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Internet Know-How
Falsche E-Mail-Adressen

von Carsten Gerlach

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1. Falsche E-Mail-Adressen ?

Unverlangt zugeschickte E-Mail ist zu einem Problem geworden. Ob es nun Werbung (genannt UCE, unsolicited commercial e-mail) oder sonstige Massenmail (genannt UBE, unsolicited bulk e-mail) ist - immer mehr Nutzer fühlen sich von dieser Art der Werbung belästigt.

In letzter Zeit sind daher einige Leute auf die Idee gekommen, ihre Artikel im Usenet unter einer falschen Adresse zu posten. Im Body des Artikels finden sich dann meistens Hinweise auf eine gültige Adresse.

Diese Methode, sich gegen UCE zu wehren, ist jedoch aus mehreren Gründen problematisch - auch wenn sie inzwischen von diversen Computerzeitschriften empfohlen wird.

2. Was spricht gegen falsche E-Mail-Adressen ?

  • Sie treffen unbeteiligte Dritte, nicht die UCE-Versender.

    • Wird der Domain-Teil der Adresse verändert, kann es passieren, daß diese Adresse ungewollt nicht ungültig ist.
      Beispielsweise ist die Adresse <user@meine.domain.NOSPAM.de> nicht zwingend ungültig: die Domain "nospam.de" ist beim DE-NIC registriert! Mails an diese Adresse führen dazu, daß sich die Verantwortlichen der Domain "nospam.de" mit Fehlermeldungen herumschlagen müssen. Unbeteiligte Dritte werden auf diese Weise belästigt.
      Man kann sich nicht auf die Nichtexistenz einer Domain verlassen! Auch scheinbar unsinnige Domainnamen wie "xxx.de" oder "deletethis.de" sind beim DE-NIC registriert.
    • UCE-Versender fälschen fast immer die Absender-Adresse. Dadurch wird die Mail des UCE-Versenders an die von ihm verwendete falsche Adresse zurückgeschickt. Die (unschuldigen) Postmaster der entsprechenden Domain werden dann durch Fehlermeldungen zusätzlich belästigt.
    • Eine Antwort auf einen Artikel mit gefälschter Absenderadresse bewirkt, daß automatisch der Postmaster des Antwortenden über eine unzustellbare Mail informiert wird. Das bedeutet wieder unnötige Arbeit für unbeteiligte Dritte.
    • Dafür bekommen die UCE-Versender von Fehlermeldungen/Bounces ("bouncen" nennt man das zurückschicken unzustellbarer E-Mails) in der Regel nichts mit, da sie fast nie unter einer gültigen E-Mail-Adresse ihre UCE versenden bzw. keine gültige Rücksendeadresse angegeben haben.
    • Die Bounces erzeugen zusätzlichen, unnötigen Traffic!

     

  • Ihr Nutzen ist zweifelhaft.

    • Ein Posting in der Vergangenheit mit einer korrekten Adresse reicht bereits aus, um in die Datenbanken der UCE-Versender zu gelangen. Usenet-Artikel werden schon seit Jahren archiviert; auch in öffentlich zugänglichen Datenbanken (z.B. Dejanews).
    • UCE-Versender scannen zunehmend auch den Body von Artikeln, so daß die korrekte Adresse dort ebenfalls nicht im Klartext stehen darf. Einfache Änderungen, wie das Einfügen von "nospam", können von UCE-Versendern maschinell erkannt und umgangen werden. Die Folge: Änderungen müssen komplizierter werden, was mehr Arbeit für Antwortende bedeutet.
    • Dazu kommt, daß UCE-Versender nicht nur Usenet-Artikel scannen, sondern auch WWW-Seiten (mailto-Links!), das IRC und X.500 nach E-Mail-Adressen durchsuchen. Die Möglichkeiten um an E-Mail-Adressen zu gelangen sind endlos. Weitere Informationen zu diesem Thema finden sich unter http://home.pages.de/~nimmich/werbung/adressensammeln.html
      Konsequenterweise dürfte deshalb nirgendwo mehr eine richtige Adresse auftauchen. Das Medium E-Mail würde praktisch unbenutzbar werden!

     

  • Sie zerstören das Medium E-Mail.

