Das Aktionsbündnis basta!
und die Initiative Roter Punkt Wuppertal rufen zur
Solidarität mit den Wuppertaler BusfahrerInnen auf.
Seit einiger Zeit fallen in
Wuppertal und Umgebung zahlreiche Busfahrten aus. So
waren zeitweise 120 der ca. 750 BusfahrerInnen von WSW
mobil und der VSG Verkehrsservice GmbH wegen Krankheit
nicht zum Dienst gekommen. Die 15 „Springer“, die
kurzfristig Linien erkrankter Kollegen übernehmen,
reichten nicht aus, um die dadurch entstandenen Engpässe
aufzufangen. Offensichtlich sind die Arbeitsbedingungen
und die Löhne im öffentlichen Nahverkehr so beschissen,
dass viele FahrerInnen krank werden und sich eine
Auszeit nehmen müssen.
Mehrere BusfahrerInnen hatten sich anonym bei Radio
Wuppertal gemeldet und auf schlechte Tarif- und
Arbeitsbedingungen hingewiesen: „Wir sind nicht alle
krank, wir protestieren gegen die Stadtwerke!“
Kritisiert werden u.a. zu lange Arbeitszeiten, eine
schlechte Informationspolitik und dreckige Toiletten.
Außerdem verdienen einige aufgrund verschiedener
Tarifverträge 1.000 Euro weniger im Monat als andere,
obwohl sie täglich den gleichen Job machen. Angeblich
beteiligen sich 120 Busfahrer an dem Protest durch
Krankmeldung. Die Stadtwerke sagten gegenüber Radio
Wuppertal, dass sie davon nichts wüssten. Bei der
Gewerkschaft Verdi heißt es, man habe Gerüchte darüber
gehört. Ein paar Tage später, sieht Martin Orthen von
der Gewerkschaft Verdi laut WZ keinen Zusammenhang
zwischen dem Krankenstand und der Unzufriedenheit von
Busfahrern. „Dass sie grundsätzlich unterbezahlt sind,
steht außer Frage“, sagt er. Das sei aber ein generelles
Problem und betreffe nicht nur Wuppertal.
Solidarität!
Wir begrüßen diese Form des informellen Arbeitskampfes
ausdrücklich. Da der Betriebsrat und die zuständige
Gewerkschaft Verdi sich offensichtlich nicht (mehr)
ausreichend um die Probleme der BusfahrerInnen kümmern,
haben diese zu dieser kreativen Form des Arbeitskampfes
gegriffen. Mit Erfolg: Zum ersten Mal wird in Wuppertal
über die schlechten Arbeitsbedingungen und miesen Löhne
breit diskutiert. Wir hoffen, dass der Druck ausreicht
und dass sich was zum besseren ändert!
Wir fordern alle Fahrgäste und NutzerInnen von Bussen
und Schwebebahnen der WSW auf, diesem Protest mit
Verständnis und Solidarität zu begegnen. Denn wenn die
Fahrerinnen und Fahrer sich gegen ihre
Arbeitsbedingungen wehren, dann tun sie das zu Recht –
und sie tun es für uns alle!!!
Beschissene Bedingungen…
Warum das so ist, beschrieb Harry Gohr, der bis vor
sechs Jahren selbst Busfahrer bei den WSW war und
überdies 21 Jahre dem Betriebsrat dort angehörte, der
WAZ: „Seit der ÖPNV in verschiedene Tochterunternehmen
liberalisiert wurde, verdienen die Busfahrer mindestens
1.000 Euro weniger als früher. Hinzu kommt, dass sie bis
zu 14 Stunden im Dienst sein können, aber nur noch
bezahlt werden, wenn sie auch tatsächlich fahren.“ Da
passiere es, dass man im Verstärkungsverkehr morgens und
mittags eingesetzt werde und dazwischen unbezahlte
Wartezeit habe. Auch er kennt aus seiner aktiven Zeit
Probleme mit den hohen Krankenständen „Im Busbereich
wird immer am Limit gefahren, zehn Prozent Ausfall sind
da normal.“ Auch warum heute kaum noch jemand den Beruf
des Busfahrers ergreifen will, kann er sich vorstellen:
„Die verdienen bei einer 38,5 Stunden-Woche brutto um
die 1.800 Euro.“
Ein weiteres großes Problem ist die Eingruppierung der
alten BusfahrerInnen der vormaligen Subunternehmer. So
werden erfahrene Busfahrer als Neueinsteiger entlohnt
und verlieren dadurch viel Geld.
