Betrieb & Gewerkschaft
Streikwoche der berliner Erzieherinnen zuende

von solidarische Anarchistin

10/08

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Nun wurde berlinweit 4 Tage lang gestreikt. Dem Streik der Kitas und Schulhorte schlossen sich Lehrer an, Grünflächenämtern, Bibliotheken, Bürgerämter. Aber auch Polizei und Ordnungsämter streikten. 3 Tage lang waren zentrale und dezentrale Aktionen. Am letzten Streiktag der Erzieherinnen ging es vormittags zum Roten Rathaus. Ein Rückblick auf die letzten 4 Tage.

In 5 Bezirke haben sich die Horterzieherinnen und Kindertages-stätten Arbeiterinnen untergliedert. Die Erzieherinnen sind bei Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Ver.di) organisiert. Nach anfänglichen uneinheitlichkeiten beider Gewerkschaften arbeiten nun beide eng zusammen. So haben sie die Drei ersten Tage morgens um 7:30 Uhr dezentrale Aktionen in ihren Bezirken gemacht und trafen sich am späten Vormittag zu einer gemeinsamen zentralen Versammlung. Dabei haben es ver.di und GEW stellenweise unterschiedlich mit ihren "Streiklisten" gehandhabt.

Bevor ich weiter berichte will ich noch mal begründen warum ich nur einen Teil (Erzieherinnen) der Streikbewegung unterstütze und warum das Sozialwesen klassisch proletarische Berufe hat, weil so etwas hier absurderweise immer wieder zu Kontroversen führt.

Polizei, Ordnungsamt und Justizangestellte gehören objektiv nicht zur Arbeiterschaft, da sie eine ganz bestimmte Funktion in der kapitalistischen Gesellschaft vertreten, den Staat. Sie sind Werkzeug der jeweils herrschenden Klassen gegen die Ausgebeuteten. Polizei wird eingesetzt um Protest zu kriminalisieren, den Widerstand der Unterdrückten zu minimieren und wenn es wirklich an die Systemfrage geht: Die Streikbewegung zu Zerschlagen und die Bosse zu schützen, bzw ihr "Privateigentum an Produktionsmitteln".

Unterstützt du sie, dann unterstützt du die Knastwächter die im Knast auf dich aufpassen. Die Polizei die Linke auf Demonstrationen verprügelt. Das Ordnungsamt das Hundebesitzer in Parks schickaniert, grillende Leute anmacht, Alkoholverbot durchsetzt und so weiter...

Von mir aus sollen sie streiken, unterstützen will ich sie nicht!

Als das Proletariat bezeichnet man weitverbreitet diejenige gesellschaftlichen Schichten der Lohnabhängigen (weil Besitzlos), die zur Sicherung ihrer materiellen Existenz (als Mitglieder der Arbeiterklasse) gezwungen sind ihre Arbeitskraft gegenüber "Besitzenden" zu verkaufen. Auch bezeichnet der Begriff "Das Proletariat" als die die als Besitz nur ihre Nachkommen (lateinisch: proles) haben.

Ob nun Pflege, Schule, Krankenhäuser, Kindergärten, Sozialarbeiter usw. Das sind Berufe die im sozialen Bereich angesiedelt sind, ob Profitorientiert oder nicht.

Warum das Antisexistische große I? Kindergärtnerinnen und Horterzieherinnen sind ALLES Frauen. Deshalb gibt es da auch keine Männlichkeitsform! Klar?

Lehrer und Arbeiter sind Männlich und Weiblich und haben deshalb ein großes I. Da sich nun aber nicht alles in Geschlechter einteilen lassen will gibt es einen Unterstrich _ damit es wenigstens symbolisch Raum für andere Alternativen gibt ausser Schwarz/Weiß und Männlich/Weiblich.

So aber nun zu den eigentlichen Ereignissen: Über die Ereignisse des Erzieherinnen-Streik in Berlin auf Indymedia wurde, mal beiläufig erwähnt, schon berichtet. Dem hinzuzufügen wäre noch, das in dem beschriebenen Bezirk Berlin Süd-Ost (Neukölln und Treptow-Köpenick) eine Panne passierte. So war zwar Dienstags morgens 7:30 Uhr der Karl-Marx-Platz und Mittwoch um 7:30 Uhr Rathaus Treptow angesagt, doch hat die GEW in manchen Briefen an die Beschäftigten, diese beiden Daten vertauscht. So kam es vor das Dienstags Kolleginnen schon vor dem Rathaus Treptow standen, während wir mit der Mehrheit aufm Karl-Marx-Platz waren. Und Mittwoch morgens dasselbe umgekehrt. Die überwiegende Mehrheit war vor dem Rathaus Treptow, während circa 40 verplante Erzieherinnen auf dem Karl-Marx-Platz standen und nicht wussten wie ihnen geschieht. Auch kam es Berlinweit immermal wieder zu organisierten und unorganisierten Spontandemos aufgrund auch von solchen "Fehlern".

