Theodor Bergmann
7. März 1916 -12. Juni 2017

Ein Nachruf von der Redaktion der "Arbeiterpolitik"

9/2017

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Am 12. Juni 2017 ist in Stuttgart mit Theodor (Ted) Berg­mann das letzte noch lebende Mitglied der KPD-Opposition gestorben. Bereits zu seinem 100. Geburtstag hatten wir ei­nen Aufsatz aus der »Arbeiterstimme« nachgedruckt (Arpo 1'2016). In dem Artikel wurden die wichtigsten Stationen seines Lebens ausführlich beschrieben. Die brauchen wir hier nicht zu wiederholen.

Aus unserer Sicht sind aber noch einige kleinere An­merkungen zu machen, die Teds Verhältnis zur Gruppe nä­her beleuchten.

Ted wurde Mitte Mai 1952 als verantwortlicher Redak­teur der »Arbeiterpolitik« abgelöst. An seine Stelle trat Ber­tha Schöttle-Thalheimer als pressrechtlich Verantwort­liche. Intern übernahm Rudi Hanke die Redaktion der Zeitung.

Allerdings gab Ted nicht nur die Leitung der Redaktion ab, er verließ auch die Gruppe. Er hat Zeit seines Lebens keine politische Begründung für seinen Austritt formuliert. In den folgenden Jahren konzentrierte er sich auf seine be­rufliche Weiterentwicklung, bezog aber zu einzelnen poli­tischen Fragen klar Stellung. An der Universität Hohen­heim engagierte er sich für Studenten und Doktoranden, die durch den Radikalenerlass der damaligen Bundesregie­rung bedroht waren.

Im Herbst 1959 löste sich die Gruppe Arbeiterpolitik we­gen rückläufiger Resonanz in der Arbeiterschaft und unter­schiedlicher Einschätzungen zur Sowjetunion und zur DDR vor allem auf Betreiben von Rudi Hanke auf. Er trat für die Fortsetzung der politischen Arbeit in der SPD ein. Ein kleiner Teil der Ortsgruppen und einzelne Mitglieder folgten ihm.
Ted verfolgte diese Entwicklung als Außenstehender. Er gab ab Juli 1959 die Zeitschrift »Der Sozialist« heraus, die in etwa 20 Nummern bis Anfang 1961 in kleiner Auflage erschien. Doch als Sammelpunkt für heimatlos gewordene Mitglieder der Gruppe Arbeiterpolitik blieb sie ohne Be­deutung.

Diejenigen, die den Weg in die SPD nicht mitgehen und sich auch nicht zurückziehen wollten, entschlossen sich schon bald zu einem politischen Neuanfang. Kern dieser Aktivitäten bildete die Bremer Ortsgruppe, die sich scharf gegen die »Kapitulation« Hankes wehrte und mit Unterstüt­zung von Heinrich Brandler schon im Januar 1961 die »Briefe an unsere Leser, Informationen der Bremer Gruppe Arbeiterpolitik« herausgab. Das war der Neubeginn der Sammlung der Gruppe und der Zeitschrift.

Im Verhältnis zu uns betonte Ted einmal. »Seit 1952 habe ich die Arpo nicht mehr gelesen«. Dennoch ließ er sich ständig über die Gruppe informieren und begrüßte die seit etwa zehn Jahren wieder stärker gewordene Zusammenar­beit der Gruppen »Arbeiterpolitik« und »Arbeiterstimme«. Die Differenzen in der Beurteilung der zionistischen Poli­tik der israelischen Regierung und der Folgen für die Palä­stinenser blieben unüberbrückbar(1).

Ted hielt in den letzten Jahren zu einzelnen Mitgliedern beider Gruppen Kontakt und war bereit, sie bei bestimmten Aktivitäten zu unterstützen. Er hielt auf der Beerdigung sei­nes Bruders Josef (Pepp) im März 2005 eine Rede und er folgte unserer Empfehlung, die in seinem Besitz befind­lichen Unterlagen zur KPD-O und zur Gruppe Arbeiterpoli­tik der »Forschungsstelle für Zeitgeschichte Hamburg« zur Archivierung zu überlassen. Die Forschungsstelle verwal­tet das Archiv der GAP sowie mehrere Nachlässe von Ge­nossen der KPD-O.

Trotz aller Differenzen im Einzelnen wird seine Bedeu­tung für uns bleiben, dass er immer die Geschichte der KPD-O als Grundlage für einen politischen Neuanfang der sozialistischen und kommunistischen Linken gesehen hat.

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1) Rezension in der Arbeiterpolitik Nr. 3/2012. zu: » Der 100jährige Krieg um Israel. Eine internationalistische Position zum Nahostkonflikt«, VSA-Verlag}Jamburg,2012.
Ebenso: Rezension zu »Klassenkampf & Solidarität, Geschichte der Stuttgarter Metaller und Metallerinnen«, Th. Bergmann, Hrsg., VSA-Verlag 2007, Besprechung in Arpo Nr. 3/2008, S. 25

Quelle:  ARBEITERPOLITIK NR. 3/4 | AUGUST 2017