Immerhin eingeladen, aber doch nicht ernst
genommen fühlt sich die "soziale Bewegung" vor den
DGB-Herbstprotesten.
Der DGB und die sozialen Bewegungen seit Jahren ein prekäres
Verhältnis. Auch vor den in fünf Städten geplanten bundesweiten
DGB-Kundgebungen gegen die Sozialpolitik der großen Koalition am
21.Oktober hat der Streit schon begonnen. Die Differenzen
entzünden sich schon am Motto. "Soziale Politik? Das geht
besser", heißt es im Aufruf. Viele Bündnispartner vermissen den
politischen Biss. Zumal DGB-Chef Michael Sommers jüngste
Interview-Ãußerung, ein gesetzlicher Mindestlohn sei nicht
durchsetzbar, zum jetzigen Zeitpunkt vor den Herbstprotesten als
demobilisierend empfunden wird.
Folgenloser Aktionstag?
Das "Bündnis 3. Juni", das sich um die "Großdemonstration"
gegen weitere "Reformen" im Frühsommer
gebildet hatte, setzt sich schon beim Motto vom DGB ab: "Das
geht nur ganz anders." Auch bei der lose organisierten
Gewerkschaftslinken gibt es viel Kritik. Die Reformen müssten
nicht "kritisch begleitet", sondern verhindert werden. "Dazu
braucht es mehr als einen folgenlosen Aktionstag", heißt es bei
dem Netzwerk linker Gewerkschafter.
Angela Klein vom runden Tisch der Erwerbslosen fragt sich, was
der DGB bezweckt. "Das Motto lockt keinen kritischen,
aufgeweckten Menschen hinter dem Ofen hervor." Allerdings sieht
Klein mit ihrer langjährigen Erfahrungen in sozialen
Protestbewegungen auch Positives bei der aktuellen
Mobilisierung: "Erstmals haben DGB und IG Metall im Vorfeld die
sozialen Bewegungen eingeladen und ihnen das Konzept präsentiert."
"Weiterhin kein Bündnispartner"
Klein sieht hier vor allem die Arbeit der neu in den
DGB-Vorstand gewählten Annelie Buntenbach, die in Berlin neben
ver.di-Chef Frank Bsirske reden wird. "Dass Buntenbach und nicht
Sommer spricht, freut linke Gewerkschafter und soziale
Bewegungen", sagt Klein. Allerdings habe Buntenbachs Wirken im
DGB-Vorstand auch Grenzen. Das zeige sich daran, dass die
Bewegungen weiterhin kein Mitspracherecht bei Motto und Aufruf
des Protesttages bekommen haben. "Einen Bündnispartner sieht der
DGB in den sozialen Bewegungen weiterhin nicht, nur die
Umgangsformen sind höflicher geworden", so ihr Fazit.
Wie schwer ein Einwirken auf die Gewerkschaftsspitze sein
kann, hat auch ein Bündnis erfahren, das am 21.10. neben der
Kundgebung in Berlin eine Demonstration organisieren will. Die
Gewerkschaftsspitze gab sich zurückhaltend. "Die kurze
Vorbereitungszeit und das Kostenlimit, das uns die
Gewerkschaften gesetzt haben, lässt auch dafür keine andere Wahl
zu. Die Mobilisierungskraft der Gewerkschaften und möglicher
Unterstützer soll sich voll und ganz auf die Teilnahme an der
Kundgebung ab 13 Uhr konzentrieren", schreibt Steffan Colm vom
DGB-Berlin-Brandenburg. Doch in letzter Minute haben sich das
Berliner Sozialforum und andere Gruppen in Absprache mit dem DGB
zu einer Demo entschlossen. Sie soll um 11 Uhr vor dem Roten
Rathaus beginnen und zum Brandenburger Tor führen.
Die Kritiker wollen am 21. Oktober in einem "Block der
sozialen Opposition" auftreten. Dabei dürfte nicht nur die
Bundesregierung schlecht wegkommen.
Editorische Anmerkungen
Der Text wurde uns vom Autor am 7.10.06
überlassen.