Pressemitteilung 22.08.2020
Die
Besetzung der Ludwigstraße 71 hat die erste
Nacht überstanden. Weiterhin halten sich in
dem Wohnhaus Aktivist*innen auf.
Laut LVZ
soll der Eigentümer oder die Eigentümerin am
Mittwoch nach Leipzig kommen und bereit sein
mit den Aktivist*innen in ein Gespräch zu
treten. Bis dahin stehe das Haus unter
polizeilicher Beobachtung.
„Wir würden
uns freuen, wenn der Eigentümer oder die
Eigentümerin auch den direkten Kontakt zu
uns aufnehmen würde“, meint Kaya von Leipzig
Besetzen. Seit Beginn der Besetzung betonte
die Gruppe die Bereitschaft Verhandlungen
auf Augenhöhe zu führen und legte ein
Nutzungskonzept vor.
„Von der
Polizei erwarten wir Zurückhaltung“,
pflichtet Sasha, ebenfalls von Leipzig
Besetzen, bei. Am Vortag war es in den
Nachbarstraßen zu einem erhöhten
Polizeiaufgebot gekommen. Zwischenzeitlich
versuchten sich Polizist*innen von der
Mariannenstraße aus Zugang zum Gebäude zu
verschaffen. Dafür hielten die Beamt*innen
unter anderem Haustüren angrenzender
Wohnobjekte auf, wenn Anwohnende diese
verließen. Zusätzlich kam es zu Bedrängungen
von
Passant*innen durch Polizist*innen.
Die
Aktivist*innen bedanken sich für die
entgegengebrachte Solidarität durch
Anwohner*innen sowie vorbei gekommene
Unterstützer*innen.
Über die
ganze Nacht hinweg hielten sich Menschen vor
dem Haus auf. Zusätzlich kam es in der
näheren Umgebung zu Solidaritätsbesetzungen.
Leipzig
Besetzen ruft weiterhin Interessierte und
Unterstützer*innen dazu auf sich vor Ort ein
eigenes Bild zu machen und sich in der
Ludwigstraße aufzuhalten.
#LeipzigBesetzen #Luwi71 bleibt!
Nutzungskonzept Luwi 71 vom
25.8.2020
Das Haus
der Ludwigstraße 71 wurde am Freitag den 21.
August 2020 besetzt. Das Haus soll zu einem
Hausprojekt werden. Die Besetzung soll auch
den Forderungen nach einer
Prioritätenverschiebung in der Leipziger
Wohn- und Stadtbaupolitik Nachdruck
verleihen. Gefordert wird ebenso eine
Dekriminaliserung von Leerstandsnutzungen
wie auch einen sofortigen Stopp aller
Zwangsräumungen.
Der Leipziger Osten wird zunehmend zum
Hotspot der Gentrifizierung.
Mietpreiserhöhungen und Luxussanierungen
führen zur Exklusion finanziell
benachteiligter Personen. Der Osten,
besonders das Gebiet um die Eisenbahnstraße,
soll als attraktiver und kulturell
bereichernder Stadtteil erhalten bleiben und
erweitert werden.
Das Grundstück steht nun bereits seit über
einem Jahrzehnt leer und wird nicht genutzt.
Daher halten wir es für unsere kulturelle
und soziale Nutzung für optimal geeignet.
Das Haus besteht aus drei Etagen und ist
unterkellert. Die oberen Etagen sind mit je
zwei Wohnungen mit mehreren Zimmern
ausgestattet. Zum Haus gehört ein Garten.
Den Räumlichkeiten werden unterschiedliche
Nutzungen zugeführt.
Am 23.08.2020 fand eine Vollversammlung mit
den Anwohner*innen und Interessierten der
Besetzung statt.
