Kosova
Die UNMIK greift elementare Arbeiter und Gewerkschaftsrechte an

von Max Brym

10/07

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Wie weiter nach den Verbotsbeschlüssen gegen Arbeiterversammlungen und dem Terror gegen die Jugend- Gedanken zum neoliberalen Kolonialismus in Kosova?

Der neoliberale Kolonialismus vertreten durch das UNMIK Regime, läßt in Kosova endgültig die pseudodemokratische Hose herunter. Ein Herr Jasper Dick hat mit seinen Handlangern in der AKM ( Kosova Treuhandagentur) einen Beschluß gefasst wonach alle Versammlungen von Arbeitern und Gewerkschaftern, in und außerhalb der Betriebe verboten werden sollten. Dieser frontale faschistoide Angriff gegen die Arbeiterbewegung stammt vom 31. August dieses Jahres. Erst jetzt wurde der Beschluß bekannt, nachdem die Arbeiter in Trepca gegen den Privatisierungsprozess und ihre Ausbeutung Ende September demonstrieren wollten. Die UNMIK Vertreter bedrohten sie umgehend mit Repression. Dagegen rebellierten die Arbeiter sofort, sie organisierten eine Protestversammlung in Mitrovica. Diese spontanen Reaktion der Bergarbeiter beeindruckte die UNMIK und das Management von Trepca sichtlich. Die albanische Presse zitierte den gegenwärtigen Leiter der AKM ( die AKM untersteht dem 4 Büro der UNMIK) Dick mit folgenden Worten: „Versammlungen dienen dazu die Unzufriedenheit mit dem Privatisierungsprozess zu diskutieren“. An solchen Debatten oder gar an Widerstand gegen den Raub am Reichtum Kosovas, zugunsten kapitalistischer Konzerne und örtlicher Mafia- Strukturen ist die UNMIK, unter ihrem deutschen Protektoratsleiter Joachim Rücker nicht interessiert. Unmittelbar nachdem der Direktionsbeschluß der kapitalistischen Privatisierer gegen die Arbeiter bekannt wurde erklärte der Vorsitzende der Gewerkschaft BSPK Haxhi Arifi : „Für die BSPK ist die Entscheidung skandalös, politisch motiviert und hat das Ziel, Arbeiter zum Schweigen zu bringen, die gegen das schlechte Management protestieren. Dies erinnert uns an das letzte Regime, in dem gesellschaftliche Unternehmen in Kosova von einer gewaltsamen Administration geleitet wurden. Besonders überrascht sind wir von Miftar Hyseni, der ein langjähriger Gewerkschaftler der Minen war, dass dieser ebenso diese Anordnung unterschrieben hat... Dieser Beschluss steht im vollständigen Gegensatz zu den Grundsätzen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), bezüglich der Rechte und Freiheiten für Versammlung von Arbeitern und Gewerkschaftlern. Die Versammlungsfreiheit von Arbeitern und Gewerkschaftlern ist auch in den Gesetzen Kosovas verankert. So z.B. im Arbeitsgesetz 2001/27 und im Kollektivvertrag. Diese Entscheidung ist eine eklatante und schandvolle Verletzung der Menschenrechte und im Besonderen der Versammlungsfreiheit. Wir werden diese Entscheidung nicht hinnehmen und entschlossen dagegen kämpfen“ Nach Augenzeugenberichten hat die entschiedene Reaktion der Gewerkschaft innerhalb der AKM für Panik gesorgt. Die Treuhandgesellschaft Kosovas (AKM) wurde 2002 von der UNMIK gegründet. Ihre Aufgabe besteht darin die Privatisierung der Ökonomie nach den gängigen neoliberalen Konzepten ohne Rücksicht auf die sozialen Interessen der Arbeiter und der Bevölkerung zu gestalten. Diese Raubveranstaltung wird gegen jeglichen Widerstand der Arbeiter und der Jugend brutal durchgezogen. Den Arbeitern sollte jetzt das Streik- Versammlungs und Koalitionsrecht genommen werden. Dagegen protestierte die Gewerkschaft BSPK -wie gesagt scharf- und drohte mit massiven Protesten. Letzteres brachte den Versuchsballon der UNMIK zum Platzen. Das UNMIK- Terrorregime in Kosova ist besonders bei der Jugend extrem verhasst. Immer noch wird der bekannte LPV Aktivist Albin Kurti, in strengem Hausarrest gehalten. Vor Gericht wurde ihm am 19. September das Wort verboten mit der Begründung seine Ausführungen währen „ irrelevant“. Ein UNMIK Richter schrie Kurti mit den Worten, „ Halts Maul“, an. Die UNMIK wollte verhindern, dass die Wahrheit über ihre Todesschüsse gegen friedliche Demonstranten in Prishtina am 10. Februar zur Sprache kommen. Die Methoden der UNMIK werden zunehmend terroristisch. Dennoch scheinen einige Strategen in der UNMIK Zentrale zu wittern welche Gefahr für sie entstehen könnte wenn sie die Gewerkschaft offen mit faschistischen Maßnahmen konfrontiert. Die UNMIK nahm ihr Verbot gegen Arbeiterversammlungen zurück. Die stark jugendlich geprägte LPV solidarisierte sich sofort mit den Gewerkschaften. Für die UNMIK bestand die Gefahr, dass ihr das Pulverfass Kosova um die Ohren fliegt, wenn sie Arbeiter mit faschistischen Maßnahmen reizt und sich am Ende mit massiven Widerstand von Arbeitern, Jugendlichen und sozial Marginalisierten konfrontiert sieht. Die UNMIK machte einen Schritt zurück um ihr repressiv unsoziales Kolonialgebiet zu stabilisieren. Die scharfen Äußerungen, sowie die konkrete Kampfbereitschaft der Gewerkschaft, sowie die mögliche Kombination dieses Protestes mit der vorhandenen Jugendrebellion, irritierte die UNMIK- Kolonialgestalten.

