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Dokument aus Interim 482
Aktivitäten gegen die 3. Oktober-Feiern 1999 in Wiesbaden
Den nationalen Konsens sprengen! 
Kampf dem imperialistischen Krieg!

Aufruf zu einer antinationalen Demonstration am 3.10.1999 in Wiesbaden
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Am 3.10.1999 feiern in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden die politischen Vertreterinnen des BRD-Kapitals mit dem 9. Jahrestag des Anschlusses der DDR die sogenannte Wiedervereinigung der deutschen Nation, die Liquidierung einer dem Kapitalismus entgegenstehenden Gesellschaft. Aus dem antikommunistischen Frontstaat BRD wurde eine souveräne Großmacht.

Mit dem dritten Krieg, den die deutsche Nation in diesem Jahrhundert gegen Jugoslawien führt, steht die BRD kurz davor, die volle imperialistische Handlungsfähigkeit wiederzuerlangen. Das massive Interesse an der Zersplitterung Jugoslawiens führte zu diesem Krieg, der wesentlich durch die deut­sche Anerkennung z.B. Kroatiens geschürt wurde.

Angeführt von der imperialistischen USA und der BRD, dem europäischen Kriegstreiber, ist beim Angriffskrieg gegen Jugoslawien zum ersten Mal eine gemeinsame europäische Militärpolitik möglich Die NAT 'bot den institutionellen Rahmen. Die Grausamkeiten (Massaker) von allen Seiten waren willkommener Anlaß für diesen Krieg. Die deutschen Kriegstreiber, allen voran Josef Fischer und Kriegsminister Rudolf Scharping (SPD), sprachen von „Völkermord". Sie verglichen brutale Vertreibungen von Kosovo-AlbanerInnen mit NS-Deportationen in Vernichtungslager. Sie unterstellten die Existenz von KZs in Jugoslawien, verglichen Milosevic mit Hitler und gaben vor, ein neues Auschwitz verhindern zu müssen. Mit antifaschistischer Rhetorik halfen sie, Auschwitz zu verharmlo­sen und mit dieser Relativierung die NS-Geschichte zu entsorgen. Statt die überlebenden Opfer des NS-Faschismus endlich zu entschädigen, werden sie mit lächerlichen pauschalen Beträgen abge­speist, um weitergehende Entschädigungsforderungen ein für allemal auszuschließen.

Die NATO verfolgt das Ziel, von Estland bis zur Türkei einen Ring um die Russische Föderation zu legen und den Einfluß der Russischen Föderation auf den Balkan, den Kaukasus und auf Zentralasien zurückzudrängen. Hier liegen die neuen ökonomischen und geostrategischen Interessen des deut­schen. europäischen und US-Kapitals und der NATO. Ein stabiler, kontrollierter Hinterhof vom Balkan bis zum Kaspischen Meer soll die Ausbeutung der Ressourcen, u.a. von bis zu 30 Milliarden Tonnen Erdöl, garantieren.

Nach dem Ende des Bombenterrors gegen Jugoslawien aus der Luft, geht der Krieg weiter mit der Teilbesetzung Jugoslawiens und der militärischen Kontrolle beinahe des gesamten Balkans. Hinzu kommt die im „Friedensabkommen' angelegte Option, jederzeit vom Boden aus auch in serbischem Gebiet militärisch zu operieren, wenn bestimmte Zonen vom jugoslawischen Militär nicht freigehalten werden. Die Bundeswehr übt in diesem Krieg ihren Umbau zu Krisenreaktionskräften für den weltwei­ten Einsatz. Der rotgrünen Bundesregierung ist es gelungen, die BRD nach dem NS-Faschismus in die barbarische Normalität eines imperialistischen Staates zurückzuführen. Langfristig betreiben Frankreich und die BRD die Reaktivierung der Westeuropäischen Union (WEU) als autonomen „europäi­schen Pfeiler der NATO". Die WEU soll der militärische Arm der EU werden, um so den US-Einfluß zurück­zudrängen.

Die innerimperialistische Konkurrenz auf dem Weltmarkt zwingt die kapitalistischen Zentren dazu, sich in Blöcken zu regionalen Großwirtschaftsräumen zu formieren. Auf europäischer Ebene ist die EU der politische Ausdruck dafür, daß das europäische Kapital den Kampf auf dem Wellmarkt nur im Verbund gewinnen kann. Die wachsende ökonomische Vorherrschaft des deutschen Kapitals füttert dabei die Aggressivität des deutschen Imperialismus im EU-Gewand.

Die Nation ist als Konstrukt des politischen Überbaus der kapitalistischen Produktionsweise ein definierter und verteidigbarer Rahmen, innerhalb dessen und von dem aus den Verwertungsinteressen des Kapitals Geltung verschafft wird. In der BRD wir die Sozialdemontage praktisch widerstandslos fortgesetzt durch die Rot-Grüne Bundesregierung und ihre Fähigkeit. Widerstandspotentiale erfolgreich einzubinden. Nach wie vor greift die „Standortlogik", die mit dem impliziten Ruf „Deutschland zuerst" die verbindende Gemeinsamkeit von herrschender und beherrschter Klasse beschwört, wozu auch die alljährlichen Nationalfeierlichkeiten propagandistisch eingesetzt werden.