Aus den
Wünschen und Bedürfnissen so wie der
aktuellen Einschätzung des Zustandes des
Hauses selbst nun ein überarbeitetes
Konzept:
Im Erdgeschoss kann ein Café und eine Bar
mit integrierter Bibliothek entstehen. Der
Verkauf der Getränke basiert auf
Spendenbasis. Durch den Aufbau und die
Aufteilung der Räume ist es möglich, auch
eine Küche für Alle (Küfa) zu organisieren,
welche ein bis zwei mal die Woche
stattfinden kann. Es ist ebenfalls denkbar,
die Räume für öffentliche Veranstaltungen,
wie Vorträge, zur Verfügung zu stellen.
Mögliche
Nutzung:
– Bar
– Café
– Bibliothek
– Küfa
– Vortragssaal
– öffentliches WC
Im ersten
Obergeschoss sind viele Nutzungsvarianten
vorstellbar. Die Ideen reichen von
Projektwerkstätten über Plenarräume bis hin
zu Vereinsräumen und Sportmöglichkeiten für
Kinder sowie Erwachsene. Aber auch
Beratungssprechzeiten und Selbsthilfegruppen
können die Räume nutzen. Politische Bildung,
kulturelle und sportliche Angebote finden
hier Platz.
Mögliche
Nutzung:
– Projektwerkstatt
– Räume für Plenas, Seminare
– Räume zur Nutzung für
Initiativen/Vereine/Gruppen
– Sportraum
– Selbsthilfe und Beratungsstellen
– WC
Etagen zwei
und drei sind für Wohnmöglichkeiten
vorgesehen.
Dabei geht es auch um Notfallwohnkonzepte.
Inklusive und barrierearme Wohn- und
Arbeitsplätze sollen entstehen.
Mögliche
Nutzung:
– Selbstorganisierte Wohnformen mit allen
Generationen
– Ruheräume
– Notfallwohnen
Auch das
Flachdach lässt eine vielfältige Nutzung zu.
Von Hochbeeten, einer kleinen Bar hin zu
Freiflächen für künstlerische Betätigungen
sind wenige Grenzen gesetzt.
Mögliche
Nutzung:
– Hochbeete
– Legal Planes
– Areal zum Entspannen
Im
angrenzenden Garten soll ein
Gemeinschaftsgarten entstehen. Außerdem
können die angrenzenden Kindergärten und
Schulen den Garten auch als Schulgarten
nutzen.Somit wird ein Ort des Lernens
geschaffen.
Mögliche
Nutzung:
– Gemeinschaftsgarten
– Schulgarten
– Nistkästen für Bienen, Fledermäuse etc.
– Fahrradstellplätze
– Platz für künstlerische Betätigung
Im Keller
scheint es in der Vergangenheit eine kleine
Holzwerkstatt gegeben zu haben, welcher wir
neues Leben einhauchen können. Eine
Selbsthilfewerkstatt kann neben der
Holzwerkstatt entstehen und eine
gegenseitige Ergänzung ist vorstellbar. In
der Selbsthilfewerkstatt wird es einige
Werkzeuge und die Möglichkeit geben,
Fahrräder und andere Sachen gemeinschaftlich
und mit Hilfe anderer zu reparieren.
Selbsthilfewerkstätten sind für uns ein Ort
der Selbstermächtigung und des gemeinsamen
Lernens, zu dem Menschen unabhängig ihrer
finanziellen Mittel Zugang haben. Aber auch
Proberäume und andere musikalische
Ausgestaltung ist vorstellbar.
Mögliche
Nutzung:
– Holzwerkstatt
– Selbsthilfewerkstatt
– Proberäume
– Bühne/Konzerte
Verwaltungsmöglichkeiten
Wir wollen das Haus als hierarchiefreien,
solidarischen Raum, dessen Nutzung und
Verwaltung selbstverwaltet und in freier
Trägerschaft ist. Eine unkommerzielle
Raumnutzung ist eingeschlossen.
