalige Kombinat Trepca, mit seinen reichen Vorkommen an Zink,
Nickel, Kupfer und Blei erwischen. Selbstverständlich bietet
sich Kosova mit niedrigen Löhnen sowie dem NICHTVORHANDENSEIN
von Arbeiterrechten, den Investoren, an. Es gibt in Kosova
keinen Kündigungsschutz, keine geregelte Arbeitszeit und keinen
gesetzlich geregelten Mindestlohn. Dies alles steht unter dem
Motto: Wir müssen Investoren anlocken und privatisieren. Nach
dieser Maxime kann das Leben der Menschen nur schlechter werden.
Bereits jetzt hat der Privatisierungsprozess nach
Gewerkschaftsangaben 70.000 Arbeitsplätze gekostet. Auch die
Senkung der Steuerlast für Unternehmen auf maximal 10% wurde mit
der Notwendigkeit der Privatisierung begründet. Das durch diesen
enorm geringen Gesamtsteuersatz die Einnahmen des Staates
dramatisch sinken, gehört zum neoliberalen Konzept. Der Staat
soll ausgehöhlt werden und den Reichen gehören. Das Soziale wird
durch diese Politik in Kosova grundsätzlich negiert.
Gibt es Alternativen zur Privatisierung ?
Selbstverständlich ein Blick nach Lateinamerika genügt. Alle
Wahlen in Lateinamerika wurden in den letzten zehn Jahren unter
der Maxime geführt: Ist ein Kandidat oder eine Partei für oder
gegen die Privatisierung. In der Regel gewannen Kandidaten
welche Privatisierungen ablehnten, oder Verstaatlichungen
anstrebten. Begründung: Lateinamerika hat ausgehend vom Putsch
in Chile 1973 eine Privatisierungshymne erlebt. Das Ergebnis war
Massenarmut, Massenarbeitslosigkeit, sowie die Liquidation aller
sozialer Rechte. Gegenwärtig lässt sich in Lateinamerika ein
gegenteiliger Prozess diagnostizieren. In Bolivien hat Evo
Morales, die Firma Bechtel aus dem Land gejagt. In Bolivien
wurde einst das Wasser privatisiert. Eigentümer wurde die Firma
Bechtel. Ab dem Moment der Privatisierung wurde das Wasser
extrem teuer. Die Firma Bechtel erhöhte systematisch die Preise
und für die armen Leute war kein Wasser mehr da. Evo Morales
enteignete die Firma Bechtel in Bolivien. Seit dieser Zeit ist
Wasser wieder für alle vorhanden.In vielen Ländern
Lateinamerikas geht es um die Verstaatlichung wichtiger
Wirtschaftssektoren, Landreform, sowie um Investitionen in das
Bildungs- und Gesundheitswesen. Kubanische Ärzte helfen in
Venezuela und Bolivien, um eine kostenlose Gesundheitsversorgung
zu ermöglichen. In Kosova kann die medizinische Versorgung nur
in teuren Privatkliniken gewährleistet werden. In diesen
Kliniken arbeiten auch deutsche oder amerikanische Ärzte,
allerdings auf der Basis des Profits. Die Zustände in den
öffentlichen Kliniken werden in Kosova immer unerträglicher.
Dies steht im Gegensatz zu der Entwicklung in einigen
lateinamerikanischen Ländern, in denen der Profit im
Gesundheitswesen nichts verloren hat. Ermöglicht werden diese
sozialen Leistungen durch die Verstaatlichung der enormen
Gasvorräte in Bolivien und die weitgehende Verstaatlichung der
enormen Ölvorräte in Venezuela. Als die Reichtümer dieser Länder
noch in der Hand von ausländischen Unternehmen waren, konnte
weder Bolivien noch Venezuela diese Reichtümer für die
Finanzierung von sozialen Programmen nützen. Allerdings ist die
soziale Frage weder in Bolivien noch in Venezuela gelöst, es
gibt noch immer arm und reich aber es gibt soziale Leistungen
für die Armen.
Kosova und die Weltbank
Die Aufnahme in den IWF und die Weltbank wurde von den
kosovarischen Politikern groß gefeiert. Angeblich ist diese
Mitgliedschaft mit Prosperität und Fortschritt verbunden. Das
Gegenteil wird aber der Fall sein. Der Präsident von Ecuador
Correa erklärte im April 2007: „ Die Weltbank hat einen 100
Millionen Kredit dazu benutzt ein Wirtschaftsgesetz zu
verhindern nachdem die Einnahmen aus den Ölvorkommen an die
Armen verteilt werden sollte.“ Rafael Correa fügte hinzu:“
Ecuador ist ein souveräner Staat und lässt sich nicht von einer
internationalen Bürokratie erpressen.“ Evo Morales erklärte im
gleichen Monat:“ Wir werden das Schiedsgericht der Weltbank
verlassen weil jene Einrichtung immer zugunsten der
multinationalen Unternehmen entscheidet.“. Immer geht es der
Weltbank und dem IWF um den freien Markt und den Profit.
Angesichts der Krise nach dem Libanonkrieg im Jahr 2006 wollten
Regierungen und der IWF dem Libanon einen Kredit von 7,6
Milliarden Dollar geben. Allerdings hatte dieser Kreditzusage
keine Verbindung mit altruistischen Neigungen. Die Bedingungen
für den Libanon waren die üblichen. Privatisierung der
Telekommunikation und der Stromversorgung, Erhöhung der Benzin
und Heizölpreise, Kürzungen bei staatlichen sozialen Leistungen
und eine drastische Erhöhung der Mehrwertsteuer. Der
libanesische Ökonom Kamal Hamdan schätzte die daraus
resultierenden Mehrbelastungen der Haushalte auf 15%. Nach dem
Krieg sollten die Armen auch noch für den Wiederaufbau zahlen.
Das ist nicht nur eine libanesische sondern auch eine
kosovarische Erfahrung. Allerdings mit einem entscheidenden
Unterschied, die Massen im Libanon streikten gegen das IWF
Programm besetzten das Luxusviertel von Beirut und bauten ihre
Häuser und Straßen, ohne Bechtel und IWF wieder auf.
Den Widerstand entwickeln
Der soziale Widerstand steht auch in Kosova auf der Agenda. Das
Leben wird schlechter, nicht besser. Kämpfe gegen das
kapitalistische System und die Privatisierung finden auf der
ganzen Welt statt. Warum nicht auch in Kosova ? Selbst in China
beginnen sich die Arbeiter zu erheben. Im Jahr 2005 fanden in
China nicht weniger als 87000 größere Protestaktionen statt, an
denen sich insgesamt über 4 Millionen Arbeiter und Bauern
beteiligen. Erst vor kurzem ging durch die Weltpresse die
Meldung, dass es zu einer Erhöhung der Gehälter in China wegen
verschiedener Streiks gekommen ist. In China sind Streiks
offiziell verboten, Widerstand kann mit dem TOD bestraft werden.
Dennoch kämpfen die Arbeiter. Es ist an der Zeit, dass Kosova
sich erhebt, die armen Massen müssen gegen den gesamten Unfug
von Privatisierung und Kapitalismus kämpfen. Nur durch eine
solche Einstellung wird Kosova modern, Kosova darf kein
Ausbeutungsobjekt mehr bleiben.
Quellen
Naomi Klein, Die Schock Strategie
Verschiedene Pressemeldungen aus Kosova
Editorische Anmerkung
Den Artikel erhielten wir von Max Brym.