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Frankreich: Die Anti-EU-Rechte

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Die große Überraschung bei der Europawahl war, daß die Liste der Kanditaten, die von Charles Pasqua und Philippe de Villiers angeführt wurde, ebensoviele Wählerstimmen erzielte, wie die Liste von Präsident Jacques Chirac.

Diese Liste, die sich selbst die Aufmachung von "Verteidigern der Souveränität" gegeben hat, hat eine neue Partei hervorgebracht, die 'Rassemblement du Peuple Francais' (RPF), eine Name, der in den 50ern von de Gaulles Partei benutzt wurde. Während bis jetzt noch keine nationalen Ambitionen erklärt wurden, haben beide Anführer klare persönliche Ziele.

De Villiers ist in der politischen Arena Frankreichs keine neue Figur. Er ist 1949 geboren und stammt aus einer aristokratischen und militaristischen Familie. Sein Vater kämpfte im Zweiten Weltkrieg in der Resistance, bevor er die algerische Unabhängigkeit bekämpfte und sich selbst mit der extrem rechten Terror-Organisation OAS einließ.

De Villiers Kariere war eine Odysee durch die Rechte Frankreichs. Ende der 60er ein leidenschaftlicher Royalist, ein Liberal-Konservativer in den 70er und 80er Jahren, als er für kurze Zeit ein ministeriales Amt bekleidete und seit den frühen 90er Jahren ein konservativer Verfecher der französischen "Souveränität".

Hauptthemen im Wahlkampf sind globaler Antikommunismus, die moralische Ordnung, katholische Werte, Nationalismus und freies Unternehmertum. Am wichtigsten ist dabei das Recht auf Eigentum, das er wie ein gottgegebenes Recht behandelt. De Villiers ist in der Rechten nicht sehr beliebt und seine politischen Irrtümer haben seine Glaubwürdigkeit unterminiert. Sein Erfolg ist seinen unbegrenzten Ambitionen zuzuschreiben, der Kontrolle über seine lokale Bastion in der Region von Vendée in Westfrankreich, die er zeitweise als Parlamentsmitglied vertreten hat, und seiner Fähigkeit, die Medien für sich einzuspannen.

Dieses war nicht sein erster Erfolg bei Europawahlen. Er hatte letztes Mal einen ähnlichen Durchbruch, der ihm aber keinen längeren Erfolg bescherte. Nun will er versuchen, die RPF in ein Instrument zu verwandeln, das seinen persönlichen Zielen dient.

Pasqua - zwanzig Jahre älter als de Villiers - hat viel mehr politische Erfahrung als jener. Er trat 1942 mit nur 15 Jahren in die Resistance ein und blieb stets ein ergebener Bewunderer von General de Gaulle.

Bevor er in die Politik wechselte, arbeitete er 15 Jahre lang für Ricard, die bekannte Getränkefirma aus Marseille. Während er als Verkaufsvertreter seine rednerischen Talente entwickelte, füllte er sein Adressbuch mit einer großen Anzahl von persönlichen Kontakten, die er in seinem Job knüpfen konnte.

1961 zog er nach Paris um, und ein Jahr später half er dabei, den 'Service D`Action Civique' (SAC) aufzubauen, offiziell eine Abteilung zum Schutz de Gaulles, in Wahrheit eine parallel arbeitende Polizeimacht. Der SAC war in den 60ern in zahlreiche Fälle von politischer Gewalt verwickelt.

Bei Ricard 1968 rausgeflogen, warf sich Pasqua schwungvoll in die politische Arena und zog für den Wahlkreis Haute-de-Seine ins Parlament. Seine Wahl war das Resultat eines eher mit Muskeln geführten Wahlkampfes, stark unterstüzt von seinen Freunden des SAC unter dem Schlachtruf des Antikommunismus.

Nach de Gaulles Rücktritt verließ er den SAC und half 1974 Jaques Chirac eine neue Partei zu gründen, die 'Rassemblement pour la République'. Trotz seines Rucks in Richtung Zentrum behielt er den Kontakt mit einigen Figuren der extremen Rechten, von denen einige jetzt auf der Kanditatenliste der RPF auftauchen.

Pasqua wurde 1986 Innenminister, wo er seine Besessenheit von Recht und Ordnung ausleben konnte und die Schlüsselfigur einiger größerer Polizeiskandale war. 1993 gingen seine harten Maßnahmen gegen Immigration unter dem Namen "Pasqua-Gesetz" in die Geschichte ein.

Pasqua war immer ein erbarmungsloser Gegner des europäischen Konzepts, was erklärt, warum er es bei den Rechten niemals in die erste Reihe geschafft hat. Als er im Dezember 1998 der Führerschaft der RPR enthoben wurde, verkündete er, daß er eine unabhängige Anti-Europa-Kampagne bei den Europawahlen leiten werde und rief alle "Verteidiger der französischen Souveränitiät", rechte oder linke, dazu auf, sich ihm anzuschließen.

Als dies floppte, trat er an de Villiers heran, um eine gemeinsame Liste zu gründen. Vom Krieg im Kosovo profitierend, stimmten die beiden einen gegen die USA gerichteten Chor "für die europäische Unabhängigkeit" an.

Der Rest des Paketes war von de Villiers: nationalistische Ideen, das Rühren der Trommel für Recht und Ordnung und gegen Einwanderung gerichtete Rhetorik. Es gab wenig, was ihr Programm von dem Le Pens unterschied - von dem Pasqua 1984 sagte, daß sie "gemeinsame Werte" teilten.

Pasqua und de Villiers bekamen durch ihr Wahlergebniss von 13,5 0m Juni enormen Auftrieb. Nachdem sie am Tag nach den Wahlen die Gründung ihrer neuen Partei verkündet hatten, erklärte Pasqua am 24. Juli, daß er bei den nächsten Präsidentschaftswahlen 2001 der Kandidat der RPF sein werde.

Schon drängeln sich zahlreiche Aktivisten aus Mégrets 'Mouvement National' ebenso wie extrem Rechte Außenseiter wie Charles Million um einen Platz in der RPF, da sie es als eine wichtige politische Gelegenheit sehen. Es ist aber wichtig, die politische Zukunft der RPF vorherzusagen. Ähnliche Vorstöße sind in der Vergangenheit fehlgeschlagen. Es scheint wahrscheinlich, daß die RPF die Rolle eines konservativen Sammelplatzes spielt und in ihrer Position bei den Zuhörern den Weg ebnet für Themen und Ideen, die momentan nur der äußersten Rechten zugeschrieben werden.

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