Zukünftiges
Sofern alle rechtlichen Angelegenheiten
geklärt sind, werden wir uns um das Haus
kümmern. Die Bausubstanz wird geprüft und
auftretende Mängel beseitigt, um Sicherheit
herzustellen. Wir setzen dabei vor allem auf
solidarische, ehrenamtliche Hilfe, werden
aber, wenn es nötig ist, auch auf
Fachpersonal zurückgreifen. Uns ist die
Beteiligung vieler Menschen wichtig.
Wir begreifen uns und das Haus als offenes
Projekt, in dem soziale Kontakte gepflegt,
neues gelernt und sich untereinander
geholfen werden kann. Ein emanzipatorischer,
solidarischer Ansatz für alle Menschen ist
das Ziel. Das Haus ist für uns und
zukünftige Gäste und Bewohner*innen ein
Freiraum, welcher dringend gebraucht wird.
Wir sind in
jedem Fall zu Verhandlungen bereit und
würden uns freuen, Sie an der Ludwigstraße
71 begrüßen zu dürfen.
Brief
an den*die Eigentümer*in vom
26.8.2020
Guten Tag
Herr*Frau Eigentümer*in,
wir sind Leipzig Besetzen und befinden
uns durch die Besetzung im Besitz des
Hauses der Ludwigstraße 71, welches
formell Ihnen gehört.
Leider können wir nicht mit Ihnen direkt
kommunizieren, was wir sehr schade
finden. Der direkte Kontakt wäre uns um
einiges lieber, da so auch etwaigen
Missverständnissen aus dem Weg gegangen
werden könnte.
Wie wir
durch unsere Öffentlichkeitsarbeit und
Pressemitteilungen deutlich gemacht
haben, wollen wir Ihr Haus im Gegensatz
zu Ihnen wirklich nutzen. Wir bekommen
dafür breite Unterstützung nicht nur von
der unmittelbaren Nachbar*innenschaft,
sondern auch vom Viertel und
Bewohner*innen der Stadt. Auch
politische Vertreter*innen haben sich
auf unsere Seite gestellt. Sie haben uns
nun signalisiert, dass Sie das Haus
privat nutzen möchten und nicht mehr mit
uns in Verhandlungen treten möchten. Wir
wollen an Sie appellieren es dennoch zu
tun, denn wir haben bereits viele Pläne
für das Haus, wie Sie in unserem
Nutzungskonzept nachlesen können.
Grundsätzlich wollen wir das Haus
hierarchiefrei und unkommerziell
aufbauen und es kollektiv nutzbar und
gestaltbar machen. Deswegen wollen wir
im Falle einer Duldung Schritte
verfolgen, um das Haus gemeinschaftlich
in Stand zu setzen. Es soll ein Haus für
und mit allen werden und
kein Haus für anonymisierte
Mietparteien. Da Sie angebracht haben,
das Haus entweder vermieten oder
verkaufen zu wollen, wollen wir Sie
bitten, uns einen Kaufpreis zu nennen
beziehungsweise Ihre Vorstellungen
präzise zu äußern. In den Verhandlungen
ist durchgekommen, dass ein Gutachten
erstellt worden ist. Wir würden uns in
Zusammenarbeit mit der Stadt um ein
aktuelles bemühen. Wir haben bereits ein
kleines
Gutachten erstellen lassen, welches wir
Ihnen auch gern zukommen lassen können.
Hier die Frage, ob Sie uns Einblicke in
das alte Gutachten geben wollen.
Wir
hoffen, dass Sie sich gesprächsbereit
zeigen und dass wir eine Einigung finden
können. Seien Sie doch ein Vorbild für
andere Eigentümer*innen, die die Häuser
weitestgehend verfallen lassen, um
Profite raus zu schlagen und erkennen
Sie die gemeinschaftlich-sozialen
Bedürfnisse nach Freiräumen, fernab von
Kapitalinteressen, an: Lassen Sie sich
auf Verhandlungen mit uns ein!
Auf ein
baldige direkte Kommunikation,
Leipzig Besetzen
Quelle und
weitere Infos:
https://leipzigbesetzen.noblogs.org/
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