Der
Nutzfahrzeughersteller Iveco schließt fünf Fabriken,
neben Chambéry in Frankreich, Graz in Österreich,
Görlitz in Sachsen und Ulm in Baden-Würtemberg auch das
Werk in der Rheingemeinde Weisweil nähe Kaiserstuhl. 180
Familien sind hier direkt von Arbeitslosigkeit bedroht,
zuzüglich unzähliger weiterer Lieferanten, Handwerker
usw., die auch von dem Betrieb leben.
Bei der Iveco
Nutzfahrzeugsparte ist der Gewinn im letzten Quartal auf
Netto 256 Millionen € explodiert, nachdem er in der Zeit
davor bereits stetig angestiegen ist. Dennoch will der
Konzern die Werke schließen um den Profit weiter
maximieren zu können, denn die gigantischen Bankschulden
und Zinsen des Mutterkonzernes Fiat sollen damit
beglichen werden. Auch der Sozialplan für die
Betroffenen Iveco Kolleginnen soll für den Konzern so
billig wie möglich ausfallen, denn das könnte aus Sicht
des Finanzkapitales den Anstieg der Profite
verlangsamen.
Weisweil liegt abgeschieden, sehr weit von den Türmen
der Banken, der EZB und der IG Metall in Frankfurt
entfernt, deren obere Etagen sich Luftlinie ganz nah und
in Sichtweite sind. Ein fauler Kompromiss ist in
Bearbeitung, über die Köpfe der Iveco Belegschaften in
Weisweil und den anderen Standorten hinweg, deren
Schließung zum Jahresende beschlossen ist.
Weisweil liegt auch weit von Stuttgart denn dort sitzt
ein Ministerpräsident Kretschmann, der seinen Aufstieg
und den seiner grünen Partei eigentlich vor allem auch
Weisweil verdankt.. Auch in der Staatskanzlei Stuttgart
wird hinter dem Rücken und gegen die Kolleginnen von
Iveco agiert und alles für die Profitinteressen des
Finanzkapitals getan.
Die Belegschaft bei Iveco Weisweil blieb jedoch
standhaft, alle „Sozialpläne“ und Forderungen seitens
der Vertreter des Finanzkapitals wurden zurückgewiesen,
alle juristischen und sonstigen Möglichkeiten werden
ausgeschöpft.
Am letzten Septemberwochenende war es jedoch soweit, im
Schutz der Dunkelheit und der rechtlichen Grauzonen
fuhren ein Dutzend schwerer LKW mit Verladeteam in
Weisweil und in das Iveco Werk ein, begannen sofort mit
der Beladung der spezialisierten Maschinen und Anlagen,
die an einen neu zu gründeten Standort verbracht werden
sollten. Dies war dennoch nicht unbemerkt geblieben,
Anwohner informierten die Iveco KollegInnen die
vorbereitet waren, ihre Telefonketten aktivierten und zu
ihrer Fabrik eilten. Vorarbeiter, Betriebsräte und
weitere Zuständige untersagten den weiteren Abbau und
die Verladearbeiten, Mitarbeiter blockierten die Wege
und Zugänge und nahmen Stapler in Besitz, drehten den
Kränen den Strom ab. Viele Stunden dauerte der
Machtkampf, bei dem die Iveco KollegInnen von der
Feuerwehr und dem rotem Kreuz Weisweil unterstützt
wurden. Diese stellten unter anderem ein Zelt zum
Ausruhen und heiße Getränke zur Verfügung und die
Gemeinde hat am Ortseingang eine schwarze Tafel mit
Hinweis auf Iveco aufgestellt.
Nach gegenseitigen Drohungen mit der Polizei haben sich
die Weisweiler Kollegen mit ihrem energischen Widerstand
erst mal durchgesetzt, den festgesetzten LKW und ihren
Mannschaften wurde das verlassen des Werkes und der
Gemeinde Weisweil gestattet. Das Werk bleibt aber
mindestens bis zur heutigen Betriebsversammlung
beschützt.
Vertreter der Türme des weit entfernten Frankfurt
„bedauern“ inzwischen den gescheiterten Räumungsversuch,
die Weisweiler haben jedoch Erfahrung im Kampf gegen die
Obrigkeit und sind zäh.
Die Gemeinde Weisweil war Basis und Aufmarschgebiet des
Widerstandes gegen die Bundesregierung und die
Landesregierung, die gleich neben dem Ort im Rheinwald
das Atomkraftwerk Wyhl bauen wollten. Die Weisweiler
unterstützten geschlossen die vom weiten Umkreis
anrückenden AKW Gegner, fuhren und führten sie auf
geheimen Wald und Wasserwegen zum Bauplatz des AKW, wo
die Bauarbeiten unterbunden und der Platz 1975 endgültig
besetzt wurde.
Ministerpräsident Kretschmann und seine grüne Partei
interessiert das nicht, die Chefetagen der Türme sind
ihnen längst näher als die kleinen Leute von Weisweil,
Ulm und den anderen Iveco Standorten. Aber diese Türme
sind auf Sand gebaut, die Menschen beginnen sich zu
wehren und organisieren den Widerstand gegen die
Diktatur des Finanzkapitals, das einmal mehr die
Lebensgrundlagen bedroht. Weisweil steht wieder in der
ersten Reihe eines Kampfes der in kürze Bundesweit
entbrennen wird. Die Diktatur des Finanzkapitals führt
zum Abwürgen der Realwirtschaft, zur Zerstörung der
materiellen Lebensgrundlagen und muss gebrochen werden.
Sie brauchen uns, aber wir brauchen das Finanzkapital
nicht, die Produktion muss vom Bedarf der Gesellschaft
und nicht von Profitabsichten Weniger abhängig gemacht
werden.
Editorische Hinweise
Der Autor schreibt:
(Bin kein Iveco Mitarbeiter, man hat mich nur via
Facebook kooptiert) Kenne mich aber aus in der Region,
wohne 20 km von Weisweil und bin oft da am Rhein.
Der Artikel darf kostenlos verwendet und nachgedruckt
werden.