Krise und Spaltung
Was ist in der TKP passiert?

von Deutschlandkomitee der Kommunistischen Partei (der Türkei)

09-2014

trend
onlinezeitung

In der kommunistischen Öffentlichkeit ist es weltweit bekannt geworden, dass die Kommunistische Partei der Türkei (TKP) seit einigen Monaten mit einer internen Krise zu kämpfen hatte.  Es war sicherlich nicht zu übersehen, dass diese interne Auseinandersetzung nicht nur die politische Aktivitäten der TKP in der Türkei, sondern auch im internationaler Ebene zum Stocken gebracht hat.  Viele verschiedene schriftliche und mündliche Nachrichten und Kommentare kursierten darüber. Einige davon waren von einer Schadenfreude geprägt, manche andere brachten eine gewisse kaum verdeckte Freude zum Ausdruck. Aber alle unsere GenossInnen aus ganzer Welt waren selbstverständlich sehr besorgt. Auch viele ehrliche SozialistInnen, die die Funktion der TKP im Klassenkampf schätzten, obwohl sie in vielen politischen Punkten sich von der TKP distanzierten, haben ihrem Bedauern Ausdruck gegeben.  Um unseren GenossInnen und alle FreundInnen aus der ersten Hand über die Ereignisse der letzten drei Monate und deren Resultate zu informieren, veröffentlichen wir hier eine verkürzte Version der Erklärung des ZK der neugegründeten Kommunistischen Partei (der Türkei) an die kommunistischen und Arbeiterparteien.

Die Kommunistische Partei der Türkei war in letzten Monaten dazu gezwungen, sich mit einem internen Krise auseinander zu setzen, der von einer revisionistischen Angriff an die leninistischen Grundprinzipien der Partei und ihre sozialistischen Ziele verursacht wurde.  

Sichtbare Aktivitäten von einer Fraktion

Das Problem wurde sichtbar, als es sich herausgestellt hatte, dass eine separatistische Clique inklusive ein Teil der Mitglieder des ZK, systematisch daran arbeitete, um die Parteiführung zu okkupieren. Dies zeigte sich zuerst dadurch, dass sie keine Bereitschaft mehr zeigten, die Entscheidungen des ZK zu realisieren, ferner, angefangen hatten, dagegen Widerstand zu organisieren. Sie versuchten gleichzeitig, die Verbindung der Parteiführung mit einigen lokalen Parteiorganisationen zu unterbrechen. 

Die Krise wurde offenkundig als der Genosse Kemal Okuyan vom ZK zurücktrat, weil einige ZK-Mitglieder seit einem Jahr ständig die wichtigsten Grundpositionen der Partei sabotierten und die Realisierung von Parteientscheidungen verhinderten.  

Die Gründe der Krise

Am Anfang stellte diese Clique nur die Parteiführung in Frage, ohne eine plausible Kritik an der ideologischen, politischen bzw. traditionellen Linie der Partei zu üben. Sie fingen einzelne GenossInnen persönlich anzugreifen und verbreiteten Verleumdungen wie z.B. „Ein-Mann-Management“, „extreme Zentralisation der Parteiführung“ ...  

Das Hauptziel dieser Angriffe war offensichtlich die Übernahme der Führung der Partei. Keine dieser Aussagen wurden im schriftlichen Form gefasst, sondern sie wurden immer wieder in Gesprächen in kleinen Gruppen artikuliert. Auf der anderen Seite behaupteten die politischen Führer der Clique in den Interviews, dass sie keine Meinungsunterschiede mit der Parteiführung über die allgemeine ideologische und politische Linie der Partei hätten. Somit sind sie in eine ziemlich widersprüchliche, sogar absurde Lage geraten.  

Es war aber notwendig, ihre Angriffe an die Parteiführung zu begründen, um eine gewisse Glaubwürdigkeit zu gewinnen. Diese wurden erst später allmählich konstruiert und veröffentlicht. So kamen die opportunistische, revisionistische Hintergründe Schritt für Schritt ans Tageslicht.  

Ein Kritikpunkt den sie zuerst hervorgehoben haben, war einige organisatorische Probleme, für deren Lösung bereits Diskussionen geführt wurden. Das Dilemma lag aber in der Tatsache, dass die ZK-Mitglieder, die diese Clique führten und all diese Kritiken in die Welt setzten, seit über zehn Jahren innerhalb des ZK selbst für Fragen der Partei-Organisation verantwortlich gewesen waren. Sie haben kein Wort darüber verloren, dass die Lösung von solchen Problemen vor allem ihre Aufgabe sein sollte. 

Einer der schlimmsten und gefährlichsten Aspekte, der hinter diesen Angriffen versteckt gehalten wurden, betraf die leninistische Partei-Prinzipien, die von der TKP als indiskutablen Grundsatz für eine kommunistische Partei angesehen wurden. Diese Clique hat aber eine Diskussion insbesondere unter den Jugendlichen in die Welt gesetzt, wodurch die leninistischen Partei-Prinzipien in Frage gestellt wurden. Es wurde darüber Zweifel verbreitet, „ob diese Partei-Prinzipien in unserer Zeitalter gültig wären?“ Parallel zu dieser Diskussion wollten sie die Partei in eine Organisation umwandeln, in der diverse Flügel und Fraktionen gemeinsam existieren konnten.  