Die behaupteten gemeinsamen Interessen mit der herrschenden Klasse dienen indes der Spaltung der Klasse der Lohnabhängigen selbst. „Auch wenn Du sozialökonomisch verlierst, Du bist immerhin deutsch". Die Fiktion von nationaler Identität erhebt das Prinzip der Ausgrenzung zum gesellschaftlich pragenden Moment. Die Herrschaftslogik des „Teile und Herrsche", des Rassismus und Sexismus spaltet auf, grenzt aus, wertet ab.

Reaktionäre Frauenideologie und -politik fassen wieder Fuß. „Erbgesundheitliche" und rassistische Kriterien dienen der Selektion von Menschen: Einerseits sollen Frauen weiterhin genötigt werden, Kinder zu bekommen, andererseits soll im Falie einer möglichen Behinderung des Kindes eine staatli­che medizinische Qualitätskontrolle darüber entscheiden, ob eine Abtreibung vorgenommen werden soll. Die Familie wird wieder verstärkt als „Keimzelle des Staates" propagiert, um Frauen auf die ihnen zugewiesenen Rolle als Hausfrau und Mutter einzuschwören. So werden besonders Arbeitsplätze von Frauen beseitigt. Extrem ist dies im EX-DDR-Gebiet, wo mehr als der Hälfte der Frauen ihr Einkommen und ihr Arbeitsplatz genommen wurden.

Menschen, deren Arbeitskraft nicht vom Kapital verwertet werden kann und die Kosten verursachen, sollen ruhiggestellt oder vernichtet werden. Behinderte, Alte und Kranke werden gesellschaftlich ent­wertet: mörderische Bioethikerinnen diskutieren in der Tradition der faschistischen Rassehygiene über 'lebensunwertes' Leben. „Nicht leistungsfähige" Menschen sollen für medizinische Menschenversuche oder für das Ausschlachten von Organen („Hirntod-Debatte") vernutzt werden.

Rassistische Gewalttätigkeit, staatliche Repression und eine besondere Ausbeutung der oft rechtlosen Arbeitsmigrantinnen werden durch den Nationalismus legitimiert. Pogrome sind dabei nur der extremste Ausdruck eines Rassismus', dessen Basis sich in alltäglichen Demütigungen und übergriffen ent­lädt. Ein großer Teil des staatlichen Gewaltapparates und der bundesdeutschen Bevölkerung paktieren mit rassistischen Täterinnen. Faschistinnen bedrohen Menschen, indem sie Städte in der Ex-DDR zu .national befreiten Zonen" erklären und Naziaufmärsche organisieren. In Deutschland wird der Antisemit Walser gefeiert, während die Zahl antisemitischer Anschläge unvermindert anhält.

Europa wird immer mehr zur Festung gegen Flüchtlinge ausgebaut, insbesondere auf Betreiben der herrschenden Kräfte Deutschlands. Die EU kontrolliert Menschen möglichst schon in ihren Herkunftsländern. In den Auffangzonen Osteuropas und Nordafrikas liegen militarisierte Lager. Grenzkommandos gegen Flüchtlinge, Abschiebeknäste und Spezialgefängnisse wie z.B. am Frankfurter Flughafen zeigen ebenso wie der Abschiebevollzug zunehmend militärischen Charakter. Bei der Abschiebung werden Flüchtlinge wie Postpakete verschnürt, geknebelt, geschlagen: 1994 wurde Kola Bankole „zur Beruhigung" zu Tode gespritzt, 1999 Amir Ageb in einem Motorradhelm erstickt.

Vor allem in Deutschland muß jede ernsthafte Opposition die Ablehnung der Nation einschließen. Der nationalen Standortlogik und dem nationalen Chauvinismus, der sich immer offener imperialistisch und militärisch ausdrückt, erteilen wir eine antinationale und antikapitalistische Absage und fordern:
  • Sprengt die Festung Europa. Offene Grenzen und Bleiberecht für alle Migrantinnen und Flüchtlinge. 
  • Abschaffung des Ausländerinnengesetzes und aller rassistischen Sonderbehandlungen. 
  • Entmilitarisierung, Auflösung von NATO, WEU und Bundeswehr, Kampf dem (imperialistischen) Krieg. 
  • Entschädigung der Opfer des NS-Faschismus - Zerbröselt den überwachungs- und Repressionsapparat.  
  • Weg mit § 218.
  • Sofortige Stilliegung aller Atomanlagen. Stop jeglicher Forschung und Verwertung im Bereich der Atomenergie und der Gentechnologie/Eugenik.
  • Solidarität mit antinationalistischen, antikolonialen sowie mit soziairevolutionären Befreiungskämpfen.  
  • Je schneller desto besser: soziale Revolution weltweit!
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