Am 12. Juni 2017 ist
in Stuttgart mit Theodor (Ted) Bergmann das letzte
noch lebende Mitglied der KPD-Opposition gestorben.
Bereits zu seinem 100. Geburtstag hatten wir einen
Aufsatz aus der »Arbeiterstimme« nachgedruckt (Arpo
1'2016). In dem Artikel wurden die wichtigsten
Stationen seines Lebens ausführlich beschrieben.
Die brauchen wir hier nicht zu wiederholen.
Aus unserer Sicht
sind aber noch einige kleinere Anmerkungen zu
machen, die Teds Verhältnis zur Gruppe näher
beleuchten.
Ted wurde Mitte
Mai 1952 als verantwortlicher Redakteur der
»Arbeiterpolitik« abgelöst. An seine Stelle trat
Bertha Schöttle-Thalheimer als pressrechtlich
Verantwortliche. Intern übernahm Rudi Hanke die
Redaktion der Zeitung.
Allerdings gab Ted
nicht nur die Leitung der Redaktion ab, er verließ
auch die Gruppe. Er hat Zeit seines Lebens keine
politische Begründung für seinen Austritt
formuliert. In den folgenden Jahren konzentrierte
er sich auf seine berufliche Weiterentwicklung,
bezog aber zu einzelnen politischen Fragen klar
Stellung. An der Universität Hohenheim engagierte
er sich für Studenten und Doktoranden, die durch
den Radikalenerlass der damaligen Bundesregierung
bedroht waren.
Im Herbst 1959
löste sich die Gruppe Arbeiterpolitik wegen
rückläufiger Resonanz in der Arbeiterschaft und
unterschiedlicher Einschätzungen zur Sowjetunion
und zur DDR vor allem auf Betreiben von Rudi Hanke
auf. Er trat für die Fortsetzung der politischen
Arbeit in der SPD ein. Ein kleiner Teil der
Ortsgruppen und einzelne Mitglieder folgten ihm.
Ted verfolgte diese Entwicklung als Außenstehender.
Er gab ab Juli 1959 die Zeitschrift »Der Sozialist«
heraus, die in etwa 20 Nummern bis Anfang 1961 in
kleiner Auflage erschien. Doch als Sammelpunkt für
heimatlos gewordene Mitglieder der Gruppe
Arbeiterpolitik blieb sie ohne Bedeutung.
Diejenigen, die
den Weg in die SPD nicht mitgehen und sich auch
nicht zurückziehen wollten, entschlossen sich schon
bald zu einem politischen Neuanfang. Kern dieser
Aktivitäten bildete die Bremer Ortsgruppe, die sich
scharf gegen die »Kapitulation« Hankes wehrte und
mit Unterstützung von Heinrich Brandler schon im
Januar 1961 die »Briefe an unsere Leser,
Informationen der Bremer Gruppe Arbeiterpolitik«
herausgab. Das war der Neubeginn der Sammlung der
Gruppe und der Zeitschrift.
Im Verhältnis zu uns betonte Ted einmal. »Seit 1952
habe ich die Arpo nicht mehr gelesen«. Dennoch ließ
er sich ständig über die Gruppe informieren und
begrüßte die seit etwa zehn Jahren wieder stärker
gewordene Zusammenarbeit der Gruppen
»Arbeiterpolitik« und »Arbeiterstimme«. Die
Differenzen in der Beurteilung der zionistischen
Politik der israelischen Regierung und der Folgen
für die Palästinenser blieben unüberbrückbar(1).
Ted hielt in den
letzten Jahren zu einzelnen Mitgliedern beider
Gruppen Kontakt und war bereit, sie bei bestimmten
Aktivitäten zu unterstützen. Er hielt auf der
Beerdigung seines Bruders Josef (Pepp) im März
2005 eine Rede und er folgte unserer Empfehlung,
die in seinem Besitz befindlichen Unterlagen zur
KPD-O und zur Gruppe Arbeiterpolitik der
»Forschungsstelle für Zeitgeschichte Hamburg« zur
Archivierung zu überlassen. Die Forschungsstelle
verwaltet das Archiv der GAP sowie mehrere
Nachlässe von Genossen der KPD-O.
Trotz aller
Differenzen im Einzelnen wird seine Bedeutung für
uns bleiben, dass er immer die Geschichte der KPD-O
als Grundlage für einen politischen Neuanfang der
sozialistischen und kommunistischen Linken gesehen
hat.
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1)
Rezension in der Arbeiterpolitik Nr. 3/2012. zu: »
Der 100jährige Krieg um Israel. Eine
internationalistische Position zum Nahostkonflikt«,
VSA-Verlag}Jamburg,2012.
Ebenso: Rezension zu »Klassenkampf & Solidarität,
Geschichte der Stuttgarter Metaller und
Metallerinnen«, Th. Bergmann, Hrsg., VSA-Verlag
2007, Besprechung in Arpo Nr. 3/2008, S. 25
Quelle:
ARBEITERPOLITIK NR. 3/4 | AUGUST 2017
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