Betrieb & Gewerkschaft
Wir lassen uns nicht länger verkaufen!
Arbeitermacht Flugblatt gegen die Schließung der Papierfabrik in Albbruck (Baden-Württemberg)

09/11

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Kaum hatte die Europäische Kartellbehörde der Übernahme von Myllykoski durch UPM zugestimmt, wollen diese die Fabrik in Albbruck in Baden-Württemberg schließen. Aber nicht nur diese, sondern auch den Standort in Kuovala in Finnland. Eigentlich ist das keine Überraschung. UPM hatte 2008 die Fabrik in Miramichi (Kanada) geschlossen sowie die Papierfabrik in Kajaani und die Zellstoffproduktion in Tervasaari, beide in Finnland. Es ist eher eine Überraschung, dass sich der Aufsichtsratschef von Myllykoski beim Verkauf von Albbruck an UPM getraut hatte zu sagen, „dass mit dem Verkauf der Unternehmen an UPM die Mitarbeiter gute Zukunftsperspektiven“ hätten. 

Wie können die Arbeitsplätze gerettet werden? 

Am 16. September gibt es eine Demonstration in Albbruck. Das ist ein richtiger Schritt. Die ganze Region kann zeigen, dass sie hinter der Belegschaft steht. Außer den Beschäftigten sind auch ihre Familien und viele Beschäftigte in Zulieferbetrieben betroffen. Aber was dann?

Bürgermeister und Wirtschaftsminister haben Runde Tische gefordert. Doch: was soll das  bringen? Vor vier Jahren hat die Provinz-Regierung von New Brunswick (Kanada) mehrere Millionen Dollar geboten, damit die Fabrik in Miramichi weiterläuft. Was will Wirtschafts-minister Schmid mehr bieten? Millionen kanadische Dollar haben UPM nicht interessiert. Sie wollen Kapazitäten vernichten.

Die Politiker schüren Hoffnungen auf neue Investoren oder Ersatzarbeitsplätze. Ersatzarbeitsplätze - woher? Warum sollten die ausgerechnet nach Albbruck kommen? Investoren? UPM hat Albbruck gekauft, um die Fabrik zu schließen und Produktionskapazität zu vernichten. Also wird sie sie nicht wieder an neue Investoren verkaufen. Aus dem Runden Tisch können nur warme Worte und eine Beschäftigungsgesellschaft oder ähnliches rauskommen. UPM gibt etwas Geld dazu und kauft sich damit frei.

Die Krise hat Tausende in solche Beschäftigungsgesellschaften gespült, meist mit Billigung der zuständigen Gewerkschaft. Dabei ging es immer nur um die Entsorgung der Leute. Selbst Unternehmen, die weiter existieren, wie Index in Esslingen oder Behr in Stuttgart, weigern sich, auch nur einen Beschäftigten zurückzuholen.

Die Beschäftigten sollten sich sagen: Myllykoski hat uns verkauft, Aufsichtsratschef Björnberg hat uns belogen. Wir wollen jetzt nicht noch mal von Politikern verkauft werden. Wir wollen Garantien! 

Fabrik besetzen! 

Die einzige Garantie dafür, nicht verarscht zu werden, ist, die Sache selbst in die Hand zu nehmen! Um zu verhindern, dass die Fabrik geschlossen wird und UPM die Anlagen abbaut, muss die Fabrik besetzt werden! Generationen von ArbeiterInnen haben sie aufgebaut. Kein Manager in Finnland oder anderswo hat das Recht, sie zu zerstören! Wenn UPM auf Schließung besteht, hat es die Belegschaft in der Hand zu sagen: Wenn ihr die Fabrik nicht mehr braucht - dann her damit! Wir werden zeigen, dass wir auch ohne Konzernchefs Papier produzieren können!

Um den Betrieb fortzuführen, sollte er verstaatlicht und unter Kontrolle der Belegschaft weitergeführt werden. Dafür brauchen wir keine Manager oder Ex-Politiker, die einen Versorgungsposten brauchen! Dafür muss die Gewerkschaft kämpfen!

Aber die Gewerkschaft hat noch eine andere Aufgabe: Sie muss endlich die Solidarität aller Arbeiter und Arbeiterinnen in der Papier-Industrie organisieren. Jedes Jahr werden Fabriken geschlossen und die Arbeitenden zahlen den Preis für Überkapazitäten, die nicht sie, sondern die Manager aufgebaut haben. Diese Solidarität muss natürlich international sein! Alle Belegschaften sollten sich verpflichten, keine Ersatzlieferungen zu tätigen, wenn andere Betriebe geschlossen werden oder streiken.

Für eine Internationale Konferenz der PapierarbeiterInnen, die gemeinsame Abwehrmaßnahmen organisieren, damit niemand mehr entlassen wird! Wenn die Produktivität steigt und/oder der weltweite Absatz stagniert, dann hilft nur Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich!

Dazu muss die IG BCE ihren Kurs auf immer mehr Wettbewerbsfähigkeit aufgeben. Genauso wie der Betriebsratsvorsitzende, dem nichts anderes einfällt, als belegen zu wollen, dass Albbruck die höchste Produktivität pro Kopf hat. Sehr schön für die Papier- und Zellstoffkonzerne: Die ArbeiterInnen kämpfen gegeneinander, wer am schnellsten und billigsten ist. Dieser Kampf gegeneinander ist letztlich schuld daran, dass Albbruck jetzt vor dem Aus steht! 

Was tun? 

Dieser Kampf ist kein Kinderspiel. Es gilt, die KollegInnen im Betrieb zu überzeugen. Betriebsrat und Gewerkschaft müssen auf eine Wende verpflichtet werden. Dazu sind Belegschaftsversammlungen nötig - natürlich ohne Management. Für die Durchführung von Aktionen oder einer Besetzung ist ein Aktionskomitee nötig, deren Mitglieder von der Belegschaft gewählt und jederzeit abgewählt werden können.

Die Tatsache, dass die ganze Region hinter der Belegschaft steht, ist allerdings ein echtes Faustpfand. Welcher Politiker wird sich trauen, dann die Fabrik räumen zu lassen? Aber auch die Bevölkerung muss überzeugt und beteiligt werden. Ein Solidaritätskomitee ist nötig, um Hilfe zu organisieren. Schon heute ist Albbruck landesweit bekannt, ein entschlossener Kampf kann auch zu einem Signal für viele andere werden.

 

Editorische Hinweise

Wir erhielten den Flugblatttext von:

ARBEITERMACHT-INFOMAIL
Nummer 577
16. September 2011

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