Sonderschwerpunkt: 50 Jahre DKP

Widerstände gegen die Gründung

09/2018

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kamue - Infolge der politisch-ideologischen Ausrichtung an der politischen Linie der KPdSU, wie sie sich 1956 nach dem 20. Parteitag entwickelt hatte, gab es Widerstände gegen diesen Kurs innerhalb der illegalen KPD - speziell im Hinblick auf eine Neukonstituierung. Denn damit waren erhebliche Revisionen an den bisherigen Essentials revolutionär-kommunistischer Politik verbunden. Allerdings konnte sich der Widerstand unter den Bedingungen des KPD-Verbots nur clandestin und handverlesen organisieren.

Im Teil I. der Geschichte der MLPD(1) werden folgende dissidente Gruppen aufgeführt: "Initiativausschuß zur Gründung einer sozialistischen Partei", gegründet 1962 (2), die Gruppe "Spartacus-Briefe", gegründet November 1966, die "Freie Sozialistische Partei/ML", gegründet April/Mai 1967, die Gruppe "Roter Morgen" gegründet Juni 1967, die "Rote SDAJ-Opposition" gegründet August 1968.  Nachfolgend sollen sie kurz vorgestellt werden (3).

Diese sogenannte anti-revisionistische Entwicklung war in Deutschland nicht auf die BRD beschränkt, sondern fand auch in Westberlin statt. Nur ging es dort 1968/69 nicht um eine Neukonstituierung, denn die Bruderpartei der KPdSU - die SED-Westberlin (ab 1969 Namensänderung in SEW) - war eine in Westberlin zugelassene Partei, geschützt vom Viermächtestatus(4).

Spartacus-Briefe

Bei dieser Gruppe handelte es sich um Mitglieder der KPD in NRW. Die Briefe sollten zu einem überregionalen Bindeglied zwischen oppositionellen KPD-Mitgliedern und Revolutionären außerhalb der Partei werden. Ein Teil der Gruppe trat der zur Jahreswende 1968/69 gegründeten KPD/ML bei. Die Briefe wurden eingestellt.

Spartacus-Brief, Nr. 1, November 1966, S.7

Freie Sozialistische Partei/ML

Am 22. April 1967 versuchte eine kommunistische Mini-Gruppe eine politische Partei mit dem Namen  "Freie Sozialistische Partei/ML" in Frankfurt/Main zu gründen. Dem Gründungskomitee gehörten neben dem 1959 aus der DDR geflohenen Versicherungsinspektor Ackermann, der Gastwirt Werner Heuzeroth (früher KPD/Siegen) und der Student Gerhard Lambrecht (DFU/Ludwigshafen) an. Mehr als 50 Interessierte waren anwesend. Die KPD-Führung hatte drei ZK-Mitglieder zu diesem Treffen geschickt, um die Parteigründung zu verhindern. Anwesend war auch der Bundesverfassungsschutz, dessen Agenten in die Veranstaltung und in die nachfolgende Pressekonferenz störend eingriffen. Schlußendlich musste die Parteigründung verschoben werden. Die Parteigründung fand dann im internen Kreis des Gründungskomitees statt. Als Parteiorgan wurde "Die Wahrheit" herausgegeben.


Die Wahrheit S.3.

Teile der FSP/ML schlossen sich 1968 dem Kreis an, der die Zeitung "Roter Morgen"  herausgab, und die FSP/ML verschwand von der politischen Bildfläche.

Gruppe "Roter Morgen"

Die erste Ausgabe der Zeitschrift „Roter Morgen“  wurde anonym an ca. 5.000 KPD-Mitglieder und Sympathisanten der illegalen KPD, sowie an einige andere revolutionär eingestellte Menschen verschickt.  Die Hauptursache für den schlechten Zustand der KPDi sahen die Herausgeber darin, dass sie zu einer Partei revisionistischen Typs geworden war. Eine neue marxistisch-leninistische Partei zu gründen, wie in anderen Ländern schon geschehen, hielt man zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht für zweckmäßig. Der "Rote Morgen" wollte zunächst eine breite ideologische Diskussion zur Entlarvung des Revisionismus einleiten.

Mit der November-Ausgabe 1967 gaben die Herausgeber die Illegalität und Anonymität auf und vollzogen damit den Bruch mit der KPD. Der „Rote Morgen“erhielt nun ein Impressum, in dem Ernst Aust als „Herausgeber und verantwortlicher Redakteur“ ausgewiesen wurde. Im Untertitel des "Roten Morgen" hieß es fortan: „Marxistisch-leninistische Monatszeitschrift“. Mit ihr wurde nun die Bildung einer neuen revolutionären Partei in Angriff genommen.

Nach der Gründung der DKP erschien im Oktober 1968 folgender Aufruf:

Am 31.12.1968 gründete sich die KPD/ML.

Rote SDAJ-Opposition

Anläßlich des Einmarsches der Warschauer Pakt-Truppen in die CSSR am 21.8.1968 entstand in Mannheim im Zusammenhang mit der Spaltung der dortigen Gruppe der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ), der Jugendorganisation der künftigen DKP, eine Gruppe, die sich "Revolutionäre Jugend (ML)" nannte und ein Organ unter dem Titel "Rote SDAJ-Opposition" herausgab, deren erste Nummer noch  im August 1968 erschien.


                                                        Ausschnitt aus der Titelseite

Mit der Nr.4 änderte die Zeitschrift 'Rote SDAJ-Opposition' ihren Namen in 'Rebell' (ehemals Rote SDAJ-Opposition). Herausgegeben wurde der 'Rebell' nun von der Revolutionären Jugend (Marxisten-Leninisten) - RJ/ML.

Anmerkungen

1) Geschichte der MLPD, hrg.v. ZK der MLPD, Band 1, Essen 1985, S.19-44

2) Diese Gruppe wird hier nicht weiter gehandelt, da es sich um eine trotzkistisch-grundierte Strömung von ehemaligen Sozialdemokraten handelte. Siehe dazu ihr "Manifest einer neuen sozialistischen Partei" im MAO-Archiv)

3) Soweit nicht anders ausgewiesen, stammen die Informationen und Dokumente aus den "Materialien zur Analyse von Opposition" ("MAO-Archiv"´) oder aus der "Geschichte der MLPD", a.a.O.

4) siehe dazu: Wie der Maoismus nach Westberlin kam.