Letztendlich wurde auch eine Kritik an der traditionellen politischen Linie der Partei artikuliert: „die Partei sei zu sehr in der ideologischen und politischen Arbeit vertieft, so dass die Auseinandersetzung mit dem Staatsapparat auf der Straße vernachlässigt wurde“. Darüber hinaus wurde die Jugend immer wieder - ungeachtet der Klassendefinitionen - als eine revolutionäre Kraft an sich genannt. Die Parteiführung kritisierte selbstverständlich solche anti-marxistische Definitionen und hielte sie für nicht akzeptabel. Die Clique spekulierte darüber und verbreitete extrem verleumderische Äußerungen unter den jungen Mitgliedern und Sympathisanten der Partei wie „dass 'die mittlerweile alt gewordene Parteiführung' eine feindliche Haltung gegenüber den 'revolutionären' Jugendlichen in der Partei genommen hätte!“  

Es ist eine Tatsache, dass all diese populistischen Aussagen ein Teil der unerfahrenen jungen Kader, Mitglieder und Freunde der Partei, die nicht in der Lage waren, die ideologischen Hintergründe dieser Argumentationslinie zu analysieren, beeinflussten.  

Versuche, die Einheit der Partei zu bewahren

Die Parteiführung versuchte trotz aller persönlichen Angriffe der Clique, die Einheit der Partei zu bewahren. Trotz der außergewöhnlichen Bemühungen von mehreren GenossInnen, um diese Krise ohne große Auseinandersetzungen zu lösen, ist ihnen dies leider nicht gelungen. Da die politische Führung dieser Clique in den Händen einiger ZK-Mitgliedern lag, paralysierten sie das Zentral Komitee. Gleich darauf sabotierten sie auch ein gemeinsam ausgewählte Komitee, die angefangen hatte, einen außerordentlichen Kongress vorzubereiten, an dem dieser Konflikt von allen Parteimitgliedern gemeinsam diskutiert und gelöst werden sollte.  

Keine Basis mehr für ein gemeinsamen Handel

Diese Clique blieb keiner einzigen Vereinbarung treu, um diesen Konflikt gemeinsam zu lösen, obwohl sie diese Vereinbarungen selber mitformuliert hatten. Deshalb distanzierten sich die GenossInnen, die große Energie, Zeit und Arbeit investierten, die Einheit der Partei erhalten, von jeglichen Dialog mit dieser Clique. So blieb keine Basis mehr für einen gemeinsamen Handel übrig. Unter diesen Umständen wurde die Entscheidung getroffen, zwei getrennte Kongresse zu organisieren.  

Es war jedem bewusst, dass mit dieser Entscheidung Tür und Tor zur Spaltung der Partei geöffnet wurden. Auf der anderen Seite war dies die einzige Möglichkeit, die Partei von dieser Clique zu befreien. So konnte man ein Ende zu der Phase setzen, in der die Partei von ihrem eigentlichen Kampf fern gehalten wurde und ständig politische Verluste leiden musste.  

Zwei Kongresse am selben Tag

Am 13. Juli 2014 wurden zwei Kongresse gehalten. Der als “Aufschwung“ genannte Kongress, an dem nicht nur die Mehrheit der Parteimitglieder, sondern auch die zentralen Partei-Büros, alle verantwortliche Komitees der Partei-Publikationen sowie Arbeiter-Komitees teilgenommen haben, wurde ein sehr großer Erfolg. Es hat sich bewiesen, dass die Clique nicht in der Lage war, die Mehrheit der Parteimitglieder zu beeinflussen. Nur eine begrenzte Zahl der Stadtteilorganisationen in Istanbul und einige Sektionen der Jugendorganisation nahmen an ihrem Kongress teil.  

Trotz allem wollte die Clique nicht aufhören, verschiedene nicht legitime Methoden zu benutzen, um die Führung der Partei in Anspruch zu nehmen. Unter diesen Umständen wurde alle Partei Aktivitäten unter dem Namen der „Kommunistischen Partei der Türkei“ (TKP) eingestellt, um die Partei von mehr Schaden aufzubewahren. Beide Seiten sollten unter anderen Namen arbeiten, bis zu einem Zeitpunkt, an dem ihre Arbeit und ihre Errungenschaften in der Klassenkampf ihnen die Legitimation für den Anspruch auf den Namen TKP geben würde.  

Kommunistische Partei hat bereits angefangen zu arbeiten

So hat die Partei die Entscheidung getroffen, einen neuen Start in dem Klassenkampf zu machen und alle Aktivitäten unter dem Namen „Kommunistische Partei“ zu führen.  

Die Befreiung von der konfusen ideologischen Diskussionen gab den GenossInnen neue Energien und unerwartete Kraft. Trotz all die energie-, zeit- und -hoffnungsraubenden Diskussionen der letzten Monate haben die GenossInnen nichts von ihrer Entschlossenheit verloren, für eine neue, sozialistische Türkei zu kämpfen. Jetzt organisieren sie die Partei von Grund auf neu an, um diesen Kampf fortzusetzen.

Editorische Hinweise

Wir spiegelten die Erklärung aus dem August 2014 von http://www.kp-almanya.org/