Die Menschen sind gegen den kapitalistischen Neoliberalismus und Kolonialismus.
Auf der Homepage der LPV findet sich folgende Bemerkung: „Warum unternahm die AKM gerade jetzt diesen Angriff auf elementare Arbeiterrechte ? „Dieses Verbot hätte die AKM auch bei ihrer Gründung festlegen können.“ Völlig zurecht geht die LPV davon aus, dass, „ die Geduld der Arbeiter bald ihr Ende haben wird“. Und in der Tat, die soziale Lage in Kosova, die Behandlung der Arbeiter durch die „Privatisierer“ hat die Arbeiter bis aufs Blut gereizt. Es ist absolut damit zu rechnen, dass die Bergleute und Arbeiter anderer Unternehmen Massendemos veranstalten werden. Der relativ moderne Industriegigant „Ferronikel“ in Drenas wurde 2006 gegen den Willen der Arbeiter zu einem Minimalpreis verkauft. Die Masse der Arbeiter lehnte den Verkauf grundsätzlich ab. Der Kaufvorgang selbst war aber noch ein zusätzlicher Skandal. Dem Käufer wurden nur minimale vertragliche Konditionen auferlegt. Die LPV schreibt dazu: „ Ein Großteil der Belegschaft wurde von der neuen Unternehmensführung nicht übernommen. Auch der den Arbeitern zustehende 20 % Pflichtanteil aus dem Verkaufserlös des Unternehmens für die Belegschaft, wurden überhaupt nicht an die berechtigten Arbeiter gezahlt. Das gleiche Schicksal trifft fast auf alle öffentlichen Unternehmen Kosovas zu, die durch die AKM verkauft worden sind. Die Rechte der Arbeiter wurden stets ignoriert. Jetzt plant man auch den Verkauf von „Trepca“. Was die AKM betrifft, stellt sie die Kulmination der Ungerechtigkeit dar. Dies ist auch den Offiziellen der AKM bewusst, deshalb drohen sie mit dem Verbot von öffentlichen Versammlungen, Kundgebungen und Protesten. […]“.

