Stichwort KOSOVA
Die Privatisierung führt zu Armut und Hunger

von
Max Brym

09/10

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In Kosovo dominiert der offene Neoliberalismus, über soziale Fragen wird offiziell nicht diskutiert. Die Ökonomie wird nach der Methode des verstorbenen US Professors Milton Friedman hergerichtet. Dieses Methode heißt: Deregulierung, Privatisierung und die Negation von sozialen Rechten. Bekanntlich gibt es in Kosova keine Kranken und Arbeitslosenversicherung.

Die Massenarmut diktiert das Leben der Bevölkerung. Knapp 17% der Menschen leben nach amtlicher Definition in extremer Armut. Das heißt sie leben von weniger als 1 Euro pro Tag. 36% der Menschen leben in Armut mit weniger als 2 Euro am Tag. Die Massenarbeitslosigkeit liegt nach offiziellen Angaben bei 46% nach Angaben der Gewerkschaft bei 60%. Rund 10.000 internationale Berater und 10.000 KFOR Soldaten leben hingegen im relativen Luxus.Diese Leute sind gegenüber dem Gesetz Immun und können in Kosovo nach Gusto handeln. Knapp 6% der Einheimischen Bevölkerung lebt in sichtbaren Reichtum. Ihr Leben zeichnet sich durch gefüllte Bankkonten, Luxuswägen und teuerste Klamotten aus. Diese Leute haben Villen, ihre eigenen Läden und Caffehäuser. Sie stellen gleichzeitig die politische Elite des Landes. Politik und Business gehen oftmals Hand in Hand. Jetzt steht die Privatisierung, der wichtigsten Elemente der Ökonomie Kosovas an. Demnächst soll die Post und Telekommunikation privatisiert werden. Ein Regierungsmitarbeiter wurde kürzlich mit dem Satz in der österreichischen Presse zitiert, er meinte: „ Wir brauchen das Geld um die Autobahn finanzieren zu können“ Die Autobahn durch Kosova baut die berüchtigte US Firma Bechtel. Bechtel hat die Kosten für die Autobahn kürzlich um 700 Millionen Euro auf 1,3 Milliarden erhöht. Die Autobahn ist in Kosova so nötig wie ein Kropf. Um aber den US- Giganten Bechtel bezahlen zu können wird jetzt der Verkauf des rentabelsten Unternehmens Kosovas ,die PTK vorangetrieben. Es wird kein Geld aus dem Verkauf für die Armen in Kosova übrig bleiben. Das Geld wird Bechtel in den Rachen geworfen. Demnächst steht der Verkauf der KEK ( Stromversorger) mit seinen gigantischen Kohlevorkommen an. Danach soll es das ehemalige Kombinat Trepca, mit seinen reichen Vorkommen an Zink, Nickel, Kupfer und Blei erwischen. Selbstverständlich bietet sich Kosova mit niedrigen Löhnen sowie dem NICHTVORHANDENSEIN von Arbeiterrechten, den Investoren, an. Es gibt in Kosova keinen Kündigungsschutz, keine geregelte Arbeitszeit und keinen gesetzlich geregelten Mindestlohn. Dies alles steht unter dem Motto: Wir müssen Investoren anlocken und privatisieren. Nach dieser Maxime kann das Leben der Menschen nur schlechter werden. Bereits jetzt hat der Privatisierungsprozess nach Gewerkschaftsangaben 70.000 Arbeitsplätze gekostet. Auch die Senkung der Steuerlast für Unternehmen auf maximal 10% wurde mit der Notwendigkeit der Privatisierung begründet. Das durch diesen enorm geringen Gesamtsteuersatz die Einnahmen des Staates dramatisch sinken, gehört zum neoliberalen Konzept. Der Staat soll ausgehöhlt werden und den Reichen gehören. Das Soziale wird durch diese Politik in Kosova grundsätzlich negiert.

Gibt es Alternativen zur Privatisierung ?

