Der Austausch von lebendiger Arbeit gegen
vergegenständlichte, d. h. das Setzen der gesellschaftlichen Arbeit in der Form
des Gegensatzes von Kapital und Lohnarbeit - ist die letzte Entwicklung des
Wertverhältnisses und der auf dem Wert beruhenden Produktion. Ihre
Voraussetzung ist und bleibt - die Masse unmittelbarer Arbeitszeit, das Quantum
angewandter Arbeit als der entscheidende Faktor der Produktion des Reichtums. In
dem Maße aber, wie die große Industrie sich entwickelt, wird die Schöpfung des
wirklichen Reichtums abhängig weniger von der Arbeitszeit und dem Quantum
angewandter Arbeit, als von der Macht der Agentien, die während der Arbeitszeit
in Bewegung gesetzt werden und die selbst wieder - deren powerful effectiveness
- selbst wieder in keinem Verhältnis steht zur unmittelbaren Arbeitszeit, die
ihre Produktion kostet, sondern vielmehr abhängt vom allgemeinen Stand der
Wissenschaft und dem Fortschritt der Technologie, oder der Anwendung dieser
Wissenschaft auf die Produktion. (Die Entwicklung dieser Wissenschaft, besonders
der Naturwissenschaft, und mit ihr aller andren, steht selbst wieder im
Verhältnis zur Entwicklung der materiellen Produktion.) Die Agrikultur z. B.
wird bloße Anwendung der Wissenschaft des materiellen Stoffwechsels, wie er am
vorteilhaftesten zu regulieren für den ganzen Gesellschaftskörper. Der wirkliche
Reichtum manifestiert sich vielmehr - und dies enthüllt die große Industrie - im
ungeheuren - Mißverhältnis zwischen der angewandten Arbeitszeit und ihrem
Produkt, wie ebenso im qualitativen Mißverhältnis zwischen der auf eine reine
Abstraktion reduzierten Arbeit und der Gewalt des Produktionsprozesses, den sie
bewacht. Die Arbeit erscheint nicht mehr so sehr als in den Produktionsprozeß
eingeschlossen, als sich der Mensch vielmehr als Wächter und Regulator zum
Produktionsprozeß selbst verhält. (Was von der Maschinerie, gilt ebenso von der
Kombination der menschlichen Tätigkeiten und der Entwicklung des menschlichen
Verkehrs.) Es ist nicht mehr der Arbeiter, der modifizierten Naturgegenstand
als Mittelglied zwischen das Objekt und sich einschiebt; sondern den
Naturprozeß, den er in einen industriellen umwandelt, schiebt er als Mittel
zwischen sich und die unorganische Natur, deren er sich bemeistert. Er tritt
neben den Produktionsprozeß, statt sein Hauptagent zu sein. In dieser Umwandlung
ist es weder die unmittelbare Arbeit, die der Mensch selbst verrichtet, noch die
Zeit, die er arbeitet, sondern die Aneignung seiner eignen allgemeinen
Produktivkraft, sein Verständnis der Natur und die Beherrschung derselben durch
sein Dasein als Gesellschaftskörper - in einem Wort die Entwicklung des
gesellschaftlichen Individuums, die als der große Grundpfeiler der Produktion
und des Reichtums erscheint. Der Diebstahl an fremder Arbeitszeit, worauf der
jetzige Reichtum beruht, erscheint miserable Grundlage gegen diese neu
entwickelte, durch die große Industrie selbst geschaffne. Sobald die Arbeit in
unmittelbarer Form aufgehört hat, die große Quelle des Reichtums zu sein, hört
und muß aufhören die Arbeitszeit sein Maß zu sein und daher der Tauschwert [das
Maß] des Gebrauchswerts. Die Surplusarbeit der Masse hat aufgehört
Bedingung für die Entwicklung des allgemeinen Reichtums zu sein, ebenso wie die
Nichtarbeit der Wenigen für die Entwicklung der allgemeinen Mächte des
