Samstag, 07 Oktober 2006 / Die KTA ( Kosova-Treuhand-Agentur) verkündete am 1. Oktober die
neunzehnte Privatisierungsrunde im Land. Mit stolz geschwellter
Brust wurde den einfachen Menschen in Kosova, der weitere
Ausverkauf der nationalen und gesellschaftlichen Reichtümer
angekündigt. Während der neunzehnten Schnellprivatisierung
sollen 50 neue Unternehmen entstehen. Der erste Stichtag an dem
die Bewerber „geprüft“ werden ist der 29. November 2006.
Am 10. Dezember wird bestimmt welche Investoren den Zuschlag
erhalten. Betroffen sind 36 gesellschaftliche Unternehmen, diese
werden aufgeteilt und zerschlagen. Es ist kein Geheimnis, dass
mindestens die Hälfte der Arbeiter von den kapitalistischen
Investoren nicht übernommen werden.
Offiziell gilt in Sachen
Privatisierung das Recht aus der Milosevic Periode, Milosevic
zwang einst die Arbeiter Aktionäre zu werden. Sie mussten einen
Anteil von 20% an den Fabriken erwerben. Den Rest eigneten sich
privilegierte Bürokraten, der serbische Staat und ausländische
Investoren an. Die Arbeiter werden jetzt formal mit 20% der
Verkaufserlöse abgespeist. Aber auch das steht nur auf dem
Papier, von den bis dato erzielten Verkaufserlösen wurden den
Arbeitern nur 5. Millionen Euro ausbezahlt, obwohl ihnen von der
erzielten Verkaufssumme selbst nach UNMIK und Milosevic Recht,
50. Millionen zustehen würden.
Die Verschleuderung des
gesellschaftlichen Reichtums in Kosova bringt den Arbeitern im
Schnitt höchstens 1000 Euro ein. Für die Masse ist dieser
Betrag, die Abfindung auf dem Weg in die Arbeitslosigkeit und
die völlige Armut. Die kapitalistischen Investoren krallen sich
kostengünstig den Reichtum des Landes. Allerdings beginnt damit
noch nicht die Produktion, denn viele „Großinvestoren“ scheuen
noch die politischen Risiken und die infrastrukturellen Probleme
in Kosova. Deshalb wird der Reichtum vorläufig an kleinere
Kapitalisten und Spekulanten verscheuert. Für die großen
Projekte, wie den Kohlereichtum des Landes stehen internationale
Konzerne bereit.
Perspektivisch gilt Kosova als „Energie und
Stromträger“ des Balkans. Für die reichen Minen von Trepca haben
sich kapitalistische Unternehmen, die nötigen Optionen
gesichert. Der Rest der Wirtschaft wird aufgeteilt und in
kleinere Einheiten zerlegt. Jeder Investor ist an Maximalprofit
interessiert. Dazu verlangt er Niedriglöhne, absolut geringe
Steuerlasten und Belegschaften, die zahlenmäßig verkleinert,
rund um die Uhr arbeiten. Diese Dinge werden von der UNMIK gegen
den Widerstand der Arbeiter und der Armen garantiert.
Wie unter
der Doktrin des kapitalistischen Neoliberalismus die soziale
Frage in Kosova gelöst werden soll vermag auch der neoliberale
Hardliner Joachim Rücker(*), den Menschen nicht zu erklären. Die Privatisierer reden nur von ihren Erfolgen in Sachen
Privatisierung, wie sie die Massenarmut in Kosova bekämpfen
wollen dazu wird von ihnen fast nichts mehr gesagt.. Es wird nur
noch nebenbei von den Selbstheilungskräften des Marktes
schwadroniert. Die berühmten „Selbstheilungskräfte des Marktes“
die kapitalistische Barbarei mit der ideologischen Begleitmusik
des Neoliberalismus führen in der ganzen Welt zur Anhäufung von
Reichtum und Überfluss auf dem einem Pol der Gesellschaft und
zur sozialen Verelendung verbunden mit Massenarmut auf dem
anderen Pol der Gesellschaft. Dieses Schicksal ist auch Kosova
zugedacht.
Herr Rücker der sich als Privatisierungsmeister in Kosova abfeiern läßt ignoriert völlig den Fakt, dass durch seine
„Erfolge“ die Zahl der extrem Armen in Kosova von 2002, bis zum
Jahr 2006, von 12% auf 18% angestiegen ist. Diese Menschen haben
weniger als 1 Dollar pro Tag. Geringfügig mehr zum
Lebensunterhalt haben 50% der Menschen. Die Privatisierung wird
das Phänomen der Massenarmut nur vergrößern. Als jüngstes
Beispiel kann Ungarn herangezogen werden, in dem Land werden die
Armen Kranken und die Arbeiter sozial stranguliert, um den
EU-Kriterien zwecks Machbarkeit der Gewinnmaximierung zu
entsprechen. Dagegen gab und gibt es in Ungarn Massenwiderstand.
Der soziale Widerstand steht auch in Kosova auf der Agenda.
Was soll privatisiert werden?
Bis 10. Dezember soll die Schlauch Fabrik in Ferizaj, verhökert
werden. Dem Maximalprofit wird zudem die Weinproduktion in
Suhareka, eine Batterie-Fabrik ( ein Teil von Trepça) und zwei
Magnesiumgruben in den Rachen geworfen.
Editorische Anmerkungen
*) Der deutsche Diplomat
Joachim Rücker war bis 1.
September Chef der KTA und ist jetzt UNMIK Protektoratsleiter.
Der Autor schickte uns seinen Text am 7.10.06 zur Veröffentlichung in der Nr.10-06.