trend spezial: Berichte aus Kosova | redigiert von Max Brym

Albaner und Serben zusammenführen

09/11

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Prishtina, 1. August – Der Um es gleich vorneweg zu sagen: Das Selbstbestimmungsrecht Kosovas steht durch diese Überschrift nicht zur Disposition. Die Menschen in Kosova müssen das Recht haben über ihre Zukunft selbst zu bestimmen. Lenin sprach einst vom Recht auf Loslösung, von einem anderen Staat, weil sonst das Selbstbestimmungsrecht Makulatur bleiben muss. In Kosova stehen gegen dieses Recht, die NATO, die EULEX und der serbische Staat. Widerstand gegen die genannten Strukturen ist deshalb völlig legitim. Absonderlich erscheint mir besonders die Situation im Norden Kosovas. Der Streit um die Grenzübergänge ist im Sinne Belgrads entschieden worden. Die Grenzpunkte bleiben offen, es gibt dort keinen Zoll und keinen Boykott serbischer Produkte. Entschieden hat dies der deutsche Generalmajor Bühler im ALLEINGANG. Letzteres zeigt deutlich den kolonialen Charakter des angeblich unabhängigen Kosovo. Die Zustimmung der Regierung Thaci zu den Aktionen der NATO, EULEX und Serbiens macht die Sache nicht besser, sondern schlechter.

Wie weiter

Der Kampf um Souveränität und Selbstbestimmung ist allerdings keine Einbahnstraße. Marxisten betonen immer den dialektischen Zusammenhang zwischen nationaler und sozialer Befreiung. Den Menschen in den serbischen Enklaven muss ein soziales Angebot gemacht werden auf der Basis der Klassensolidarität. Tatsache ist, dass Oliver Ivanowitsch, mehr Gemeinsamkeiten mit Hashim Thaci hat als beide mit den einfachen Menschen in Kosova egal welcher Nationalität. In Serbien wie in Kosovo werden die Masse der Menschen immer ärmer. Schuld daran ist der kapitalistische Privatisierungsprozess. In Kosovo gibt es die höchste Arbeitslosigkeit in Europa. Es gibt keine Rechte auf Krankenversicherung oder eine Arbeitslosenversicherung. In Serbien werden gerade auf EU- Befehl, die sozialen Leistungen enorm zusammengestrichen. Der Privatisierungsprozess hat in Kosovo zur Entlassung von 70.000 Menschen geführt. Im Norden Kosovos ruht jede Produktion bzw. Verarbeitung von Rohmaterialien aus der Mine Trepca. Darunter leiden auch viele serbische EX- Arbeiter im Norden Kosovos. In Süd Mitrovica dürfen nur 1300 albanische Bergleute auf Probe arbeiten. Das Kombinat war vor 1989 der zweitwichtigste Produzent von Chrom, Nickel, Kupfer und Blei in Europa. Daneben hatte das Kombinat Trepca viele verarbeitende Kapazitäten in Kosova darunter in Zvecan. Es wäre doch sinnvoll sich mit der Reaktivierung des Kombinats in allen Gebieten Kosovos auf gesellschaftlicher Eigentumsbasis zu beschäftigen, als im nationalen Hader sich aufzureiben. Es geht bei den Serben darum aus den nationalen Enklaven auszubrechen. Ich weiß dass dies schwierig ist. Im Jahr 2000 versuchte ich im Norden Mitrovicas im Auftrag der albanischen Bergarbeitergewerkschaft mit serbischen Gewerkschaftskollegen zu sprechen. Dieses Abenteuer musste ich ergebnislos abbrechen, da kein serbischer Kollege bereit war mit mir zu reden. Schuld waren serbische Kontrolleure und Geheimpolizisten welche die serbischen Kollegen unter Druck setzten. Die serbischen parallelen Staatsstrukturen müssen auch im Interesse der einfachen serbischen Menschen verschwinden. Denn die Serben haben dadurch keinerlei Möglichkeit mit ihren albanischen Kollegen über eine gemeinsame Zukunft auf der Basis der Klassensolidarität zu sprechen. Der Kampf gegen die Privatisierung von Trepca, muss auf beiden Seiten den Flusses Ibar ( der Fluss fliest durch Mitrovica) aufgenommen werden. Dieser Notwendigkeit steht die faktische Teilung Kosovas im Weg. Grundsätzlich gesagt: Der Privatisierungsprozess muss in gesamt Kosovo gestoppt werden. Er muss ersetzt werden durch einen gemeinsamen Plan welcher die Reichtümer Kosovos im Interesse aller Menschen in Kosova einsetzt und verwertet. Das Dschungeldasein in ethnisch rein serbischen Gebieten führt die normalen serbischen Menschen nicht weiter. In diesen Strukturen sind die serbischen Menschen eingepfercht, von Faschisten bewacht und  von serbischer Spezialpolizei drangsaliert. Dabei helfen perspektivisch auch nicht gewisse serbische Sonderzahlungen und Billigprodukte für die Enklaven. Der Mensch ist kein Tier, einpferchen lassen sich nur Pferde und Esel. Wobei der Esel wenigstens als störrisch gilt. Verjagt deshalb die nationalistischen serbischen Einpfercher. Die albanische Öffentlichkeit muss ab sofort die Dialektik zwischen Patriotismus und Internationalismus akzeptieren. Das soziale Programm der LPV für ganz Kosova ist dafür ein vernünftiger Ansatz. Das Recht auf Selbstbestimmung ist die andere Seite der Medaille.

Editorische Hinweise

Max Brym stellt in unregelmäßigen Abständen für TREND Nachrichten und Artikel zur Lage in Kosova zusammen. Max Brym hat eine eigene Homepage: http://www.a-i-z.net/maxbrym/ und ist Mitarbeiter bei "Kosova-aktuell".

Dieser Artikel wurde von von Genc Mustafa  geschrieben.