Am Mittwoch waren wir solidarischerweise zum Rathaus Treptow gefahren. Überall verpeilte Gruppen von Erzieherinnen und Kindergärtnerinnen die sich fragten: "Wie komme ich zum Rathaus Treptow?". Als wir ankamen waren da circa 40 Erzieherinnen. Im Laufe der nächsten beiden Stunden kamen noch circa 60 bis 80 Lehrer und andere Angestellte aus der Bildungsbranche hinzu.

Ein verbeamteter Lehrer hat aufgrund seiner Streiksolidarität eine Disziplinarmaßnahme oder Abmahnung erhalten. Die 120 Leute zählende Versammlung nahm bei einer Gegenstimme eine Resolution dagegen an. Später aufm Breiti gab es auch nur 1 Gegenstimme und eine Enthaltung gegeüber 8000 Leuten, die per Handzeichen für die Resolution und den Lehrer stimmten.

Doch erstmal zurück zum Rathaus Treptow. Das ist ja im Niemandsland zwischen einer Alten Leute Wohngegend, der Spree, dem Plänterwald, dem Treptower Park und dem Sowjetischen Ehrenmal und diesen Sternwarten. Da Erreichste eigentlich Niemandes ausser Dir selbst. Der Lehrer Nümmes gab Lieder über die Sitaution an der Schule zum Besten, der Frauenverband Courage verlas eine Solidaritätserklärung und die "5.Bundesweite Demonstration gegen die Regierung", auch als "Montagsdemo" bekannt warb für sich. Anarchisten verteilten wieder eine Streikbroschüre wo es um den "Sozialen Generalstreik" geht und auch die noch arbeitende und Kundgebung beschützende Polizei war von dem Liedgut (wo alle Streikenden mitsangen) sichtlich angetan. Wahrscheinlich weil wir keine 1.000, sondern nur 150 waren musste unsere Demo aufm Gehweg laufen bis zum S-Bahnhof Treptower Park. Nach beschwerlichen 20 Minuten Fußweg ging es dann mit der S-Bahn direkt zum Zoo wo eine Kundgebung auf dem Breitscheidtplatz stattfinden sollte. Mehrere Demos unter anderem auch der Polizei kamen von beiden Seiten des Kurfürstendamms (Ku´damm). Eine Spontandemo kam gar von der Kochstraße! Es wurde gesagt es seien 8.000 "Kolleginnen und Kollegen" dort. Für mich sah es eher wie 3.000 bis 4.000 aus! Aber wahrscheinlich saßen viele auch in den Cafés und Bars drum herum!

Wie auch immer. Die meiner Meinung nach schlüssigste Rede hielt mal wieder der Berliner Vorsitzende der "Gewerkschaft der Polizei" (GdP), die ja anders als die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) im DGB ist. Über Polizei und Arbeiterbewegung wurde oben schon alles gesagt. Aber er sagte: "Die Demokratie und die soziale Marktwirtschaft sind das bisher beste System, aber die Rot-Rote Regierung setzt diese aufs Spiel" (Sehr freizügig rezitiert) und weiter: "Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes fordern nicht mehr als insgesamt 25 Millionen. Das Zehnfache 250 Millionen hat Berlin für die Banken locker gemacht. Und das innerhalb von 2 Tagen, während sie das Geld für uns nicht mal nach 2 Jahren geben werden."

Es wurde wie immer die SPD, Wowereit, Sarrazin kritisiert und (keine Einfältigen oder gar Antisemitischen) Analysen der "Finanzkrise" dargelegt, nämlich das uns das Geld aus der Tasche gezogen wird, damit es andere verzocken.

Bei der heute Stattgefundenen Streik-Kundgebung vorm Roten Rathaus, wo mindestens 8.000 Leute waren sagte der Bundes-Vorsitzende der GdP, Sie als Polizei jagen immer nur Ladendiebe und kleine GAngster, "während die eigentlichen und großen Kriminellen, die unser Geld wegschmeissen frei rum laufen" und meinte das man lieber sie fangen sollte. Er sei glaube ich Sozialdemokrat und meinte: "Ich will kein KLassenkampf. Aber ich will soziale Gerechtigkeit und diese müssen wir uns erkämpfen". Deshalb gab es auch morgens eine Polizeigewerkschaftsdemo (merkwürdiges Wort wa?) vom "Karl-Liebknecht-Haus" auch als "Linkspartei-Zentrale" bekannt.

Linke Umschau

Die einzige Partei, die heute mit einer Fahne wahrnehmbar war, war die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD). Aber auch trotzkistische Parteien wie Gruppe Arbeitermacht (GAM) und Spartakist Arbeiterpartei Deutschlands (SpAD) waren vorm Roten Rathaus mit ihrer Propaganda, vom Revolutionär Sozialistischen Bund wurden auch Leute gesichtet haben aber wahrscheinlich keine Propaganda gemacht. Flächendeckend Flugblätter gab es von dem "bundesweiten Schülerkongress" der die Streiks der GEW unterstützt und aufruft das Lehrer und Schüler am 12. November gemeinsam streiken. Dazu weiter unten mehr, da sie noch eine Rede hielten. Die wurden wohl am weitesten gestreut, gefolgt von einer Initiative "Große Pause" und der bundesweiten Montagsdemo. Es wurden heute wieder auch anarchistische Streikbroschüren verteilt und GAM und Spartakist verkauften unter anderem Zeitungen. Erwähnt werden die Gruppen deshalb, weil sie die einzigen links auftretenden Gruppen waren die ein soziales Programm verbreiten und sich zum Streik verhalten.

Das Programm war wie gestern am Breiti eine Mischung aus "Volks-Reden" und Kultur. Wobei das heutige Kulturprogram ein sehr hohes Niveau hatte das mich persönlich an den Humor von Pispers erinnerte. Ein Künstler sagte: "Heute ist hier die Kultur umsonst. Damit sie bezahlbar bleibt, gebt den Erzieher mehr Geld." Die "Südwest-Lärchen" sangen wieder ihren Streikhit "Das macht die Gute UTE aus der KiTa, sie ackert täglich, schwer ist der Beruf! UFF!"

Ein bekannter und unabhängiger REVOLUTIONär berichtete von dem "bundesweiten Kongress der Schüler in Berlin" und das sich die Schüler mit den Streiks von Verdi und GEW solidarisieren und Schüler und Lehrer gemeinsam kämpfen müssten, da sie gemeinsame Interessen gegenüber dem Rot/Roten Senat hätten.

Ich persönlich finde ja auch das zum Beispiel der "Schulschwänzer-Knast" aus Neukölln und eine Position dagegen beim Streik aufgegriffen werden sollte um sich mit den hier lebenden "Migranten" zu solidarisieren.

Was mir gestern (also Dienstag) beim Rathaus Treptow aufgefallen ist, dass eine Lehrerin den Hohen Anteil an Migranten als Stresserhöhenden Faktor beschrieb. Für mich klang das rassistisch, war vielleicht aber nicht so gemeint oder ich habs in den falschen Hals gekriegt aber gegen solche Einstellungen sollte mensch sich klar positionieren.

Die GEW gilt ja als "Linkeste" Gewerkschaft unter Gewerkschaftslinken. Dementsprechend Offen und Freundlich gesinnt waren sie gegenüber anderen Linken und deren Inhalten. Zum Beispiel waren sie auch nicht negativ männlichen Unterstützern gegenüber. Es gab vereinzelt auch "Feministische" Gewerkschaftsfahnen. Treu solidarisierten sich immer irgendwelche IG BAU´ler, wo auch einige Grünflächenämter (vergessen welche Reviere in welchem Bezirk) streikten. Nur eine MLPD-Fahne aber keine "Linken" Parteifahnen oder anderes. Im größeren Maßstab traten auch Courage und Montagsdemo auf. Anarchisten verteilten Streikpropaganda. Gewerkschafts-Funktionäre setzten sich mit der reaktionären Presse auseinander. Die Erzieherinnen und auch die Bürgerämter setzen morgen ihren Streik aus, aber Bürgerämter machen wohl nächste Woche weiter. Soviel dazu erstmal!
 

Editorische Anmerkungen

Der Artikel erschien am 16.10.2008 bei Indymedia.