Die vielen und in zahllosen LeserInnenbriefen
dokumentierten Bus-Ausfälle und Verspätungen sind
zurückzuführen auf eine rücksichtslose Verdichtung von
Arbeitszeiten und die Personalpolitik der WSW seit der
Teilprivatisierung.Obwohl ein Teil der Daseinsvorsorge,
wird der Öffentliche Nahverkehr mehr und mehr ausgedünnt
und vor allem kosteneffizient gemacht. Die Buslinien
werden ausgedünnt oder komplett eingestellt, und die
Fahrer und Fahrerinnen fahren absolut an der
Belastungsgrenze, was Pausen- und Ruhezeiten anbelangt.
Diese Unternehmenspolitik ist fahrlässig und geht zu
Kosten der Sicherheit und der Lebensqualität, sowohl der
Fahrer und Fahrerinnen als auch der NutzerInnen des ÖPNV
in Wuppertal und Umgebung!!!
Der Widerstand gegen diese Politik ist richtig und
notwendig.
Das sehen wir in Wuppertal, aber auch in anderen Städten
und Landkreisen. Nicht zuletzt und in besonders brutaler
Form findet dasselbe in Südeuropa statt, wo die von der
EU-Troika durchgeknüppelte Kürzungspolitik Existenzen
vernichtet und Menschen in Armut stürzt.
In Athen traten praktisch zeitgleich zum „wilden“ Streik
der WSW-mobil GmbH
-FahrerInnen die Bus- und BahnfahrerInnen gegen die
dortigen Fahrpreiserhöhungen um 25 % in den Ausstand.
Sie fordern eine Rücknahme der Fahrpreiserhöhungen – und
auch einen kostenfreien Nahverkehr für Arme und
StudentInnen. Es wäre an der Zeit diese Kämpfe zu
verbinden.
Kann Umverteilung Sünde sein?
Auch hier in Wuppertal müssen wir weitere Zusammenhänge
begreifen. Wenn man über die schlechten Löhne der
BusfahrerInnen spricht, darf man nicht vergessen, welche
Lohnerhöhungen sich die klammen Stadtwerke noch 2011 für
ihre Führungskräfte genehmigt haben. Nach WZ Recherchen
verdienten die Vorstände 2011 folgende Bezüge: Andreas
Feicht, 323.000 Euro im Jahr, Wolfgang Herkenberg
257.000 Euro, Peter Storch 245.000 Euro, Markus
Schlomski 270.000 Euro und Ulrich Jaeger 192.000 Euro.
Da die Summen offensichtlich nicht ausreichten, griff
der Aufsichtsrat der WSW nocheinmal richtig in die Kasse
und setzte gegen die Stimme des Vertreters der Linken im
Aufsichtsrat durch, dass die Vorstandsmitglieder eine
erfolgsabhängige Vergütung zusätzlich zum Grundgehalt
erhalten. Die Erhöhung soll 20 % für den
Vorstandsvorsitzenden Andreas Feicht und fünf Prozent
für die anderen Vorstandsmitglieder betragen. Ob und
wann die Erfolgsbeteiligung ausgezahlt wird, hängt vom
Erfolg der Stadtwerke ab… Ob die zahlreichen Gaspreis-
und Strompreiserhöhungen, die schlechten Löhne der
BusfahrerInnen und die hohen Fahrpreise dabei wohl als
Erfolg gewertet werden?
Solidarität ist keine Einbahnstraße!
Lasst uns die Kämpfe miteinander verbinden! Unterstützen
wir die kritischen Geister in der WSW und VSG
-Belegschaft! Solidarität mit den Menschen, die Strom-
und Gasabsperrungen in Wuppertal erleiden müssen,
Solidarität mit den Leuten, die wegen Schwarzfahren im
Knast sitzen.
Solidarität mit schlechtbezahlten BusfahrerInnen in
Wuppertal, Athen und überall! Für kostenlosen Nahverkehr
für alle!
Für dezentrale und ökologische Energieversorgung!
Sozialtarife statt Strom- und Gassperrungen!
Gegen die Kriminalisierung von sog. SchwarzfahrerInnen!
Keine Bußgelderhöhung!
basta! Aktionsbündnis gegen das Totsparen und für das
Recht auf Stadt - www.basta-wuppertal.de
Die Initiative Roter Punkt in Wuppertal -
www.roterpunkt.basta-wuppertal.de
so_ko_wpt - Soli-Komitee-Wuppertal -
www.soli-komitee-wuppertal.mobi
Editorische Hinweise
Den Text spiegelten wir von
Indymedia.