Kommentare zum Zeitgeschehen
Knapper Wohnraum, steigende Mieten – sind die Flüchtlinge Schuld?


von rf-news

09/2015

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15.09.15 - Am 14. September wurde bekannt, dass die Stadt Duisburg für die Anmietung von Wohnungen für Flüchtlinge völlig überhöhte Preise zahlt. So kosten Mieten für Bürohäuser in Top-Lagen wie dem Duisburger Innenhafen bis zu 13,50 Euro pro Quadratmeter. Was die Stadt aber pro Quadratmeter in den Asyl-Unterkünften an Miete zahlt, liegt deutlich darüber. Für ein Bürogebäude in der ehemaligen Verwaltung der Hüttenwerke wird von der Stadt Duisburg eine Quadratmeter-Kaltmiete von 15,25 Euro verlangt. Ab dem kommendem Frühjahr sollen dort rund 200 Asylbewerber Platz finden. Der Mietvertrag läuft bis ins Jahr 2036.
 

In der "Neuen Ruhr Zeitung" vom 14. September heißt es dazu: "'Kürzere Verträge schließen Gesellschaften kaum noch ab. Die lange Laufzeit bietet Sicherheit für ihre Investitionen', sagt einer der Beteiligten …. Der Festvertrag über 20 Jahre sieht auch noch Mietsteigerungen vor, die sich nach dem Verbraucherpreisindex richten. Bis 2036 wird die Stadt dem Vermieter, der Firma VLP in Lohne, über 13 Millionen Euro überwiesen haben."

Und selbige Firma erkläert auf ihrer Homepage: "Wir, das Team von VLP, wollen im Rahmen unserer Arbeit die Marktwirtschaft verantwortungsvoll und kreativ praktizieren!" Na toll – eine sehr kreative Umschreibung von solcher Profitmacherei auf Kosten der Not der Menschen. Wenn von reaktionären Politiker Stimmung gemacht wird, dass die Flüchtlinge den hier bereits lebenden Menschen auch noch die Wohnungen wegnehmen, stellt das die Realität vollständig auf den Kopf. Nicht nur das Beispiel Duisburg zeigt, dass die Wohnungskonzerne auf diese Weise ihre Leerstände voll bekommen und noch Wuchermieten dafür kassieren.

Dabei sind die aktuellen Mietpreistreibereien für Flüchtlingsunterkünfte nur die Spitze des Eisbergs. In Duisburg liegt die durchschnittliche Miete für Wohnraum bisher bei ca. 5 Euro pro Quadratmeter. Seit Jahren kritisieren Mieterinitiativen und -verbände in Nordrhein-Westfalen, dass die Zahl der Sozialwohnungen stark rückläufig ist. Mit preisgünstigen Wohnungen lässt sich nicht so viel Profit machen, daher haben selbst kommunale Wohnungsunternehmen wie "Allbau" in Essen in den letzten Jahren vor allem in hochpreisige Wohnungen investiert. Folge: günstiger Wohnraum wird knapp, die Mieten steigen.

Der Deutsche Mieterbund fordert schon seit Langem eine Neubau-Offensive für Sozialwohnungen. Angesichts der Zuwanderung müssten jedes Jahr mindestens 350.000 neue Wohnungen gebaut werden. Die Forderung ist richtig – allerdings nicht nur wegen der Flüchtlinge. Wenn nun behauptet wird, diese würden den Deutschen die Wohnungen wegnehmen, soll das lediglich Stimmung gegen sie schüren.

Der Mangel an günstigem Wohnraum geht zum Teil auch in den Großstädten mit erheblichen Leerständen einher. So beziffert die Arbeitsgruppe Wohnungsmarkt der Städteregion Ruhr den Leerstand in den Ruhrgebietskommunen zwischen drei und neun Prozent der Wohnungen.

Auch Flüchtlinge sollen in anständigen Wohnungen leben, für die die Kommunen keine Wuchermieten zahlen müssen. Das Geld dafür muss dann an anderer Stelle wieder eingespart oder eingenommen werden - in der Regel auf Kosten der breiten Massen, indem soziale oder kulturelle Leistungen gekürzt sowie Gebühren erhöht werden. Die sozialen Leistungen für Flüchtlinge liegen ohnehin schon weit unter Hartz-IV-Niveau.

Für unsere Lebensinteressen wie preisgünstigen und ausreichenden Wohnraum müssen wir gemeinsam kämpfen und uns zusammenschließen.

Editorische Hinweise

Den Kommentar spiegelten wir von der Website rf-news, wo er am15.9.2015 erschien.

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