Selbstverständlich ein Blick nach Lateinamerika genügt. Alle Wahlen in Lateinamerika wurden in den letzten zehn Jahren unter der Maxime geführt: Ist ein Kandidat oder eine Partei für oder gegen die Privatisierung. In der Regel gewannen Kandidaten welche Privatisierungen ablehnten, oder Verstaatlichungen anstrebten. Begründung: Lateinamerika hat ausgehend vom Putsch in Chile 1973 eine Privatisierungshymne erlebt. Das Ergebnis war Massenarmut, Massenarbeitslosigkeit, sowie die Liquidation aller sozialer Rechte. Gegenwärtig lässt sich in Lateinamerika ein gegenteiliger Prozess diagnostizieren. In Bolivien hat Evo Morales, die Firma Bechtel aus dem Land gejagt. In Bolivien wurde einst das Wasser privatisiert. Eigentümer wurde die Firma Bechtel. Ab dem Moment der Privatisierung wurde das Wasser extrem teuer. Die Firma Bechtel erhöhte systematisch die Preise und für die armen Leute war kein Wasser mehr da. Evo Morales enteignete die Firma Bechtel in Bolivien. Seit dieser Zeit ist Wasser wieder für alle vorhanden.In vielen Ländern Lateinamerikas geht es um die Verstaatlichung wichtiger Wirtschaftssektoren, Landreform, sowie um Investitionen in das Bildungs- und Gesundheitswesen. Kubanische Ärzte helfen in Venezuela und Bolivien, um eine kostenlose Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. In Kosova kann die medizinische Versorgung nur in teuren Privatkliniken gewährleistet werden. In diesen Kliniken arbeiten auch deutsche oder amerikanische Ärzte, allerdings auf der Basis des Profits. Die Zustände in den öffentlichen Kliniken werden in Kosova immer unerträglicher. Dies steht im Gegensatz zu der Entwicklung in einigen lateinamerikanischen Ländern, in denen der Profit im Gesundheitswesen nichts verloren hat. Ermöglicht werden diese sozialen Leistungen durch die Verstaatlichung der enormen Gasvorräte in Bolivien und die weitgehende Verstaatlichung der enormen Ölvorräte in Venezuela. Als die Reichtümer dieser Länder noch in der Hand von ausländischen Unternehmen waren, konnte weder Bolivien noch Venezuela diese Reichtümer für die Finanzierung von sozialen Programmen nützen. Allerdings ist die soziale Frage weder in Bolivien noch in Venezuela gelöst, es gibt noch immer arm und reich aber es gibt soziale Leistungen für die Armen.

Kosova und die Weltbank

Die Aufnahme in den IWF und die Weltbank wurde von den kosovarischen Politikern groß gefeiert. Angeblich ist diese Mitgliedschaft mit Prosperität und Fortschritt verbunden. Das Gegenteil wird aber der Fall sein. Der Präsident von Ecuador Correa erklärte im April 2007: „ Die Weltbank hat einen 100 Millionen Kredit dazu benutzt ein Wirtschaftsgesetz zu verhindern nachdem die Einnahmen aus den Ölvorkommen an die Armen verteilt werden sollte.“ Rafael Correa fügte hinzu:“ Ecuador ist ein souveräner Staat und lässt sich nicht von einer internationalen Bürokratie erpressen.“ Evo Morales erklärte im gleichen Monat:“ Wir werden das Schiedsgericht der Weltbank verlassen weil jene Einrichtung immer zugunsten der multinationalen Unternehmen entscheidet.“. Immer geht es der Weltbank und dem IWF um den freien Markt und den Profit. Angesichts der Krise nach dem Libanonkrieg im Jahr 2006 wollten Regierungen und der IWF dem Libanon einen Kredit von 7,6 Milliarden Dollar geben. Allerdings hatte dieser Kreditzusage keine Verbindung mit altruistischen Neigungen. Die Bedingungen für den Libanon waren die üblichen. Privatisierung der Telekommunikation und der Stromversorgung, Erhöhung der Benzin und Heizölpreise, Kürzungen bei staatlichen sozialen Leistungen und eine drastische Erhöhung der Mehrwertsteuer. Der libanesische Ökonom Kamal Hamdan schätzte die daraus resultierenden Mehrbelastungen der Haushalte auf 15%. Nach dem Krieg sollten die Armen auch noch für den Wiederaufbau zahlen. Das ist nicht nur eine libanesische sondern auch eine kosovarische Erfahrung. Allerdings mit einem entscheidenden Unterschied, die Massen im Libanon streikten gegen das IWF Programm besetzten das Luxusviertel von Beirut und bauten ihre Häuser und Straßen, ohne Bechtel und IWF wieder auf.

Den Widerstand entwickeln

Der soziale Widerstand steht auch in Kosova auf der Agenda. Das Leben wird schlechter, nicht besser. Kämpfe gegen das kapitalistische System und die Privatisierung finden auf der ganzen Welt statt. Warum nicht auch in Kosova ? Selbst in China beginnen sich die Arbeiter zu erheben. Im Jahr 2005 fanden in China nicht weniger als 87000 größere Protestaktionen statt, an denen sich insgesamt über 4 Millionen Arbeiter und Bauern beteiligen. Erst vor kurzem ging durch die Weltpresse die Meldung, dass es zu einer Erhöhung der Gehälter in China wegen verschiedener Streiks gekommen ist. In China sind Streiks offiziell verboten, Widerstand kann mit dem TOD bestraft werden. Dennoch kämpfen die Arbeiter. Es ist an der Zeit, dass Kosova sich erhebt, die armen Massen müssen gegen den gesamten Unfug von Privatisierung und Kapitalismus kämpfen. Nur durch eine solche Einstellung wird Kosova modern, Kosova darf kein Ausbeutungsobjekt mehr bleiben.

Quellen
Naomi Klein, Die Schock Strategie
Verschiedene Pressemeldungen aus Kosova
 

Editorische Anmerkung

Den Artikel erhielten wir von  Max Brym.