Dass
er mit mehreren Stimmen spricht, unter anderem um
unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen zu
erreichen, ist man mittlerweile vom französischen
Front National (FN) gewöhnt. So auch nach den
jüngsten Terrorvorfällen, für welche die
nordamerikanische neonazistische Rechte
verantwortlich zeichnet.
Im
Zusammenhang mit dem Mord in Charlottesville vom
12. August 17 erklärte der 35 Jahre junge
Vivevorsitzende der französischen neofaschistischen
Partei, Florian Phlippot, man verurteile „die
Anhänger weißer Vorherrschaft (white
supremacists) und jegliche Gewalt“.
Nun wolle man aber auch den Vorwurf nicht mehr
höre, man selbst zähle zur extremen Rechten:
„Rechtsextrem, das sind die Irren, die man in den
USA gesehen hat.“ Dagegen erklärte der
67jährige frühere Vizechef der Partei und
Europaparlamentarier Bruno Gollnisch: „Die
Initiative (zur Gewalt) ging von den
antifaschistischen Gegendemonstranten aus.“
Ansonsten wolle er nicht „die
ethnisch-politischen Konflikte der USA nach
Frankreich importieren.“
Auch zu anderen Themen bleibt die Partei, die sich
nur mühsam und im Streit von der – in ihren Augen
unerwartet deutlichen – Wahlniederlage bei der
Präsidentschaftswahl vom 07. Mai dieses Jahres
erholt, gespalten.
Am
21. und 22. Juli 17 veranstalteten die
Führungsspitzen des FN ein „Strategieseminar“ –
bereits das zweite in Folge, nach einer
vorausgegangenen ähnlichen Veranstaltung, die im
Februar 2016 stattfand.
In
beiden Fällen konnte man sich nur auf
Formelkompromisse einigen. Es ging jeweils darum,
weshalb es der FN trotz hoher Wahlergebnisse in den
vergangenen Jahren (sei es bei den
Regionalparlamentswahlen 2015 oder den
Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 2017) nie
schafft, diese auch in institutionellen Einfluss
umzuwandeln. Mit acht Sitzen in der
Nationalversammlung und ohne Fraktionsstärke hat
der FN es seit der Parlamentswahl im Juni nicht
fertiggebracht, als parlamentarische Opposition im
Zentrum zu stehen. Aufmerksamkeit in den Medien
durch ihren Widerspruch zum Regierungslager unter
Emmanuel Macron erregen in diesen Wochen vielmehr
die beiden Linksfraktionen, jene von Jean-Luc
Mélenchon und die der französischen KP.
Streit gab es bei dem Strategie-Seminar-auch um das
Thema, das von vielen innerparteilichen Stimmen
beim Front National inzwischen für die Stagnation
verantwortlich gemacht wird: den Euro-Austritt.
Letztendlich einigte man sich dazu auf einen
neuerlichen Formelkompromiss: Ein Austritt aus der
europäischen Währung wird vom FN nach wie vor
angestrebt, jedoch im Falle einer Machtbeteiligung
„nicht zum Beginn, sondern erst als Zielmarke für
das Ende der Legislaturperiode“. Damit können
vorläufig beide Seiten, Befürworter/innen und
Kritiker/innen der Parteiführung und dieser
Forderung, irgendwie leben.
Beim FN eskalieren jedoch besonders seit Ende Juni
d.J. die innerparteilichen Konflikte. Die FN-Chefin
Marine Le Pen hat Anfang Juli 17 angekündigt, dass
beim nächsten Parteitag – er ist nun für „Februar
oder März 2018“ geplant – eine „Neugründung“
anstehe. Diese dürfte sich vor allem in einer
geplanten Namensänderung für die Partei
niederschlagen, die Marine Le Pen noch wenige
Wochen zuvor ablehnte, nun jedoch erklärtermaßen
befürwortet. Wohl auch, um andere Änderungen
inhaltlicher Art abzubügeln.
Sophie Montel, die Philippot nahe stehende
Vorsitzende der FN-Fraktion im Regionalparlament
Bourgogne-Franche Comté in Ostfrankreich – dort, wo
die Partei bei den Regionalwahlen 2015 ihren
höchsten Stimmenanteil erhielt – schlug ihrerseits
nach dem Scheitern bei der Parlamentswahl vor, die
Selbstdarstellung der Partei beim Thema
Einwanderung zu überdenken. Ma möge sich für eine
„weniger Angst erweckende Kommukation“
entscheiden. Ihre Beweggründe dafür dürften
eher strategischer als moralischer Natur sein, denn
noch 1996 verteidigte die damalige Jungpolitikerin
Montel vehement die heiß umstrittene Äußerung des
seinerzeitigen Parteichefs Jean-Marie Le Pen:
„Ja, ich glaube an die Ungleichheit der Rassen.“
Dass sie nunmehr scheinbar an ideologischen
Grundfesten der Partei bei ihrem Zentralthema
„Immigration und Identität“ zu rütteln
beabsichtigte, wurde der 47jährigen zum Verhängnis.
Am 30. Juni dieses Jahres wurde sie durch Marine Le
Pen kalt abserviert und verlor ihren
Fraktionsvorsitz, da alle bisherigen
Parlamentskollegen ihrer Partei flugs in eine neue
Fraktion wechselten.
Editorische
Hinweise
Den Artikel erhielten wir vom Autor für diese
Ausgabe.
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