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trend onlinezeitung für die alltägliche wut
Nr. 9/1998

Arbeitskreis Asyl
Oldenburg
Auguststr. 50 , 26122 Oldenburg
Telefon/Fax über 0441/ 1 56 62

Pressemitteilung

Friedenskarawane

TeilnehmerInnen vor Abfahrt verhaftet

Am 1. September 1998 sollte anläßlich des diesjährigen internationalen Antikriegstages auch in Diyarbakir eine Veranstaltung stattfinden, an der Menschen aus allen Teilen der Türkei teilnehmen wollten. Vorgesehen war, daß die TeilnehmerInnen in Friedenskara- wanen nach Diyarbakir fahren. In Istanbul wollten heute, 31.8.1998, mehrere hundert Menschen mit Bussen um 10.30 Uhr abfahren. Die Polizei verhinderte jedoch, daß die Busse die zentrale Abfahrtsstelle überhaupt erreichten. Rund 200 TeilnehmerInnen, darunter auch Kinder, wurden durch die Polizei festge- nommen und befinden sich zur Zeit in Gefangenentransportern. Bei den Festnahmen wurden rund 30 verletzt. Unter den Festgenommenen befinden sich die stellvertretende Vorsitzende des türkischen Menschenrechtsvereins IHD, Rechtsanwältin Eren Keskin und der Rechtsanwalt Osman Baydemir. Die Verhafteten wurden mit roher Gewalt und Einsatz von Knüppeln in die Gefangenentransporter hineingeprügelt.

Unbestimmten Angaben zufolge griff die Polizei ebenso den Mesopotamischen Kulturverein an und verhaftete wahllos Menschen, darunter auch die Tochter von Musa Anter, Dicle Anter.

In Diyarbakir wurden 3 Italiener verhaftet, die mit einer Menschenrechtsdelegation sich dort aufhielten.

Im folgenden dokumentieren wir die Pressemitteilung des türkischen Menschenrechtsvereins IHD Istanbul vom 31.8.1998.

Zum Weltfriedenstag am 1. September und der sich anschließenden Friedenswoche hatte der IHD, wie auch im vergangenen Jahr, unter dem Motto "Wenn jetzt kein Frieden, wann dann?", beschlossen, von Istanbul aus Friedensbusse nach Diyarbakir zu senden. Dieses friedliche Vorhaben wurde mit Brutalität beantwortet und die MitarbeiterInnen und Mitglieder des IHD, sowohl in der Zentrale, als auch aus weiteren Städten, sowie MitarbeiterInnen von sich beteiligenden Organisationen, wurden unter Gewaltanwen-dung in Polizeigewahrsam genommen.

Wir wollen Frieden....

weil 40.000 Menschen gestorben sind. Wir wollen, daß keine Menschen sterben weil sorgenvolle Mütter, die ihre Kinder zum Militär schicken müssen, ihre Kinder nicht als Leichen zurückbekommen wollen weil wir nicht wollen, daß in diesem Krieg weiter türkische und kurdische Jugendliche sterben weil 3.000Dörfer zerstört und 3 Millionen Menschen aus ihrem Zuhause und ihren Dörfern vertrieben wurden weil durch die Investitionen für die Aufrüstung das Brot noch teurer geworden ist weil die Türkei aufgrund der Menschenrechtsverletzungen "nachsitzen" muß weil die Menschen wegen des Krieges unglücklich und hoffnungslos sind .

Wir, die Menschenrechtsverteidiger wollen aus diesen Gründen keinen Krieg, wir wollen Frieden. Mit der Fahrt der Friedensbusse wollen wir noch einmal unsere Friedensforderungen zur Sprache bringen und zum Ausdruck bringen "Wenn jetzt kein Frieden, wann denn dann?" Dies hat man nicht erlaubt. Wir wissen, daß die kriegsprovozierenden Räuberbanden in Yüksekova (die Kreisstadt des Bezirks Hakkari, in der sogar durch den türkischen Staat die Tätigkeit einer kriminellen Vereinigung aus Offizieren, Mitarbeitern von Spezialeinheiten und Dorfschützern, aufgedeckt wurde, deren Geschäft Mord, Rauschgifthandel, Erpressung usw. war - Erläuterung durch die Übersetzer) sitzen, die Güclükonak (ein Ort, in dem 11 Personen in einem Kleinbus erschossen und dann verbrannt wurden, Erklärung durch die Über- setzer), verursachten und Miturheber des Attentats auf Akin Birdal sind. Aber diese kriegsprovozierenden Kräfte laufen frei herum. Die für den Frieden wirkenden MitarbeiterInnen des IHD, Eren Keskin, Osman Baydemir, Ercan Kanar, Turan Il, Hadep-Mitarbeiter Bahattin Günel, Mahmut Sakar, ÖDP-Mitarbeiterin Ayla Yildirim, EMEK-Mitarbeiter Mustafa Yalciner, KESK-Mitarbeiter Cegiz Uzuner sowie etwa 200 Personen, befinden sich im Polizeigewahrsam. Die Haltung des Staates ist unverständlich, wo doch auf der ganzen Welt Friedensforderungen gestellt werden, wissen die Regierenden, die zum 75. Jahrestag der Republik Erklärungen zur Einheit und zum Zusammenhalt abgeben, dann nicht selber um die, die in jüngster Zeit die Teilung der Gesellschaft herbeiführen. Wenn die Regierenden der Republik eine auf Einheit, Freiheit und Gleichheit beru- hende Gesellschaft wollen, müssen sie die Friedensforderungen aus ihrer Umwelt hören und auf Gewalt verzichten.

Die Verantwortlichen halten sich nicht einmal an ihre ungenügenden und daher antidemokratischen Gesetze. Die Meinungsfreiheit und das Recht auf Freizügigkeit werden ebenfalls behindert. Sie können weiter Straftaten begehen. Wir werden entschlossen weiter für den Frieden, die Freiheit und die Demokratie eintreten.

Für weitere Informationen stehen Ihnen zur Verfügung AK Asyl, 0441/ 1 56 62 und Knut Rauchfuß, Medizinische Flüchtlingshilfe, Telefon 0171-7127375.


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Nr.9/1998