Wie die Privatisierung abläuft

Gegenwärtig liegt die Arbeitslosigkeit in Kosova nach halbwegs realistischen Schätzungen bei über 60%. Nach Angaben der Gewerkschaft BSPK stieg die Zahl in den letzten Jahren kontinuierlich an. Der Privatisierungsprozess unter der Leitung des vierten Büros der UNMIK, eliminierte in Kosova faktisch weite Teile der Arbeiterklasse ,als Klasse im Produktionsprozess. Nach Statistiken der Weltbank leben in Kosova rund 15% der Menschen von weniger als einem Dollar pro Tag. Sie gelten als extrem arm. Weitere 35% der Einwohner leben von etwas mehr als einem Dollar pro Tag. Sie gelten als arm. Einst hatte das Baukombinat Ramiz Sadiku in Prishtina 5000 Menschen beschäftigt. Heute nach der Privatisierung sind gerade noch 200 Arbeiter im Betrieb. Die Arbeiterschaft wurde marginalisiert. Nur die allerwenigsten arbeiten noch im produktiven Bereich. Die besten Löhne werden im Dienst der UNMIK als Dolmetscher, Sekretär und Bodyguard realisiert. Maximal 10% der Erwachsenen arbeiten noch in öffentlichen Betrieben. Dort wird in aller Regel, wenn keine Privatisierung bevorsteht, noch zwischen 120 und 200 Euro pro Monat bezahlt. Vor der Privatisierung wird meist von korrupten Eliten die Lohnzahlung eingestellt. Die Arbeiter werden damit erpresst sonst nicht übernommen zu werden. Die Übernahme ist allerdings keineswegs gesichert. Nach der Privatisierung sinken nach Gewerkschaftsangaben die Löhne und Gehälter dramatisch. Die Arbeiter genießen keinerlei Kündigungsschutz und erhalten nur Arbeitsverträge zwischen 1 und 3 Monaten. Der Ahtisaari Plan ( ehemaliger UN Sondervermittler zum Status Kosovas) sieht für die Wirtschaft, die Verpflichtung zu weiterer Privatisierung und Marktwirtschaft vor. Damit wird die weitere soziale Bastardisierung des sozialen Lebens in Kosova festgeschrieben. Dennoch hofft die weitestgehend liquidierte Arbeiterschaft darauf wieder eine normalen Klasse werden zu können. Auf der anderen Seite der Medaille gibt es in Kosova auch keine stabile und rechtlich abgesicherte Bourgeoisie. Es gibt eine neureiche Mafia, die in dunklen Geschäften steckt. Diese Mafia ist oft mit der politischen Elefanten- Clique Kosovas identisch. Ihr einziger Ehrgeiz besteht darin ihre angehäuften Reichtümer, in normales bürgerliches Eigentum umzuwandeln. Die UNMIK weiß von den schmierigen Geschäften ihrer Kollaborateure und deckt sie. Die meisten privatisierten Betriebe sind in der Hand dubioser Firmen hinter denen sich nicht genannte Eigentümer verstecken.

