Aini
hat in einem katarischen Haushalt gearbeitet, in dem sie zwei
Jahre lang immer wieder bewusstlos geschlagen wurde. Ihrem
Körper und ihrem Gesicht sind die Spuren der Folter anzusehen.
Gerettet wurde sie von einem mutigen Fahrer und einem
großzügigen Ausländer, die sie in ein Krankenhaus brachten. Dank
mehrerer Operationen, einschließlich Eingriffen im Kopfbereich,
hat sie Chancen auf eine körperliche Erholung, aber ihr
Ausbeuter und Peiniger wurde bisher nicht bestraft. (Vgl. S. 23)
„Es
ist tragisch, dass sich die Behörden der allzu häufigen
Brutalität gegenüber Hausangestellten sehr wohl bewusst sind,
ihnen aber dennoch keine gesetzlichen Rechte zugestehen.
Obwohl jedes Jahr Tausende Frauen vor ihren Arbeitgebern fliehen
[„Arbeitgebern“ sagt die ITUC-Generalsekretärin], sind
sie den katarischen Behörden nicht wichtig genug, um
Aufzeichnungen darüber zu machen.
Ein
Land, Indonesien, berichtet, dass jedes Jahr mehr als 2500
weibliche Hausangestellte ihren brutalen Arbeitgebern
weglaufen.“ (Sharan Burrow, General Secretary, ITUC)
Viele Unternehmen händigen ihren Beschäftigten keine
Identitätskarte aus. Ohne eine gültige Identitätskarte können
die Arbeiterinnen und Arbeiter bei landesweiten Kontrollen von
der Polizei inhaftiert werden.
Die
Haftzentren sind für geflüchtete Arbeiter bestimmt, deren
Identitätskarten und Papiere nicht in Ordnung sind. Es ist nicht
bekannt wie viele Arbeiterinnen und Arbeiter dort inhaftiert
sind.
Das
Deportationszentrum ist für diejenigen Arbeiter bestimmt, die in
Haft genommen werden, bis sie das Land verlassen können. Die
inhaftierten Arbeiter verbringen zum Teil 90 Tage im
Deportationszentrum, genügend Zeit, um das Geld für den Flug
nach Hause zusammen zubekommen, da sich der Peiniger und
Unternehmer nicht an den Vertrag hält und ihnen das Ticket nicht
kauft.
Fallstudie: Gina, Hausangestellte, Katar
„Die
Arbeit in einem katarischen Haushalt ist sehr schwer. Als ich
für meinen ersten Arbeitgeber gearbeitet habe, gab es nichts zu
essen und mein Lohn wurde immer verspätet gezahlt.
Der
Vertrag wird nicht eingehalten, denn dort steht, dass wir 400
US-Dollar Lohn bekommen, aber sie geben uns nur 200 US-Dollar.
Der
Fahrer meines zweiten Bürgen hat versucht, in mein Zimmer zu
kommen und mich zu vergewaltigen.
Er
hat mir Geld angeboten, aber ich wollte das nicht. Das gehört
nicht zu meiner Arbeit. Ich bin ins Ausland gegangen, um meiner
Familie zu helfen, sonst nichts.
Darum bin ich aus dem Haus meines Bürgen weggelaufen.
Als
ich weggelaufen bin, habe ich nichts mitgenommen, nur ein paar
meiner Kleidungsstücke und 5,50 US-Dollar, Geld für ein Taxi.
Wenn
ich einen katarischen Mann sehe, habe ich immer Angst, weil ich
denke, dass sie mich fangen und ins Gefängnis stecken und auf
die Philippinen zurückschicken werden.
Dem
Bürgen wegzulaufen, ist sehr schwierig, weil ich keine gültigen
Papiere habe und keine neue Arbeit bekommen kann.
Niemand will mich einstellen, weil sie Angst haben, dass auch
sie deportiert und bestraft werden, wenn man mich in ihrem Haus
findet.
Aber
es ist sehr schwer für mich, mich zu verstecken. Und manchmal
habe ich Angst, dass ich von der Polizei kontrolliert oder
gerufen werde. Darum will ich meine Situation legalisieren. Ich
will meinen Pass.“
Das Deportationsgefängnis von Katar – für eingefangene
Arbeitskräfte
Augenzeugenbericht: „Das Deportationsgefängnis von Katar
befindet sich am Stadtrand von Doha auf der Salwa Road hinter
dem ‘Search and Follow up Department’, das geflüchtete
Beschäftigte einfängt. Man sollte glauben, dass der Zweck eines
Deportationszentrums darin besteht, die Insassen so schnell wie
möglich zu ‘deportieren’, aber das ist im Deportationszentrum
von Katar nicht der Fall. In diesem Gefängnis können Männer
und Frauen monatelang einsitzen und manche mehr als ein Jahr.
Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass die große Mehrheit dieser
Männer und Frauen keine Kriminellen sind, sondern Opfer eines
Bürgensystems, das nicht nur missbräuchlich, sondern auch
moderne Sklaverei ist und an dem sich in Katar auch 2013 nichts
geändert hat.
Die staatlich betriebene Einrichtung ist nicht besser als die
Arbeiterunterkünfte in Saniya. Etwa 1000 Frauen sind auf rund
2000 Quadratfuß eingepfercht. Es gibt ein öffentliches
Telefon und ungefähr zehn Toiletten. Es ist so wenig Platz, dass
die Frauen in den Fluren auf Matratzen schlafen, oder es werden
Matratzen unter die Betten gelegt, um mehr Menschen unterbringen
zu können. Oft teilen sich zwei bis drei Frauen eine Matratze.
Man würde nicht damit rechnen, im einem Gefängnis Babys zu
sehen, aber es gibt dort auch Babys. Neben dem
Schlafbereich, in dem die Frauen eingesperrt sind, gibt es einen
kleinen Bereich, in den jeden Tag das Essen gebracht wird. Es
gibt keine Feuerlöscher und bis auf die verschlossene Tür zum
Schlafbereich keinen Ausgang. Die Frauen sitzen dort tage- und
nächtelang, wochen- und monatelang fest und können nur warten.
Die Bürgen scheinen so viel Macht zu besitzen, dass sie das
Ticket nach Hause nicht zu kaufen brauchen, wenn sie keine Lust
dazu haben, und dann sitzt man als eine Art Strafe in diesem
Gefängnis fest.“ (Vgl. S. 25)
Editorische Hinweise
Quelle: Die Akte Katar. “Katar ist ein Land ohne
Gewissen.“ IGB–Sonderbericht 2014
29.09.2014, Reinhold Schramm (Bereitstellung)
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