Nein, zu dieser EU
Wann wird  linke Bewegung  aller europäischen Länder das Elitenprojekt EU beerdigen?

von
Peter Nowak

09/11

trend
onlinezeitung

Die Nachrichten überschlagen sich. Der Bundeswirtschaftsminister gibt in einen seltenen Moment der Ehrlichkeit zu, was ernstzunehmende Ökonomen schon lange wissen,  eine Insolvenz  Griechenlands ist nur noch eine Frage der Zeit. Die professionellen Schönlügner aller Parteien toben. In der CSU wird über einen Ausschluss Griechenlands   diskutiert und die Wohlmeinenden aller Fraktionen schreien, ihr versündigt euch am Gedanken des vereinten Europa. Sie wollen nicht einsehen, dass dieses in den letzten Jahren zusammengepfuschte Abbruchunternehmen mit einem vereinbarten nichts aber mit einem vereinten Europa   zu tun hat. Es war der aus der Sicht der Eliten missglückte Versuch einer Wirtschafts- und Währungsunion, bei dem noch nicht ausgemacht war, welcher der beteiligten Staaten dabei den Hut aufhat. Es war  von Anfang an ein Elitenprojekt, das selbst die formalsten Kriterien von bürgerlicher Demokratie missachtete. Oder erinnert sich noch jemand daran, dass die irische Bevölkerung, die einzige, die Gelegenheit hatte,  über die EU-Verfassung abzustimmen. nein   sagte? Dann wurde eben noch mal abgestimmt und die Bevölkerung so unter Druck gesetzt, bis das Ergebnis dann passte. Wer immer noch nicht bedient war von diesem Projekt, müsste doch dieser Tage eigentlich  aufhorchen. Da reden führende Eurokraten davon, dass  die Verfassung nicht vorsieht, dass ein Land ausgeschlossen wird oder freiwillig austritt. Ersteres mag ja noch in Ordnung sein und die Gelüste der deutschnationalen CSU im Zaum halten. Dass aber ganz offen gesagt wird, wer einmal in die Eurozone eingetreten ist, der kann diese nicht mehr verlassen,  sollte als Kampfansage aufgefasst wird. Denn natürlich kann  die Bevölkerung jedes EU-Landes Parteien wählen, die aus der Eurozone und vielleicht sogar aus der EU austreten wollen. Dann müssen die Formalitäten dafür geklärt werden. Es darf aber niemand einen  Austritt infrage stellen.. Einer Organisation, die einen Austritt nicht vorsieht, sollte man tatsächlich schon aus Selbstschutz möglich schnell den Rücken kehren, bevor .sie die Möglichkeit hat, diese Drohung auch umzusetzen.   Denn eine Organisation  ohne Ausdrucksmöglichkeit ist eine Zwangsgemeinschaft . 

Anfang einer europaweiten Bewegung?  

Es bleibt nur zu hoffen, dass diese Selbstentlarvung, wenn nicht in Deutschland, dann in Staaten mit mehr demokratischen Bewusstsein, nicht ohne Wirkung bleibt. „Nein zu dieser EU“, sollte die Parole sein, die in den Sprachen aller EU-Mitgliedsländer auf Transparenten getragen werden soll. Es könnte  eine Bewegung             sein, die sich auf die Seite der Bevölkerung der europäischen Peripherie stellt, vor allem  der von Griechenland, Spanien und Portugal, die unter EU-Kuratel ausgeschröpft werden sollen.     Die Mehrheit dieser Menschen würde aufatmen, wenn die EU-Institutionen dieses Land endlich freigeben. Von daher könnte der von CSU-Politikern als Drohung gemeinte Ausschluss für viele Griechen eine Freiheitsfanfare sein. Denn er bedeutet ein Ende der Erniedrigung im Namen der EU, ein  Ende immer neuer Sparprogramme, ein Ende von weiterer Verelendung. „Nein zu dieser EU“, ist aber auch eine Kampfansage an die herrschenden aller EU-Länder, die mit diesem Projekt mitmischten wollten im Konzert der kapitalistischen Großmächte und nun vor dem Trümmern ihrer Pläne stehen. Solche Zeiten  könnten die europäischen  Ancien Regime erschüttern wie die in der arabischen   Welt. Die Bewegungen in Griechenland, Spanien, die Jugendunruhen in Großbritannien könnten bei aller Verschiedenheit und Diffusität ein erstes Wetterleuchten sein. Jetzt muss sich aber zeigen, ob die objektiv  günstige Situation genutzt wird. Nötig wäre die schnelle Gründung von Aktionskomitees unter der Parole  “Nein zu dieser EU“ in allen europäischen Staaten. Darunter könnte sich ein sehr heterogenes Bündnis entwickeln, das in vielen Einzelfragen unterschiedlicher Meinung ist. Die Gemeinsamkeit liegt in dem Willen, die EU-Ruine abzutragen.. Die länderübergreifende Kooperation  muss die Grundlage der Komitees sein. Nur so wird verhindert, dass sich   nationalistische Kräfte durchsetzen. In dieser konkreten politischen Auseinandersetzung könnte eine  EU von unten entstehen, die eben die Ablehnung des bisherigen Projektes eint. Gleichzeitig müsste in den Auseinandersetzungen der Zusammenhang von Staat, Nation und Kapital thematisiert werden- So könnten  in die Bewegung eine antikapitalistische und antinationale  Inhalte getragen werden. Wenn es gut läuft, haben wir das gescheiterte Elitenprojektes Europäischer  Wirtschafts- und Währungsraum beerdigt  und eine  in europäischen Maßstab agierende kosmopolitische, antikapitalistische Bewegung geschaffen. Ein Traum? Nein, ein realistisches Programm für eine linke Bewegung, die weder zurück zum Nationalstaat noch  zum Feigenblatt für das gescheiterte Europaprojekt der Eliten mutieren will, eine linke Bewegung,  die bereit ist, eine neue Seite in der Geschichte aufzuschlagen. 

Editorische Hinweise

Den Text erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe.