Nun wurde berlinweit 4 Tage lang gestreikt. Dem Streik der
Kitas und Schulhorte schlossen sich Lehrer an, Grünflächenämtern,
Bibliotheken, Bürgerämter. Aber auch Polizei und Ordnungsämter
streikten. 3 Tage lang waren zentrale und dezentrale Aktionen.
Am letzten Streiktag der Erzieherinnen ging es vormittags zum
Roten Rathaus. Ein Rückblick auf die letzten 4 Tage.
In 5 Bezirke haben sich die Horterzieherinnen und
Kindertages-stätten Arbeiterinnen untergliedert. Die
Erzieherinnen sind bei Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
(GEW) und Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Ver.di)
organisiert. Nach anfänglichen uneinheitlichkeiten beider
Gewerkschaften arbeiten nun beide eng zusammen. So haben sie die
Drei ersten Tage morgens um 7:30 Uhr dezentrale Aktionen in
ihren Bezirken gemacht und trafen sich am späten Vormittag zu
einer gemeinsamen zentralen Versammlung. Dabei haben es ver.di
und GEW stellenweise unterschiedlich mit ihren "Streiklisten"
gehandhabt.
Bevor ich weiter berichte will ich noch mal begründen warum ich
nur einen Teil (Erzieherinnen) der Streikbewegung unterstütze
und warum das Sozialwesen klassisch proletarische Berufe hat,
weil so etwas hier absurderweise immer
wieder zu Kontroversen führt.
Polizei, Ordnungsamt und Justizangestellte gehören objektiv
nicht zur Arbeiterschaft, da sie eine ganz bestimmte
Funktion in der kapitalistischen Gesellschaft vertreten, den
Staat. Sie sind Werkzeug der jeweils herrschenden Klassen gegen
die Ausgebeuteten. Polizei wird eingesetzt um Protest zu
kriminalisieren, den Widerstand der Unterdrückten zu minimieren
und wenn es wirklich an die Systemfrage geht: Die Streikbewegung
zu Zerschlagen und die Bosse zu schützen, bzw ihr
"Privateigentum an Produktionsmitteln".
Unterstützt du sie, dann unterstützt du die Knastwächter die im
Knast auf dich aufpassen. Die Polizei die Linke auf
Demonstrationen verprügelt. Das Ordnungsamt das Hundebesitzer in
Parks schickaniert, grillende Leute anmacht, Alkoholverbot
durchsetzt und so weiter...Von mir aus sollen sie
streiken, unterstützen will ich sie nicht!
Als das Proletariat bezeichnet man weitverbreitet diejenige
gesellschaftlichen Schichten der Lohnabhängigen (weil
Besitzlos), die zur Sicherung ihrer materiellen Existenz (als
Mitglieder der Arbeiterklasse) gezwungen sind ihre Arbeitskraft
gegenüber "Besitzenden" zu verkaufen. Auch bezeichnet der
Begriff "Das Proletariat" als die die als Besitz nur ihre
Nachkommen (lateinisch: proles) haben.
Ob nun Pflege, Schule, Krankenhäuser, Kindergärten,
Sozialarbeiter usw. Das sind Berufe die im sozialen Bereich
angesiedelt sind, ob Profitorientiert oder nicht.
Warum das Antisexistische große I? Kindergärtnerinnen und
Horterzieherinnen sind ALLES Frauen. Deshalb gibt es da auch
keine Männlichkeitsform! Klar?
Lehrer und Arbeiter sind Männlich und Weiblich und haben deshalb
ein großes I. Da sich nun aber nicht alles in Geschlechter
einteilen lassen will gibt es einen Unterstrich _ damit es
wenigstens symbolisch Raum für andere Alternativen gibt ausser
Schwarz/Weiß und Männlich/Weiblich.
So aber nun zu den eigentlichen Ereignissen: Über die Ereignisse
des Erzieherinnen-Streik in Berlin auf Indymedia wurde, mal
beiläufig erwähnt, schon berichtet. Dem hinzuzufügen wäre noch,
das in dem beschriebenen Bezirk Berlin Süd-Ost (Neukölln und
Treptow-Köpenick) eine Panne passierte. So war zwar Dienstags
morgens 7:30 Uhr der Karl-Marx-Platz und Mittwoch um 7:30 Uhr
Rathaus Treptow angesagt, doch hat die GEW in manchen Briefen an
die Beschäftigten, diese beiden Daten vertauscht. So kam es vor
das Dienstags Kolleginnen schon vor dem Rathaus Treptow standen,
während wir mit der Mehrheit aufm Karl-Marx-Platz waren. Und
Mittwoch morgens dasselbe umgekehrt. Die überwiegende Mehrheit
war vor dem Rathaus Treptow, während circa 40 verplante
Erzieherinnen auf dem Karl-Marx-Platz standen und nicht wussten
wie ihnen geschieht. Auch kam es Berlinweit immermal wieder zu
organisierten und unorganisierten Spontandemos aufgrund auch von
solchen "Fehlern".
Am Mittwoch waren wir solidarischerweise zum Rathaus Treptow
gefahren. Überall verpeilte Gruppen von Erzieherinnen und
Kindergärtnerinnen die sich fragten: "Wie komme ich zum Rathaus
Treptow?". Als wir ankamen waren da circa 40 Erzieherinnen. Im
Laufe der nächsten beiden Stunden kamen noch circa 60 bis 80
Lehrer und andere Angestellte aus der Bildungsbranche hinzu.
Ein verbeamteter Lehrer hat aufgrund seiner Streiksolidarität
eine Disziplinarmaßnahme oder Abmahnung erhalten. Die 120 Leute
zählende Versammlung nahm bei einer Gegenstimme eine Resolution
dagegen an. Später aufm Breiti gab es auch nur 1 Gegenstimme und
eine Enthaltung gegeüber 8000 Leuten, die per Handzeichen für
die Resolution und den Lehrer stimmten.
Doch erstmal zurück zum Rathaus Treptow. Das ist ja im
Niemandsland zwischen einer Alten Leute Wohngegend, der Spree,
dem Plänterwald, dem Treptower Park und dem Sowjetischen
Ehrenmal und diesen Sternwarten. Da Erreichste eigentlich
Niemandes ausser Dir selbst. Der Lehrer Nümmes gab Lieder über
die Sitaution an der Schule zum Besten, der Frauenverband
Courage verlas eine Solidaritätserklärung und die "5.Bundesweite
Demonstration gegen die Regierung", auch als "Montagsdemo"
bekannt warb für sich. Anarchisten verteilten wieder eine
Streikbroschüre wo es um den "Sozialen Generalstreik" geht und
auch die noch arbeitende und Kundgebung beschützende Polizei war
von dem Liedgut (wo alle Streikenden mitsangen) sichtlich
angetan. Wahrscheinlich weil wir keine 1.000, sondern nur 150
waren musste unsere Demo aufm Gehweg laufen bis zum S-Bahnhof
Treptower Park. Nach beschwerlichen 20 Minuten Fußweg ging es
dann mit der S-Bahn direkt zum Zoo wo eine Kundgebung auf dem
Breitscheidtplatz stattfinden sollte. Mehrere Demos unter
anderem auch der Polizei kamen von beiden Seiten des
Kurfürstendamms (Ku´damm). Eine Spontandemo kam gar von der
Kochstraße! Es wurde gesagt es seien 8.000 "Kolleginnen und
Kollegen" dort. Für mich sah es eher wie 3.000 bis 4.000 aus!
Aber wahrscheinlich saßen viele auch in den Cafés und Bars drum
herum!
Wie auch immer. Die meiner Meinung nach schlüssigste Rede hielt
mal wieder der Berliner Vorsitzende der "Gewerkschaft der
Polizei" (GdP), die ja anders als die Deutsche
Polizeigewerkschaft (DPolG) im DGB ist. Über Polizei und
Arbeiterbewegung wurde oben schon alles gesagt. Aber er sagte:
"Die Demokratie und die soziale Marktwirtschaft sind das bisher
beste System, aber die Rot-Rote Regierung setzt diese aufs
Spiel" (Sehr freizügig rezitiert) und weiter: "Die Beschäftigten
des öffentlichen Dienstes fordern nicht mehr als insgesamt 25
Millionen. Das Zehnfache 250 Millionen hat Berlin für die Banken
locker gemacht. Und das innerhalb von 2 Tagen, während sie das
Geld für uns nicht mal nach 2 Jahren geben werden."
Es wurde wie immer die SPD, Wowereit, Sarrazin kritisiert und
(keine Einfältigen oder gar Antisemitischen) Analysen der
"Finanzkrise" dargelegt, nämlich das uns das Geld aus der Tasche
gezogen wird, damit es andere verzocken.
Bei der heute Stattgefundenen Streik-Kundgebung vorm Roten
Rathaus, wo mindestens 8.000 Leute waren sagte der
Bundes-Vorsitzende der GdP, Sie als Polizei jagen immer nur
Ladendiebe und kleine GAngster, "während die eigentlichen und
großen Kriminellen, die unser Geld wegschmeissen frei rum
laufen" und meinte das man lieber sie fangen sollte. Er sei
glaube ich Sozialdemokrat und meinte: "Ich will kein
KLassenkampf. Aber ich will soziale Gerechtigkeit und diese
müssen wir uns erkämpfen". Deshalb gab es auch morgens eine
Polizeigewerkschaftsdemo (merkwürdiges Wort wa?) vom
"Karl-Liebknecht-Haus" auch als "Linkspartei-Zentrale" bekannt.
Linke Umschau
Die einzige Partei, die heute mit einer Fahne wahrnehmbar war,
war die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD).
Aber auch trotzkistische Parteien wie Gruppe Arbeitermacht (GAM)
und Spartakist Arbeiterpartei Deutschlands (SpAD) waren vorm
Roten Rathaus mit ihrer Propaganda, vom Revolutionär
Sozialistischen Bund wurden auch Leute gesichtet haben aber
wahrscheinlich keine Propaganda gemacht. Flächendeckend
Flugblätter gab es von dem "bundesweiten Schülerkongress" der
die Streiks der GEW unterstützt und aufruft das Lehrer und
Schüler am 12. November gemeinsam streiken. Dazu weiter unten
mehr, da sie noch eine Rede hielten. Die wurden wohl am
weitesten gestreut, gefolgt von einer Initiative "Große Pause"
und der bundesweiten Montagsdemo. Es wurden heute wieder auch
anarchistische Streikbroschüren verteilt und GAM und Spartakist
verkauften unter anderem Zeitungen. Erwähnt werden die Gruppen
deshalb, weil sie die einzigen links auftretenden Gruppen waren
die ein soziales Programm verbreiten und sich zum Streik
verhalten.
Das Programm war wie gestern am Breiti
eine Mischung aus "Volks-Reden" und Kultur. Wobei das heutige
Kulturprogram ein sehr hohes Niveau hatte das mich persönlich an
den Humor von Pispers erinnerte. Ein Künstler sagte: "Heute ist
hier die Kultur umsonst. Damit sie bezahlbar bleibt, gebt den
Erzieher mehr Geld." Die "Südwest-Lärchen" sangen wieder ihren
Streikhit "Das macht die Gute UTE aus der KiTa, sie ackert
täglich, schwer ist der Beruf! UFF!"
Ein bekannter und unabhängiger REVOLUTIONär berichtete von dem
"bundesweiten Kongress der Schüler in Berlin" und das sich die
Schüler mit den Streiks von Verdi und GEW solidarisieren und
Schüler und Lehrer gemeinsam kämpfen müssten, da sie gemeinsame
Interessen gegenüber dem Rot/Roten Senat hätten.
Ich persönlich finde ja auch das zum Beispiel der
"Schulschwänzer-Knast" aus Neukölln und eine Position dagegen
beim Streik aufgegriffen werden sollte um sich mit den hier
lebenden "Migranten" zu solidarisieren.
Was mir gestern (also Dienstag) beim Rathaus Treptow aufgefallen
ist, dass eine Lehrerin den Hohen Anteil
an Migranten als Stresserhöhenden Faktor beschrieb. Für mich
klang das rassistisch, war vielleicht aber nicht so gemeint oder
ich habs in den falschen Hals gekriegt aber gegen solche
Einstellungen sollte mensch sich klar positionieren.
Die GEW gilt ja als "Linkeste" Gewerkschaft unter
Gewerkschaftslinken. Dementsprechend Offen und Freundlich
gesinnt waren sie gegenüber anderen Linken und deren Inhalten.
Zum Beispiel waren sie auch nicht negativ männlichen
Unterstützern gegenüber. Es gab vereinzelt auch "Feministische"
Gewerkschaftsfahnen. Treu solidarisierten sich immer
irgendwelche IG BAU´ler, wo auch einige Grünflächenämter
(vergessen welche Reviere in welchem Bezirk) streikten. Nur eine
MLPD-Fahne aber keine "Linken" Parteifahnen oder anderes. Im
größeren Maßstab traten auch Courage und Montagsdemo auf.
Anarchisten verteilten Streikpropaganda.
Gewerkschafts-Funktionäre setzten sich mit der reaktionären
Presse auseinander. Die Erzieherinnen und auch die Bürgerämter
setzen morgen ihren Streik aus, aber Bürgerämter machen wohl
nächste Woche weiter. Soviel dazu erstmal!
Editorische
Anmerkungen
Der Artikel erschien am
16.10.2008 bei Indymedia.
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