Jihadistische Attacke in Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou
Probleme mit den Aktivitäten bewaffneter Islamisten in der Sahelzone bleiben ungelöst

von Bernard Schmid

9/2017

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Mindestens acht Nationalitäten gehören die insgesamt zwanzig Toten – achtzehn Zivilpersonen und zwei Angreifer – an, die in der Nacht vom Sonntag zum Montag (13. und 14. August 17) bei einer terroristischen Attacke in Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou ihr Leben verloren. Bis auf zwei waren die Getöteten am Dienstag früh identifiziert worden. Ein Franzose und ein Türke seien unter ihnen, wie verschiedene Medien des Landes bekannt gaben. Um die zwanzig Verletzte wurden zum selben Zeitpunkt in der Universitätsklinik Yaldago Ouédrago behandelt, unter ihnen befinden sich fünf Soldaten der „Verteidigungs- und Sicherheitskräfte“ (FDS) des Landes.

Ziel des Attentats war das Restaurant Aziz Istanbul, das auf der meistbefahrenen Straße von Ouagadougou liegt, der nach dem Unabhängigkeitshelden und ersten Präsidenten Ghanas sowie Panafrikanisten benannten Avenue Kwame Nkrumah. Es wird unter so genannten westlichen Ausländern, die in Burkina Faso leben, ebenso wie unter Einheimischen geschätzt.

Zum genaueren Tathergang gibt es zur Stunde zwei Varianten: Auf ihrer Pressekonferenz am Montag sprach die zuständige Staatsanwältin Maiza Sérémé von zwei Attentätern, die auf einem Motorrad angekommen, dann abgestiegen und unmittelbar darauf das Feuer eröffnet hätten. Hingegen ist in verschiedenen anderen Quellen von einem Jeep (4x4) mit drei Männern an Bord die Rede, die alle ausgestiegen seien und Schusswaffen ausgepackt hätten. Die viel gelesene Webseite Lefaso.net zitiert etwa einen Augenzeugen, Abdeloulaye Cissé, der von einem solchen Jeep „mit grauer Farbe“ berichtet. In anderen Quellen wird ein Kellner des Restaurants erwähnt, welcher ebenfalls von einem Fahrzeug dieses Typs spricht. Dieser Unterschied könnte sich entweder daraus erklären, dass das Motorrad mit den Attentätern zunächst auf ein Auto auffuhr, bevor die Männer von ihrem Zweirad abstiegen, wie es bei der Pressekonferenz am Montag ebenfalls hieß. Dies könnte einen falschenm Eindruck erweckt haben, demnach sie vom Wagen statt vom Motorrad abstiegen. Oder aber die beiden getöteten Attentäter waren doch nicht die einzigen Angreifer.

Diese beiden, die als zwei sehr junge Erwachsene mit heller respektive dunkler Hautfarbe beschrieben werden, waren am Dienstag noch nicht identifiziert. Die politische Handschrift ihrerseits ist unverkennbar. Die Methode ist jener bei dem Attentat vom 15. Januar 2016 in Ouagadougou sehr ähnlich. Damals waren drei Einrichtungen in nur 200 Metern Entfernung vom Aziz Istanbul attackiert worden – das Restaurant Capuccino, das Hotel Splendid und die Gaststätte Taxi Brousse -, ingesamt wurden dreißig Tote verzeichnet. Damals bekannte sich die Organisation Al-Qaida im Land des islamischen Maghreb, französisch abgkürzt AQMI, kurz darauf zu der Tat.

In beiden Fällen eröffneten die Attentäter unmittelbar nach ihrer Ankunft das Feuer auf die Gäste, zunächst auf der Terrasse und später im Inneren der Etablissements. Am Sonntag wurden dabei Gewehre vom Typ Kalaschnikow AK47 benutzt. Die Angreifer verschanzten sich alsbald auf einem Stockwerk im Inneren des Gebäudes. Die schnell eintreffenden Sicherheitskräfte, denen dieses Mal keine Pannen angelastet werden wie noch bei dem Attentat vor anderthalb Jahren, glaubten zunächst an eine Geiselnahme und die Präsenz von gefangenen Gästen. Dies erwies sich im Laufe der Nacht als unzutreffend; vierzig Restaurantbesucher hatten durch den Hinterausgang fliehen können. Daraufhin wurde die Etage, auf der sich die mutmaßlichen Jihadisten befanden, gestümt. Nach dreistündigem Schusswechsel endeten die Feuergefechte gegen fünf Uhr früh mit dem Tod der Terroristen.

AQMI verfügt vor allem im wüstenhaften Norden des Nachbarlands Mali über Rückzugsräume, jedenfalls außerhalb der städtischen Zentren wie Gao, wo neben der UN-Truppe für Mali MINUSMA die französische Armee und seit vergangenem Jahr inzwischen auch die deutsche Bundeswehr stationiert sind. Vom Nordosten Malis, also dem Hinterland Gaos und der als La Gourma bezeichneten Region, aus liegt Burkina Faso näher als die malische Hauptstadt Bamako. Besonders die nördlichen burkinabesischen Regionen Soum, Ouadalan und Séno sowie der äußerste Nordwesten gelten deswegen als unsicher.

Auch in Mali fanden zu Anfang der Woche vom 14. August 17 bewaffnete Aktionen statt, die sich gegen zwei Einrichtungen der MINUSMA richteten. In Douentza im Zentrum des Landes kamen dabei am Montag ein Blauhelmsoldat aus Togo sowie ein malischer Militärangehöriger ums Leben. Bei einem anderen Angriff auf das dortige Hauptquartier UN-Truppe in Timbuktu – im Nordwesten Malis – starben fünf malische Wachen, ein Zivilangestellter der MINUSMA sowie ein Gendarm aus Mali.

Am Dienstag, den 15. August 17 begann im UN-Sicherheitsrat eine Debatte über die Sicherheit in der Sahelzone, bei der die Aufstellung einer internationalen Truppe gegen die jihadistischen Kräfte erwogen wurde. Erst vor zwei Monaten hatte der Sicherheitsrat auf Antrag Frankreichs hin der Bildung einer regionalen Streitmacht der im „G5“ zusammengeschlossenen Sahel-Staaten zugestimmt. (NACHTRÄGLICHE INFORMATION: Vorläufig beschloss der UN-Sicherheitsrat an jenem 15. August, die ohnehin bereits geplant „G5”-Truppe finanziell zu unterstützen.)

Editorische Hinweise

Den Artikel erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe. Es handelt sich dabei um eine ausführliche Fassung eines Beitrags, welcher gekürzt in der Berliner Wochenzeitung ,Jungle World’ vom 17. August 17 erschienen ist.