Zunächst einmal bitte ich die daran nicht (mehr)
gewohnten Leser um Entschuldigung für mein Parteichinesisch. Bestimmte
traditionelle Begriffe ersparen einfach langwierige Erklärungen.
Wie manche linken Kritiker (damit meine ich nicht
solche, die demagogisch den Vorwurf von Fremdenfeindlichkeit,
des Rassismus, gar "Antisemitismus" ,erheben) bin auch ich der
Meinung, dass das "Aufstehen-Projekt" ein reformistisches ist. Wie
sie bin ich auch der Meinung, dass der Reformismus nicht langt, um die
zentralen Probleme der Welt und damit auch der Menschen in der BRD zu
lösen. Aber das braucht man dem Projekt keineswegs vorzuwerfen.
Auszugehen
ist von Folgendem: Proletarisch-revolutionäre Kräfte sind weltweit und
dabei weiß Gott nicht an letzter Stelle in der BRD in der Defensive
oder gar marginalisiert. Das gilt übrigens auch für die
Partei "Die Linke", in
der querfrontmäßig z.B. Proimperialisten in der
prozionistischen Version mit Antiimperialisten, darunter sogar solche
marxistischer Provinienz,
friedlich beeinander leben. Die bisherige
Geschichte hat nur eine authentische proletarisch-revolutionäre Revolution,
die russische Oktoberrevolution gesehen, die in ihrem Wesenskern
schließlich (d.h. in den 30er Jahren) an der kapitalistischen
Umzingelung gescheitert ist. Diese Revolution war allerdings erst der zweite
Schritt des Aufbegehrens des (russischen) Proletariats. Ihr ging die
Gründung von Arbeiterräten (unterstützt von überwiegend aus der Bauernklasse
rekrutierten Soldatenräten) voraus, die den Zar stürzen und
Reformisten an die Macht brachten. Die darauf folgende praktische Erfahrung
der proletarischen und kleinbäuerlichen Massen mit der Unfähigkeit und
dem Unwillen der Reformisten, den Krieg zu beenden und den Menschen
Brot zu geben, sorgte für ihre Umorientierung auf die revolutionäre
Partei der Bolschewiki. Das heißt wohlbemerkt nicht, dass der Reformismus
ein Schritt zur proletarischen Revolution ist und deshalb von
denen, die ein Ende des Kapitalismus für eine unbedingte Voraussetzung zur
Lösung der anstehenden Menscheitsprobleme halten, als eben nur
nicht ausreichend fortschrittlich begrüßt werden müsste. Es heißt
aber, dass es im bürgerlichen Zeitalter kein Beispiel für eine
erfolgreiche Revolution gibt, der nicht ein reformistischer Holzweg
vorhergegangen ist, wenn dieser denn das Ergebnis von Massenkämpfen der
Unterklassen war.
Die
Frage also, ob Frau Wagenknecht oder welcher der
bekannten "Führer"der
"Aufstehen"-Initiative selbst revolutionär sind,
ist zumindest sekundär. Sie würden eine wichtige Aufgabe erfüllen, wenn es
ihnen gelänge, etwas in die Wege zu leiten, das die Hauptopfer des
aktuellen Systems zunächst einmal für die Verteidigung ihrer früher einmal
innerhalb des Systems erkämpften Errungenschaften aktivieren würde. Dann
erst - und erfahrungsgemäß eben nicht durch die Propaganda und
Agitation der mannigfachen "revolutionären" Grüppchen außerhalb
einer solchen Situation
- können die kämpfenden Teile der
Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten die Erkenntnis gewinnen, dass diese
Verteidigung entweder innerhalb des Systens in seinem heutigen
Entwicklungsstand nicht mehr möglich ist und/oder dass die Wiederbelebung der
ehemaliger Errungenschaften nicht mehr ausreicht, um die
heutigen und zukünftigen Probleme zu lösen. Wenn wir so weit sind, wird es
an der Zeit sein,
diejenigen, die sich dann als reformistische
Bremser oder gar Konterrevolutionäre zeigen, frontal zu bekämpfen.
Da stehen wir heute nicht, und es ist kein Wunder, dass aus der Krise
der PDL, die durch das Ende ihres Wachstums in der Wählergunst
gekennzeichnet ist, keine erkennbar revolutionäre Kraft entsteht, sondern
eben "Aufstehen". Selbstredend bedeutet das nicht, heute mit dem
Wissen um die Begrenztheit, wenn nicht gar Unmöglichkeit,
reformistischer Lösungen
hinter dem Berg zu halten. Es bedeutet aber, diese
Erkenntnis nicht zu misbrauchen, um sich von der Möglichkeit einer
Aktivierung der Klasse - sei sie auch zunächst reformistisch - fernzuhalten
- und dann möglicherweise dann auch noch auf die Existenz der
PDL zu verweisen, die doch inzwischen recht deutlich gezeigt hat, dass
sie dazu entweder nicht willens oder nicht fähig ist.
Per Email vom Autor am
28.08.2018
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