menschlichen Kopfes. Damit bricht die auf dem Tauschwert ruhnde Produktion
zusammen, und der unmittelbare materielle Produktionsprozeß erhält selbst die
Form der Notdürftigkeit und Gegensätzlichkeit abgestreift. Die freie
Entwicklung der Individualitäten, und daher nicht das Reduzieren der
notwendigen Arbeitszeit um Surplusarbeit zu setzen, sondern überhaupt die
Reduktion der notwendigen Arbeit der Gesellschaft zu einem Minimum, der dann die
künstlerische, wissenschaftliche etc. Ausbildung der Individuen durch die für
sie alle freigewordne Zeit und geschaffnen Mittel entspricht. Das Kapital ist
selbst der prozessierende Widerspruch [dadurch], daß es die Arbeitszeit auf ein
Minimum zu reduzieren stört, während es andrerseits die Arbeitszeit als
einziges Maß und Quelle des Reichtums setzt. Es vermindert die Arbeitszeit
daher in der Form der notwendigen, um sie zu vermehren in der Form der
überflüssigen; setzt daher die überflüssige in wachsendem Maß als Bedingung -
question de vie et de mort - für die notwendige. Nach der einen Seite hin ruft
es also alle Mächte der Wissenschaft und der Natur, wie der gesellschaftlichen
Kombination und des gesellschaftlichen Verkehrs ins Leben, um die Schöpfung des
Reichtums unabhängig (relativ) zu machen von der auf sie angewandten
Arbeitszeit. Nach der andren Seite will es diese so geschaffnen riesigen
Gesellschaftskräfte messen an der Arbeitszeit, und sie einbannen in die Grenzen,
die erheischt sind, um den schon geschaffnen Wert als Wert zu erhalten. Die
Produktivkräfte und gesellschaftlichen Beziehungen - beides verschiedne Seiten
der Entwicklung des gesellschaftlichen Individuums - erscheinen dem Kapital nur
als Mittel, und sind für es nur Mittel, um von seiner bornierten Grundlage aus
zu produzieren. In fact aber sind sie die materiellen Bedingungen, um sie in
die Luft zu sprengen. „Wahrhaft reich eine Nation, wenn statt 12 Stunden 6
gearbeitet werden. Wealth ist nicht Kommando von Surplusarbeitszeit"
(realer Reichtum), „sondern disposable time außer der in der
unmittelbaren Produktion gebrauchten für jedes Individuum und die ganze
Gesellschaft." [„The Source and Remedy" etc. 1821, p. 6.]
Die Natur baut keine Maschinen, keine Lokomotiven,
Eisenbahnen, electric telegraphs, selfacting mules etc. Sie sind Produkte der
menschlichen Industrie; natürliches Material, verwandelt in Organe des
menschlichen Willens über die Natur oder seiner Betätigung in der Natur. Sie
sind von der menschlichen Hand geschaffne Organe des menschlichen Hirns;
vergegenständlichte Wissenskraft. Die Entwicklung des capital fixe zeigt an, bis
zu welchem Grade das allgemeine gesellschaftliche Wissen, knowledge, zur
unmittelbaren Produktivkraft geworden ist, und daher die Bedingungen des
gesellschaftlichen Lebensprozesses selbst unter die Kontrolle des general
intellect gekommen, und ihm gemäß umgeschaffen sind. Bis zu welchem Grade die
gesellschaftlichen Produktivkräfte produziert sind, nicht nur in der Form des
Wissens, sondern als unmittelbare Organe der gesellschaftlichen Praxis; des
realen Lebensprozesses.
Editorische Anmerkungen
Dies ist ein Textauszug aus
GRUNDRISSE der Kritik der Politischen Ökonomie (Rohentwurf 1857 - 1858),
Kapitel III: Das Kapitel vom Kapital, Zweiter Abschnitt: Der
Zirkulationsprozess des Kapitals, S. 592f, Berlin 1953,
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