Brandenburger Artenexperte Tobias Dürr: Jetzt sogar streng geschützte Fledermäuse und Rotmilane tot unter Windkraftanlagen gefunden/Aufruf an Umweltschützer zu systematischer Nachsuche unter Windkraftwerken

Kommentar

von Klaus Hart
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„Wir fördern erneuerbare Energien, die ungefährlich für Mensch und Umwelt sind“, läßt der grüne Minister Jürgen Trittin auf Steuerzahlerkosten landesweit zugunsten der Windkraftbranche in einer teuren PR-Kampagne verbreiten. Auch der Bundesverband Windenergie e.V., Lobbyorganisation der im Windkraftsektor tätigen Großbanken, Atom-und Rüstungsunternehmen, betont in einem deutschlandweit an Medien und Privatpersonen verteilten Info-Material, daß an Windkraftwerken Vögel umkommen, sei ein Vorurteil: “Bei der Suche nach getöteten Vögeln durch Windenergieanlagen war bisher immer Fehlanzeige“, heißt es wörtlich.

 Daß es sich bei all diesen Aussagen um die Unwahrheit handelt, ist Naturschützern seit Jahren bestens bekannt. Jetzt gibt es neue Beweise dafür, wie „umweltfreundlich“ Windkraftwerke sind: Artenexperte Tobias Dürr, Mitarbeiter der staatlichen Vogelschutzstation am Rietzer See in Brandenburg, fand im August bei einer einzigen, eher zufälligen  Nachsuche unter 29 Rotortürmen im Raum Nauen bei Berlin drei nach Europa-und Bundesrecht streng geschützte Fledermäuse(Großer Abendsegler, Rauhaut-und Zwergfledermaus) sowie drei Rotmilane, einen Bussard und mehrere kleinere Vögel, die Opfer der Anlagen geworden waren. Wie Dürr gegenüber dieser Website weiter mitteilte, waren zuvor schon in den brandenburgischen Kreisen Potsdam-Mittelland, Dahme-Spreewald sowie in der Uckermark von Windanlagen getötete Fledermäuse entdeckt worden.

Es ist davon auszugehen, daß weit mehr Tiere durch die Anlagen umkamen, jedoch vor der Nachsuche bereits von Prädatoren, darunter Füchsen, weggebracht worden waren. Dürr stellte klar, daß ihn die Totfunde überraschten - er wird jetzt in mehreren Naturschutzzeitschriften die Umweltaktivisten zur systematischen Nachsuche unter Windkraftwerken aufrufen.

--Fledermausexperte Carsten Kallasch: In Genehmigungsverfahren auf Risiken für Fledermäuse besonders achten--

Auch der renommierte Berliner Fledermausexperte Carsten Kallasch zeigte sich auf Anfrage dieser Website betroffen von den neuen Funden. Er forderte:“Bei Umweltverträglichkeitsprüfungen, Genehmigungsverfahren  für Windanlagen sollte ab sofort die Gefährdung dieser streng geschützten Säugetierarten besonders berücksichtigt werden.“ Außerdem seien nach diesen neuesten Totfunden entsprechende wissenschaftliche Untersuchungen notwendig, um das ganze Ausmaß der Bedrohung durch solche Anlagen exakt zu ermitteln.

--Warnungen von Zoologe Dr. Michael Stubbe bestätigt --

Daß jetzt von Windkraftwerken getötete Rotmilane gefunden wurden, bestätigt entsprechende Warnungen von Ostdeutschlands führendem Milanexperten, Professor Dr. Michael Stubbe von der Martin-Luther-Universität Halle. Der angesehene Zoologe hatte bereits mehrfach auch gegenüber dieser Website gegen die Errichtung von Windkraftwerken in den deutschen Hauptverbreitungsgebieten dieses Greifvogels protestiert, den der NABU wegen des gravierenden Rückgangs zum „Vogel des Jahres 2000“ erwählt hatte. „Windkraftwerke sind ein neues Störpotential und müssen in einem hochgradig exponierten Schutzgebiet, durchweg überall, wo sie Landschaft verschandeln, dem Naturempfinden entgegenstehen, vermieden, verhindert werden.“ In Sachsen-Anhalt – immerhin Deutschlands Region mit der nach wie vor höchsten Rotmilan-Dichte schössen Windparks wie Pilze aus dem Boden. In dem Bundesland mit besonders hoher Windkraft-Subventionierung ist der Auricher  Marktführer ENERCON besonders aktiv, läßt in Magdeburg Anlagen herstellen. Zwei Drittel der deutschen Rotmilane leben in Ostdeutschland – auch vergangenes Jahr hat deren Zahl weiter deutlich abgenommen – vor allem wegen Lebensraumzerstörung. Der NABU-Landesverband Sachsen-Anhalt und Experten wie Stubbe hatten u.a. von Anfang an heftig kritisiert, daß ausgerechnet nahe den geschützten Milan- und Schreiadler-Wäldern Hakel und Huy bei Halberstadt Windkraftanlagen genehmigt wurden.

--Revidiert Trittin falsche Positionen? Wer kommt für falsche PR-Kampagne auf?--

Für Umweltschützer dürfte jetzt interessant sein, ob sich Minister Trittin und Landesumweltminister zu den Funden äußern, bisher gemachte abwiegelnde Aussagen revidieren. Ebenso interessant wird sein, ob Trittin  die anfangs genannte teure PR-Kampagne stoppt, öffentlich eingesteht, daß die Windkraftnutzung umweltgefährdend ist, gerade seltene, besonders streng geschützte Arten bedroht. Und wie im Falle Scharping steht zur Diskussion, wer für solche Steuergelderverschwendung aufkommt...(Klaus Hart)