TREND SPEZIAL Köln 19./20. September 2008

Freiheitsberaubung im Amt ?

von A.C.A.B

10/08

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Aus Sicht des Bündnis gegen „Pro Köln“ war wie der 19.9. auch der 20. 9. ein sehr erfolgreicher Tag. Alle geplanten Aktionen von „Pro Köln“ in den zwei Tagen wurden durch unsere Aktionen des zivilen Ungehorsams verhindert. Bereits um 10 Uhr morgens standen am 20.9. die Blockaden rund um Heumarkt. Kein „Pro Köln“-Funktionär, kein hochrangiger europäischer Rassist und kein Sympathisant von Pro Köln“ kam mehr durch zum Heumarkt. Die 30 Leute, die es trotzdem schafften, ließen wir, nachdem die Polizei ihre Veranstaltung verboten hatte, um 16 Uhr abziehen. Wir und die Polizei hoben Blockaden und Sperren auf. Das Arsch – Huh Konzert ging zu Ende und eigentlich wollten alle auf dem geräumten Heumarkt nur noch den Erfolg feiern.
Beim Abzug des Blockadepunktes Rheinufer/Maritim von gut 1000 Leuten, die, auch auf Wunsch der Polizei (Einsatzleiter Temme), in einem angemeldeten Demonstrationszug zunächst zum Neumarkt ziehen wollten, kam es dann zu einem absolut unnötigen und unangemessenen Polizeieinsatz. In zwei Kesseln wurden 300 Leute am Mühlenbach/Mathiasstr. festgesetzt. Kurze Zeit später wurden bei der Auflösung des Blockadepunktes vor der Deutzer Brücke in Köln-Deutz eine weitere Gruppe von 200 Leuten in der Siegburgerstrasse gekesselt.

Bei Verhandlungen von Stadtdirektor Kahlen, Jörg Detjen von der Linksfraktion und einem Vertreter des „Bündnis gegen Pro Köln“ mit dem Einsatzleiter Tiemann wurde am Ende des Gesprächs eine Zahl zwischen 50 und 60 Personen genannt, die nach Brühl gebracht werden sollten.

Tatsächlich wurden dann insgesamt 500 Personen mit Bussen in die Gefangensammelstelle Brühl verfrachtet. Dort trat das zu erwartende und bei den Verhandlungen von schon vorhergesagte Ergebnis ein. In einer Mischung aus Chaos wegen der großen Zahl und Schikane wurden die Festgenommen einer rechtswidrigen und menschunwürdigen Behandlung unterzogen.

Nach ca. 4 bis 5 Stunden müssen Leute im „Polizeigewahrsam“ einem/r Richter/In vorgeführt werden. Die in Anwaltskreisen nicht gerade als polizeikritisch bekannte Richterin des Amtsgerichts Köln, Frau Nagel, war ab 17 Uhr in Brühl. Bis 22 Uhr schaffte es die Polizeiorganisation vor Ort, ihr gerade mal 7 Leute von den ca. 500 vorzuführen. Bei allen 7 ordnete Frau Nagel die Freilassung an, da kein weiterer Haftgrund bestünde.

Dann gab es keine weiteren Vorführungen mehr, weil die Polizei eine neue Lagebeurteilung für die Stadt Köln hatte und die Gefangenen nicht in die Stadt zurücklassen wollte.

Frau Nagel verließ daraufhin unter Protest gegen das Chaos in Brühl die GeSa. Danach gab es schlicht keine/n Haftrichter/in mehr.

2 Busse mit Festgenommenen standen stundenlang „unbearbeitet“ auf dem Gelände der GeSa herum. Die Tore zu den Hallen, in denen die „Käfige“ stehen, wurden offen gelassen. Da zu wenige Decken und Isomatten zur Verfügung standen, froren die Festgenommenen.

Teilweise waren 30 Personen in Käfigen von 36m² zusammengepfercht und wurden lange nicht auf Toilette gelassen. Es waren einfach zu viele Leute da. Das wusste die Polizeiführung aber auch vorher.

Die Minderjährigen wurden erst ab 20.00 h entlassen. Die 4 MitarbeiterInnen des Jugendamtes vor Ort hatten auch noch nach 22 Uhr Schwierigkeiten, überhaupt mit den Jugendlichen zu reden, weil die Polizei sie weiter fernhielt. Die letzte Minderjährige konnte um 1 Uhr 30, also 9 Stunden nach der Festsetzung, die GeSa verlassen. Der Bus aus Lübeck, der auf sie lange vor der GeSa wartete - die Polizei wusste das – fuhr, weil die auch keine Zeit genannt bekamen, um 12 Uhr 30 ab.

Die drei Rechtsanwälte, die vor Ort waren, durften nur in wenigen Fällen Kontakt zu ihren Klienten in den Käfigen aufnehmen, obwohl ihnen das rechtlich zustand.

Der Rest der Gefangenen wurde erst ab 5:00 h morgens entlassen. Ca. Um 8 Uhr war der letzte draußen.

Viele der Festgenommenen wollen Strafanzeige gegen die Polizei wegen Freiheitsberaubung erstatten. Die beteiligten Rechtsanwältinnen sind entsetzt über die Aushebelung er Gewaltenteilung. Die Justiz hatte schlicht nichts zu sagen. Es galt nur noch Polizeirecht.

Die AnwältInnen werden den Vorgang nicht auf sich beruhen lassen.

Wir, das Bündnis gegen „Pro Köln“, auch nicht.
 

Wer Hilfe braucht oder Hilfe geben will wende sich an den Kölner Ermittlungsausschuss:   http://ea-koeln.de/ 

Folgende Hinweise beachten:

Kontakt - persönlicher Kontakt

Ab Oktober 2008 bieten wir einmal im Monat eine Sprechstunde an, in der wir persönlich anzutreffen sind:
jeden 3. Montag im Monat von 19 bis 21Uhr in der Ludolf-Camphausen-Straße 36, Nahe Bahnhof West

Kontakt über elektronische Medien

Wer mit uns über elektronische Medien Kontakt aufnehmen möchte, sollte folgende Hinweise beachten, da wir davon ausgehen müssen, von staatlichen Repressionsorganen überwacht zu werden.

1. Pass auf, dass du nichts sagst oder schreibst, das dich oder andere belasten könnte.
2. Nenne am Telefon nicht deinen Namen, es sei denn, du wurdest von der Polizei mitgenommen und/oder diese hat deine Daten aufgenommen.
3. Rufe nicht von einem Telefon/Handy an, das auf deinen Namen angemeldet ist. Das Telefonat sollte auch nicht von dir zu Hause stattfinden. Das gleiche gilt für Computer und Email-Accounts. Seit Anfang des Jahres 2008 werden alle Verbindungsdaten von Kommunikationssystemen für die Repressionsorgane gespeichert. Nutze öffentlich zugängliche Systeme.
4. Wenn du uns eine Email schreibst, dann verschlüssele sie bitte mit unserem pgp-key.
5. Für Beratungsgespräche machen wir gerne ein persönliches Treffen aus. Sie sollten nicht über Medien stattfinden.
6. Wir sind oft über Telefon erreichbar, ansonsten geht eine Mailbox oder ein AB dran.

Telefon:
0221-9327252

Postanschrift:
EA-Köln
Metzer Straße 18
50677 Köln

Editorische Anmerkungen

Der Texte erschien am 21.9.08 bei Indymedia. Wir spiegelten von dort.