Ausländisches Kapital

Die ausländischen Investitionen in Kosova sind bis dato relativ bescheiden obwohl sie langsam zunehmen. Von 2001 bis 2006 haben ausländische Unternehmen lediglich 775 Millionen ¤ im Kosovo investiert. Seit Beginn des laufenden Jahres 2007 waren es immerhin 200 Millionen ¤. Nach der ambitionierten Prognose der kosovarischen Förderagentur Investment Promotion Agency of Kosovo (IPAK) soll das Volumen der Foreign Direct Investments (FDI) in den beiden kommenden Jahren auf 3,5 Milliarden ¤ ansteigen. Harald Jedlicka von der Weltbank erklärte bei einer Kosovo-Konferenz des IDM im März 2007 in Kooperation mit dem Wirtschafts Blatt ( Österreich): „ Das Heranziehen von ausländischen Investitionen wird die grösste Herausforderung, die auf den Kosovo in den nächsten Jahren zukommen wird“ Chancen für österreichische Investoren in Kosova sehen die Experten vor allem in den Bereichen Energie, Bergbau, Textil, Bau und Automobilzulieferindustrie. Für Kujtim Dobruna von der IPAK sind niedrige Steuern, keine Einfuhrzölle auf Rohstoffe und das niedrige Mindestlohnniveau entscheidend. Der Freund des Ahtisaari Planes Dobruna, offeriert Kosova zum Schleuderpreis an internationale Konzerne, auf Kosten der noch vorhandenen Arbeiter und der ganzen Gesellschaft. Das niedrige Lohnniveau will er beibehalten und Steuern für die Investoren vermeiden. Er steht für die Permanenz der Armut und setzt darauf wieder in Teilbereichen eine extrem ausgebeutete Arbeiterschaft zu entwickeln. Gegenwärtig ist Bajram Rexhepi ( ehemaliger Premierminister) offizieller Mitarbeiter eines tschechisch- amerikanischen Konsortiums, welches mit dem Projekt Kosova C die Energieversorgung Kosovas vollständig privatisieren will. In den letzten Jahren gab es keine wirklichen Versuche um die Thermozentralen Kosova A und B zu reaktivieren. Das Ziel war den Weg frei zu bekommen für die Privatisierung, der Energieversorgung. Die Privatisierung wird das Elend in Kosova zementieren. Dem Volk und den Arbeitern wird jegliche Selbstbestimmung in seinen sozialen, kulturellen und nationalen Fragen verwehrt. Der Ahtisaari- Plan zielt auf die ethnische Teilung Kosovas, um ein sozial grausames neoliberales Experiment in der Region zu exekutieren. Ähnlich sieht Hubert Neuwirth von der Austrian Development Agency (ADA) die Entwicklung in der Region. Neuwirth erklärte gegenüber dem österreichischen Wirtschaftsblatt: „Es besteht die Gefahr, dass es in der Region zu einem Sozial-, Steuer- und Arbeitsrechts-Dumping kommt. Es fleht ja nicht nur der Kosovo um Investitionen, sondern die ganze Region. Die Länder versuchen daher, sich gegenseitig zu unterbieten".

Fazit

Die Arbeiter, die Bauern und die Jugend Kosovas haben ihre negativen Erfahrungen nicht nur mit dem alten serbischen Chauvinismus gemacht. Die Herrschaft der UNMIK, das geplante EU-Kolonialgebilde unter neoliberaller Prämisse, muß ebenso entschieden abgelehnt werden wie der serbische bürgerliche Nationalismus.. Die Menschen brauchen eine soziale und demokratische Perspektive. Diese kann nur verwirklicht werden, wenn der Widerstand der Arbeiter mit der Rebellion der Jugend kombiniert wird. In Kosova sind fast 50% der Bevölkerung unter 25 Jahre alt. Der Widerstand gegen jeden Kolonialherren ist gerecht. Der Kampf gegen die Enteignung der Arbeiter ist notwendig. Die Rücknahme aller von der UNMIK betriebenen Privatisierungen ist angesagt.. Der Gegner ist der Neoliberalismus unter dem auch die serbische Bevölkerung leidet. Auch der Nationalismus des serbischen Staates ist letztendlich nur ein Produkt der Krise des Spätkapitalismus. Für ein soziales und souveränes Kosova, indem alle seine Bürger gleichberechtigt leben können. Dazu gehört auch, dass auf demokratischer Grundlage die Betriebe und wichtigen Anlagen Kosovas in gesellschaftlichem Besitz genommen werden. Letzteres eröffnet erst die Möglichkeit, wirklich alle Fragen klären und selbstbestimmt diskutieren zu können.
 

Editorische Anmerkungen

Den Text erhielten wir am 4.10.2007 vom Autor.