    • Die Verwendung falscher E-Mail-Adressen zerstört nach Meinung vieler die Effektivität des Mediums E-Mail.
      Da das Suchen von Änderungshinweisen und das Ändern der E-Mail-Adresse umständlich von Hand geschehen muß und Zeit und Mühe kostet, beantworten viele Leute keine Artikel mit falscher Absenderadresse.
      Es gilt als unhöflich, Leuten mit denen man diskutieren will oder von denen man Hilfe erwartet, zuzumuten, den Artikel auf Änderungshinweise zu durchsuchen (die zudem immer komplizierter werden müßten, s.o.).
    • Es zeigt sich, daß Usenet-User mit der größten Erfahrung Artikel mit offensichtlich gefälschten Adressen in ihr Killfile aufnehmen (Artikel im Killfile werden beim Newslesen automatisch ausgeblendet).

     

  • Sie bedeuten letztlich eine Kapitulation vor den UCE-Versendern.

    • Anstatt aktiv gegen UCE-Versender vorzugehen, schaden sich die Usenet-Nutzer gegenseitig durch das Verwenden falscher Adressen.
    • In naher Zukunft könnte das Verwenden einer korrekten Adresse eine indirektes Einverständis für UCE-Versender signalisieren - man hätte schließlich seine Adresse fälschen können!

     

  • Sie entsprechen nicht dem Konsens im de-Usenet.

    Wer falsche Absenderadressen verwendet sollte wissen, daß die Mehrzahl der Nutzer des de-Usenets damit nicht einverstanden ist. Mögliche Reaktionen reichen von Killfile-Einträgen über freundliche Hinweise bis hin zu Beschimpfungen (Flames).
    In den internationalen Hierarchien werden Adreßfälschungen dagegen akzeptiert. Das mag daran liegen, daß dort das UCE-Problem wesentlich größer ist. Die überwiegende Anzahl der UCE-Versender kommt aus den USA und scannt deshalb vor allem englischsprachige Newsgroups.
    Das ändert jedoch nichts an den oben aufgeführten Argumenten gegen Adreßfälschungen. Im de-Usenet werden falsche E-Mail-Adressen nicht gerne gesehen - und das aus guten Gründen!

3. Was kann man stattdessen machen ?

  • Statt der gefälschten eine gültige Zweit-Adresse benutzen und Mail an diese Adresse ignorieren oder löschen. Also statt der richtigen Adresse <meine_adresse@meine.domain.de> eine andere (gültige) Adresse, z.B. <gueltige_zweitadresse@meine.domain.de>, benutzen, und in Artikeln darauf hinweisen, wie die richtige Adresse lautet.
    Diese Methode hat den Vorteil, daß das Netz und unbeteiligte Dritte nicht durch Bounces belastet werden. Da bei Antworten die Adresse immer noch per Hand geändert werden muß, ist diese Methode zwar toleriert, wird aber nicht gerne gesehen.
    Die meisten der oben angesprochenen Probleme bleiben bestehen: diese Methode trifft letztlich die Falschen und macht das Medium E-Mail unbrauchbar!

    Es gibt diverse Anbieter von kostenlosen Mail-Accounts, falls der eigene Provider keine kostenlose Zweitadresse einrichtet, z.B. GMX (www.gmx.de) oder Hotmail (www.hotmail.com). GMX und Hotmail haben recht effektive UCE-Filter im Einsatz, so daß schon die alleinige Verwendung einer solchen Adresse einen wirksamen Schutz vor UCE bedeutet.

  • Möglich ist auch, in der From:- und in der Reply-To:-Headerzeile verschiedene Adressen anzugeben, also z.B.
    From: <zweitadresse@meine.domain.de>
    Reply-To: <adresse@meine.domain.de>
    und Mail an die in der From:-Zeile angegebene Adresse zu ignorieren.
    Sinnvoll ist dieses Vorgehen, weil viele (aber nicht alle!) UCE-Versender hauptsächlich die From:-Zeile nach Adressen durchsuchen. UCE geht also an die in der From:-Zeile angegebene Adresse, während "richtige" Antworten an die Reply-To:-Adresse geschickt werden. Denn fast alle Newsreader benutzen die Reply-To:-Adresse für Antwortmail.
    Aus den oben genannten Gründen sollten aber dennoch beide Adressen gültig sein.
  • Besser ist es deshalb, das Problem UCE aktiv zu bekämpfen. Dies kann z.B. durch das Einrichten von Teergruben, durch das Filtern von bekannten Spammer-Domains oder durch eine Beschwerde beim Provider des UCE-Versenders geschehen. In de.admin.net-abuse.mail wird über Gegenmaßnahmen diskutiert.

    Weitere Informationen finden sich u.a. unter:

Zusammengestellt von Carsten Gerlach (gerlo@iceland.in-berlin.de). Dank für Anregungen und Hinweise an Ulli Horlacher, Christof Awater, Tina Hoeltig und Jürgen Dollinger.

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